Titel: Die Fraser'sche Methode des Geschützrohr-Aufbausystemes.
Fundstelle: Band 192, Jahrgang 1869, Nr. XCVI., S. 360
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XCVI. Die Fraser'sche Methode des Geschützrohr-Aufbausystemes. Fraser's Methode des Geschützrohr-Aufbausystemes. Die Schwierigkeit, Geschützrohre nach dem in diesem Journal Bd, CLXIX S. 1 und 81 unter der Ueberschrift „Ueber Anwendung des Copir- oder Uebertragungs-Principes bei der Anfertigung und bei dem Ziehen von Feuerwaffen, von I. Anderson, Inspector des Arsenals zu Woolwich,“ mitgetheilten Aufbausystem (built up system) durch Cylinderröhren die aus st umpf voreinandergeschweißten Coils gebildet werden, hinreichend frei von Gallen oder Blasen und theilweise mangelhaster Schweißung, herzustellen (welche unganze Stellen, namentlich wenn sie im Kernrohre vorkommen, für die Haltbarkeit des Geschützrohres gefährlich sind), sowie die Möglichkeit, daß bei sehr dünn gehaltenen Cylinderschalenschichten dieser Art solche Stellen auch leicht durchgehend seyn können, wodurch sie die ganze betreffende Panzerschicht unhaltbar machen, während bei dickeren Rohrschichten dieß nur seltener vorkommen wird, haben in Verbindung mit dem schädlichen Einflüsse, den auch noch jeder beim Aufziehen der einzelnen Cylinderlagen vorkommende Fehler auf die Dauerhaftigkeit und Zuverlässigkeit des betreffenden Geschützes ausüben muß, sowie der Kostspieligkeit welche das Aufbauen der Geschützrohre mittelst einer großen Anzahl dünner Rohrschichten in sich schließt, zur Folge gehabt, daß neben der von Sir W. Armstrong in Anwendung gebrachten Methode des Aufbausystemes der Geschützrohre, welche dieselben aus möglichst vielen und dünnen Cylinderschichtlagen bestehen läßt, in England neuerdings auch eine billigere, Fraser's Constructions-Vorschlägen entsprechende Methode zur Geltung gekommen ist. Die Geschützrohre dieses billigeren Aufbausystemes werden aus einer verminderten Anzahl stärkerer Cylinderschichten zusammengesetzt und deren Kernrohr wird durch Ausbohren eines in Oel angelassenen (tempered) massiven Stahlblockes hergestellt, während für die übrigen, mit Ausnahme des Zapfenstückes dem Coilsystem entsprechend construirten äußeren Cylinderrohrschichten als Regel gilt, dieselben aus so langen Eisenstäben trapezförmigen, der Größe des Kalibers angepaßten Querschnittes bestehen zu lassen, daß dadurch jedes stumpfe Voreinanderschweißen der einzelnen Coils gänzlich vermieden wird, und die einzelnen Cylinderschichten vielmehr bandrohrartig als jedesmal ein Ganzes für sich selbst bildend dargestellt werden können. Die nach dieser Fraser'schen Manier des Aufbausystemes construirten Geschützrohre erscheinen dann, die Schwanzschraube des Vorderladungs- und die Verschlußvorrichtung des Hinterladungs-Geschützes abgerechnet, durch Einschrumpfenlassen der äußeren Lagen zusammengesetzt aus dem durch Bohrung eines, vorher in Oel angelassenen massiven Stahlblockes dargestellten Kernrohre, welches von genügender Stärke ist, um der zusammenziehenden Kraft der darauf folgenden Cylinderschichtlage hinreichend widerstehen zu können, einem einzigen darauf gezogenen und hinsichtlich seiner Dicke der Kalibergröße angepaßten Cylindermantel, welcher durch spiralförmiges Aufwickeln und Schweißen einer einzigen Eisenstange von dazu genügender Länge entstand, und endlich dem Bodenstück mit darauf geschweißtem Zapfenstück, von denen ersteres aus so vielen übereinander liegenden, sowie abwechselnd schraubenrechts und schraubenlinks gewundenen Coilröhren zusammengeschweißt wird, als dieses der Kalibergröße des Geschützrohres nach nothwendig erscheint, letzteres aber durch Paketbildung allmählich in Form eines massiven Blockes ausgeschmiedet werden muß, der zum Aufziehen auf den Bodenstück-Coil dann zu durchlochen ist. Der Stahl zum Kernrohr eines jeden auf diese Weise darzustellenden Kanonenrohres wird vor Verwendung des betreffenden Blockes an herausgeschnittenen Probecylindern auf seine absolute, rückwirkende und Torsions-Festigkeit geprüft; zu den Coilröhren bedient man sich eines leicht und sicher schweißenden Eisens, und das Zapfenstück endlich kann aus Abfalleisen dargestellt werden. Bei der Zusammensetzung des Geschützrohres zieht man zunächst den Coil-Cylindermantel warm auf das Stahl-Kernrohr desselben auf, stellt dann beide vereinigt senkrecht auf den Kopf, und läßt hiernach das durch Heizung von innen her zur Rothglühhitze gebrachte Bodenstück mit genauer Beobachtung der bezüglichen Marken an seine Stelle gleiten, wornach die Abkühlung desselben vermittelst einer kreisförmigen Kupferröhre, deren innere Wandfläche siebartig durchlöchert ist und welche allmählich emporgehoben wird, durch Wasserbespritzung von außen nach innen, respective von unten nach oben hin erfolgt. Stade, im April 1869. Darapsky.