Titel: Ueber Anwendung des Bessemer-Processes beim Metallhüttenbetriebe; von Franz Kupelwieser, k. k. Professor in Leoben.
Fundstelle: Band 191, Jahrgang 1869, Nr. VII., S. 38
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VII. Ueber Anwendung des Bessemer-Processes beim Metallhüttenbetriebe; von Franz Kupelwieser, k. k. Professor in Leoben. Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1868, Nr. 50. Kupelwieser, über Anwendung des Bessemerprocesses beim Metallhüttenbetriebe. Von den Oxydationsprocessen, welche im Hüttenwesen ausgeführt werden, verläuft der Bessemerproceß am schnellsten und wirkt bei alleiniger Anwendung des Sauerstoffes der atmosphärischen Luft energischer als alle anderen Oxydationsprocesse. Um so auffallender muß es erscheinen, daß derselbe bis nun nur im Eisenhüttenwesen beim Verfrischen des Roheisens Anwendung findet, während doch die Oxydationsprocesse im Hüttenwesen in vielen anderen Fällen eine so wichtige Rolle spielen, daß die Trennung der Metalle von einander, die Reinigung derselben, die Abscheidung schädlicher Bestandtheile etc. darauf begründet, ja ohne denselben oft gar nicht durchführbar erscheint. Der Grund, warum der Bessemerproceß bei Erzeugung anderer Metalle außer Eisen im Hüttenwesen noch nicht Eingang gefunden hat, scheint ein mehrfacher zu seyn, und theils in der kostspieligen Einrichtung der zur Durchführung von Versuchen erforderlichen Apparate, großentheils aber auch in der Furcht vor zu großen Metallverlusten zu suchen seyn. Ebenso scheute man sich in Folge der, bei der Verarbeitung des Eisens gemachten Erfahrungen, daß der Bessemerproceß nur mit großen Quantitäten mit Vortheilen durchführbar ist, solche Versuche mit kleineren Mengen durchzuführen, während man große Mengen nicht daran wagen wollte. Da der größte Theil der übrigen Metalle, vorzüglich aber deren Schwefelverbindungen, mit welchen Oxydationsprocesse durchzuführen sind, keine so hohen Schmelzpunkte haben, die Schlußproducte nicht in dem Maaße strengflüssiger werden, als dieß bei der Umwandlung des Roheisens in Stahl oder weiches Eisen der Fall ist, sondern meist ebenso leicht flüssig bleiben, daher die durch Verbrennung einzelner Stoffe erzeugte Temperaturerhöhung leicht hinreicht, nicht bloß die durch Ausstrahlung verlorene Wärme zu ersetzen, sondern auch die Schlußproducte flüssig zu erhalten, so kann der Bessemerproceß in diesem Falle gewiß mit geringeren Quantitäten, in kleineren Gefäßen mit schwächeren Gebläsen durchgeführt werden. Wenn dadurch auch die Kosten der ersten Anlage bedeutend geringer seyn können, die Metallverluste bei kleineren zu Versuchen verwendeten Mengen nicht so empfindlich werden, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß sich die meisten Metallhüttenbesitzer der erforderlichen Auslagen, des nothwendiger Weise sehr vehementen Verlaufes des Processes und der vielleicht damit verbundenen Metallverluste halber, scheuen werden, den Anfang zu machen. Ich glaube daher den Wünschen vieler Fachgenossen entgegenzukommen, wenn ich die Resultate von in dieser Richtung bereits durchgeführten und geglückten Versuchen, welche ich der freundlichen Mittheilung des kais. russischen Bergingenieurs Hrn. Jossa verdanke, veröffentliche, und es versuche, diese Angaben, insoweit dieselben unvollständig sind, zu ergänzen. Auf der Hütte zu Wotkinks am Ural wurden im Laufe des Jahres 1868 Versuche mit der Verarbeitung von Kupfersteinen von folgender Zusammensetzung durchgeführt: Cu = 31,54 Fe = 39,41 S = 25,29 Ca = 1,26 Schlacke = 0,95 ––––––––– Summe = 98,45. Von diesem Kupfersteine wurden Chargen zu 40 Pud = 1310 Pfd. Zollgewicht in einer kleinen Frischbirne nach englischem Systeme gemacht. Diese Retorte war für Versuche mit Roheisen bestimmt und konnte leicht 100 bis 120 Pud Roheisen aufnehmen, war somit für den oben angeführten Einsatz etwas zu groß. Ueber die zur Durchführung des Processes erforderliche Windmenge, die zweckmäßigste Pressung, die Dauer des Verlaufes kann ich leider keine bestimmten Angaben geben, da mir nur mitgetheilt wurde, daß mit den für die Verarbeitung von Eisen vorhandenen Mitteln die erforderliche Windmenge und Pressung sehr leicht erreicht werden konnte, der Verlauf des Processes ein ziemlich lebhafter und rascher war. Man beabsichtigte bei diesen Versuchen nur eine Concentration des Kupfersteines, nicht etwa die Darstellung von Schwarz- oder Garkupfer, hatte somit bei den ersten Versuchen kein Anhalten, wie weit der Proceß zweckmäßig zu treiben ist, weßhalb Schlackenproben genommen wurden, welche nach später durchgeführten Analysen folgende Zusammensetzung hatten: Nr. 1. Nr. 2. Nr. 3. SiO³ 34,46 29,46 27,20 Al²O³ 4,73 3,13 2,26 CaO 3,06 2,53 2,00 MgO 0,33 0,28 0,28 FeO 55,26 57,24 58,55 CuO 2,13 8,46 8,53 S 0,11 1,68 1,77 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Summe 100,08 102,78 100,59 mit einem Kupfergehalte von 1,7 6,75 6,81 Proc. Das Schlußproduct, der concentrirte Kupferstein, zeigte folgende Zusammensetzung: Cu = 78,90 Fe = 0,94 S = 16,63 Ca = 1,04 Schlacke = 2,44 –––––––––––––––– Summe 99,95. Aus diesen erhaltenen Angaben ist es jedoch möglich, manches Fehlende zu ergänzen. Der verwendete Kupferstein ist zu den reinsten Kupfersteinen zu zählen, indem derselbe weder Antimon und Arsen, noch Blei, Nickel etc. enthält; es handelt sich daher bei der Verarbeitung desselben nur um eine Concentration des Kupfergehaltes, um eine Verschlackung des gebildeten Eisenoxyduls. Daß diese Aufgabe durch den Bessemerproceß nahezu vollständig erreicht wurde, zeigt die Analyse des erhaltenen Concentrationssteines, in welchem der Eisengehalt so sehr abgenommen hat, daß derselbe nach vorhergehender Röstung unmittelbar auf sehr reines Schwarzkupfer verarbeitet werden kann. Der größte Theil des Kupfergehaltes wird, so lange noch hinreichend Schwefel vorhanden, vor der Oxydation geschützt, während Eisen und Schwefel durch den eingeblasenen Sauerstoff der atmosphärischen Luft zu Eisenoxydul, welches in die Schlacke geführt wird und zu schwefliger Säure oxydirt werden. Von den Schlackenproben wollen wir Nr. 3 als die letzte, welche gleichzeitig mit dem Schlußproducte fiel, näher betrachten. Es steht dieselbe etwas unter dem Singulosilicate und ist, da die Metallbasen vorwiegend sind, sehr leichtflüssig. (Nach Plattner würde die Schmelztemperatur etwa 1300° C. betragen.) Auffallend, jedoch nicht von sehr wesentlicher Bedeutung, scheint es, daß der Kupfergehalt der Schlacken in Form von Kupferoxyd an Sauerstoff gebunden erscheint, während das Kupfer in den Schlacken meist in Form von Oxydul auftritt. Andererseits ist man beim Vorhandenseyn von 1,77 Proc. freien Schwefels, welcher mit 6,34 Proc. Kupfer Halbschwefelkupfer gibt, versucht anzunehmen, daß nur ein sehr geringer Theil des Kupfers verschlackt ist, während der größte Theil desselben in Form eines Steines der Schlacke mechanisch beigemengt seyn dürfte. Aus den Analysen und dem Gewichte des verarbeiteten Kupfersteines kann man unter der Annahme, daß der Gesammt-Kupfer- und Eisengehalt, kleine mechanische Verluste abgerechnet, sich in dem Concentrationssteine und der Schlacke wieder vorfinden müsse, annäherungsweise richtig die Gewichte der Anfangs- und Schlußproducte bestimmen. Demzufolge bestehen in Pfunden: derKupferstein derConcentrationsstein die Schlackeaus Cu 413,2 342,0   71,2 Fe 516,2   4,2 512,0 S 331,3 72,1 O an Cu gebund.   23,0 Ca   17,5   4,4 „   „  Fe      „ 146,2 Schlacke   32,2 10,6 „   „  SiO³   „ 305,7 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Summe     1310,4 Pfd.       433,3 Pfd.         Al²O³   25,4         CaO   22,5         MgO     2,8         S   19,9 –––––––––––––––––––––––––––– Summe       1128,7 Pfd. oder wenn man den an Kupfer gebundenen Sauerstoff wegläßt, rund 1100 Pfd. Schlacken. Bei der auffallend großen Menge von Schlacken, welche gegenüber der Menge von concentrirtem Kupfersteine vorhanden seyn muß, ist anzunehmen, daß bei einem so lebhaften Verlaufe des Processes die Absonderung der Schlacke und des Concentrationssteines nach dem specifischen Gewichte nur langsam erfolgen könne, da die Schlacke in Folge des großen Gehaltes an Eisenoxydul ein von dem Steine verhältnismäßig wenig verschiedenes specifisches Gewicht zeigen wird. Es scheint somit die Furcht vor zu großen Metallverlusten bei diesem Processe nicht so sehr begründet, indem vermuthlich durch längeres Stehenlassen der Massen in heißflüssigem Zustande bei weitem ärmere Schlacken erhalten werden dürften. Sollten jedoch dessenungeachtet die Schlacken zu kupferreich ausfallen, so müßte man zu dem bei allen Kupferhüttenprocessen gewöhnlichen Mittel greifen, die Concentrationsschlacken entweder beim Erzschmelzen zuzusetzen, oder dieselben einem separaten Schlackenschmelzen zuzuweisen. Da im Verlaufe des Processes sehr viel Eisenoxydul gebildet, somit eine beträchtliche Menge von Kieselerde (306 Pfund) zur Schlackenbildung erforderlich wird, so muß, da aus dem verarbeiteten Kupfersteine keine Kieselerde abgegeben werden kann, die Ausfütterungsmasse der Retorte sehr leiden oder man muß, um diesen Uebelstand zu vermindern (vermeiden läßt er sich nicht ganz), Kieselerde in irgend einer Form in entsprechender Menge zuführen. Was die zur Durchführung des Processes erforderliche Windmenge anbelangt, so fehlen darüber allerdings alle directen Angaben, man kann aber aus der zur Oxydation verbrauchten Sauerstoffmenge leicht die verwendete Windmenge berechnen. Wenn wir die geringen Mengen von oxydirtem Calcium und Kupfer vernachlässigen, so wurden oxydirt 512 Pfd. Eisen zu Eisenoxydul, wozu 146,2 Pfd. Sauerstoff 240  „    Schwefel zu schwefliger Säure, wozu 240     „ ––––––––––––––––––– zusammen 386   Pfd. Sauerstoff erforderlich waren, welchem Gewichte eine Sauerstoffmenge von circa     4246 Kubikfuß entspricht, die mit 15973 Kubikfuß Stickstoff –––––––––––––––– in Summe 20219 Kubikfuß Luft geben. Demzufolge sind für je 100 Pfd. in Arbeit genommenen Kupfersteines (bei dem erreichten Grade der Concentration desselben) circa 1500 Kubikfuß Luft erforderlich, während die Dauer des Processes bei den früher angegebenen Einrichtungen nahe zwanzig Minuten Zeit in Anspruch nehmen dürfte. Der durch Anwendung dieses Processes für das Kupferhüttenwesen zu erreichende Vortheil besteht darin, daß man mit Umgehung eines Röst- und eines Schmelzprocesses den Kupferroh- oder Bronzestein unmittelbar in einen so hoch concentrirten Kupferstein überführen kann, daß derselbe todt geröstet, auf Schwarzkupfer verarbeitet werden kann, wodurch Zeit, Brennstoff und Arbeitslöhne erspart werden. Wie weit die Concentration des Kupfersteines bei diesem Processe am zweckmäßigsten zu treiben seyn wird, um möglichst kupferarme Schlacken zu erhalten, welche Mittel zur Beurtheilung des Verlaufes des Processes in Anwendung zu bringen sind, darüber können nur länger fortgesetzte Versuche entscheiden. Anwendbar ist dieser Proceß nur für größere Kupferhütten, bei welchen das Erzschmelzen in großen Flammöfen in der Weise durchgeführt wird, daß man die zur Durchführung einer Charge im Bessemerofen erforderliche Menge von Kupferstein auf einmal ablassen kann, um das sonst nothwendige Umschmelzen zu umgehen. Möge dieses Beispiel der Anwendung des Bessemerprocesses bei Erzeugung anderer Metalle außer Eisen Eingang verschaffen und demselben dadurch einen weiteren Wirkungskreis, als dieß bis jetzt der Fall war, zuwenden.