Titel: Ueber die Anfertigung der Richard'schen zinnernen Röhren zum Aufbewahren von Oelfarben, Parfümerien etc.; Bericht von Tresca.
Fundstelle: Band 190, Jahrgang 1868, Nr. XXX., S. 94
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XXX. Ueber die Anfertigung der Richard'schen zinnernen Röhren zum Aufbewahren von Oelfarben, Parfümerien etc.; Bericht von Tresca. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Juli 1868, S. 398. Mit Abbildungen. Ueber Richard's Anfertigung zinnerner Röhren zum Aufbewahren von Oelfarben etc. Der Gedanke, die thierische Blase zum Aufbewahren von Oelfarben durch metallene Röhren zu ersetzen, gehört John Rand an, welcher im J. 1841, wo er in England das erste Patent auf seine Erfindung nahm, von dem Princip ausging, daß wenn man die Wände der Gefäße biegsam macht, man deren Fassungsraum nach Maaßgabe des Verbrauches ihres Inhaltes vermindern und auf diese Weise die aufzubewahrende teigförmige Substanz fortwährend gegen den Zutritt der Luft geschützt erhalten kann. Die aus Thierblasen bestehenden Gefäße besitzen dieselbe Eigenschaft; die Membran ist aber leichter durchdringlich als ein Metall, daher diese Gefäße an freier Luft bald austrocknen und spröde werden, lange bevor die aufzubewahrende Substanz verbraucht ist, wodurch beträchtliche Verluste bedingt werden, die sich durch Anwendung metallener Gefäße vermeiden lassen. Die Vorzüge der letzteren bespricht Rand schon in der Beschreibung seines ersten Patentes vom J. 1841 (polytechn. Journal Bd. CLXXXIV S. 208) und er weist nach, daß die geeignetsten Gefäße in Zinnröhren bestehen, welche an ihrem einen Ende mit einem Stopfen versehen und am anderen Ende nach dem Einfüllen der Substanz in der Art geschlossen werden, daß man die Wandungen zusammendrückt und das Metall mehrfach zusammenfaltet. Das Verfahren zur Anfertigung dieser Gefäße ist in der Beschreibung seines ersten Patentes noch nicht angegeben, jedoch der zum Füllen der cylindrischen Röhren dienende Apparat abgebildet. Derselbe bestand, wie noch jetzt, in einer Art Spritze mit einem cylindrischen Ansatz, auf welchen die mit ihrem Deckel oder Stopfen versehene Röhre gesteckt wird. Indem man den Kolben der Spritze mittelst einer Schraube langsam vorwärts bewegt, dringt die Farbe in die Röhre ein und verdrängt dabei die Röhre von dem Ansatz des Füllapparates. Die Röhre füllt man nicht ganz und kneipt sie an ihrem Ende mittelst einer besonderen, von Rand abgebildeten Zange zusammen. In der Specification seines Patentes vom J. 1843 (polytechn. Journal Bd. XCII S. 5) hat Rand die Fabrication der cylindrischen Zinnröhren vollständig beschrieben und abgebildet. Vermittelst eines Durchschnittes erhält man Scheiben von geeignetem Durchmesser, welche an ihrer oberen Fläche concav sind und mit einem concentrischen Loche versehen wurden, was durch eine mit dem Stempel verbundene centrale Spitze bewerkstelligt wird. Eine solche Scheibe wird dann in eine Matrize von gleichem Querschnitte gelegt und mittelst eines neuen Stempels, welcher ebenfalls mit einer centralen Spitze versehen ist, treibt man das zu formende Zinn in die Matrize, welche an ihrem unteren Theile einen Schraubengang haben kann, in dessen Ruthen sich das Zinn rings um den Ansatz des Stempels begibt. Auf diese Weise formt man den Hals des Rohres; gleichzeitig damit wird aber auch die Wand desselben gebildet. Der Stempel, welcher auf einen etwas kleineren Durchmesser als denjenigen der Scheibe abgedreht und polirt ist, zwingt nämlich das Zinn, in dem Augenblick wo er gegen die Scheibe drückt, durch die kleine ringförmige Oeffnung hervorzutreten, durch welche es allein entweichen kann, und indem das Metall in dieser Oeffnung gewissermaßen geformt wird, steigt es vertical in Gestalt einer cylindrischen Röhre von constantem Durchmesser auf, welche den Stempel genau überdeckt und allenthalben gleiche Wanddicke haben muß, weil diese überall durch die freie Dicke des Ringes bestimmt wird. Rand gedachte auf die Weise Röhren von 2 Centimeter Durchmesser und 8 Centimeter Höhe zu erhalten; die Erfahrung hat aber seitdem bewiesen, daß das Verfahren Röhren von über 30 Centimeter Höhe zu erzeugen gestattet. Die Röhren von Rand waren manchmal von ungleicher Stärke und zeigten auch manchmal kleine Risse, wodurch sie an ihrem industriellen Werth sehr einbüßten. Der Mechaniker Richard in Paris (11, rue Saint-Gilles), welcher die Zinnröhren für Oelfarben etc. jetzt in großem Maaßstabe fabricirt, hat in letzterer Hinsicht viel befriedigendere Resultate erzielt und überdieß wichtige Verbesserungen, sowohl hinsichtlich der Dimensionen der Röhren als hinsichtlich ihres Verschlusses, gemacht. Die Dimensionen anbelangend, hatten die englischen Röhren nicht über 40 Millimeter Durchmesser und 200 Millimeter Höhe. Diejenigen von Richard erreichen 50 Millimeter Durchmesser und 300 Millimeter Höhe. Wir haben einige dieser großen Röhren vor dem schließlichen Abschaben auf der Drehbank gesehen und zu unserer Verwunderung uns überzeugt, daß die Differenzen des Röhrendurchmessers stets nur 2 bis 3 Millimet. auf 300 Millimet. desselben betragen. Uebrigens sind die von Richard zum Pressen der Röhren angewendeten Scheiben in der Mitte nicht durchlocht, sondern bilden bloß runde Metallplättchen. Den Verschluß betreffend, zieht es Richard vor, an der Mündung der Röhre, durch den Druck des Stoßwerkes, bloß einen cylindrischen Ring zu erzeugen, in welchem er auf der Drehbank das regelmäßigste Schraubengewinde herstellt; durch den vorhergehenden analoge Verfahrungsarten erhält er eine Art Kapsel, welche ihm als Stopfen dient, nachdem sie innerhalb mit einem Gewinde versehen worden ist, und die in der Mitte kegelförmig eingedrückt wird, um einen dichteren Schluß mit der oberen Fläche des erwähnten Ringes zu erzielen. Bei diesem Verschluß ist man sicher, den Inhalt der Röhren in kleinen Quantitäten verbrauchen zu können, ohne daß sich der Rest desselben im geringsten verändert. Von den schon ziemlich allgemein angewendeten Richard'schen Röhren kostet die kleinste Sorte von 6 Kubikcentimeter Fassungsraum nur 5 Francs per Groß, wogegen der Preis der größten von über ½ Liter Fassungsraum ungefähr 1 Franc per Stück beträgt. Bei diesem niedrigen Preise bilden sie für alle Substanzen von teigartiger Consistenz, welche auf Zinn keine Wirkung ausüben, die zweckmäßigste Verpackung. Die nebenstehenden Figuren beziehen sich auf Richard's Fabricationsmethode der zinnernen Röhren. Textabbildung Bd. 190, S. 97 Fig. 1 stellt im Verticalschnitt eine Scheibe zur Fabrication einer Röhre dar. Textabbildung Bd. 190, S. 97 Fig. 2 ist ein Verticalschnitt der dem Durchmesser dieser Scheibe entsprechenden Matrize. Textabbildung Bd. 190, S. 97 Fig. 3 zeigt die Röhre, welche die Scheibe liefert, nachdem sie in der Matrize mittelst eines Stoßwerkes der Wirkung eines Stempels unterworfen wurde, dessen Durchmesser etwas kleiner als derjenige der Scheibe ist. Die Differenz zwischen dem Durchmesser der Matrize und dem des Stempels bedingt die Wandstärke der fabricirten Röhre. Der cylindrische Ring, mit welchem die Röhre an ihrem unteren Theile endigt, wird auf der Drehbank mit einem Gewinde versehen. Textabbildung Bd. 190, S. 97 Fig. 4 endlich ist ein verticaler Durchschnitt der Kapsel oder des Stopfens, welcher auf den Ring der Röhre geschraubt wird; er wird ebenfalls auf der Drehbank mit Gewinde versehen, was wegen der geringen Härte des Materiales sich sehr schnell bewerkstelligen läßt. a ist eine kegelförmige Vertiefung in der Mitte des Kapselbodens, um einen vollkommeneren Schluß zwischen demselben und dem Ringe der Röhre zu erzielen.