Titel: Ueber Coupier's Verfahren zur Anilinroth-Fabrication; von Dr. Greiff.
Autor: Greiff
Fundstelle: Band 192, Jahrgang 1869, Nr. LXI., S. 243
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LXI. Ueber Coupier's Verfahren zur Anilinroth-Fabrication; von Dr. Greiff. Greiff, über Coupier's Anilinroth-Fabrication. Wegen der im Verhältniß zu früheren Methoden so glatt verlaufenden Reaction der Arsensäure auf Anilin ist es um so schwieriger, ein für die Praxis brauchbares Verfahren der Anilinroth-Darstellung aufzufinden, das bei Bequemlichkeit der Ausführung und Ergiebigkeit diejenigen Nachtheile ausschließt, welche die jetzt gebräuchliche Rothdarstellung für den Fabrikanten oft zu einer Quelle von Sorgen und Beschwerden machen. seit einiger Zeit macht ein von Coupier angegebenes neues Verfahren die Runde durch die technischen Zeitschriften und wird dasselbe von SchützenbergerBulletin de la Société industrielle de Mulhouse, t. XXXVIII p. 925; polytechn. Journal Bd. CXCI S. 479 (zweites Märzheft 1869). warm empfohlen. Es besteht in der Einwirkung der Nitroproducte auf die Amidoverbindungen des Benzols, Toluols etc. unter Zusatz von metallischem Eisen oder Eisenchlorid. seit dem Patente, welches im J. 1861 Laurent und Casthelaz Für Erythrobenzin erhielten,Mitgetheilt im polytechn. Journal. 1862, Bd. CLVI S. 239. ist die Reaction von Nitrokörpern der Kohlenwasserstoffe auf Anilin etc. vielfach versucht worden. VolleySchweizerische polytechnische Zeitschrift, Bd. VIII S. 28; polytechn. Journal Bd.CLXVIII S. 60. wiederholte und variirte die in diesem Patente angegebene Methode, ohne zu günstigeren Resultaten zu gelangen. Lauth gab schon vor langer Zeit an, daß ein Gemenge von Anilin, Nitrobenzol und Zinnchlorür Roth liefere, und in neuerer Zeit hat Städeler die Einwirkung von Nitro- und Azobenzol auf falzsaures Anilin beschrieben; für die Praxis brauchbare Angaben wurden aber bis jetzt nicht gemacht. Es liegt sehr nahe, den Sauerstoff der Nitrogruppe als Oxydationsmittel zur Rothbildung zu verwenden, und auch der Verfasser hat schon im Jahre 1865 durch Einwirkung von NitrobenzolUnter Nitrobenzol und Anilin keine chemisch reinen, sondern Handelsproducte verstanden. auf Anilin, Salzsäure, Zinn, Zink und Eisen vielfach Rothschmelzen sowohl in kleineren als größeren Quantitäten dargestellt. Es wurden aber keine Resultate erhalten, welche im Stande gewesen wären, das Verfahren mit Arsensäure zu verdrängen, da die Reaction niemals ganz glatt verlief und die Reinigung des erhaltenen Farbstoffes sehr schwierig war. Coupier's günstige Resultate sind wohl hauptsächlich dem Umstand zuzuschreiben, daß er mit nahezu chemisch reinen Substanzen arbettete, und wie weit verschieden die Reactionen und Endproducte derselben von denjenigen der Handelswaare sind, ist jedem Fabrikanten bekannt. Ein neues Verfahren der Rothfabrication, welches jetzt in der Praxis Eingang zu finden beansprucht, muß es ermöglichen, aus einem im Handel vorkommenden guten Rothanilin ein schönes Fuchsin darzustellen. Verlangt das Verfahren die Darstellung reiner Kohlenwasserstoffe, reiner Nitro- und Amidoproducte, so würde dadurch wenigstens in Deutschland der Stand der Anilin- und Anilinfarben-Fabrication ganz andere Verhältnisse annehmen. Ob überhaupt die Darstellung chemisch reinen Anilins und Toluidins für den Farbenfabrikanten diejenigen Vortheile bieten würde, welche er erwartet, und ob diese Darstellung bei dem jetzigen ausgedehnten Stand der Fabrication in nächster Zeit möglich wäre, halten wir noch für sehr zweifelhaft. Die Hauptschwierigkeit in der Rothdarstellung mittelst Nitroproducten der Kohlenwasserstoffe liegt in dem Umstand, daß bei noch so vorsichtig geleiteter Reaction eine theilweise Zersetzung derselben unter Bildung von harziger und huminartiger Substanz oder gar ein Freiwerden von sauren Dämpfen bei längerer Erwärmung eintritt. Selbst bei vollständig gereinigtem und säurefreiem Nitrobenzol treten diese Zersetzungen ein und bei Quantitäten, wie sie die Größe der heutigen Fabrication verlangt, können sie unter Umständen gefährlich werden. Eine Schmelze mit den von Coupier angegebenen Mengen wurde nach dem Erkalten sehr spröde, hinterließ einen bedeutenden unlöslichen Rückstand, und gab neben Roth viel schmutziges Violett. Die Auszüge enthielten Nitrobenzol und waren sehr schwer zu reinigen, selbst nach mehrfacher Fällung mit Alkali konnten kaum gut aussehende Krystalle erhalten werden. Eine Schmelze mit Zink statt Eisen gab etwas bessere Resultate. Eine Erklärung der Reaction zu geben, wagen wir nicht. Das Eisen, Zink etc. scheint nur prädisponirend zu wirken, und es steht keineswegs fest, ob und wie der aus dem Nitrobenzol verbleibende Rest nach Abgabe von Sauerstoff in das Rosanilinmolecül eintritt. Versuche mit größeren Quantitäten müssen bald ergeben, ob sich auf diese Reaction ein Verfahren basiren läßt, welches in Bezug auf Quantität und Qualität des Productes den heutigen Anforderungen genügt, und ob ein Modus gefunden wird, die Nitrokörper bei der Reaction vor zu tief gehender Zersetzung zu schützen.