Titel: Ueber Werths-Bestimmung der Seifen; von Prof. Franz Schulze in Rostock.
Fundstelle: Band 191, Jahrgang 1869, Nr. LIII., S. 245
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LIII. Ueber Werths-Bestimmung der Seifen; von Prof. Franz Schulze in Rostock. Schulze, über Werths-Bestimmung der Seifen. Von eigentlicher Fälschung der Seifen, wobei Zusätze von Kartoffelmehl, Wasserglas und anderen fremdartigen, das Gewicht der Seife direct vergrößernden und indirect durch reichliche Wasserbindung den Werth herabsetzenden Körpern in Anwendung kommen, ist die schon seit längerer Zeit übliche Fabrications-Maxime zu unterscheiden, welche ohne solche Zusätze ein dem äußeren Ansehen und Verhalten nach den guten Kernseifen ähnliches, aber weniger gehaltvolles, die Nebenbestandtheile der Fabricationsmaterialien und verhältnißmäßig viel Wasser einschließendes Product liefert. Zu derartigen „Täuschungs-Seifen“ qualificirt sich in besonderem Grade das Cocosfett. Sollen sie für die Toilette dienen, so mögen die Konsumenten es mit sich abmachen, um wieviel über den wirklichen Werth hinaus sie für das Parfüm und für die Annehmlichkeit ausgeben wollen, daß die lockere salz-, glycerin- und wasserreiche Seife sich schneller als die harte Hausstands-Seife löst und entsprechend leichter Schaum gibt, dafür aber auch um so rascher consumirt wird. Der Hauptzweck einer gründlichen Hautreinigung wird durch gute Talg-Kernseife mindestens ebenso gut erreicht, und der Gebrauch einer solchen erfordert auch nicht mehr Zeit, wenn man sich dabei des Schwammes oder eines nassen Flanell-Stückes bedient, worauf man etwas davon aufreibt. Wir gedenken hier noch einzelner mit besonderen Namen belegter Seifen-Arten, deren Werth ein imaginärer ist: Glycerin-Seifen sind in letzter Zeit ein förmlicher Modeartikel gewesen und sind es zum Theil noch, obschon das Glycerin die eigentliche Seife in ihren Wirkungen weder ersetzt noch unterstützt. Harz-Seifen täuschen durch ihre Wohlfeilheit, der Preis ist aber niemals in dem Verhältniß geringer als die Leistung. Gall-Seifen sollen durch Färbung und Namen an die Ochsengalle erinnern, welche, da bei ihr die alkalische Nebenwirkung wegfällt oder wenigstens noch mehr als bei neutraler Seife vermindert ist, zum Waschen zarter Woll- und Seidenzeuge geschätzt wird; sollte bei einer so benannten Seife wirkliche Galle mit Seife combinirt seyn, so ist es verhältnißmäßig zu wenig, um den Zweck zu erfüllen; meistens ist keine Spur von Galle dabei. Ueberdieß empfiehlt sich besser als Galle überall da, wo es nur auf eine von der Eigenschaft des Waschmittels zu schäumen sich herleitende Wirkung abgesehen ist, die saponinhaltige Abkochung der Seifenwurzel oder der Quillaya-Rinde. Dem Consumenten kann es gleichgültig sein, ob wegen des geringeren Werthes, den eine von ihm gekaufte Seife im Verhältniß zum Kaufpreise hat, den Fabrikanten der Vorwurf der eigentlichen Fälschung oder einer bloßen usuell gewordenen vom Publicum förmlich recipirten Täuschung trifft. Es muß ihm darum zu thun seyn, daß er den wirklichen Werth sicher beurtheilen könne, oder ein Forum habe, von welchem er sich ein solches Urtheil einholen darf. Welches ist nun aber der richtige Maaßstab, und wie wird er gehandhabt? Diese Fragen will ich in Folgendem zu beantworten versuchen. Die Ermittelung der chemischen Zusammensetzung einer Seife, wenn dabei auch nur die Hauptbestandtheile berücksichtigt werden sollen, wird immer einen geübten Analytiker und einen zu großen Zeitaufwand erfordern, als daß man erwarten dürfte, es werde auf solche Weise die Werthsprüfung der Seifen allgemeinen Eingang finden. Qualitativ läßt sich Einzelnes, namentlich Fälschung betreffend, leicht ermitteln, z.B. das neuerdings sehr allgemein gewordene Versetztseyn der Schmierseife mit Kartoffelmehl; die mikroskopische Betrachtung einer auf den Objectträger dünn aufgestrichenen Probe läßt die Gegenwart der aufgequollenen Stärkekörnchen sofort erkennen, und noch deutlicher treten dieselben auf Zusatz von etwas Jodtinctur hervor; Wasserglas, dessen reichliche Hineinarbeitung in harte und Schmier-Seifen jetzt in vielen Fabriken mit großer technischer Kunstfertigkeit betrieben wird, befindet sich in dem unlöslich bleibenden Rückstande, wenn man die Seifenprobe in heißem Weingeist löst, und kann darin durch nachherige Behandlung mit etwas Salzsäure erkannt werden. Auch gewisse quantitative Bestimmungen lassen sich selbst von dem Laien leicht ausführen: so namentlich der Wassergehalt an dem Gewichtsverluste, den die Seife bei andauerndem Erwärmen erleidet, auch wohl die salzigen Bestandtheile, welche als Einäscherungsrückstand bleiben; dieß genügt aber nicht und auch die relativ schwer ausführbare genaue quantitative Bestimmung des werthvollsten Theiles, der Fettsäure, würde den Zweck nicht ganz erfüllen, da die verschiedenen Fettsäuren oder vielmehr ihre Alkalisalze einen ungleichen Werth für die Wirksamkeit als Seife haben. Von der Ansicht ausgehend, daß die Wirksamkeit und also der Werth einer Seife nach dem Grade ihrer Leistung zur vollständigen Enthärtung des Waschwassers und der hierauf folgenden Schaumbildung beim Schütteln zu bemessen sey, empfehle ich ein Prüfungsverfahren, welches gewissermaßen die Umkehrung des Principes der Clark'schen Methode der Prüfung des Härtegrades von Wasser ist. Von der zu prüfenden Seife wird ein bestimmtes Gewichtsquantum in heißem Wasser gelost, die Lösung durch weiteren Zusatz von Wasser auf ein bestimmtes Volumen verdünnt; von dieser Lösung nun wird aus einer Bürette, einem graduirten unten mit Hahn versehenen Glasröhre, zu dem in einem Glaskolben befindlichen abgemessenen Quantum eines ein- für allemal bereiteten kalkhaltigen Wassers von bestimmtem Kalkgehalt zugelassen bis nach starkem Schütteln ein Schaum sich bildet, welcher binnen 5 Minuten nicht zusammensinkt; je weniger von der Seifenlösung hierzu verbraucht wird, um so besser ist die Seife und ein Aequivalent-Werthsausdruck ergibt sich aus dem Versuche, wenn man berechnet, wieviel der verbrauchten Seife auf 1 Gewichtstheil des in dem kalkhaltigen Wasser vorhandenen Kalkes kommen. Auf diese Weise habe ich eine Anzahl von Seifen aus einer hiesigen Seifenfabrik und vergleichsweise solche, welche aus Stettin, Magdeburg, Kiel, Stralsund und Ystad durch hiesige Kaufleute vertrieben werden untersucht. Die Kalklösung enthielt im Liter 1,6 Gramme CaO; es wurden jedesmal 3 Kubik-Centimeter derselben abgemessen, dann noch 20 K. C. reines Wasser und etwas Sodalösung zugesetzt, das Gemisch enthielt also 4,8 Milligramme CaO; von den Schmierseifen wurden je auf 200 K. C. gelöst, es waren also in 1 K. C. der Seifenlösung 25 Milligramme Seife. Der Versuchsresultate sind aus nachstehender Tabelle ersichtlich: Bezeichnung der Seife nebst Bemerkungen;die hiesigen Fabricate sind mit* bezeichnet. Zahl der K. C. Seifenlösung,auf 3 K. C. der Kalklösungverbraucht. Gewichtstheile Seife,welche auf 1 TheilCaO kommen. Detailpreispro Pfd. Schill.   1) Reine Kali-Schmier-Seife, aus einer      Mischung von Hanf- und Leinöl. *      Wassergehalt 36,9 Proc. 3,5 36,46 4 1/2   2) Grüne Schmierseife von auswärts,      enthält viel Kartoffelmehl. 4,5 46,87 4 1/2   3) Grüne Schmierseife von auswärts,      enthält Kartoffelmehl und Wasserglas.      Wassergehalt 42,01 Proc. 5,0 52,08 4 1/2   4) Grüne Schmierseife von auswärts,      muthmaßlich nach demselben Recepte      wie Nr. 2 fabricirt. 4,5 46,87 4 1/2 Bezeichnung der Seife nebst Bemerkungen;die hiesigen Fabricate sind mit* bezeichnet. Zahl der K. C. Seifenlösung,auf 3 K. C. der Kalklösungverbraucht. Gewichtstheile Seife,welche auf 1 TheilCaO kommen. Detailpreispro Pfd. Schill.   5) Neutrale Talg-Kernseife. *           Wassergehalt 11,6 Proc.   4,3 22,4 7   6) Neutrale Kernseife aus halb Talg halb Palmöl. *   4,2 21,87 7   7) Feste Seife aus Talg und Cocosöl,      durch Salz nicht geschieden. *   4,7 24,48 6   8) Stangenseife von auswärts, enthält Wasserglas.         Wassergehalt 25,5 Proc.   7,7 40,1 6   9) Harz-Kernseife von auswärts.   6,2 32,29 6 10) Stark getrocknete Kernseife von auswärts.   3,8 19,8 8 11) Cocosseife von auswärts. 11,8 61,46 6 12) Leimseife mit dem natürlichen     Glyceringehalte. *   4,7 24,48 6 Das dem wirklichen Werthe entsprechende richtige Preisverhältniß obiger Seifen würde, wenn für die grünen Seifen Nr. 1, für die Kernseifen das Mittel zwischen Nr. 5 und 6 normirt, seyn müssen für Nr. 2 3 1/2 ßl.8 ßl. = 5 Gr. 3 3 1/3 4 3 1/2 7 6 1/3 8 3 7/8 9 4 4/5 10 7 4/5 11 2 1/2 12 6 1/3 (Landwirthschaftliche Annalen des mecklenburgischen patriotischen Vereines, 1869, Nr. 2.)