Titel: Chemische Notizen; von Dr. H. Schwarz.
Autor: H. Schwarz
Fundstelle: Band 191, Jahrgang 1869, Nr. LXXXVI., S. 396
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LXXXVI. Chemische Notizen; von Dr. H. Schwarz. Schwarz, chemische Notizen. 1. Analysen von englischen Steingutfarben. Eine hellbraune Farbe enthielt nach der Analyse in 100 Theilen: Cr²O³     11,30 Fe²O³ 21,00 Al²O³ 18,02 ZnO 50,30 –––––– 100,62 Man würde sie aus 71 Grm. Chromalaun, 60 Grm. durch Salpetersäure oxydirtem Eisenvitriol, 160 Grm. Alaun und 180 Grm. Zinkvitriol durch Auflösen in Wasser und Fällen mittelst kohlensauren Natrons nachbilden können. Eine zweite rothbraune Farbe ergab eine complicirtere Zusammensetzung, nämlich in 100 Theilen: BaO 19,82 Cr²O³ 11,07 Fe²O³ 7,70 Al²O³ 2,30 SiO³ 10,42 SO³ 5,47 CO², Alkali und Verlust 3,81 –––––– 100,00 Bei der Synthese muß man das Chromoxyd in Form von chromsaurem Baryt der Mischung einverleiben. Die übrigen Oxyde werden durch kieselsaures und kohlensaures Natron gefällt. 2. Leichte Darstellung von Phosphorwasserstoffgas. Wenn man metallisches pulverförmiges Zink, den sogen. Zinkstaub, welcher sich in den Vorstößen der belgischen Röhrenöfen absetzt, mit pulverförmigem amorphen Phosphor mischt, und das Gemisch alsdann in einem Glasrohre oder einem bedeckten Porzellantiegel (in welchen man durch den Deckel Leuchtgas einleitet) schwach erhitzt, so erfolgt die Verbindung mit schwacher Verpuffung und man erhält ein graues Pulver, Phosphorzink. Man muß im Leuchtgas- oder Wasserstoffgasstrome vollkommen abkühlen lassen, weil sich sonst beim Zutritt der Luft die Verbindung entzündet. Aus ihr kann man durch Zusatz von verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure, auch durch Kochen mit Kalilauge bedeutende Mengen nicht selbst entzündliches Phosphorwasserstoffgas entwickeln. Wendet man indessen eine etwas zu große Menge des Pulvers und stärkere erwärmte Schwefelsäure an, so entzündet sich das entwickelte Gas oft von selbst. Das Metallisiren von galvanoplastischen Formen, durch Bestreichen mit einer mit Alkohol versetzten Lösung von Höllenstein und Einbringen in eine Phosphorwasserstoffgas enthaltende Atmosphäre, läßt sich auf diese Art leicht bewirken. – 1 Theil Zinkstaub und 2 Theile amorpher Phosphor sind das passende Verhältniß. 3. Ein interessantes Vorlesungs-Experiment. Um kleine Mengen von salpetrigsaurem Kali darzustellen, ist nach meinen Versuchen die Reduction des Salpeters durch darüber geleitetes Wasserstoffgas sehr zu empfehlen. Schiebt man ein Platinschiffchen mit geschmolzenem Salpeter in eine Verbrennungsröhre ein, welche über dem Gasofen zum Rothglühen erhitzt ist, und leitet getrocknetes Wasserstoffgas darüber, so bildet sich Wasserdampf, welcher (von verflüchtigtem Kali) stark alkalisch auf befeuchtetes Lackmuspapier wirkt. Wenn man die Operation zu rechter Zeit unterbricht, bleibt im Platinschiffchen fast reines salpetrigsaures Kali zurück, das mit einer fast neutralen Kobaltlösung einen starken Niederschlag des gelben salpetrigsauren Kobaltoxyd-Kalis bildet. Zur Vereinfachung der Operation schmolz ich den Salpeter in einem Platintiegel bei mäßiger Rothgluth ein, und leitete getrocknetes Wasserstoffgas durch eine Glasröhre in die geschmolzene Masse. Als die passende Temperatur erreicht war, verbrannte jede Gasblase mit violettem Lichte und mit einem starken Knalle, sobald sie aus der geschmolzenen Masse austrat. Es scheint, daß Sauerstoff sich entwickelt und mit dem Wasserstoffgase Knallgas bildet. Verdampftes Kali bewirkt die violette Färbung der Flamme. Wendet man einen raschen Gasstrom an, so kann man damit eine Reihenfolge von kleinen Explosionen bewirken, welche fast wie ein entferntes unregelmäßiges Flintenfeuer klingen. Vielleicht könnte dieses Experiment zu manchen Bühnenzwecken Verwendung finden. 4. Einfache Methode der Darstellung von Carbanilid. Bringt man krystallisirten salpetersauren Harnstoff mit Anilin zusammen und erwärmt in einem Kolben auf dem Sandbade, so löst sich der salpetersaure Harnstoff auf, und es beginnt alsbald eine mit der Entwicklung von Ammoniak verbundene ziemlich heftige Reaction. Beim Erkalten findet man im Kolben zwei krystallinische Schichten, eine weiße untere und eine bräunliche obere Schicht. Die erstere löst sich leicht, selbst im kalten Wasser und kann dadurch von der anderen Substanz getrennt werden, welche nach dem Umkrystallisiren aus warmem Alkohol prächtige schneeweiße Nadeln darstellt. Die in Wasser lösliche Schicht ist salpetersaures Ammon mit kleinen Mengen von salpetersaurem Anilin; die seidenglänzenden Nadeln dagegen sind Carbanilid (C²ºH¹²N²O²). Die Elementaranalyse ergab einen kleinen Ueberschuß an Kohlenstoff, der sich leicht durch die Beimischung von Toluidin zum (käuflichen, nämlich bei circa 182°C. siedenden) Anilin erklären läßt. Ich erhielt durch die Analyse: nach der Formel:       C 74,00 Proc.   C²⁶ 73,59 Proc.       H   5,81   „   H¹²   5,66   „       N 12,58   „   N² 13,20   „       O   7,61   „   O²   7,56   „ Die Stickstoffbestimmung wurde durch das Auftreten eines Theiles des Stickstoffes als Anilin beim Glühen mit Natronkalt etwas erschwert. Ich dampfte die verdünnte Salzsäure, in welcher das beim Glühen mit Natronkalk entwickelte Ammoniak und Anilin aufgefangen worden waren, im Wasserbade zur Trockne ab, fügte dann eine Lösung von chlorfreiem kohlensauren Natron hinzu, verdampfte nochmals im Wasserbade zur Trockne, glühte, neutralisirte genau mit chlorfreier Salpetersäure und bestimmte dann das Chlor nach der Mohr'schen Methode mit 1/10 normaler Silberlösung. Aus dem verbrauchten Silber wurde direct der Stickstoff berechnet. Alle Reactionen erwiesen übrigens die Identität mit dem Carbanilid. Die bei der Bildung desselben stattfindende Reaction ist sehr einfach: 2 Aeq. Anilin + 1 Aeq. salpetersaurer Harnstoff C²⁴H¹⁴N² + C²H⁴N²O² + HO + NO⁵  Carbanilid + salpetersaures Ammoniumoxyd + Ammoniak C²⁶H¹²N²O² + NO³ + NH⁴O + NH³ Nach dieser Formel sind die passendsten Verhältnisse der Mischung 186 Thl. Anilin und 123 Thl. salpetersaurer Harnstoff; oder einfacher 3 Thl. Anilin und 2 Thl. salpetersaurer Harnstoff. In der That gab auch dieses Mischungsverhältniß die besten Resultate. Die Ausbeute an Carbanilid kam fast der berechneten Menge gleich. 5. Kohlenstoff aus Schwefelkohlenstoff. Leitet man die Dämpfe von Schwefelkohlenstoff über blanke Kupferspäne, welche in einem Verbrennungsrohre zum schwachen Glühen erhitzt werden, so schreitet die Reaction, wie das stärkere Erglühen des Kupfers zeigt, regelmäßig fort. Zuletzt bleibt eine schwarze gesinterte Masse, welche an einzelnen Stellen krystallinisch glänzt, im Rohre zurück. Zerreibt man dieselbe und kocht sie mit mäßig verdünnter Salpetersäure, so oxydirt und löst sich das Schwefelkupfer, und nach dem vollständigen Auswaschen und Ausziehen des Schwefels durch Schwefelkohlenstoff bleibt eine schwarze, matte, pulverige Substanz zurück, welche auf dem Platinspatel leicht und ohne Rückstand zu hinterlassen verglimmt. Das Kupfer entzieht dem Schwefelkohlenstoff den Schwefel, und es scheidet sich dadurch der Kohlenstoff aus, und zwar bei dieser niederen Temperatur der Reaction in der allotropischen Form des c. Kohlenstoffes, gleich der Holzkohle. Vielleicht ließe sich bei schmelzendem Kupfer oder Eisen auf diese Art der Kohlenstoff auch in der Form des Graphits ausscheiden. 6. Bildung von Blutlaugensalz. Bringt man Kupfer- oder Eisenspäne in einem eisernen Rohre zum Glühen und leitet dann ein Gemisch von Schwefelkohlenstoffdämpfen und Ammoniakgas darüber, so bildet sich (nach der Formel 2 CS² + 2 NH³ + 8 Cu = 4 Cu²S + C²N, NH⁴ + 2 H) Cyanammonium und Wasserstoffgas. Indem man die entweichenden Dämpfe durch eine dünnbreiige Flüssigkeit leitet, welche aus Kalihydrat im Ueberschuß, Eisenvitriol und Eisenchlorid gemischt ist, wird das Cyanammonium absorbirt. Ich versetzte die Lösung dann mit Salzsäure und erhielt eine starke Fällung von Berlinerblau, das beim Erwärmen mit Kali Eisenoxyd und Blutlaugensalz lieferte, welches letztere sich in deutlichen Krystallen darstellen ließ. Bei dieser Gelegenheit will ich erwähnen, daß ich die Bildung von Blausäure, resp. Cyanammonium beim Verbrennen von Ammoniak haltendem Leuchtgas (nach Romilly, s. dieses Journal Bd. CLXXXVII S. 407) vollkommen bestätigt gefunden habe, und daß daher bei der Gasreinigung die größte Aufmerksamkeit auf die Entfernung des Ammoniaks aus dem Gase verwendet werden sollte. Es gelang dagegen nicht, beim Durchleiten eines mit Ammoniakgas absichtlich gemischten Leuchtgases durch ein glühendes Eisenrohr oder bei der Substitution des Leuchtgases durch die Dämpfe von Petroleumäther die Bildung von Cyanverbindungen zu bewirken. Wahrscheinlich war entweder die Temperatur nicht hoch genug oder die Berührung mit dem glühenden Eisen bewirkte die Zersetzung des etwa gebildeten Cyans. 7. Das Wiederhold'sche Lederöl. Das Lederöl von Dr. Wiederhold in Cassel, welches zum Erweichen hart gewordenen Leders in der That vortreffliche Dienste leistet, indem es wegen seiner großen Dünnflüssigkeit leicht zwischen die Fasern des Leders eindringt. läßt sich nach meinen Untersuchungen leicht nachbilden, indem man die Oelsäure der Stearinfabriken mit starkem Alkohol und Schwefelsäure erwärmt. Etwa 16 Thl. Oelsäure, 2 Thl. Alkohol von 90 Proc. und 1 Thl. concentrirte Schwefelsäure dürften die passenden Verhältnisse seyn. Der gebildete Oelsäureäther scheidet sich leicht als dünnflüssiges bräunliches Oel ab; er wird durch Schütteln mit warmem Wasser und Absetzenlassen von der freien Schwefelsäure und dem Ueberschusse von Alkohol befreit. Mischt man dann diesen Oelsäureäther etwa mit dem gleichen Gewichte von Fischthran und setzt, um den Geruch zu verdecken, auf's Pfund 1/4–1/2 Loth Nitrobenzol zu, so erhält man ein Product, welches mit dem Wiederhold'schen identisch ist, wenigstens alle Dienste desselben erfüllt.