Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 193, Jahrgang 1869, Nr. , S. 335
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Miscellen. Miscellen. Ueber Harrison's gußeisernen Dampfkessel. Im Anfang der sechziger Jahre kamen aus England und Amerika wiederholt sehr günstige Berichte über einen eigenthümlichen Dampfkessel von Jos. Harrison in Philadelphia, Pennsylvanien, der bereits auf der Londoner Ausstellung vom Jahre 1852 ausgestellt war, ohne daselbst jedoch besondere Aufmerksamkeit zu finden. Dieser Kessel besteht aus einer Anzahl hohler gußeiserner Kugeln von 8'' äußerem Durchmesser und 3/8'' Wandstärke, welche durch hohle Hälse mit einander verbunden sind; nach einem späteren Patent stellt übrigens Harrison die Kugeln auch aus schmiedbarem Metall mittelst Stempel und Matrizen in zwei Hälften dar, die dann durch Schweißen, Nieten oder dergl. mit einander verbunden werden. Das ganze Kugelsystem wird in einem Ofen so eingemauert, daß es eine Neigung von circa 50° gegen die Horizontale hat; die oberen Kugeln enthalten dann Dampf, die unteren Wasser (man s. die Beschreibung dieses Kessels, sowohl der früheren als späteren Construction, im polytechn. Journal Bd. CLXXIV S. 99 u. Bd. CLXXVI S. 329). Als Hauptvortheile dieses Kessels wurden hervorgehoben, daß derselbe sehr große Sicherheit gegen Explosionen und verhältnißmäßig große Heizfläche biete, billig in der Anlage sey, daß das Gußeisen der Einwirkung der Flamme, des Wassers etc. weit besser widerstehe als Schmiedeeisen, daß weiter der Kesselsteinabsatz ein ganz auffallend geringer sey etc. etc. Wie gesagt, die Berichte lauteten fast durchgängig so günstig, daß eine im Jahre 1866 von Harrison veröffentlichte Erklärung, es seyen bereits über 100 seiner Kessel von 5 bis 150 Pferdekräften in den Vereinigten Staaten in Betrieb, gar nicht unglaublich erschien. Nur ein einziges ungünstiges Erfahrungsresultat wurde mit damals, und zwar aus England, bekannt; hier riß nämlich in einer Fabrik bei einem 18pferdigen Kessel eine Kugel nach der anderen, der Kesselsteinansatz war sehr bedeutend und fest anhaftend, der Kessel leckte fortwährend auf das Stärkste und mußte deßhalb nach circa 3/4 jährigem Betrieb als unbrauchbar aufgegeben werden. Seit circa 2 Jahren habe ich über die Resultate, welche dieser jedenfalls sehr originelle und interessante Kessel liefert, nichts weiter erfahren; in den letzten Tagen erst hörte ich wieder etwas über diesen Gegenstand aus einer amerikanischen Fabrik, der Home Manufacturing Comp., Woolen Mills in Jacksonville, Illinois. Diese baute vor 2 Jahren zwei Harrisonkessel von je 50 nominellen Pferdestärken ein, welche in 12stündiger Arbeitszeit in vollständig gutem Zustand im Minimum 4 1/2 Tonnen à 20 Ctr. gute Kohlen im Sommer und 5 Tonnen im Winter consumirten, also pro Stunde und nominelle Pferdekraft resp. 7 1/2 und 8 1/3 Pfd. Der Brennmaterialverbrauch stieg häufig noch bedeutend höher, da die Kessel, welche 1200 im Feuer liegende Verbindungsstellen hatten, außerordentlich schwer dicht zu halten waren; die ungleiche Ausdehnung der gußeisernen Kugeln und der sie verbindenden schmiedeeisernen Stangen bewirkte bei der geringsten Temperaturänderung enormes Lecken. Da diese Störungen sich trotz aller Sorgfalt ununterbrochen wiederholten und der Brennmaterialverbrauch stets zu hoch war, so entschloß man sich endlich dazu, diese Harrisonkessel durch gewöhnliche Cylinderkessel zu ersetzen. Bei der Wegnahme der Kessel fand man in allen Kugeln eine fest anhaftende Kesselsteinschicht von 1/16 bis 1/2'' Dicke, welche die Wassercanäle theilweise fast verschloß. Die Entfernung desselben hatte man schon vorher durch häufiges Ausblasen und eine Menge der bekannten Mittel zur Kesselsteinverhütung zu bewirken versucht, aber ohne Erfolg. Kurz, man war froh, als man die Kessel, nachdem man sich 18 Monate mit ihnen abgemüht hatte, in's alte Eisen werfen konnte. Die später eingebauten zwei Cylinderkessel von je 24' Länge und mit je 5 Feuerzügen, von nominell 20 Pferdekräften weniger als die Harrisonkessel, gestatteten die Anwendung schlechter Kohlen, welche sich bei jenen als durchaus unstatthaft erwiesen hatte, gaben keinen Kesselstein und erforderten viel weniger sorgfältige Wartung, so daß die gesammten Betriebskosten, welche für die Harrisonkessel täglich 25 Doll. betrugen, auf 9,3 Doll. herabsanken, was also einer jährlichen Ersparniß von fast 5000 Doll. entspricht. L. S. (Deutsche Industriezeitung, 1869, Nr. 28.) Das Telegraphiren auf submarinen Leitungen. Da ein submarines Kabel sich in einer die Elektricität leitenden Flüssigkeit befindet, so bietet es dem Durchgange eines galvanischen Stromes bedeutende Widerstände. Der in der Seele des Kabels fließende elektrische Strom erzeugt durch die isolirende Hülle einen Inductionsstrom im Seewasser, und dieser veranlaßt wenn der erste Strom unterbrochen wird, einen secundären im Draht, so daß kein zweites Zeichen gegeben werden kann. Ein Telegraphiren mittelst Kabels, besonders nach großen Entfernungen, wäre hiernach ganz unmöglich. Erst die Einrichtung des Herrn Varley hat diese Schwierigkeit überwunden. Er schaltet in den Weg des Kabels einen sehr großen Condensator ein, welcher beim Durchgang des Zeichen gebenden Stromes sich mit Elektricität ladet. Wird dann auf der sprechenden Station der Strom unterbrochen, so stellt sich gleichzeitig eine Verbindung zwischen Condensator und Erde her, die auf ersterem angesammelte Elektricität fließt nach beiden Seiten durch das Kabel ab. Dieser vom Condensator herkommende Strom ist aber dem ursprünglichen und dem secundär inducirten im Kabel entgegengesetzt gerichtet; es erfolgt somit eine völlige Entladung des Kabeldrahtes, und es kann unmittelbar nach dem ersten Zeichen ein zweites durch den Draht geschickt werden. Auf dem transatlantischen Kabel arbeiten nur Säulen von 5 Daniell'schen Elementen. Diese schwachen Ströme erzeugen an der Empfangsstation eine geringe Ablenkung einer Galvanometernadel, die mit einem Spiegel versehen, das Bild einer Flamme auf eine 8 Fuß entfernte, in einem dunkeln Zimmer aufgestellte Scala wirft. Dadurch wird der Ausschlag bedeutend vergrößert; und der Weg den das Lichtbild macht, dient als Zeichen für den betreffenden zu telegraphirenden Buchstaben. (Der Naturforscher, 1869, S. 174.) Die Lagerstätten des Wolframs. Die Lagerstätten des Wolframs sind, soweit bis jetzt bekannt ist, in Chili, Connecticut, Cornwall, Sibirien, Frankreich, am Harz und im Erzgebirge. Einer der reichsten Fundorte desselben ist Zinnwald im sächsischen Erzgebirge, wo eine Verbindung von wolframsaurem Eisenoxydul und wolframsaurem Manganoxydul in ungeheuren Mengen und außerdem noch Scheelspath (wolframsaures Bleioxyd) vorkommt. Das erstgenannte Erz ist durch seine Reinheit von Schwefel- und Arsenbeimischungen für technische Verwendungen ganz besonders werthvoll und bedarf zu Zwecken der Eisen- und Stahlindustrie nicht erst eines vorgängigen Röstens, wie z.B. die französischen Wolframerze es erfordern. Diese mächtigen Lagerstätten von Wolframerz der besten Art sind gegenwärtig im Besitz der Gewerkschaft „Verein Zwitterfeld“ zu Zinnwald bei Altenberg (Sachsen). Das Wolframerz wird in zwei Sorten abgegeben; die eine, Stuff-Wolfram, besteht aus größeren Stücken, die andere, Schlich-Wolfram, ist pulverisirt und aus solchen Stufen gewonnen, in welchen das Wolframerz mit Quarz etc. durchsetzt ist. Aufträge wolle man an die Verwaltung des Werkes in Zinnwald adressiren, oder an M. Großmann, Uhrenfabrikant in Glashütte (Sachsen), Mitglied des Grubenvorstandes. (Deutsche Industriezeitung, 1869, Nr. 25.) Anwendungen des Broms. Balard, der Entdecker des Broms, gibt in den Jury-Berichten der Pariser Ausstellung des Jahres 1867 eine Schilderung des gegenwärtigen Staubes der Bromfrage. Die Verwendung des Broms in der Industrie wird sich nach ihm auf folgende Eigenschaften stützen: Das Brom ist minder kräftig in seiner Wirkung als das Chlor, welches oft die organischen Verbindungen total zerstört, doch energischer wirkend als das Jod, mit welchem man öfters die gewünschten Reactionen nicht hervorzubringen vermag. Vor dem Jod hat das Brom den Vorzug, daß es ein kleineres Atomgewicht hat (mit 80 Kilogr. Brom erreicht man die nämliche Wirkung wie mit 127 Kilogr. Jod). Es ist ferner weit billiger. Bei der Herstellung der äthylirten und methylirten Rosaniline (Hofmann's Violett und Blau) wendet man bereits mit Erfolg die Verbindungen der Alkoholradicale mit Brom anstatt der entsprechenden Jodverbindungen an. In einigen Kattundruckereien soll man ein Gemisch von Brom mit Thon bei zarten Nüancen anstatt des Chlorkalkes als Enlevage anwenden. Während des Bürgerkrieges in Nordamerika ist das Brom in den Hospitälern vielfach zur Desinfection der Luft benutzt worden. Da das Brom, mit Wasser zusammengebracht, dasselbe nicht zersetzt, und mit demselben keine Säure bildet, wie es bei dem Chlor der Fall ist, so bleibt seine Thätigkeit ausschließlich den organischen Gebilden und Verbindungen vorbehalten, welche in der Luft enthalten seyn mögen. Sein Siedepunkt (63°C.) gestattet, das Quantum, welches in einer gegebenen Zeit in einem bestimmten Raume verdampfen soll, auf das Genaueste zu bestimmen. Es kann daher nicht fehlen, daß das Brom in kurzer Zeit an der Stelle des Chlors zu Desinfectionszwecken allgemein benutzt werden wird. (Rapports du Juri international, vol. VII p. 119; Wagner's Jahresbericht über die Leistungen der chemischen Technologie für 1868, S. 252.) Ueber Berliner Gesundheitsgeschirr; von Dr. Emil Jacobsen. Die seit zwei Jahren außer Betrieb gesetzte ehemalige königl. Fabrik zu Charlottenburg, deren chemische und pharmaceutische Gerätschaften sich eines Weltrufes erfreuten, war fast die einzige Fabrik, welche zu verhältnißmäßig niedrigen Preisen das alte Sanitätsporzellan lieferte. Die Fabrication von schönem weißen, durchsichtigen Porzellan, wie sie in Frankreich, in England, neuerdings auch in Schlesien, Böhmen etc. in großartigem Maaßstabe betrieben wird, wirft größeren Nutzen ab, als die Fabrication des wirklichen Feldspath-Porzellans. Dieß hat seinen Grund darin, daß die ersteren Fabricate leichter sind und mit Zusatz von leichtflüssigeren Materialien, als Quarz, Kalk, Borax, Soda, Bleioxyd, bei schwachem Feuer hergestellt werden, wobei die Brennkosten und der Kapselverbrauch sich wohlfeiler berechnen, weniger Ausschuß resultirt, und die Waare ansehnlicher und leichter verkäuflich wird, während bei reinem Feldspath-Porzellan und dem noch härteren Gesundheitsgeschirr für Abdampsschalen und chemische Geräthe das stärkste Feuer angewendet werden muß, wodurch sich letzteres also theurer herstellt, mehr Ausfall gibt, und unansehnlicher, demnach auch weniger leicht verkäuflich wird. Seit einiger Zeit hat nun die Fabrik von H. Schomburg in Berlin (Alt-Moabit 20) die Fabrication des Sanitäts-Geschirres in die Hand genommen und liefert speciell für chemische, pharmaceutische und technische Zwecke ganz vortreffliche Fabricate, welche denen der ehemaligen Charlottenburger Fabrik weder an Güte noch an Wohlfeilheit nachstehen. Es sey außerdem noch auf die in derselben Fabrik verfertigten Doppelglocken-Isolatoren für Telegraphenleitungen aus Schomburg'schem Berliner Hartfeuer-Porzellan aufmerksam gemacht. Das Hartfeuer-Porzellan ist aus reinem deutschen Kaolin angefertigt und erhält ein so starkes Feuer, daß es nicht, wie französische, englische etc. Fabricate, nur an der Oberfläche verglast, sondern durch und durch zu einer festen compacten Masse schmilzt, ohne seine Form wesentlich zu ändern. Es muß dieses Porzellan einen Feuergrad aushalten, bei welchem englisches und französisches Porzellan durch seinen Gehalt an Kalk und anderen Stoffen zu einem unreinen Milchglase zerschmilzt. Zur Anfertigung der Isolatoren wird die rohe Masse zunächst hydraulischem Druck unterworfen, daraus im noch feuchten Zustande der Masse die Isolatoren gepreßt, in gleichmäßiger feuchter Wärme getrocknet, und jeder Isolator nach dem Glasiren und Brennen geprüft. Das Verfahren, aus trockenem Massenpulver Isolatoren zu pressen, hat trotz der kostspieligen Maschinen dieser älteren Art der Fabrication weichen müssen, da eine größere Dichtigkeit nicht erreicht wurde, und die geringe Ersparniß an Arbeitslohn den größeren Ausschuß nicht deckt. (Chemisch-technisches Repertorium, 1868 1. Halbj. S. 53) Ueber Kittungen; von J. L. Friedrich in Darmstadt. Jedem Gasfachmann ist es bekannt, welche wichtige Rolle die Verkittungen spielen, sowohl im Betriebe, als auch bei der Zusammensetzung eines Ofens und da ganz besonders bei dem Ansetzen der Retortenköpfe. Zu letzterem Zwecke fand ich nun bis heute keinen besseren Kitt als den allbekannten Eisenkitt mit etwas Zusatz von Thon, und versteht es sich von selbst, daß er mit dem Kittstämmer gut und sauber eingetrieben wird. Es kommt jedoch zuweilen vor, daß trotz sorgfältiger Arbeit sich hin und wieder zwischen den Fugen Gas durchdruckt; dieses nun zu verhindern, gebrauchte ich schon manchen Kitt, bis ich einen fand, der mit Recht den Vorzug behielt, und der besteht aus Schwerspath-Pulver und flüssigem Wasserglas oder ersteres und Borax-Auflösung. Mit diesem Kitte werden nun die Fugen nochmals inwendig mit einem Pinsel im Zustande der Ruhe, mit einem Kordelwischer im Betriebe, gut verstrichen. Auch kann man diesen Kitt noch weiter gut verwenden, wenn man demselben 2/3 Theile Thon zusetzt, und steht er alsdann in der Glühhitze recht gut. Anstatt des flüssigen Wasserglases und der Borax-Auflösung kann man in letzterem Falle recht gut und weit billiger durchkommen, wenn man gestoßenes weißes Glas zusetzt. Daß die Kittung mit Schwerspath-Pulver eine vorzügliche ist, beweist die Glasur in den gußeisernen Kochgeschirren u.s.w., sie besteht aus demselben. (Journal für Gasbeleuchtung, Juli 1869, S. 345.) Verfahren zur Bereitung von Kohlenoxydgas; von Chevrier. Das allgemein gebräuchliche Verfahren zur Bereitung des Kohlenoxyds mittelst Zersetzung der Oxalsäure durch Schwefelsäure ändere ich in folgender Weise ab. Das aus dem Kolben austretende Gasgemisch von Kohlensäure und Kohlenoxyd leite ich durch ein Porzellanrohr, welches zum Rothglühen erhitzte Kohle (Bäcker-Löschkohlen oder von jeder Spur Hydrocarbür befreite Holzkohlen) enthält. Die Kohlensäure wird nahezu vollständig in das doppelte Volum Kohlenoxyd umgewandelt. Aus dem Rohr zieht das Gas durch eine erste Waschflasche, welche eine Kalilösung enthält, wodurch die geringe Menge zurückgebliebener Kohlensäure absorbirt wird, hernach durch eine zweite Flasche, welche Kalkwasser enthält und so zu sagen als Indicator-Flasche dient; die Flüssigkeit wird durch 10 Liter hindurchstreichendes Gas kaum getrübt. Man erhält so die dreifache Menge Kohlenoxyd und kann dasselbe im Großen vollkommen rein darstellen. (Comptes rendus, t. LXIX p. 138; Juli 1869.) Mikroskopische Bestandtheile der Luft von Manchester. In einem Vortrage vor der naturforschenden Gesellschaft zu Manchester machte Hr. Dancer nach einem Berichte in dem Quarterly Journal of microscopical science vom Januar d. J. nachstehende Mittheilung über die mikroskopische Prüfung der in der Luft von Manchester enthaltenen festen Bestandtheile. Die Luft war mit destillirtem Wasser gewaschen, und die festen Bestandtheile, welche sie enthielt, waren von Hrn. Smith in einem kleinen verschlossenen Gefäß gesammelt worden. Zunächst untersuchte man das Wasser, in welchem diese Theilchen schwammen, mit einer 50maligen Vergrößerung, um einen allgemeinen Ueberblick über den Inhalt zu erhalten. Dann wurden Vergrößerungen von 120 bis 1600 angewendet. Am zahlreichsten waren Pilzsporen vertreten. Ihre Anzahl betrug in einem Tropfen der Flüssigkeit etwa 250000, und ihre Größe schwankte von 1/10000 bis 1/50000 Zoll. Kurze Zeit zeigten sie die den Sporen eigenen Bewegungen; dann sanken sie zu Boden und waren bewegungslos. Als das Fläschchen 36 Stunden im Zimmer bei einer Temperatur von etwa 15°C. gestanden hatte, war die Menge der Pilze sichtbar vermehrt, und die kleinen Fäden, welche in dem Wasser schwammen, waren in eine zusammenhängende, verfilzte Masse verwandelt. Am dritten Tage bewegte sich eine Anzahl gewimperter Schwärmsporen frei zwischen den Sporidien. Diesen Gebilden kamen der Zahl nach am nächsten vegetabilische Gewebe der verschiedensten Art und Form, von denen ein großer Theil verbrannt und geschwärzt erschien; unter ihnen fehlten, wie zu erwarten war, zahlreiche Baumwollfäden nicht; Stärkekörner und Blüthenstaub waren gleichfalls zu erkennen. Nachdem der atmosphärische Staub drei oder vier Tage ruhig gestanden hatte, erschienen kleine Thierchen in beträchtlicher Anzahl, unter denen die Monaden am zahlreichsten waren. Auch einige verhältnißmäßig große Formen von Paramecim aurelia wurden in Gesellschaft mit einigen sehr lebhaften Rotiferen gefunden. Aber nach wenigen Tagen nahm das thierische Leben schnell ab, und nach zwölf Tagen konnte kein Thierchen mehr entdeckt werden. Wollfasern und andere Haare von Thieren wurden gleichfalls beobachtet. „Die in der Atmosphäre herum fliegenden Theilchen,“ sagt Dancer, „werden in ihrem Charakter verschieden seyn, je nach der Jahreszeit, der Windrichtung und dem Orte, an welchem sie gesammelt worden sind. Sie sind, wie zu erwarten stand, nach dem Regen in geringer Menge vorhanden.“ „Um die Menge der Sporen oder Keime organischer Wesen ungefähr abschätzen zu können, welche in der von Dr. Smith gesammelten Flüssigkeit enthalten waren, maß ich eine Portion und fand, daß sie 150 Tropfen von der Größe, wie ich sie unter das Mikroskop brachte, enthielt. Nun habe ich festgestellt, daß in jedem Tropfen gegen 250000 jener Sporen vorkommen; in den 150 Tropfen erreicht somit ihre Menge die beträchtliche Anzahl von 37 1/2 Millionen; und diese waren, abgesehen von den übrigen Bestandtheilen, gesammelt aus 2495 Litern Stadtluft, einer Menge, welche in etwa 10 Stunden von einem Manne mittlerer Größe geathmet wird.“ (Der Naturforscher, 1869, Nr. 21.) Vorschlag zu einem neuen photographischen Pigmentverfahren. Bei den jetzigen Pigmentverfahren wird Gelatine mit Farbstoff gemischt, durch ein doppelt-chromsaures Salz empfindlich gemacht und nach der Belichtung die löslich gebliebene Gelatine entfernt. Das brittische Journal bringt einen ganz anderen Plan in Vorschlag; es soll nämlich das Pigment an den vom Licht getroffenen Stellen der Gelatine entwickelt werden. Ein Beispiel wird am besten erläutern, auf welche Reaction der Plan sich gründet. Man gebe einige Tropfen neutraler Auflösung von salpetersaurem Kobaltoxyd oder Kobaltchlorid in ein Glas und verdünne mit etwas Wasser. Die Lösung ist farblos oder schwach rosa. Wenn wir nun klare Auflösung von Chlorkalk hinzugießen, entsteht sofort ein schwarzer Niederschlag von Kobaldoxyd. Eine Auflösung von essigsaurem Bleioxyd mit Chlorkalklösung versetzt, läßt beim Erwärmen einen tiefbraunen Niederschlag von Bleisuperoxyd fallen. Ferner: sättigen wir Fließpapier mit neutraler Auflösung von Manganchlorid und lassen nach dem Trocknen einen Tropfen Chlorkalklösung darauf fallen, so entsteht ein tiefbrauner, bald ganz schwarz werdender Fleck von Mangansuperoxyd. Auch wenn wir neutrale Manganchloridlösung mit kohlensaurem Natron versetzen, den entstandenen weißen Niederschlag von kohlensaurem Manganoxydul auf Papier streichen und trocknen lassen, so erhalten wir mit Chlorkalk den schwarzen oder tiefbraunen Fleck. Der Herausgeber des brittischen Journals beschreibt nun folgenden Versuch. Kohlensaures Manganoxydul wurde mit starker Gelatinelösung gemischt, die 6 Gran doppelt-chromsaures Kali pro Unze enthielt. Mit dieser Mischung wurde eine collodionirte Platte überzogen. Nach dem Trocknen wurde die Schicht unter einem Negativ belichtet und zwar die Collodiumschicht in Berührung mit dem Negativ. Nach einigen Minuten war ein schwacher Abdruck entstanden. Die lösliche Gelatine wurde durch warmes Wasser entfernt und darauf der Abdruck in eine lauwarme Auflösung von Chlorkalk getaucht. Das Bild erschien mit tiefbrauner, fast mit schwarzer Farbe. (Photographisches Archiv, 1869 S. 242) Ueber Verfälschung des Catechu. Der Catechu ist bekanntlich Verfälschungen aller Art ausgesetzt. Farbholzextracte, Sand etc. werden demselben beigemengt, ohne daß es möglich ist, deren Gegenwart auf den ersten Anschein wahrzunehmen. Im Allgemeinen wird der Catechu durch dergleichen Zusatz dunkler, und dieß kann, wenn auch nicht immer, neben dem unangenehmen Geschmack als ein Zeichen geschehener Verfälschung dienen. Außerdem kann man an dem Niederschlage, welchen ein Catechuabsud mit Eisenchloridlösung gibt, die Gegenwart fremder Substanzen im Catechu erkennen. Ist dieser Niederschlag blauschwarz, so sind fremde Extracte zugegen. Beigemischte Stärke kann man an der blauen Färbung erkennen, welche in diesem Falle Jodtinctur in der wässerigen Abkochung des fraglichen Catechu hervorruft. Die beste Methode indessen, den Catechu auf Verfälschungen zu prüfen, bleibt die Behandlung mit Aether. Guter Catechu muß, wenn man ihn mehrfach mit Aether übergießt und stehen läßt, an diesen 53 Procent seines Gewichtes abgeben, so daß der Rückstand nach dem Trocknen nur 47 Procent vom Gewicht des angewendeten Catechu ausmacht. Alaun-Zusatz (sogen. präparirter Catechu) kann durch Zusatz von Salpetersäure und Chlorbarium-Lösung an dem entstehenden weißen Niederschlage erkannt werden. (Nach dem Moniteur de la teinture; Musterzeitung für Färberei etc., 1869, Nr. 13.) Das Turacin, ein kupferhaltiger thierischer Farbstoff. Aus vier Species des Turaco (Plantain-eater) hat A. W. Church, Prof. der Chemie am Royal Agricultural College in Cirencester, – heißt es in den Proceedings of the Royal Society, vol. XVII p. 436 – einen merkwürdigen rothen Farbstoff dargestellt. Derselbe findet sich in ungefähr fünfzehn der primären und secundären Flügelfedern der besagten Vögel, und läßt sich durch eine verdünnte alkalische Lösung ausziehen und unverändert durch eine Säure fällen. Er unterscheidet sich von allen bis jetzt dargestellten natürlichen Farbstoffen dadurch, daß er 5,9 Proc. Kupfer enthält, welches, ohne Zerstörung des Farbstoffe selbst, entfernt werden kann. Church schlägt für diesen Farbstoff den Namen „Turacin“ vor. Das Spectrum des Turacins zeigt zwei schwarze Absorptions-Streifen, ähnlich denen des Cruorins. Das Turacin unterscheidet sich in mehreren Punkten vom Cruorin. Es zeigt eine große Beständigkeit in seiner Zusammensetzung, selbst wenn es von mehreren Gattungen und Arten der Pisangfresser (Plantain-eater) gewonnen ist, z.B. von Musophaga violacea, Corythaix albo-cristata und porphyreolopha. (Poggendorff's Annalen, 1869, Bd. CXXXVII S. 496.) Ueber die Gerbsäure der Eichenrinde; von A. Grabowsky. Die wässerige Abkochung zerkleinerter Eichenrinde ist rothbraun und trübe. Versetzt man sie mit Schwefelsäure, so fällt ein brauner, flockiger Niederschlag heraus, welcher, abfiltrirt und mit Wasser behandelt, schlammig wird und sich mit Hinterlassung eines braunen Rückstandes größtentheils wieder löst. Dieser Fällbarkeit durch Schwefelsäure nach verhält sich der Auszug der Eichenrinde ähnlich dem der Galläpfel; allein während bei dem letzteren diese Fällung wesentlich aus Tannin besteht, aus welchem sich durch Kochen mit verdünnter Schwefelsäure und Ausziehen der Flüssigkeit mit Aether Gallussäure gewinnen läßt, erhält man aus der Schwefelsäurefällung des Eichenrinden-Auszuges bei der gleichen Behandlung nur Spuren dieser Säure, statt deren aber eine Ausscheidung eines rothen, amorphen Körpers, des Eichenroths. Der Hauptbestandtheil der Eichenrinde ist, nächst dem in ihr abgelagerten Phlobaphen, eine amorphe, durch essigsaures Blei fällbare Gerbsäure, welche, mit verdünnter Schwefelsäure gekocht, zerfällt. Ihre Zersetzungsproducte sind das erwähnte Eichenroth und Zucker. Die gewöhnliche Methode der Bleifällung ist auch hier die beste, die Gerbsäure zu isoliren. Fällt man das Rindendecoct fractionirt, entfernt den ersten kleineren schmutzigbraunen Antheil des Niederschlages, und sammelt nur die spätere, lichtere Partie von reinerer Farbe, wäscht diese aus, zersetzt sie mit Schwefelwasserstoff, und dampft das Filtrat vorsichtig ein, so hinterbleibt die Gerbsäure als gelbbraune amorphe Masse. Ihre wässerige Losung wird von Leim und Brechweinsteinlösung gefällt; sie gibt mit Eisenchlorid eine tintenartige Reaction, und diese Färbung wird auf Zusatz von Soda roth. Mit verdünnter Schwefelsäure längere Zeit im Sieden erhalten, läßt sie das Eichenroth heraus fallen, und in dem Filtrat von diesem findet sich Zucker, welcher im möglichst reinen Zustande einen gelblichen Syrup bildet und die Formel C¹²H⁹O⁹ hat. Von der Abwesenheit der Gallussäure (beziehungsweise des Tannins) in der Eichengerbsäure überzeugte der Verfasser sich dadurch, daß er die nach dem Kochen mit Schwefelsäure erhaltene, vom Eichenroth abfiltrirte Flüssigkeit mehrmals mit Aether ausschüttelte. Der Aether hinterließ nach dem Verdunsten nur Spuren eines amorphen braunen Rückstandes. (Einmal fand der Verfasser in einem solchen, aus 5 Pfd. Rinde herrührenden Rückstande einige Milligramme einer krystallisirten Substanz, welche die Reactionen der Gallussäure zeigte. Stenhouse hat in früheren Versuchen in der Eichenrinde weder Tannin noch Gallussäure gefunden. Es ist sehr möglich, daß Rinden von verschiedenem Alter gar nichts davon enthalten, und jedenfalls kommen beim Gerben mit Eichenlohe diese Stoffe kaum in Betracht.) Das Eichenroth zeigt die allgemeinen Eigenschaften jener braunen, amorphen Körper, welche man auch aus anderen Gerbsäuren erhält. Es löst sich in Ammoniak auf und läßt sich durch Salzsäure wieder fällen. Auch in Weingeist ist es löslich; Wasser fällt es daraus. Das Eichenphlobaphen ist von dem Eichenroth wenig verschieden (wahrscheinlich mit demselben identisch). Es läßt sich aus der mit Wasser erschöpften Rinde mit Ammoniak ausziehen und aus der braunen Lösung mit Salzsäure fällen; ein Theil desselben ist auch in der Abkochung der Rinde (wahrscheinlich durch etwas Alkali gelöst) enthalten. (Sitzungsberichte der Wiener Akademie, October 1867; Journal für praktische Chemie, Bd. CV S. 385.) Ueber die Verwendung des Glycerins zur Weinverbesserung; von Carl Kolb in Rom. Seit einiger Zeit wird das Glycerin vielfach zur Weinverbesserung verwendet. Man nennt diese Art des Weinverbesserungsverfahrens (analog dem Chaptalisiren, Gallisiren und Petiotisiren) das Scheelisiren (nach Scheele, dem Entdecker des Glycerins). Das Glycerin ist ein natürlicher Bestandtheil des Weines, wie die Untersuchungen von Pasteur, Nessler und J. J. Pohl dargethan haben. Bekanntlich unterscheidet sich das Glycerin von dem Zucker vorzüglich dadurch, daß es unfähig ist in Gährung überzugehen, oder überhaupt sich an einem Gährungsprocesse activ oder passiv zu betheiligen. Diese schätzbaren Eigenschaften sind erst in der neueren Zeit erkannt und gewürdigt worden und haben dem Glycerin, wie zu vielen anderen Anwendungen, auch eine feste und berechtigte Stelle in der rationellen Weinverbesserung gesichert. Es kann nicht die Absicht seyn, den Werth und die wichtige Rolle, welche der Traubenzucker in dem natürlichen Wein hat, verkennen oder diesen noch im Stadium der Gährung unentbehrlichen Stoff durch das Glycerin verdrängen zu wollen. Sobald aber der Wein das Stadium der Gährung beendigt hat, beginnt der Werth des Glycerins, denn nur mit seiner Hülfe ist es alsdann noch möglich, eine den Wohlgeschmack störende unzureichende Süße auf jeden beliebigen Grad zu steigern, ohne daß man etwa zu befürchten hätte, der Wein könne durch solchen nachträglichen Zusatz beeinträchtigt, oder in seiner Haltbarkeit benachtheiligt werden. Nichts von alle dem. Selbst die stärksten Zusätze des Glycerinsyrups sind nicht im Stande, den Wein in irgend welche Gefahr zu bringen und es ist damit das unschätzbare Mittel gefunden, auch fertige, selbst flaschenreife Weine noch der Veredlung entgegenzuführen, welche bisher noch so zu sagen ganz außer dem Bereich der rationellen Weintechnik standen. Da wir öfter der irrigen Auffassung begegnen, als sey das Glycerin für jüngere, noch nicht flaschenreife Weine überhaupt nicht anwendbar, so glauben wir hinzufügen zu sollen, daß Nichts im Wege steht, jedem Wein, sobald er hell geworden ist, und welchen man nicht durch neuen Zuckerzusatz nochmals in Bewegung bringen will, Glycerin zuzusetzen, mit allen den Vortheilen, die oben angeführt sind. Stets wird die Süße und Zartheit, welche es dem Weine verleiht, dabei zur Geltung kommen. Das Verfahren selbst anlangend, so ist dasselbe so einfach, daß es kaum einer näheren Beschreibung bedarf. Grundbedingung ist: daß das zu verwendende Glycerin von derjenigen Reinheit sey, die zu einem Genußmittel unerläßlich ist. Nach den bis jetzt vorliegenden Erfahrungen liegen die Grenzen des Glycerinzusatzes um Wein, je nach dessen Qualität, zwischen 1 und 3 Procent, nach Raumtheilen berechnet, oder 1 bis 3 Liter Glycerin auf 100 Liter Wein. Man mißt daher, nach Berechnung des in Arbeit zu nehmenden Weinmaaßes, etwa das Maximum des Glycerins für sich ab, setzt demselben etwa das gleiche Maaß Wein in einem Zuber u.s.w. zu, bis der erwünschte Grad des Wohlgeschmackes erreicht ist, wobei man indeß die Vorsicht gebrauchen mag, eher zu wenig als zu viel zuzusetzen. Der etwa unverbrauchte Rest, aus gleichen Maaßtheilen Wein und Glycerin bestehend, wird zu späterer Verwendung nach den Regeln aufbewahrt, denen jeder Wein auch unterliegt. Das mit dem Glycerin gemischte Faß Wein ist, sofern er sonst hell und frei von Trub war, nach wenigen Tagen zum Abfüllen geeignet. Wir wiederholen: durch Glycerinzusatz wird der Wein zu keinerlei Veränderungen disponirt, denen er nicht auch für sich anheimgefallen wäre, nach seiner jeweils bestehenden inneren Natur. (Aus dem württembergischen Gewerbeblatt, durch R. Wagner's Jahresbericht der chemischen Technologie für 1868, S. 522.) Ueber eine einfache Nachweisung von Weizenstärke im Arrow-root oder überhaupt von Getreidemehl im Stärkemehl; von Prof. Böttger. Dieses höchst einfache und völlig zuverlässige Mittel, um die geringste Beimischung von Mehl im Stärkemehl, oder von Weizenstärke im Arrow-root oder in der Kartoffelstärke zu erkennen, resp. nachzuweisen, auf welches ich schon vor einer Reihe von Jahren aufmerksam gemacht, das aber in weiteren Kreisen weniger bekannt geworden zu seyn scheint, besteht in Folgendem. Man überschütte in einem Porzellanschälchen ungefähr 1 Grm. der zu prüfenden Stärke mit 180 Kubikcentimeter destillirten Wassers, bringe letzteres in's Sieden und rühre dann den Inhalt des Schälchens, das dünne kleisterartige Fluidum, mittelst eines Glasstäbchens tüchtig durcheinander. Dasjenige Stärkemehl, welches vollkommen kleberfrei ist, z.B. Arrow-root und Kartoffelstärke, wird bei dieser Manipulation nicht den mindesten Schaum auf der Oberfläche der Flüssigkeitsschicht hinterlassen, sobald man mit dem Umrühren aufhört. Hat man aber ein Stärkemehl vor sich, dem die geringste Spur von Kleber oder Getreidemehl anhängt, so entsteht beim Umrühren der siedendheißen Flüssigkeit augenblicklich ein starker Schaum, der nicht nach dem Aufhören des Umrührens sofort wieder verschwindet, und durch fortgesetztes Umrühren so angehäuft werden kann, daß er wie dichter Seifenschaum erscheint. (Böttger's polytechnisches Notizblatt, 1869, Nr. 15.) Die neue Gespinstpflanze „Ramié.“ In dem südlichen Theile der Vereinigten Staaten ist in der jüngsten Zeit eine neue Gespinstpflanze vielfach in Cultur genommen worden (auf welche bereits im polytechn. Journal Bd. CXCII S. 343 aufmerksam gemacht wurde). Diese Gespinnstpflanze ist ursprünglich auf der Insel Java zu Hause und gelangte schon im Jahre 1844 nach Europa: der botanische Name derselben ist Boehmeria tenacissima. Die Pflanze zeichnet sich durch Schönheit und Stärke ihrer Faser aus und erregte daher in Europa in gewerblichen Kreisen mehrfach Aufsehen. Seit circa 20 Jahren hob sich ihre Cultur in Ostindien ganz außerordentlich, so daß jährlich ein bedeutendes Quantum nach Europa gelangte, wo es häufig zu Stoffen verarbeitet wurde, welche sich durch feine Qualität, besondere Stärke, Schönheit, Vollendung, eine dem feinsten Leinen ähnliche Textur und einen schönen Seidenglanz auszeichneten. Die Einführung der Ramié in Nordamerika geschah im Frühjahr 1867 auf Veranlassung verschiedener europäischer Fabriken. Gegenwärtig betrachtet man dort die Faser der Boehmeria tenacissima als besser in vieler Hinsicht wie die der meisten anderen Gespinnstpflanzen, jedenfalls aber als außerordentlich werthvoll für die Manufactur. Schon jetzt kann die Nachfrage aus der alten Welt kaum befriedigt werden. Als Vorzüge dieser Pflanze gegenüber der Baumwolle und anderen Nutzgewächsen wird nach amerikanischen Berichten Folgendes geltend gemacht. Es eignen sich Boden und Witterung der Südstaaten ganz vorzüglich für ihren Anbau, welcher einen lockeren Sandboden und ein gemäßigtes Klima verlangt. Ueberall, wo Baumwolle wächst, ist auch die Cultur der Ramié vollständig gesichert; es ist aber kein Zweifel daran, daß sie auch überhaupt in Gegenden gemäßigter Himmelsstriche ganz gut gedeiht, wie dieses ja die Versuche in Deutschland zur Genüge bewiesen haben. Da sich gegenwärtig die Mehrzahl der Landwirthe und Pflanzer in den Südstaaten Nordamerika's in Verhältnissen befindet, welche sie die großen Ausgaben für die Baumwoll- und Zuckercultur scheuen lassen, so haben sie sich mit Vorliebe gerade auf diejenige der Ramie geworfen, welche weder durch die Witterung leidet, noch, so viel bis jetzt bekannt ist, durch irgend ein Insect. Eine Ramié-Pflanzung verlangt nur geringes Anlagecapital und wenige Bearbeitungskosten; da die Pflanze mehrjährig ist, so bedarf sie auch nicht jedes Jahr erneuerter Bestellung. Ueberall in den Südstaaten kann die Ramie dreimal im Jahr geerntet werden, und es beträgt der Schnitt vom Acre circa 900–1200 Pfd., was einen jährlichen Durchschnittsertrag von circa 3000 Pfd. Rohfaser ausmacht, von der gegenwärtig in Europa das Pfund 10 Cents werth ist. Bei der Zubereitung der Faser findet ein Verlust von ungefähr der Hälfte statt, während der Werth sich dann auf 65 Cents pro Pfund erhöht. Schon hiernach müßte die Ramie, welche nur geringe Bearbeitung verlangt, eine der vortheilhaftesten Nutzpflanzen seyn. Die spinnreif zubereitete Faser ist sehr schön weiß, sauft und glänzend, so daß sie im Aussehen der besten Rohseide nichts nachgibt; nebenbei ist sie stärker als der festeste Flachs und nimmt die schwierigsten Färbungen an, ohne etwas von ihrer Stärke oder ihrem Glanze zu verlieren. Für den Anbau ist ein reicher, tiefer Sandboden der geeignetste, und zwar thut man am besten, die erste Anlage in Pflanzenbeeten vorzunehmen, worin die Stecklinge sich bis zu einer gewissen Höhe entwickeln. Im Feld gedeiht sodann die Pflanze in jedem einigermaßen guten, leichten Boden. Sobald die Stengel eine Höhe von 6–8 Fuß erreicht haben, sind sie zur Ernte reif; im Nothfall kann aber die Pflanze noch eine Woche oder länger ohne Schaden im Feld bleiben. Zum Abschneiden der Stengel bedient man sich eines gewöhnlichen Messers und hat nur darauf zu sehen, daß sie nicht ganz dicht am Boden abgeschnitten werden. Statt dessen kann man auch die ganzen Stengel ausziehen wie beim Hauf, wenn sie noch nicht zu trocken sind – eine Arbeit, welche fast noch leichter zu vollziehen ist und auch eine bessere und längere Faser liefert. Zur weitern Verarbeitung dient jede gewöhnliche Flachsbreche oder eine der neueren besseren Flachsbrechmaschinen. Für den Verkauf wird die Faser in Bündel und diese in Säcke oder Ballen gepackt wie Baumwolle. Die Ramié kann zu jeder Bestellungszeit im Jahr angebaut werden, jedoch hält man die Frühjahrs-Aussaat für die geeignetste und beste. Kälte thut ihr nichts, sobald nicht der Boden bis über 6'' Tiefe ausfriert und dieser Frost mehrere Tage hinter einander anhält. Zu bemerken ist noch, daß die Ramie nicht, wie irrthümlich häufig angenommen wird, identisch ist mit dem bekannten Chinagrase; sie gehört zwar zu derselben Pflanzenfamilie, steht aber in einer anderen Ordnung. Das Chinagras wird durch Samen fortgepflanzt, verlangt eine schwierigere Behandlung und die Faser ist weit geringer wie diejenige der Ramié. Letztere läßt sich bloß durch Wurzelschößlinge fortpflanzen und liefert das feinste Gespinnst von allen Urticeen. Wegen Bezugs von Wurzelschößlingen oder wegen näherer Auskunft kann man sich an das k. k. österreichische Consulat, Hrn. Ad. Bader, in Neworleans, oder die Firma J. Bruckner, 104 Gravier Street, daselbst wenden. A. v. Chamiec. (Steiermärkisches Industrieblatt.) Neues Reinigungsmittel für Wäsche. Nach dem photographischen Archiv, 1869 S. 232, ist unterschwefligsaures Natron ein vorzügliches Reinigungsmittel und an Stelle der Waschsoda anzuwenden. Es soll nicht, wie diese, die Stoffe angreifen und zugleich bleichen, was den Hausfrauen von Interesse seyn dürfte. Notiz über den Peruguano. Die Times vom 15. März enthält die Zuschrift eines Herrn Watson, Arztes auf den Chinchas, den Inseln an der peruanischen Küste, von welchen der eigentlich ächte peruanische Guano stammte. Derselbe versichert, daß auf jenen Inseln nur noch wenige Schiffsladungen Guano vorhanden seyen und daß außerdem nirgends an jener Küste ein Guanolager von gleicher Qualität, wie auf den Chinchas und nur eine kleine Menge von guter Qualität vorhanden sey. Die übrigen Lager von Vogelmist seyen nichts weiter als Phosphatlager mit einem sehr kleinen Procentgehalt Ammoniak. Die Entgegnung des peruanischen Regierungsbevollmächtigten in der Times vom 16. Juni erwähnt der Chinchas gar nicht, gibt damit deren Erschöpfung zu und spricht nur von anderen Lagern, deren Werth per Tonne in dieser Entgegnung selbst zur Hälfte des Chinchaguanos angegeben wird. Der Bezug von ächtem Peruguano wird daher bald sein Ende erreicht haben. (Württembergisches Wochenblatt für Land- und Forstwirtschaft, 1869, Nr. 26.) Berichtigungen. In dem Aufsatz über eine neue Schienenprüfungsmethode im vorhergehenden Heft (erstes Augustheft) S. 181 soll es heißen: Seite 182, Zeile 20 von oben: Touren statt „Umgängen;“ Seite 184, Zeile 17 und 18 von oben, ist statt „sechsmal“ und „6jährigen“ zu lesen „sechs Zehntelmal und „0,6jährigen.“ (Die unveränderten Angaben würden unter der Voraussetzung gelten, daß die Räderzahl der Probirmühle auf das Zehnfache gesteigert werden könnte.)