Titel: Ueber die Kapselräder; von Professor F. Reuleaux Director der königl. Gewerbe-Akademie in Berlin.
Fundstelle: Band 189, Jahrgang 1868, Nr. CVIII., S. 434
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CVIII. Ueber die Kapselräder; von Professor F. Reuleaux Director der königl. Gewerbe-Akademie in Berlin. Aus den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1868 S. 42. Mit Abbildungen auf Tab. VII. Reuleaux, über die Kapselräder. Unter dem Namen Kapselräder fasse ich eine Classe von Maschinen zusammen, welche, als Wasser- oder Windpumpen oder auch als Kraftmaschinen von Wasser oder Dampf getrieben dienend, der Hauptsache nach aus zwei in eine Kapsel eingeschlossenen ineinandergreifenden Zahnrädern oder zahnradartigen Körpern bestehen, deren Form, Anordnung und relative Bewegung sie zu dem angegebenen Zwecke geeignet macht. Der ältere bergmännische Maschinenbau bezeichnet verwandte Pumpwerke als Kapselkünste, weßhalb mir die Wahl des obigen Kunstausdruckes gerechtfertigt erschien. Im Maschinenbau sind die Kapselräder gelegentlich aufgetaucht und wieder fast verschwunden oder doch sehr in Vergessenheit gerathen, so daß sie in der Reihe der gewöhnlich aufgezählten Maschinen nicht mit Regelmäßigkeit auftreten. Die letztjährige Pariser Ausstellung hat aber wieder einige Arten derselben gebracht und dadurch auf sie wieder aufmerksam gemacht. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Abarten dieses Mechanismus möchte deßhalb von einigem Interesse seyn. Solche Zusammenstellungen können überhaupt gelegentlich Nutzen stiften dadurch, daß sie unseren Besitz einer Ueberschau unterwerfen, die manche Mühe ersparen kann. In der That wird von den Maschinenbauern eine unglaubliche geistige Arbeitskraft darauf verwendet, Dinge selbstständig aufzufinden, die schon bekannt sind. Erfundenes wieder zu erfinden. Mit aufreibender, fast leidenschaftlicher Hingebung wird an schon gelösten, für noch ungelöst gehaltenen Aufgaben gearbeitet, und das Ergebniß schließlich mit dem Maaßstabe der eigenen, manchmal sehr großen Anstrengung gemessen, während Bekanntschaft mit dem Vorhandenen einen weit geringeren Werth auf dasselbe zu legen lehrt. So nützlich derartige geistige Anstrengungen dem studirenden Jünger des Faches zur Entwickelung seiner Fähigkeiten sind, so wenig förderlich sind sie dem ausübenden Techniker, indem sie dessen Arbeitskraft der wahrhaft ersprießlichen Thätigkeit an neuen unbebauten Feldern entziehen. Die erwähnten Zusammenstellungen müssen, um ihren Zweck zu erfüllen, so viel als möglich auf das Charakteristische gerichtet seyn; sie müssen das verschiedenen Maschinen wahrhaft Gemeinsame hervorheben, und darnach deren Zusammengehörigkeit bestimmen. Nach diesen Gesichtspunkten ist im Folgenden verfahren, weßhalb man darin nicht sowohl eine Beschreibung, als vielmehr nur die Charakterisirung der zu besprechenden Maschinen suchen wolle. Die Pappenheim'sche Pumpe. — Das Urbild des Kapselräderwerkes ist die in den Figuren 1 und 5 schematisch dargestellte Construction. Zwei congruente Stirnräder A und B, deren Verzahnung ohne Spielraum ausgeführt ist, sind in eine Kapsel eingeschlossen, welche die Räder an den Zahnscheiteln mit zwei halbcylindrischen Kröpfen umfaßt, mit zwei auf verschiedenen Seiten der Eingriffstelle liegenden Canälen C und D versehen ist, und die Räder an den Endflächen dicht schließend berührt. Die Achsen der Räder gehen mit dichtem Verschluß nach außen, und sind dort mit zwei gleichen Stirnrädern P und Q kinematisch verbunden. Wird nun eine der beiden Achsen, z. B. die von A, in Umdrehung versetzt, so dreht sich die von B mit gleicher Winkelgeschwindigkeit in entgegengesetztem Sinne mit. Findet die Drehung in dem in Figur 1 durch Pfeile angedeuteten Sinne statt, und denkt man sich den Canal C mit einem Wasserbehälter in Verbindung, so werden durch die beiden Räder A und B die Wasserinhalte der Zahnlücken von C nach D hin fortbewegt. Wegen des dichten Verschlusses an der Eingriffstelle bei c d kann daselbst kein Wasser rückwärts treten; also muß solches bei D hinausgetrieben werden. Die Maschine kann daher als Pumpe dienen, und bietet als solche die Bequemlichkeit dar, sowohl keine Ventile zu haben, als nur rotirende bewegliche Theile zu besitzen. Die Zahnformen von A und B können ohne Schwierigkeit so gewählt werden, daß immer in der Gegend von c d wenigstens in einem Profilpunkte Berührung stattfindet, und daß dieser Punkt ohne abzusetzen das ganze Radprofil durchläuft. Unter dieser Voraussetzung, welche durch das in Figur 1 angegebene Zahnprofil erfüllt wird, gelangt kein Wasser von D zwischen A und B hindurch nach C zurück. Die Wasserförderung von C nach D hin findet dann aber proportional der Drehung der beiden Räder statt. Wird diese gleichförmig ausgeführt, so tritt bei D ein stetiger Wasserstrahl aus, weßhalb das Pumpwerk recht gut als Spritze gebraucht werden kann. Das Wasservolumen, welches bei einer Umdrehung gefördert wird, ist gleich dem Inhalt der Zahnlücken beider Räder, oder, da die Zahnlücken hier sehr nahe denselben Körperinhalt haben wie die Zähne, annähernd gleich dem Inhalt des Cylinderringes, welcher zwischen dem Zahnscheitelcylinder und dem Zahnfußcylinder oder Radboden eines Rades liegt. Dieser Inhalt heiße kurz der Zahnringinhalt. Will man also die Wasserförderung groß machen, so kann dieß bei Erhaltung aller Durchmesser durch Verbreiterung der Pumpräder A und B in der Achsenrichtung geschehen. Eine genaue Herstellung vermag die durch Unrichtigkeiten herbeigeführten Wasserverluste auf ein unschädliches Maaß zurückzuführen, namentlich wenn die Druckhöhe nicht groß und die Winkelgeschwindigkeit der Räder nicht zu klein ist. Hiernach liefert also die vorliegende Einrichtung eine in manchen Fällen recht brauchbare Wasserpumpe. Als solche ist die Maschine schon beträchtlich alt. Weisbach nennt sieWeisbach, Mechanik, Bd. III S. 843. die Bramah'sche Rotationspumpe, welche von Leclerc verbessert sey (durch Einsetzung von Dichtungskeilen an den Zahnscheiteln); Andere nennen sie die Leclerc'sche Pumpe. Hiernach würde ihre Erfindung an das Ende des vorigen Jahrhunderts zurückzuführen seyn. Aber schon 1724 wird die Pumpe von LeupoldTheatrum mach hydraul. Tom. I p. 123. ausführlich beschrieben und Machina Pappenheimiana betitelt, und zwar in folgender Ueberschrift: Eine Kapsel-Kunst mit zwei gehenden Rädern von D. Bechern Machina Pappenheimiana genannt.“ Nun ist das Becher'sche WerkTrifolium Becherianum, welches auf der königl. Bibliothek in Berlin leider nicht zu finden. in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts erschienen; außerdem aber beschreiben Kircher, SchottCaspar Schott, Mechanica hydraulica, pneumatica, Mainz 1657. Die in einem kleinen Kupferstich wiedergegebenen Räder haben hier 19 Zähne; der gelehrte Pater hat den „Wasserspeier“ als Pumpe in „römischen Gärten“ (?) in Anwendung gesehen. Leurechin, und nach diesem Schwenter in seinen „mathematischen Erquickstunden“ vom Jahre 1636, S. 485, dieselbe Maschine mit der Abänderung, daß die beiden Pumpräder vier statt sechs Zähne haben, ohne Anführung des Namens Pappenheim. Hiernach ist die Maschine heute schon über 230 Jahre alt; sie war zur Zeit des 30 jährigen Krieges schon bekannt, und scheint nach Allem eine deutsche Erfindung. Ob ihr Erfinder Pappenheim geheißen, oder ob sie nur nach irgend einem Pappenheimer benamset worden, bleibt noch festzustellen; ohne Frage kann man sie die Pappenheim'sche Pumpe auch ferner nennen. Ich will noch bemerken, daß die beiden außenliegenden Zahnräder P und Q sowohl in dem schönen Kupfer bei Leupold als in dem winzigen Holzschnitt bei Schwenter fehlen, bei Bramah und Leclerc übrigens auch. Dieselben können zur Noth wegbleiben, da die Pumpräder einander allenfalls auch gegenseitig mitnehmen können; indessen entstehen dabei doch in der in Fig. 1 gezeichneten Stellung Klemmungen, welche die Zähne bald beschädigen. Deßhalb ist durchweg zu empfehlen, die Triebräder P und Q anzubringen; ihr Vorhandenseyn ist auch bei den übrigen auf der Tafel dargestellten Kapselrädern angenommen. Wie die Zahnprofile der Pumpräder A und B zu formen sind, lehrt die Theorie der allgemeinen Verzahnung.Siehe z. B. meinen Constructeur, S. 249 der 2. Auflage. Hier sey nur soviel bemerkt, daß in Fig. 1 die Zahnkopfprofile (wie in Leupold's Zeichnung) als Halbkreise angenommen, und die Zahnfußprofile dazu gesucht sind; auch sie unterscheiden sich nur sehr wenig von Kreisbogen. Außer als Wasserpumpe oder Pumpe für tropfbare Flüssigkeiten kann man die Pappenheim'sche Maschine auch für das Fortbewegen gasförmiger Körper gebrauchen, z. B. als Luftpumpe oder Windrad, als Gaspumpe u. s. f. Auch kann man ihre Thätigkeit umkehren, sie durch die Flüssigkeit treiben lassen, anstatt letztere durch sie fortzubewegen. Die Maschine dient dann als Kraftmaschine, und zwar als Wasserkraftmaschine (Kapselradturbine), wenn sie durch Wasser bewegt wird, als Dampfmaschine (rotirende), wenn Dampf die Treibflüssigkeit ist. Die letztere Anwendung hat Murdock, ein Zeitgenosse Watt's, versucht, indem er die Zahnköpfe mehr den Kapselwänden anschließend formte, und Dichtungstheile an den Zahnscheiteln einsetzte. Die Wirkung kann nur gering seyn, weil der Verschluß an der Eingriffstelle c d für eine gasförmige Flüssigkeit von hoher Spannung nicht genügt; die Murdock'sche Kapselrad-Dampfmaschine ist deßhalb nicht in die Praxis eingedrungen. Eine dritte Anwendung liegt zwischen der Pumpe und der Kraftmaschine. Das Kapselräderwerk kann wie jede Pumpe auch als Meßwerkzeug gebraucht werden; es gibt bei guter Ausführung einen Wassermesser ab, indem die Zahl der Umdrehungen, welche die Pumpräder, getrieben von einem durchfließenden Wasserstrom, machen, dessen Inhalt gemessen durch den Zahnringinhalt als Einheit angibt. Wir werden weiter unten eine derartige Anwendung des Kapselräderwerkes finden. Eine vierte Anwendung, auf welche Hr. Ingenieur Almgren aufmerksam machte, erhält man bei Anbringung eines verengbaren Ausflußcanales. Schließt man diesen mehr oder weniger, so dient das mit Wasser oder Oel gehende Kapselräderwerk als Bremse, die man durch Zufügung eines Ventiles zu einer einseitig wirkenden, durch Zufügung zweier Ventile zu einer zweiseitig wirkenden vorrichten kann. Die Flüssigkeit beschreibt dabei, wenn man die Canäle passend anordnet, einen Kreislauf; sich abnützende Theile, wie an den Backenbremsen, kommen bei einer solchen Bremse nicht vor. Die in einem Drehungssinne widerstehende, im anderen nicht hindernde Kapselradbremse kann sodann als Katarakt dienen, und an solchen Stellen nützlich seyn, wo die Kataraktwirkung auf Drehbewegungen angewandt werden soll. Man sieht, daß das Kapselräderwerk eine sehr große Verwendbarkeit besitzt. Da es in seiner einfachen Gestalt keiner Ventile bedarf, kann es, wie gezeigt wurde, ohne irgend eine Aenderung als Pumpe, welche sich auch als Spritze eignet, als Kraftmaschine und als Flüssigkeitsmesser dienen; eine geringe Zuthat macht es als Katarakt und als Bremse brauchbar; es eignet sich gut für den Betrieb von und durch Wasser oder tropfbare Flüssigkeiten überhaupt, halbflüssige und bloß plastische Massen mit eingerechnet (weßhalb es vielleicht als Thonpresse und Knetmaschine dienen könnte), sowie zur Förderung von niedrig gespannten luftförmigen Flüssigkeiten, als atmosphärische Luft, Leuchtgas u. s. w., in der That eine Reihe von nützlichen Anwendungen, wie sie selten bei einer und derselben Maschine vorkommen. Das Fabry'sche Wetterrad. — Diese bekannte Maschine ist ein als Windpumpe dienendes Kapselräderwerk. Der belgische Ingenieur, dessen Namen es trägt, hat es als Sauggebläse zur Grubenlüftung eingerichtet und mit großem Erfolg eingeführt; noch heute ist er thätig, seinen „Ventilator“ fortwährend zu verbessern. Fig. 3 zeigt das Profil des älteren Fabry'schen Rades.Siehe Laboulaye, Cinématique, 2. Aufl. S. 793. Die Pumpräder sind hier dreizähnig, ihre Zahnprofile bei a b und a1 b1 nach Epicykloiden oder Aufradlinien der Theilkreise geformt; bei c d berühren sich die Profile beiderseits der Centrale so lange, bis die Profile bei a und b oder a1 und b1 zusammentreffen. Ein Durchströmen von Luft zwischen den Rädern ist deßhalb nicht möglich, ohne daß indessen wie bei Pappenheim der Berührungspunkt stetig das Radprofil durchläuft. Das Ausschneiden der Zahnprofile führt aber herbei, daß bei jedem Zahnwechsel ein kleines Quantum Luft von D nach C zurückgeschafft wird. Denkt man sich die Zähne zuerst für stetige Berührung eingerichtet, und dann ausgeschnitten, so ist der Inhalt der Ausschnitte gerade derjenige der zurückgeschafften Luftmenge. Es bleibt demnach auch hier der Satz bestehen, daß die geförderte Luftmenge für jede Umdrehung sehr annähernd gleich dem Inhalt eines Zahnringcylinders ist. Das Ausschneiden des Zahnprofils ändert also nichts an der Fördermenge; es hebt aber die volle Gleichförmigkeit der Förderung auf, indem das Wiederzurückführen nicht stetig geschieht. Ein Nachtheil möchte hieraus selten erwachsen; nur bei starker Wasserdurchfuhr ist die Ungleichförmigkeit vielleicht nachtheilig, da sie eine stoßende Bewegung der Räder bewirkt. Um den dichten Verschluß an den Zahnscheiteln genügend lange bestehen zu lassen, brauchen die Kropfwände sich nicht auf einen vollen Halbkreis zu erstrecken; es genügt, wenn sie ungefähr dem Winkel einer Zahntheilung entsprechen. Sie dürften also bei der Einrichtung in Fig. 3 bei E und F schon aufhören; oder auch man dürfte bei halbkreisförmigen Kröpfen die Pumpräder zweizähnig machen. Solches ist bei dem in Fig. 4 dargestellten neueren Fabry'schen Rade geschehen. Die epicykloidischen Profile sind an kleinen, von Fabry auch bei den 3 zähnigen Rädern schon frühe angewandten Schaufeln bei a b a1 b1 u. s. w. angebracht; bei c d berührt die Mittelwand des Rades B den Radboden von A Zwischen dem Radboden und dem Kropf liegt der Zahnringcylinder, dessen Inhalt wiederum mit genügender Annäherung demjenigen des bei jeder Umdrehung geförderten Luftquantums gleich ist. Die Fabry'schen Wetterräder sind mit 3–4 Met. Durchmesser und 2–3 Met. Breite ausgeführt, und bewegen sich ziemlich langsam, mit 30–60 Umdrehungen in der Minute.Vergl. Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, Bd. I S. 140; ferner Ponson, Traité de l'expl. des mines de houille; polytechn. Journal. 1853, Bd. CXXX S. 336. Der Roots'sche Ventilator. — Der in Fig. 5 im Profil dargestellte Ventilator des Amerikaners RootsEine Beschreibung siehe im Engineer August 1867, S. 146; polytechn. Journal Bd. CLXXXVII S. 301. war auf der vorjährigen Pariser Ausstellung zur Schau gestellt. Die Pumpräder hatten etwa 0,9 Meter Durchmesser und über 2 Meter Breite; sie wurden mit großer Schnelligkeit betrieben und lieferten eine bedeutende Menge Luft von beträchtlicher Pressung. Das Profil b d b1 ist kreisförmig; das entgegenstehende a c a1 berührt das erstere beim Eingriff stetig. Man sieht, daß das Ganze ein Pappenheim'sches Kapselräderwerk mit zwei Zähnen ist. Roots führte die Mantelflächen der Zähne anfangs aus Holz, später aus Eisen aus. Fig. 6 zeigt das Profil eines zweiten Roots'schen Ventilators. Hier sind die Zahnformen geändert. Aehnlich wie bei dem erwähnten Murdock'schen Kapselräderwerk haben hier die Zähne am Scheitel cylindrische, an die Kapsel anschließende Profile e e1, c c1, b b1 Diese erstrecken sich auf einen Viertelkreis, d. i. auf eine halbe Theilung. Dasselbe gilt von den Radboden-Profiltheilen a a1, d d1, f f1, welche die Scheitelprofile bei Durchgang durch die Centrale berühren; dabei gleitet a a1 auf b b1, f f1 auf e e1 u. s. w. Die Flankenprofile b d, a c u. s. f. sind hier verlängerte Epicykloiden oder Aufradlinien der aufeinander rollenden Theilkreise. Das Profil a c wird von dem Eckpunkte b des Rades B gegen das Rad A beschrieben, also in der Ausführung berührt, wenn die Räder in den Pfeilrichtungen gehen. Roots führt nicht diese genauen Profile aus, sondern solche, welche hinter dieselben in die Räder hineinfallen, und mit Recht. Er gibt zwar dabei den zweiten Schlußpunkt auf, vermeidet aber auch dadurch die Verdünnungen und Verdichtungen, welche bei der zweifachen Berührung in den Räumen, die sich zwischen den Berührungspunkten bilden, entstehen würden. Die genannten Profile sind auch hier nur der einfachen Darstellung wegen gezeichnet; sie müssen beim Entwerfen auf alle Fälle gesucht werden, um die Grenze, hinter welcher das auszuführende Profil bleiben muß, zu bestimmen. Von den beiden Roots'schen Vorrichtungen ist die erstere die vorzüglichere, weil sie einen gleichförmigen Flüssigkeitsstrom liefert, was die zweite aus den bei Figur 3 erwähnten Gründen nicht thut. Beide Roots'sche Ventilatoren haben eine Fördermenge, deren Inhalt dem eines Zahnringcylinders für jede Umdrehung sehr nahe gleich ist. Der Payton'sche Wassermesser. — Fig. 7 ist das Schema eines in der englischen Abtheilung der vorjährigen Pariser Welt-Ausstellung zur Schau gestellten Wassermessers.Beschrieben im Engineer, Februar 1868, S. 92; polytechn. Journal Bd. CLXXXVIII S. 22. Derselbe ist ein zweizähniges Kapselräderwerk, dessen Zähne nach Kreisevolventen oder Fadenlinien profilirt sind. Die Berührungsnormale und Eingrifflinie N N hat in unserer Figur 15 Grad Neigung gegen die Centrale, und zwar ist dieser Winkel deßhalb klein zu wählen, damit die Eingriffdauer genügend groß heraus gebracht werden kann. Die einander in c d berührenden Evolventenbogen gehen von a bis e und von f bis b; innerhalb der durch a und f gehenden Kreise sind die Zahnprofile mit einer beliebigen Curve, welche aber den Eingriff nicht stört, an den Radboden angeschlossen. Auf den Rückseiten sind die Zähne nach einer der Evolvente nahe parallelen Curve profilirt, welche der Haupt-Evolvente recht nahe liegen muß, um den Eingriff nicht zu stören, d. h. um nicht von der Spitze des Gegenzahnes getroffen zu werden. Dadurch erhalten die Zähne die etwas ungewöhnliche schaufelförmige Gestalt. Bei jeder Umdrehung wird von jedem Rade die hinter die Zahnrückenflächen fallende Flüssigkeitsmenge wieder von D nach C zurückbefördert, es findet also auch hier, ähnlich wie bei den Fällen in Fig. 3, 4 und 6, keine gleichförmige Fortbewegung statt, was auch schon daraus hervorgeht, daß der Eingriffpunkt das Radumfangsprofil nicht stetig durchläuft. Die auf jede Umdrehung entfallende Fördermenge ist wieder sehr nahe dem Zahnringcylinder inhaltgleich. Ob der wasserdichte Verschluß selbst bei recht genauer Ausführung ausreicht, um den Apparat als Wassermesser tauglich zu machen, ist erst durch die Erfahrung zu bestätigen. In England scheint die Einführung des ohne Zweifel sehr einfachen Instrumentes mit Eifer versucht zu werden. Der Evrard'sche Ventilator. — Die belgische Abtheilung der vorjährigen Pariser Welt-Ausstellung enthielt einen in sehr bescheidener Form ausgeführten, aber sehr beachtenswerthen Ventilator von Evrard, der ebenfalls hierher gehört, und dessen Schema Fig. 8 zeigt. Er ist ein zweizähniges Kapselräderwerk, bei welchem die beiden Pumpräder zwar wie bisher gleich schnell umlaufen, aber nicht congruent gestaltet sind. Das Rad A hat zwei ganz innerhalb seines Theilkreises r fallende Zahnlücken, das Rad B zwei außerhalb seines Theilkreises r liegende Zähne. Die Zähne an A haben Aehnlichkeit in der Form mit denen bei Roots, Fig. 6, sie liegen aber innerhalb des Theilkreises, die Lücken an B dagegen ganz außerhalb des Theilkreises. Die Curve a e a1 ist die von der Zahnspitze b gegen das Rad A beschriebene verlängerte Epicykloide oder Aufradlinie der beiden Kreise vom Halbmesser r. Die Curve a1 b1 ist die gemeine Epicykloide oder Aufradlinie (hier insbesondere eine Cardioide), welche der Punkt a1, des Rades A gegen das Rad B beschreibt. Der Punkt a1 verläßt hier das Rad B in demselben Augenblicke, wo bhia anlangt. Soll dieß stattfinden, so muß der Winkel a A a1 so groß seyn, wie der dem Zahnfuß an B entsprechende Winkel, oder doppelt so groß als der in Fig. 8 mit α bezeichnete. Beide Lückenräume schaffen beim Drehen in den Pfeilrichtungen Luft oder überhaupt Flüssigkeit von C nach D. Der Lückeninhalt von A wird aber bis auf den Abschnitt von dem linsenförmigen Querschnitt a b b1 a1 wieder nach C zurückgeschafft. Hiernach wird bei jeder Umdrehung ein Volumen, welches etwas weniges kleiner als der Zahnring-Cylinder des Rades B ist, von C nach D befördert. Der Eingriff besitzt eine günstige Eigenschaft in dem Umstande, daß die Zahnscheitel von A auf den Radbodenabschnitten von B ohne Gleitungrollen. Der in Paris ausgestellte Ventilator hatte, so viel sich an der etwas schwer zugänglichen Maschine ersehen ließ, statt der epicykloidisch profilirten Zähne an B nur gerade Schaufeln an der Stelle der Zahnachse l unserer Figur, was für die praktische Ausführung genügt und dieselbe noch bedeutend erleichtert. Wegen des Zurückförderns eines Theiles des fortbewegten Lückeninhaltes ist die Förderung nicht gleichförmig, was aber namentlich bei Luftförderung keinen wesentlichen Nachtheil hat. Somit ist im Ganzen das Evrard'sche Gebläse als ein Kapselräderwerk von sehr zweckmäßiger Construction zu bezeichnen. Um die Förderung bei ihm gleichförmig zu machen — wobei seine Brauchbarkeit als Wasserpumpe und als Wasserkraftmaschine erheblich zunehmen würde — hätte man nur die Zähne an B nach einem Kreisbogen zu Profiliren, um der Lücke an A die entsprechende Umhüllungscurve zum Profil zu geben. Die besondere Form, welche Evrard den Kapselrädern in seinem Ventilator gegeben hat, ist schon früher benutzt worden. Im Jahre 1825 erhielt der Amerikaner Eve ein englisches Patent auf ein ähnlich construirtes, als Wasserpumpe dienendes Kapselräderwerk.Siehe Thomas Ewbank, Hydraulic and other machines for raising water London 1842, p. 287. Bei demselben hat das hier mit B bezeichnete Rad drei Zähne, das mit A bezeichnete eine einzige Lücke, und bewegt sich vermöge der angebrachten Triebräder-Uebersetzung dreimal so schnell als B. Die Zähne an B sind schaufelförmig.In der neuesten Zeit werden in England von Laidlow und Thomson rotirende Pumpen gebaut, welchen das Kapselräderwerk ganz in der von Evrard benutzten Form zu Grunde liegt. Siehe Engineer, Mai 1868, S. 394. Die Repsold'sche Pumpe. — Wir haben gesehen, daß die Pappenheim'sche Erfindung in Bezug auf die Zähnezahl und die Zahnform allerlei Wandlungen durchlaufen hat. Die Zähnezahl der Pumpräder ist unter allerlei Abänderungen in den Zahnprofilen von 6 und mehr auf 4, 3 und 2 gesprungen. Es erübrigt nur noch, diese an sich wohl nützliche Verminderung bis an die äußerste Grenze zu treiben. Solches ist in der in den vierziger Jahren von dem bekannten Hamburger Hause Repsold ausgegangenen rotirenden Pumpe geschehen. Diese vielgenannte Pumpe, welche bei ihrem Erscheinen Aufsehen erregte, ist ein Kapselräderwerk, dessen Pumpräder je einen Zahn haben. Fig. 9 zeigt dasselbe in schematischer Darstellung. Die Zahnprofile sind hier außerhalb der Theilkreise nach Aufradlinien oder Epicykloiden a e, b h, innerhalb nach Hypocykloiden oder Inradlinien a g, b f gestaltet, erzeugt wie bei gewöhnlichen Satzrädern durch Wälzen der gleich großen Radkreise W und W1 auf und in den Theilkreisen. Am Zahnfuß ist ein Profil-Stückchen g i angesetzt, welches die relative Bahn der Zahnspitze h des Rades B (das so genannte theoretische Lückenprofil desselben) ist; das Hypocykloidenstück a g entspricht der Wälzung des Radkreises W1 auf dem Bogen a k. Die Zahnscheitel h d und e g sind cylindrisch, ebenso die entsprechenden Radbodenstücke an beiden Rädern, ganz wie es bei gewöhnlichen Stirnrädern gemacht wird. Bei der hier gewählten Zahnform ist die Förderung ein klein wenig ungleichförmig, da der Eingriffpunkt nicht ganz vollständig stetig den Radumfang durchläuft. Die Ungleichförmigkeit ist indessen vernachlässigbar klein; will man sie völlig beseitigen, so braucht man nur das Zahnkopfprofil bei a e, b h u. s. w. nach einer stetig in den äußeren Cylinder übergehenden Curve, z. B. einem passend gelegten Kreisbogen, zu formen und das umhüllende Zahnfußprofil entsprechend zu gestalten. Die Pumpräder der Repsold'schen Maschine werden gewöhnlich als „eigenthümlich geformte Excenter“ oder dergleichen beschrieben; aus dem Obigen geht aber klar hervor, und ein Blick auf die Zeichnung macht es augenscheinlich, daß sie nichts anderes als einzähnige Stirnräder sind. Radboden und Zahnscheitel gleiten auf einander, so daß an denselben eine anfängliche Abnutzung unvermeidlich ist, ähnlich wie es bei dem zweiten Roots'schen Gebläse, Fig. 6, der Fall ist. Der dichte Verschluß ist deßhalb an dieser Stelle schwer zu erhalten, niedrige Pressung der zu fördernden Flüssigkeit also empfehlenswerth. Die Kropfbogen E G und F H müssen, um den Verkehr zwischen Canal C und D hinter den Rädern her zu verhüten, größer als ein Halbkreis seyn. Repsold hat innerhalb derselben abdichtende Lederstreifen angebracht.Siehe Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, Jahrgang 1844, S. 208; polytechn. Journal Bd. XCIII S. 256. Der Inhalt der bei einer Umdrehung geförderten Flüssigkeitsmenge ist fast ganz genau gleich dem eines Zahnringcylinders. Die Repsold'sche Pumpe ist als Wasserpumpe für Baugruben, überhaupt als Ausschöpfpumpe, ferner als Spritze angewandt worden; auch als Kraftmaschine mit Wasserbetrieb (Kapselradturbine) ist sie in England zur Anwendung gekommenSiehe Practical Mechanic's Journal, 1865–66, Bd. XVIII S. 28., und dient mehrfach als Leuchtgaspumpe in Gasfabriken. Bei ihr sind also drei von den oben aufgezählten mannichfachen Anwendungen des Kapselräderwerkes mit dauerndem praktischen Erfolge verwirklicht. Das Dart'sche oder Behrens'sche Kapselräderwerk.Siehe Propagation industrielle, 2me série, No. 15 (April 1867) S. 116. — Die amerikanische Abtheilung der vorjährigen Pariser Welt-Ausstellung enthielt in zwei Anwendungen das in Fig. 10 dargestellte, von Behrens erfundene, von Dart und Comp. ausgestellte Kapselräderwerk. Die beiden Pumpräder A und B sind auch hier einzähnig, wie bei dem vorigen Beispiel. Sie sind an seitlich liegenden runden Scheiben, welche hier weggeschnitten sind, befestigt. Dadurch ist es ermöglicht, sie von innen aus zu drehen, so daß der Radboden wegfällt. An seine Stelle sind die Cylinder G und H gesetzt und unbeweglich im Gehäuse befestigt. Sie haben cylindrische Ausschnitte d c und b g, welche von den Zahnscheiteln bei deren Vorbeigang berührt werden, und Zwar so, daß ein dichter Verschluß entsteht, welcher denjenigen der Zahnflanken unnöthig macht. In unserer Figur berühren sich auch diese noch, indem a f als verlängerte Epicykloide oder Aufradlinie, beschrieben vom Punkte e, geformt ist. Bei der praktischen Ausführung bleibt man mit der Spitze e etwas von der Curve weg (indem man bei e eine Abrundung anbringt), um das Einklemmen von Flüssigkeit in dem Dreieckraume d e f zu verhüten. Sobald der Punkt f bei d anlangt, so ist auch e dort angekommen, und geht nun von d nach c hin. Dabei schließt der Zahnscheitel von B immer noch an d c, die Zahnsohle h g an dem Cylinder H. Kurz darauf kommt a nach b hin, und es beginnt nun der Verschluß durch den Zahnscheitel von A an b g. Zugleich beginnt dann auch das Zurückführen der abgeschnittenen Flüssigkeitsmenge nach C hin. Inzwischen ist von C her die Flüssigkeit zwischen den Kropfrändern I K hindurch links um G herum nach oben zu gegangen, während gleichzeitig durch das Rad B rechts um H herum die geschöpfte Flüssigkeit zwischen den Kropfrändern E F hindurch nach D geleitet wurde. Wie man sieht, ist hier ein neuer Gedanke in das Kapselräderwerk eingeführt, derjenige des Verschlusses des Mittelcanales durch Körper, die mit congruenten Flächen aneinander entlang gleiten, während die vorhergehenden Abänderungen der Pappenheim'schen Pumpe nur die Zähnezahl und die Zahnform abgewandelt hatten. Des dichten Verschlusses halber könnten die Zahnprofilirungen a f und e h u. s. w. wegbleiben; es ist aber doch gut dieselben anzuwenden, um die zurückgeführte Flüssigkeitsmenge und damit die Ungleichförmigkeit der Förderung klein zu halten. Die Größe der Förderung selbst entspricht auch hier wieder sehr nahe dem eines Zahnringcylinders für jede Umdrehung. Die Sicherheit des Verschlusses ist wegen dessen Erzielung durch congruente Gleitflächen an allen Stellen eine größere als bei den vorher besprochenen Kapselräderwerken, weßhalb die Behrens'sche Maschine sich als Pumpe gut eignet. Der Fabrikant Dart (in dessen Hause in New-York der Erfinder Behrens Theilhaber ist) hat sie vielfach als solche, sowie auch als Wasserkraftmaschine (Kapselradturbine) ausgeführt, ja sie auch als Dampfmaschine angewandt. Von einer solchen, welche eine Behrens'sche Pumpe trieb, war ein Muster von der angeblichen Stärke von 12 Pferden auf der Ausstellung in Thätigkeit. Es muß indessen bezweifelt werden, daß ein dauernder Erfolg mit dieser Anwendung erreicht werden könne, da es unverhältnißmäßig schwer ist, den dichten Verschluß gegen hohen Dampfdruck auf die Dauer in dieser Maschine zu erhalten. Wenigstens wird die Vollkommenheit der Cylindermaschinen von dieser Kapselradmaschine nicht von fern erreicht werden können. Als Wassermesser möchte sich das Behrens'sche Kapselräderwerk recht gut eignen, namentlich wo beträchtliche-Wassermengen gemessen werden sollen; auch für Bremse und Katarakt bietet es vortheilhafte Seiten. Andere Kapselräderwerke. — Die verschiedenen Formen, in welche das Kapselräderwerk gebracht werden kann, sind mit den vorstehenden nicht erschöpft, wennschon die wichtigsten bekannten herausgehoben sind. Man kann, wie auf der Hand liegt und wie Eve ausführte, auch ungleiche Stirnräder anwenden, kann drei statt zwei mit einander verbindenJustice in Dundee vereinigt drei Räder mit je einem Zahn, ähnlich wie bei Eve und Evrard, zu einem als rotirende Dampfmaschine benutzten Kapselräderwerk. Siehe Practical Mechanic's Journal, 1866–67, Bd. XIX S. 360., kann auch andere Zahnräderarten, z. B. Kegelräder u. s. w. zu Grunde legen. Der Mechanicus Lüdecke in Dränsfeld bei Göttingen hat u. a. ein Kapselräderwerk construirt, welches als Pumpräder zwei gleiche conische Räder von sehr stumpfem Achsenwinkel hat; die Kapsel ist innen eine Kugelzone, und wird durch zwei Scheidewände in der Achsenebene in Saug- und Druckraum getheilt. Die Schwierigkeiten der Herstellung übersteigen bei weitem diejenigen, welche bei Zugrundelegung von Stirnrädern auftreten. Doch verdient es immerhin angeführt zu werden, daß auch diese Consequenz schon gezogen ist. Ueberschaut man nun noch einmal die aufgezählten Anwendungen des besprochenen Mechanismus, so muß man billig staunen über die Mannichfaltigkeit derselben. Der Bergbau, das Bauwesen, die Hüttenwerke, die Wasserkraftanlagen, die Gasfabriken, die Wasserwerke, der allgemeine Maschinenbau ziehen Nutzen aus der einen oder anderen Form des in der Pappenheim'schen Kapsel eingeschlossenen Getriebes, welches sich proteusartig fortwährend verwandelt hat und noch verwandelt. A Century of inventions !“ hätte im Styl der Zeit seiner Erfindung ein prophetischer Beurtheiler ausrufen können, oder besser in der Sprache des Erfinders: „Hundert Maschinen auf einmal!“ denn es steht uns an, eingedenk zu seyn, daß die vielgestaltige nützliche Erfindung deutschen Ursprungs ist.

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