Titel: Die patentirte Flachsbrechmühle von C. Kesseler u. Sohn in Greifswald.
Fundstelle: Band 192, Jahrgang 1869, Nr. XCIX., S. 366
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XCIX. Die patentirte Flachsbrechmühle von C. Kesseler u. Sohn in Greifswald. Aus dem Wochenblatt zu den preußischen Annalen der Landwirthschaft, 1869, Nr. 16. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Kesseler's Flachsbrechmühle. In Fig. 24 bildet A, A ein Gehäuse von cylindrischer Gestalt, welches oben das feststehende Kreuz B mit dem Radkränze J trägt. Die ganze Oberfläche des Gehäuses ist mit einem Deckel C versehen, der auf seiner unteren Fläche radiale Cannelirungen a, a trägt, so zwar, daß diejenigen der conischen Walzen D, D sich in ihnen abwickeln Können. Die Walzen D, D sind auf einem Kreuze E, E auf elastischen Unterlagen gelagert, so daß sie beim Arbeiten sich mehr oder weniger von dem Deckel C entfernen können, ohne jedoch in der höchsten Stellung, wenn sie frei gehen, gegen die Cannelirungen angepreßt zu werden. An dem Kreuze E befindet sich außerdem das conische Rad K, durch das die Transmission F die Mühle in Bewegung setzt, und der Trichter G, welcher den Zweck hat, die Transmission vor Verstopfung durch die Scheben Zu schützen, vielmehr diese Theile der Peripherie des Gehäuses zuzuführen. In dem Deckel des Gehäuses befinden sich die Schlitze H, H mit einer kreisförmigen Erweiterung am äußeren Ende zur Einführung des gerösteten Flachses. Bei jedem dieser Schlitze wird ein Arbeiter zum Brechen angestellt. Die Flachsbrechmühle liefert ein um so größeres Quantum, als die Anzahl der vorhandenen Schlitze beträgt. Soll die Mühte ihre Arbeit beginnen, so wird sie vermittelst der Transmission in Bewegung gesetzt, wobei die conischen Walzen D, D 1) um die verticale Achse L und 2) um ihre eigene Achse rotiren, letzteres, weil die Triebe M in den feststehenden Zahnkranz J greifen und vermöge der ersten Rotation zu der zweiten gezwungen werden. Wird nun in einen Schlitz H mit der Hand eine Quantität rohen Flachses in der Weise eingeführt, daß derselbe an einem Ende mit der Hand festgehalten wird und die übrige Partie in's Innere der Mühle gelangt, so passiren nacheinander die Walzen D den Flachs, legen ihn, nachdem der Kamm N den Büschel gleichmäßig getheilt hat, unter den oberen Deckel (der mit dem oberen Steine einer Mühle mit rotirendem Bodenstein zu vergleichen ist) und brechen ihn vermittelst der Cannelirungen, wobei er indeß im Gegensatz zu dem Principe aller zu gleichem Zwecke bisher angewendeten Walzen in der Hand des Arbeiters verbleibt, weil die conische Walze D sich gegen den Deckel nur abrollt. Es liegt in der Construction der conischen Walzen und jener der unteren Seite des Deckels, daß die Cannelirungen nach der Mittelachse der Maschine zu immer enger werden, und wenn daher die angestellten Arbeiter den eingeführten rohen Flachs während der Bearbeitung sanft von der Peripherie nach dem Centrum schieben, so resultirt daraus, daß derselbe während dieser Verschiebung von immer enger werdenden Cannelirungen getroffen, mithin mit mathematischer Genauigkeit in jedem Punkte gebrochen wird. Durch Herausziehen des Flachses kann sich der Arbeiter sofort hiervon überzeugen, ihn, wenn Es nöthig seyn sollte, noch einmal den Schlitz passiren lassen oder den Büschel umdrehend nun denjenigen Theil der Maschine zur Bearbeitung überlassen, den er vorhin in der Hand hielt. Durch die Umdrehung des Kreuzes E mit den Walzen D, wobei die Peripheriegeschwindigkeit circa 20 Fuß per Secunde beträgt, wird ein hinlänglicher Luftstrom erzeugt, um alle abfallenden Scheben nach dem Umfange zu treiben, von wo sie durch besondere Canäle abgeführt werden können, ohne weder die Gesundheit der Arbeiter zu gefährden, noch zu Feuersbrünsten Veranlassung zu geben. Die Kämme N vor den Walzen D dienen zur Erzielung einer regelmäßigen Lage des Flachses, die Bürsten O hinter den Walzen zum Abstreifen der losgewordenen Scheben. Am 21. November v. I. wurde die Maschine einer Prüfung seitens der Maschinen-Prüfungs-Station des baltischen Vereines unterzogen; das ausführliche Prüfungsresultat enthält Nr. 3 von 1869 der „landwirthschaftlichen Wochenschrift“ des genannten Vereines. Wir entnehmen derselben Folgendes: 1) Die Maschine liefert den gebrochenen Flachs von so vollkommener Beschaffenheit, daß derselbe nach dem Schwingen und Hecheln völlig frei von den holzigen Theilen und in Betreff der Feinheit und Weichheit des Bastes von einer Güte hergestellt wird, die bei dem mit der Hand gebrochenen Flachse schwer zu erreichen seyn dürfte. 2) Der durch die Maschine gebrochene Flachs liefert mehr gehechelten als der mit der Hand gebrochene; bei der Probe wurden 8,3 Proc. davon mehr gewonnen und die Hechelheede war von besserer und weicherer Beschaffenheit. 3) Die Leistungsfähigkeit der Maschine stellt sich in Betreff des Kostenpunktes vortheilhaft gegen die Handarbeit heraus. Denn wird zu einer gleichen Leistung wenigstens das Dreifache mehr an Handarbeit erfordert und sind zu diesem Zwecke 10 Arbeiter zu einem Tagelohne von 10 Sgr. pro Tag mehr erforderlich, so beträgt dieß 3 Thlr. 10 Sgr., eine Summe, die den Kostenaufwand von 2 Pferden und 1 Jungen zum Treiben mit zusammen 2 Thlr. Um 1 Thlr. 10 Sgr. übersteigt. Dieser Betrag von 1 Thlr. 10 Sgr. ist nicht erforderlich, um die Zinsen, die Unterhaltung und Amortisation der Maschine zu bestreiten. 4) Die Maschine empfiehlt sich sonach wegen ihrer guten Leistungsfähigkeit und wegen der Güte der geleisteten Arbeit für alle größeren Flachs-Factoreien, und Es ist unzweifelhaft, daß bei der Benutzung von Dampfkraft ihre Leistung eine noch höhere als die hier gefundene seyn wird. Die geprüfte Maschine hatte 3 Walzen und 5 Schlitze, später sollen zur Abkürzung der Arbeit 4 Walzen und 7 Schlitze angewendet werden.

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