Titel: Ueber die Conservirung des Weines durch Erhitzen.
Fundstelle: Band 192, Jahrgang 1869, Nr. LXII., S. 245
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LXII. Ueber die Conservirung des Weines durch Erhitzen. Auszug eines Berichtes von de Lapparent, Director der Marinebauten, an den französischen Marine- und Colonialminister.– Aus den Annales de Chimie et de Physique, 4. serie, t. XV P.107; September 1868. Ueber die Conservirung des Weines durch Erhitzen. Am 20. Juni 1868 versammelte ich die Commission, welche vom Minister mit der Prüfung des von Pasteur zur Verhütung der Krankheiten des Weines empfohlenen Verfahrens beauftragt wurde, in einer Sitzung, deren Zweck zunächst dahin ging, von den Beobachtungen der drei nach dem südlichen Frankreich entsendeten Mitglieder Kenntniß zu nehmen und dann die dem Minister zur Genehmigung vorzulegenden Vorschläge zu erörtern. Nachdem der Gegenstand im Allgemeinen gründlich besprochen war, wurden die nachstehenden Fragen zur Discussion gebracht: Erste Frage. — Erscheint das von Pasteur zur Verhütung der Krankheiten des Weines empfohlene Erhitzen desselben entschieden als so wirksam, daß die Anwendung dieses Verfahrens auf die für die Marine und die Colonien bestimmten Weine anzurathen ist? Diese Frage wurde von der Commission einstimmig bejaht, und zwar auf Grund der nachstehenden Thatsachen. 1) Alle von Pasteur mit Flaschenwein angestellten, in seinem großen Werke Etudes Sur le Vinbeschriebenen Versuche bejahen diese Frage. Von der Richtigkeit einiger dieser Versuche konnte sich die Commission bei Pasteur selbst überzeugen. So z. B. hatte im Jahre 1863 ein gelehrter Weinbergsbesitzer im Departement Côte-d'Or zu Marey-Monge an Pasteur eine Anzahl Flaschen gesendet, von denen Letzterer die Hälfte erhitzte, während er die andere Hälfte in ihre normalen Zustande ließ. Im März 1868 wurde von jeder Partie eine Flasche an die Commission zur Untersuchung abgegeben und diese fand, daß der erhitzte Wein auf das Vollkommenste conservirt war, während der nicht erhitzte Wein einen sehr deutlich bitteren Geschmack hatte, welcher die specielle Krankheit ist, von der die feineren Burgunderweine heimgesucht werden. Pasteur brachte einen Tropfen dieses Weines unter das Mikroskop und zeigte den Commissionsmitgliedern den dieser Krankheit (der amertume) eigenthümlichen Pilz. In Pasteur's Laboratorium sah die Commission ferner eine aufrecht stehende, zu zwei Dritteln leere, bloß mit einem Korkpfropf verschlossene Flasche, auf deren Etiquette bemerkt war, daß man am 3. Juni 1865 angefangen hatte, sie zu entleeren. Der Wein, eine sehr geringe Sorte, wovon der Liter nur 45 Centimes kostet, hatte die den alten Weinen eigenthümliche Farbe angenommen, zeigte aber beim Kosten weder Säure noch Bitterkeit. Ein eben solcher nicht erhitzter Wein würde unter diesen Umständen binnen wenigen Tagen sauer geworden seyn. 2) Pasteur's Verfahren, welches er selbst nur bei Flaschenweinen angewendet hat, wird seit beinahe zwei Jahren von intelligenten Weinhändlern an verschiedenen Orten in Frankreich auch im Großen ausgeführt, namentlich in Orleans, Béziers und Narbonne. In der erstgenannten Stadt hatte die Commission Gelegenheit, den vom Weinhändler Rossignol erfundenen Apparat in Thätigkeit zu sehen, mit welchem bereits 3000 Hektoliter Wein erhitzt worden sind. Dieser ApparatNach beigegebener Abbildung beschrieben im polytechn. Journal Bd. (CXCI S. 75 (erstes Januarheft 1869). besteht in einem Fasse von 6 Hektoliter Inhalt; der eine Boden desselben ist durch einen Kessel von verzinntem Kupfer ersetzt, welcher in ein langes Rohr ausläuft. Der Boden des mit Wasser gefüllten Kessels ist auf einem Ofen angebracht und das Wasser gibt seine Wärme an den im Fasse enthaltenen Wein ab. Sobald das Thermometer die erforderliche Temperatur anzeigt, hört man auf zu feuern und zieht den Wein auf das Faß ab, in welchem er lagern und conservirt werden soll. — Ueber den Werth des Verfahrens befragt, versicherte Rossignol, seitdem er seinen Kunden erhitzten Wein liefere, sey ihm von denselben kein Vorwurf in Bezug auf die Haltbarkeit des Gewächses gemacht worden, während dergleichen Klagen früher ziemlich häufig vorgekommen seyen. In Béziers wird das Erhitzen des Weines bei mehreren Weinbergsbesitzern und Weinhändlern mit Hülfe des eben so wirksamen als sinnreichen Apparates von Giret und Vinas in großem Maßstabe ausgeführt. Dieser Apparat besteht aus zwei Theilen, aus dem Wärmer (Calefactor) und dem Kühler (Refrigerator). Nachdem der Wein zunächst mittelst einer Druck- und Saugpumpe auf eine hinlängliche Höhe gehoben worden, tritt er unten in den Kühler, steigt in demselben bis zum obersten Theile auf und gelangt von da in den Wärmer, wo er mittelst eines Wasserbades erhitzt wird; dann fließt er in den oberen Theil des Kühlers zurück und giebt, indem er in demselben wieder nach unten tritt, einen Theil seiner Wärme an den kalten Wein ab, welcher in derselben Zeit im Kühler aufsteigt, und von dem er durch eine dünne Wand getrennt ist. Einer der Erfinder, Giret, ließ die Mitglieder der Commission Wein von seiner letzten Lese kosten, welchen er erhitzt hatte, weil er sauer zu werden drohte; dieser Wein war vollkommen trinkbar. Eine Quantität dieses Weines, welche sich beim Abziehen auf Flaschen in einer unter dem Zapfen stehenden Gilte im Verlaufe einer Woche angesammelt hat (Traufwein), erschien zwar beim Kosten selbstverständlich schaler als der im Fasse enthaltene Wein, zeigte aber keine Spur von Säure. Giret versicherte, daß dieser Wein, wenn er nicht erhitzt gewesen wäre, binnen höchstens 24 Stunden zu Essig geworden seyn würde. — Ein Kaufmann in Béziers kam auf den glücklichen Gedanken, sämmtliche Weine der Umgegend, welche eine beginnende Krankheit zeigten, aufzukaufen, sie durch Erhitzen gewissermaßen abzuschneiden und diesen erhitzten Wein mit einer bestimmten Menge von gutem Weine zu versetzen. Auf diese Weise soll er ein sehr beliebtes Getränk erzeugt, und durch den Verkauf desselben einen schönen Gewinn erzielt haben. Diese Thatsachen bestätigen die in mehreren unserer Kriegshäfen, besonders in Brest und Rochefort, gemachten Beobachtungen, welche mittheilenswerth sind. 3) In Brest theilte eine besondere Commission ein Faß Wein von 500 Liter in zwei Theile; die eine Hälfte wurde auf 63° C. erhitzt, die andere blieb in natürlichem Zustande; jede Portion wurde in ein Faß gefüllt und beide Fässer wurden wohl verwahrt und versiegelt an Bord des Schiffes „Jean Bart“ gebracht, auf welchem sie die Campagne von 1866 mitmachten, welche zehn Monate dauerte. Nach der Rückkehr des Fahrzeuges constatirte die Commission, nachdem sie sich von der vollkommenen äußeren Unverletztheit der Fässer überzeugt hatte, Folgendes: a. Der erhitzte Wein war klar, mild, kräftig und zeigte die den alten Weinen eigenthümliche, schöne gelbe Farbe (couleur de rancio), kurz er war vollkommen in dem Zustande, um als „gereister“ Wein (vin de campagne) verkauft werden zu können. b. Der nicht erhitzte Wein war gleichfalls klar, aber dunkler, und hatte einen adstringirenden, an das Saure streifenden Geschmack; er war zwar noch trinkbar, doch erschien es rathsam, ihn zu verbrauchen, wenn sein gänzliches Verderben verhütet werden sollte.Nach der Redaction dieses Berichtes, am 13. Juli 1868, hatte ich in Brest Gelegenheit, bei dem Chef des Marineverpflegungsbureau's, Lefèvre, zwei Flaschen desselben Weines selbst zu untersuchen; die eine enthielt den erhitzten Wein und die andere den nicht erhitzten. Beide Flaschen hatten, bloß mit einem Korkstopfen verschlossen, seit beinahe drei Jahren in einem Schranke gestanden. Der nicht erhitzte Wein war vollständig zu Essig geworden, der erhitzte dagegen war noch sehr trinkbar und besaß sogar einen aromatischen Geruch. Der zu Rochefort ausgeführte Versuch ist noch merkwürdiger und entscheidender. Zwei Flaschen von je 10 Liter Inhalt wurden mit demselben Weine zur Hälfte gefüllt, und zwar die eine mit erhitztem, die andere mit nicht erhitztem Weine. Jede Flasche wurde mit einem Korkstopfen verschlossen, durch welchen eine mit zwei Kugeln versehene Glasröhre hindurchging, mittelst deren das Innere der Flasche mit der äußeren Luft in Verbindung gesetzt wurde, ohne daß Staub eindrang. Die den erhitzten Wein enthaltende Flasche wurde in die Rocheforter Essigfabrik gebracht und darin vierzehn Tage stehen gelassen. Nach Verlauf dieser Zeit überzeugte sich die Commission, daß der Wein nicht die mindeste Veränderung erlitten hatte, worauf man auch die den nicht erhitzten Wein enthaltende Flasche in die Essigfabrik brachte und neben die erste Flasche stellte. Nach Verlauf einer Woche zeigte der nicht erhitzte Wein einen entschieden sauren Geschmack, während der erhitzte Wein noch immer unverändert war. 4) Zuletzt stellte die Commission in Orleans selbst einen Versuch mit Wein an, welcher in ihrer Gegenwart erhitzt worden war. Aus zwei Flaschen, von denen die eine erhitzten, die andere nicht erhitzten Wein derselben Sorte enthielt, wurden zwei Gläser voll ausgegossen und dann wurden die Flaschen wieder verkorkt. Nach Verlauf von drei Tagen hatte sich auf dem nicht erhitzten Weine ein sehr deutlicher Schleier gebildet. Unter dem Mikroskope erkannte man, daß dieser Schleier aus Weinblumen (Mycoderma vini; fleurs de vin) bestand, welche sich jedoch bald in Essigblumen (Mycoderma aceti; fleurs de vinaigre) verwandelten. Dieser Wein wurde bald ganz ungenießbar, während der erhitzte Wein in Folge der längeren Berührung mit atmosphärischer Luft zwar etwas an Kraft und Güte verloren hat, indessen keine Spur von Säure zeigt und noch ganz trinkbar ist. Aus dem Vorstehenden ergeben sich offenbar die großen Vorzüge des Erhitzens solcher Weine, welche nach Gegenden versendet werden sollen, wo sie in Folge der hohen Lufttemperatur, des Mangels an zweckmäßigen Aufbewahrungsräumen und an sorgfältiger Behandlung Veränderungen ausgesetzt sind, durch welche dieses edle Getränk seiner stärkenden, die Gesundheit befördernden Eigenschaften beraubt wird. Zweite Frage.—Bis zu welchem Temperaturgrade muß der Wein erhitzt werden? Anfangs erhitzte Pasteur den Wein auf 75° C.; indessen zeigten ihm spätere Beobachtungen, daß eine weit niedrigere Temperatur zur Erreichung des angestrebten Zweckes ausreicht. Jetzt sagt er ausdrücklich, daß man eine zwischen 55 und 60° C. liegende Temperatur einzuhalten habe. Die Ansichten der Commission über diesen Punkt waren getheilt. Die Mehrzahl der Mitglieder war der Meinung, es sey, da eine stärkere Erhitzung als nicht nachtheilig wirkend erkannt worden, anzurathen, sich in der Nähe der oberen Temperaturgrenze zu halten, und zu bestimmen, daß die Temperatur des erhitzten Weines zwischen 55 und 60° C. betragen müsse. Die Minderzahl der Commissionsmitglieder sprach dagegen den Wunsch aus, daß die Temperatur von 55° nicht überschritten werde, einerseits damit der mit dem Erhitzen des Weines stets verbundene geringe AlkoholverlustEin solcher Verlust findet gar nicht statt. (Anmerkung der Redaction der Annales de Chimie et de Physique.) vermindert werde, andererseits damit der Wein rascher seine Normaltemperatur wieder annehmen könne. Indessen kommt auf den Grad der Erhitzung, namentlich bei ordinären Weinen, nicht viel an; bei feinen Weinen ist es nach meiner Meinung rathsam, eine Temperatur von 52° C. nicht zu überschreiten, um Alles zu vermeiden, wodurch das Bouquet des Weines vermindert werden könnte. Dritte Frage. — Sollen die erhitzten Weine, wie es gewöhnlich geschieht, gesprittet, d. h. vor der Verladung mit 1 Procent Alkohol versetzt werden? Das Spritten (vinage) des Weines hat nicht allein den Zweck, ihm eine größere Widerstandsfähigkeit gegen die Ursachen des Verderbens, denen er ausgesetzt ist, zu verleihen, sondern auch seine tonisirende Wirkung und seine stärkenden Eigenschaften zu erhöhen, was besonders in heißen Klimaten, wie z. B. in den französischen Colonien nöthig ist. Was die Vermehrung der Haltbarkeit anbetrifft, so versichert Pasteur, daß der Zusatz von Alkohol zur Conservirung des Weines durch das Erhitzen unnöthig wird (was auch einleuchtend ist), auf den Märkten wird jedoch verlangt, daß die zur Versteuerung gebrachten Weine mindestens 12 Proc. Alkohol enthalten, folglich müssen die für die Flotte oder für die Colonien bestimmten Weine einen Alkoholgehalt von 13 Proc. haben. Die Commission sprach einstimmig die Ansicht aus, daß ein solcher Gehalt auch für die erhitzten Weine beibehalten werden müsse; da nun dieselben beim Erhitzen ungefähr½ Proc. Alkohol verlieren,Es ist nicht einzusehen, wie ein solcher Verlust stattfinden kann. Er findet auch in Wirklichkeit nicht statt. Pasteur, welcher den Versuchen der Commissionen beiwohnte, hat die Weine sowohl vor als nach dem Erhitzen auf ihren Alkoholgehalt geprüft und gefunden, daß keine Spur von Alkohol verloren geht. (Anmerkung der Redaction der Annales de Chimie et de Physique.) So dürfte es angemessen seyn, sie vor der Absendung mit 1½ Proc. Alkohol zu versetzen. Wird der Wein auf schon gebrauchte Fässer gefüllt, so wüssen dieselben selbstverständlich zur Zerstörung aller etwa an ihren inneren Wandungen entstandenen Pflanzenbildungen mit kochendem Wasser ausgebrüht, oder besser noch mit Wasserdampf gereinigt, dann ausgewässert und zuletzt geschwefelt werden. Das Schwefeln ist eine sehr wesentliche Operation, insofern die dabei entstandene Schwefligsäure sich im Weine löst und die Entwickelung von Pilzbildungen verhindert, deren Sporen mit der Luft in die Fässer eingedrungen seyn könnten, wenn in Folge der Verdampfung eines Theiles ihres Inhaltes eine Leere entstand. Es braucht wohl kaum noch bemerkt zu werden, daß die Fässer, welche erhitzten Wein enthalten, nur mit gleichfalls erhitztem Weine aufgefüllt werden dürfen. Vierte Frage. — Welcher Apparat soll zum Erhitzen des Weines angewendet werden? Hinsichtlich der für die kaiserliche Marine bestimmten Weine, mit denen sich die Commission ausschließlich beschäftigte, hat der Verpflegungs-commissär zu Toulon die Erklärung abgegeben, daß der anzuwendende Apparat groß genug seyn müsse, um per Arbeitstag von zehn Stunden etwa 500 Hektoliter erhitzten Wein liefern zu können. Von sämmtlichen Apparaten, welche die Commission in Thätigkeit gesehen hat, gestattet keiner eine solche Production. Rossignol's Apparat vermag nur 30 Hektoliter und der große Apparat von Giret und Vinas nicht mehr als 120 Hektoliter täglich zu liefern. Es müßten demnach mindestens drei der letztgenannten Apparate aufgestellt werden, was sehr unbequem und störend seyn würde. Diese Aufgabe ist aber jetzt vollständig gelöst, indem die Commission auf Anrathen des Ingenieur Brun den sinnreichen Kühlapparat von Perroy, Stabsofficier des Marine-Ingenieurcorps, welcher an Bord der Kriegsschiffe zur Erzeugung des süßen Wassers dient, in einen Weinerhitzer umwandelte. Dieser Apparat besteht in einem flachen viereckigen Kasten, in welchem ein von Seewasser umgebenes Schlangenrohr liegt. In die eine Oeffnung des Schlangenrohres läßt man Wasserdampf eintreten, welcher sich in den Windungen condensirt und am anderen Ende als Wasser abläuft. Ersetzt man das zum Kühlen dienende Seewasser durch den zu erhitzenden Wein, so nimmt derselbe sehr bald die gewünschte Temperatur an. Ein im Beiseyn der Commission abgeführter Versuch ergab nachstehende Resultate: Temperatur des Weines vor dem Erhitzen 25° C. Temperatur des Weines nach dem Erhitzen 55°. Menge des per Stunde erhitzten Weines 5320 Liter. Druck des Dampfes 3 Atmosphären. Temperatur des Dampfes 135° C. Gewicht des per Stunde condensirten Dampfes 266 Kilogrm. Temperatur des condensirten Wassers 39° C Anzahl der vom Weine absorbirten Wärme-Einheiten 164920 Anzahl der vom Dampfe abgegebenen Wärme-Einheiten 171836 Verlust von Wärme-Einheiten    6916 Gewicht der zur Erzeugung von 266 Kilogrm. Dampf erforderlichen Kohle 44 Kilogrm. Preis der Kohle, die 1000 Kilogrm. zu 34 Frcs. gerechnet 1 Fr. 51,3 Cent. Preis der per Hektoliter erhitzten Weines verbrauchten Kohle 0 Fr. 2,8 Cent. Demnach vermag der Apparat per Arbeitstag von zehn Stunden 532 Hektoliter erhitzten Wein mit einem Kostenaufwand von 5 bis 6 Centimes per Hektoliter zu liefern. Allerdings war bei diesem Versuche die anfängliche Temperatur des Weines bereits ziemlich hoch; aber bei einer definitiven Anordnung muß man die Einrichtung treffen, daß der erhitzte Wein in einen zweiten Apparat an Stelle des Dampfes tritt und einen Theil seiner Wärme an den kalten Wein abgibt, welcher dann in den ersten Apparat geleitet und in demselben fertig erhitzt wird. Die Mehrzahl der Commissionsmitglieder spricht den Wunsch aus, daß der den Kühlapparat umgebende Kasten aus Platten von feinem Zinn oder aus verzinntem Eisenblech angefertigt werden möge; die Minderzahl ist der Ansicht, daß innen mit feinstem Zinn verzinntes Kupferblech vollständig genügen wird, um so mehr als der Apparat leicht untersucht werden kann, überdieß die ganze innere Oberfläche sich durch den Absatz des Farbstoffes aus dem Weine mit einer anhaftenden Schicht überzieht, durch welche sie von der Flüssigkeit isolirt wird. Es hatte sich die Ansicht verbreitet, daß der erhitzte Wein nur mit Silber oder Platin in Berührung kommen dürfe; indessen hat sich die Commission, namentlich in der ausgedehnten Anstalt von Privat und Thomas, von der Irrthümlichkeit dieser Ansicht überzeugt, indem dort kupferne Leitungsröhren ohne Nachtheil für den Wein in großem Maaßstabe benutzt werden, da sich die Wände dieser Röhren, wie schon erwähnt, sehr bald mit einem isolirenden Firniß überziehen. Indessen kann die Commission die Anwendung von nicht verzinntem Kupfer keineswegs billigen, sondern sie empfiehlt die Benutzung von ganz reinem Zinn, welches im Handel leicht zu beziehen ist. Zur Ermittelung des Einflusses, welchen das Zinn auf den erhitzten Wein auszuüben vermag, ließ man solchen bei einer mittleren Temperatur von 65° C. fünfmal nacheinander durch ein kleines, aus reinem Zinn bestehendes Schlangenrohr fließen; dann wurde dieser Wein einer genauen Analyse unterworfen. Die Gegenwart von Zinn ließ sich in ihm nicht nachweisen, sondern nur unwägbare Spuren von Eisen, Kupfer und Blei. Die Farbe, der Geschmack und die sonstigen Eigenschaften des Weines waren nicht im mindesten verändert. Einer der Sachverständigen, welchem beide Weinsorten — erhitzter und nicht erhitzter Wein — vorgesetzt wurden, ohne daß man ihm dieselben näher bezeichnete, gab dem ersteren den Vorzug, obgleich derselbe, wie gesagt, fünfmal erhitzt worden war. Die Commission spricht daher ihre Ansicht einstimmig dahin aus, daß wirklich feines Zinn auf den erhitzten Wein durchaus keinen nachtheiligen Einfluß ausüben kann. Schlußfolgerungen. 1) Das Erhitzen der Weine schützt dieselben (ohne daß man behaupten kann, ihre Haltbarkeit werde dadurch auf unbegrenzte Zeit gesichert) mindestens sehr lange vor jeder Veränderung und dieses Verfahren verdient daher bei allen Weinen angewendet zu werden, welche auf den Handels- und Kriegsschiffen verwendet, namentlich bei solchen, welche in die Colonien versendet werden sollen. 2) Der Wein muß auf eine zwischen 55 und 60° C. liegende Temperatur erhitzt werden. 3) Der erhitzte Wein muß mit 1½ Proc. Alkohol versetzt werden, so daß er den Gehalt von 13 Proc. Alkohol hat, welcher für die nach den Colonien bestimmten Weine vorgeschrieben ist; sollte er vor dem Erhitzen zufälliger Weise den auf den Märkten verlangten Alkoholgehalt von 12 Proc. nicht besitzen, so muß man ihm diesen Gehalt ertheilen.Der Bericht spricht hier wiederholt die Ansicht aus, daß der Wein, um tonisirend und kräftigend wirken zu können, reich an Alkohol seyn müsse. Man kann aber das Gegentheil behaupten. Die geschätztesten Weine sind keineswegs die an Alkohol reichsten. Der zu mehr als 9 bis 10 Proc. im Wein enthaltene Alkohol dient nur zur Conservirung desselben und übt in gesundheitlicher Beziehung eher einen schädlichen als einen nützlichen Einfluß aus. Der zum täglichen Genusse bestimmte Wein sollte nicht über 10 Proc. Alkohol enthalten und das große Verdienst von Pasteur's Verfahren liegt darin, daß durch dasselbe der Wein bei einem solchen geringeren, der Gesundheit der Consumenten am meisten zuträglichen Alkoholgehalte für lange Zeit haltbar gemacht werden kann. (Anmerkung der Redaction der Annales de Chimie et de Physique.) 4) Der zum Erhitzen des Weines anzuwendende Apparat ist der in geeigneter Weise abgeänderte Kühlapparat des Ingenieur Perroy, welcher anstatt des aus verzinktem Eisenblech bestehenden Mantels mit einem aus reinem Zinn oder stark verzinntem Kupfer angefertigten versehen ist.