Titel: Ueber die Feuerbeständigkeit der Thone; von Dr. E. Richters, Chemiker an der Bergschule zu Waldenburg.
Autor: E. Richters
Fundstelle: Band 191, Jahrgang 1869, Nr. XXIX., S. 151
Download: XML
XXIX. Ueber die Feuerbeständigkeit der Thone; von Dr. E. Richters, Chemiker an der Bergschule zu Waldenburg. (Fortsetzung von S. 68 des vorhergehenden Heftes.) Richters, über die Feuerbeständigkeit der Thone. II. Praktisches Verfahren zur Bestimmung der Feuerfestigkeit der Thone. Wenngleich wir aus der bekannten Zusammensetzung eines Thones einen Schluß ziehen können auf sein Verhalten im Feuer, so erscheint doch schon aus dem Grunde ein leicht ausführbares Verfahren, dasselbe auf empirischem Wege zu bestimmen, erwünscht, weil die Verhältnisse nicht immer die Ausführung einer weitläufigen chemischen Untersuchung gestatten. Auch bedürfen wohl, zumal bei kieselsäurereichen Thonen, die aus der Analyse gezogenen Schlüsse eine thatsächliche Bestätigung, da die genaue Bestimmung sehr geringer Mengen im Thone vorkommender Flußmittel, welche bei gleichzeitigem hohen Kieselsäuregehalt, wie wir wissen, das Verhalten des Thones im Feuer auf das Wesentlichste beeinflussen, bekanntlich mit Schwierigkeiten verknüpft ist. Ein weiterer Vortheil, den die Bestimmung des Grades der Feuerbeständigkeit eines Thones durch den unmittelbaren Versuch bietet, besteht darin, daß das gewonnene Resultat leicht durch eine Zahl, also vergleichbar mit anderen, ausgedrückt werden kann. Wir besitzen zwei, häufiger angewandte Methoden, welche zu dem gedachten Zwecke dienen, die eine von C. Otto, die andere von C. Bischof. Wenn ich denselben ein drittes Verfahren hinzufüge, so veranlaßt mich hierzu keineswegs die Ansicht, daß dasselbe jene an allgemeiner Anwendbarkeit oder Genauigkeit der Resultate übertreffe, sondern nur die Ueberzeugung, daß eine Besprechung, beziehungsweise Ausführung desselben dazu dienen wird, unser Urtheil über die Feuerbeständigkeit der Thone sowohl, als deren Ursachen zu erweitern. Was die Otto'sche Methode anlangt, so verweisen wir auf die bezügliche Abhandlung.Polytechn. Journal Bd. CLXIII. S. 193. Die Bischof'sche Methode aber haben wir hier näher in's Auge zu fassen, da sie ihren Zweck auf einem der nachfolgenden diametral entgegengesetzten Wege erreicht. Bischof bestimmt den Grad der Feuerbeständigkeit eines Thones durch die Menge Quarz, welche demselben zugesetzt werden muß, damit er, einer bestimmten Temperatur ausgesetzt, dasselbe Aussehen und Verhalten zeige, wie ein anderer, ausgezeichnet feuerfester Normalthon. Als solchen benutzt Bischof ein Gemenge aus gleichen Theilen des schottischen Thones von Yarnkirk mit Quarz. Die Feuerbeständigkeit des mit diesem zu vergleichenden Thones steht im umgekehrten Verhältniß zu der Menge Quarz, die er bedarf, um dem Normalthone sich gleich zu verhalten. Das Vielfache des Gewichtes des Thones an Quarz gibt die Zahl, durch welche sein Grad der Feuerbeständigkeit ausgedrückt wird. Das Verfahren setzt voraus, daß die Prüfungstemperatur nicht so hoch steige, daß der dem Thone zugemischte Quarz mit ihm sich chemisch verbinde. Der Quarz soll als starrer, unschmelzbarer Körper das Zerfließen des Thones verhindern. Da nach Bischof eine chemische Verbindung der Kieselsäure mit dem Thone in der Weißgluth eintritt, darf also die Prüfungstemperatur nicht diesen Grad erreichen. Es wird daher bei Ausführung des Verfahrens eine helle Rothgluth, in welcher der Gußstahl, nicht aber das Schmiedeeisen schmilzt, angewandt. Das Princip der Methode ist sonach ganz klar und einfach. Was die Ausführung betrifft, so verweise ich auf die betreffende Abhandlung.Polytechn. Journal Bd. CLXIX S. 353 und 455, Bd. CLXX S. 43. Von anderen Voraussetzungen ausgehend, sich an andere Bedingungen knüpfend, ist das Princip, auf welchem die nachfolgend mitgetheilte Methode basirt. Die Feuerbeständigkeit sehr weniger Thone ist eine so hohe, daß die Veränderungen, welche sie in der Weißgluth erleiden, sich auf ein einfaches Zusammensintern und Schwinden beschränken. Die meisten, selbst ausgezeichnet feuerfesten Thone glasiren sich, und schwellen in Folge der Entstehung größerer oder kleinerer Hohlräume im Inneren der betreffenden Proben mehr oder weniger auf. Andere, deren Feuerbeständigkeit eine geringere ist, zerfließen vollständig zu einem matten Email oder gar zu einem durchsichtigen Glase. Wir wissen, daß dieses verschiedene Verhalten abhängt von dem Gewichtsverhältnisse, in welchem Kieselsäure und Flußmittel im Thone vorkommen. Zeigt ein Thon den oben zuerst hervorgehobenen hohen Grad der Feuerbeständigkeit, so kann derselbe nur geringe Mengen Flußmittel neben gleichfalls geringen Mengen Kieselsäure enthalten. Er muß nothwendig ein sehr basisches Thonerdesilicat seyn, da ja, wie wir wissen, das reine Zweidrittel-Silicat sich bereits in der Weißgluth glasirt. Nehmen wir z.B. an, daß die Zusammensetzung des betreffenden Thones der Formel: Al²O³, SiO³ entspreche und derselbe vollkommen frei von Flußmitteln sey, so wird er in der Weißgluth weder schmelzen, noch sich glasiren. Setzen wir aber dem Thone dieselbe Menge Kieselsäure zu, die er bereits enthält, so wird in der Weißgluth allerdings Glasurbildung eintreten, da die Mischung nun die Zusammensetzung des Zweidrittel-Silicates hat; enthielt aber der Thon noch größere oder geringere Mengen Flußmittel, so wird der Zusatz einer geringeren Menge Kieselsäure genügen um Glasurbildung hervorzubringen, da durch diesen Zusatz, außer der Bildung eines weniger basischen, an sich leichter schmelzbaren Silicates, auch noch der Einfluß der Flußmittel auf die Schmelzbarkeit des Gemenges zunimmt. Besitzt der Thon die nächstfolgenden, oben angedeuteten Grade der Feuerbeständigkeit, glasirt sich derselbe mit oder ohne gleichzeitige Aufblähung, oder zerfließt er gar zu einem Email oder Glase, so kann dieß Verhalten herbeigeführt seyn, – wenn sich die beiden, das Schmelzen bedingenden Factoren: Flußmittel und Kieselsäure, nicht in einem gewissen Gleichgewichtsverhältnisse befinden, – entweder durch einen großen Gehalt des Thones an Flußmitteln bei gleichzeitig bedeutendem Thonerdegehalt, oder durch einen bedeutenden Gehalt an Kieselsäure neben einem relativ geringeren an Flußmitteln. Sey das Eine oder das Andere die Ursache, immer wird die Strengflüssigkeit des Thones erhöbt werden, wenn wir ihm Thonerde zusetzen, da in diesem Falle, dem Zusatz derselben entsprechend, beim Glühen basischere Verbindungen gebildet werden, die, wie wir gesehen haben, eines größeren Gehaltes an flußbildenden Bestandtheilen bedürfen, um zu schmelzen. In dem einen Falle, wenn also die Strengflüssigkeit eines Thones keine sehr bedeutende ist, wird uns die Menge der Thonerde, in dem anderen die Menge der Kieselsäure, die ihm zugesetzt werden muß, damit er in bestimmten Hitzegraden ein ganz bestimmtes Verhalten zeige, als Maaßstab zur Beurtheilung und Schätzung der ihm eigenen Feuerbeständigkeit dienen können. Diesen quasi Normalgrad der Feuerbeständigkeit, der durch einen Zusatz von Kieselsäure oder Thonerde erreicht werden soll, setzen wir als erlangt, wenn die betreffenden Proben zwei Stunden lang einer intensiven Weißgluth ausgesetzt, eine ganz dünne, aber noch deutlich wahrnehmbare Glasirung zeigen. Während nun die von Bischof angewandte Methode davon ausgeht, daß die Prüfungshitze keine so hohe sey, daß eine chemische Verbindung des Thones mit der zugesetzten Kieselsäure eintrete, letztere also nur mechanisch, als starrer unschmelzbarer Körper das Zerfließen des Thones verhindere, so setzt die Ausführung meines Verfahrens im Gegentheil voraus, daß die Prüfungstemperatur so hoch steige, daß sowohl der Quarz als auch die Thonerde, wenigstens zum größten Theile, sich mit dem Thone chemisch verbinden. Die Aufnahme der Kieselsäure findet bereits bei einer Temperatur statt, welche die Schmelzhitze des Gußstahles wenig übersteigt, wie das die Veränderung eines Gemenges aus Thonerde und Quarz bei besagter Temperatur zeigt; sie wird indessen um so vollständiger eintreten, je intensiver die angewandte Hitze ist, und je länger die Probe derselben ausgesetzt bleibt. Die Thonerde wird in dem vorliegenden Falle natürlich viel leichter aufgenommen werden, da dieselbe nur bei der Prüfung solcher Thone in Anwendung kommt, welche in der Weißgluth bereits schmelzen, also einen gewissen Grad des Flüssigwerdens zeigen. Da es schwierig ist, stets eine gleiche Hitze, und also auch die davon abhängende gleiche Veränderung der Proben zu erzielen, so wurde, um jeder aus einer solchen Ungleichheit möglicherweise hervorgehenden Irrung vorzubeugen, bei den betreffenden Versuchen stets eine Probe zur Kontrolle eingesetzt, deren Verhalten im Feuer genau bekannt war. Als solche Controlprobe diente ein Gemenge weißen Saarauer Thones IIIDie Analyse dieses Thones, welcher zum Bau von Puddel- und Schweißöfen Verwendung findet, wird im folgenden Abschnitt dieser Abhandlung mitgetheilt. mit 2/10 seines Gewichtes Thonerde; und nur dann wurden aus den gewonnenen Resultaten der Versuche Schlüsse auf den Grad der Feuerbeständigkeit der zu prüfenden Thone gezogen, wenn diese Probe ein ganz bestimmtes, nämlich schwach glasirtes Aussehen zeigte. Erschien die Probe nach dem Glühen nur gesintert, nicht deutlich glasirt, so war die Temperatur nicht hinreichend hoch gewesen; wenn dieselbe mit einer sehr deutlichen, glänzenden Flußrinde sich überzogen zeigte, so war die Hitze zu hoch gestiegen. Was nun die speciellere Ausführung der betreffenden Versuche anlangt, so wurde dieselbe in folgender Weise vorgenommen: Aus dem zu prüfenden, lufttrockenen, feinzerriebenen Thone wurde ein 2 Centimeter langes, 4 Millimeter starkes, 3seitiges Prisma geformt und mit 0 bezeichnet. Weitere Proben des auf's Feinste zerriebenen Thones wurden mit 1/10 bis 10/10 ihres Gewichtes Thonerde,Die Thonerde erhielt der Verf. aus der Kryolith-Soda-Fabrik der Gebr. Löwig bei Breslau. Sie enthielt nach lange fortgesetztem Auswaschen außer einer höchst geringen Spur Eisen keine weiteren Verunreinigungen. beziehungsweise feinsten, chemisch reinen Quarzpulvers innig gemengt, und zu Prismen von der bezeichneten Größe geformt. Diese wurden mit den Nummern 1–10, entsprechend dem Thonerde- oder Quarzzusatz versehen und in einen aus bestem schlesischen Thon angefertigten Tiegel gebracht, welcher oben circa 54 Millimet. weit, ebenso tief war und 6 Millim. starke Wandungen hatte. (Die Prismen wurden in den Tiegel so eingesetzt, daß sie mit der einen Fläche der Wandung desselben anlagen.) Der mit dem Deckel verschlossene Tiegel wurde dann zwei Stunden der Schmelzhitze des Schmiedeeisens ausgesetzt. Hierzu diente ein gewöhnlicher Windofen von 6,2 Decimeter Höhe und 4,3 Decimeter Weite, dessen Abzugscanal mit einem circa 32,5 Meter hohen und 1,6 Meter weiten Schornstein in Verbindung stand. (Durch vorhergegangene Versuche war constatirt worden, daß unter Anwendung von 50 Kilogrm. Kohks als Brennmaterial in diesem Ofen innerhalb zweier Stunden 100 Grm. Schmiedeeisenblech zu einem durchaus compacten Regulus geschmolzen werden konnten.) Nachdem der Ofen erkaltet, wurde der Tiegel herausgenommen, und behufs Besichtigung der Proben zerschlagen. Um den gefundenen Grad der Feuerbeständigkeit durch eine Zahl ausdrücken zu können, bezeichnete ich zunächst den eines Thones, der eines Zusatzes von Quarz bedurfte, damit er nach dem Glühen eine ganz leichte, aber nicht zu verkennende Glasirung zeigte, ganz allgemein mit dem Zeichen: +. Bedurfte er zu gleichem Zwecke eines Zusatzes von Thonerde, mit dem Zeichen: –. Zeigte sich der Thon, für sich geglüht, entsprechend der angenommenen Controlprobe, mit dem Zeichen: ±. Die Zehnteltheile vom Gewichte des Thones an Quarz oder Thonerde, die er bedurfte um der Controlprobe ähnlich zu seyn, gaben mir nun die Zahl, welche ich den betreffenden Zeichen beifügte. Keiner der von nur untersuchten Thone bedurfte mehr als 8–9 Zehntel Thonerde, die Feuerbeständigkeit sank also bei keinem unter – 9. Der beste feuerfeste Thon, den ich der Prüfung unterwarf, bedurfte nur 2/10 Quarz, um der Controlprobe zu entsprechen. Seine Feuerbeständigkeit war also = + 2. Das Zeichen: – drückt keineswegs aus, daß der Thon nicht feuerbeständig sey; denn die Thone, deren Feuerbeständigkeit z.B. mit – 4 oder 5 bezeichnet wurde, sind für die meisten technischen Zwecke, die nicht die Erzeugung sehr hoher Temperaturen erheischen, wohl anwendbar. Eine vielfache Anwendung der Methode hat mir die Ueberzeugung gegeben, daß sie zu Vergleichsweisen Bestimmungen sehr gute Dienste leistet. Daß es zur Erzielung brauchbarer Resultate unumgänglich nöthig ist, für eine größtmögliche Gleichmäßigkeit in der Ausführung Sorge zu tragen, ist klar. Gleiche Größen der Proben, eine stets innige Mischung, Anwendung gleich starker und gleich großer Tiegel und desselben Quantums einer bestimmten Kohkssorte u.s.w. sind Bedingungen, von denen die Gewinnung übereinstimmender Resultate abhängt. (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)