Titel: Ueber die Veränderungen welche die Steinkohlen beim Lagern an der Luft erleiden; von Dr. F. Richters, an der Bergschule zu Waldenburg.
Autor: F. Richters
Fundstelle: Band 195, Jahrgang 1870, Nr. CXXII., S. 449
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CXXII. Ueber die Veränderungen welche die Steinkohlen beim Lagern an der Luft erleiden; von Dr. F. Richters, an der Bergschule zu Waldenburg. (Fortsetzung von S. 331 des vorhergehenden Heftes) Richters, über die Veränderungen welche die Steinkohlen beim Lagern an der Luft erleiden. II. Die Ursachen der Selbstentzündung der Steinkohlen. Eine höchst eigenthümliche Erscheinung ist die Selbstentzündung der Steinkohlen, welche bekanntlich dann nicht selten eintritt, wenn dieselben in großen Massen zusammengelagert der Einwirkung der Atmosphärilien ausgesetzt sind. Die Neigung sich freiwillig zu entzünden, ist nicht bei allen Kohlen in gleichem Maaße vorhanden; manche können Jahre lang in größeren Haufen lagern, ohne sich nur bemerkbar zu erwärmen, während andere unter gleichen Umständen trotz allen, freilich nicht selten übel genug gewählten Vorsichtsmaßregeln, in kürzester Frist zum Brennen gelangen. Ueber die Ursachen der Selbstentzündung herrschen verschiedene, zum Theil irrthümliche Ansichten, deren Widerlegung sich schon deßwegen empfiehlt, weil sie häufig bestimmend sind für die Wahl der Mittel, durch die man der Entzündung der Kohlen vorzubeugen sucht. Gewöhnlich werden die Ursachen derselben zurückgeführt auf eine Zersetzung der Kohlen, die man häufig mit dem Vermoderungsproceß vegetabilischer Substanzen, z.B. feuchten, fest aufgeschichteten Heues (von dem man weiß, daß es sich gleichfalls freiwillig zu entzünden vermag) vergleicht; auch spielen zuweilen entzündliche Gase, welche sich in Folge jener Zersetzung entwickeln sollen und denen man durch die später zu erwähnenden Lutten Abzug verschaffen zu müssen glaubt, in den betreffenden Theorien eine große Rolle, ebenso wie „Druck,“ „Gährung“ und derartige schwer definirbare Factoren mehr. Eine „Zersetzung“ im Sinne der oben gedachten Vorstellung erscheint im höchsten Grade unwahrscheinlich; die Kohle ist das Product der langsamen Vermoderung der Holzsubstanz, d.h. eines bei gänzlichem oder theilweisem Abschluß der Luft verlaufenden Umsetzungsprocesses derselben. Daß sich dieser letztere plötzlich bis zur Selbstentzündung steigern sollte, wenn die Kohlen mit der Luft in Berührung kommen, ist ganz undenkbar, sicher dagegen und nachweisbar ist, daß in diesem Falle eine allmähliche Oxydation gerade derjenigen Bestandtheile der Steinkohlen eintritt, welche sich nur unter Ausschluß der Luft gebildet haben können. Eine Bildung leicht entzündlicher Gase als Folge einer fortdauernden Zersetzung findet bei Zutritt der Luft weder bei gewöhnlicher noch bei höherer Temperatur (circa 190° C.) statt, mag die Kohle trocken oder feucht seyn.Wenigstens vermochte ich dieselbe ebenso wenig zu constatiren, wie Barrentrapp bei seinen Versuchen. Wenn sich, wie Marsilly Polytechn. Journal Bd. CXLIX S. 128. beobachtete, aus einem unter einer Glasglocke befindlichen Stück Steinkohle brennbare Gase entwickelten, so waren diese unzweifelhaft bereits fertig in der Kohle enthalten und wurden allmählich aus derselben durch die Luft verdrängt. Da aber diese Gase in keinem Falle selbst entzündlich sind, so können sie auch keine freiwillige Entzündung der Kohlen herbeiführen, wie von manchen Seiten angenommen wird. Eine bessere Berechtigung als die erwähnte hat diejenige Ansicht, welche die nächste Ursache der Selbstentzündung in den Schwefelkiesen sucht, die in keiner Steinkohle ganz fehlen; in der That ist deren Oxydation der einzige beim Lagern der Kohlen stattfindende und von einer Wärmeentwickelung begleitete Proceß, welcher durch die mit ihm verbundene Substanzveränderung sogleich in die Augen fällt. Wenn ich auch weit entfernt bin, den Einfluß der Schwefelkiese auf die spontane Entzündung der Kohle geradezu läugnen zu wollen, so glaube ich doch, daß dieselben in den meisten Fällen nur von untergeordneter Bedeutung sind. Zur Begründung dieser Annahme möchte ich darauf hinweisen, daß 1) die schwefelreichsten Kohlen keineswegs immer diejenigen sind, welche am meisten zur freiwilligen Entzündung neigen; man scheint aus der Disposition zur Selbstentzündung ohne weiteres auf einen großen Gehalt an Schwefelkies geschlossen zu haben, ohne sich um die analytische Feststellung desselben viel zu kümmern. 2) Sind die Kiese in den Steinkohlen gewöhnlich in viel zu geringer Menge enthalten, um eine Entzündung der letzteren selbst unter den für die Hypothese günstigsten Voraussetzungen erklären zu können. Nehmen wir nämlich an, daß die bei der Oxydation des als FeS² vorhandenen Schwefelkieses freiwerdende Wärmemenge gleich sey der Verbrennungswärme der resp. Mengen Schwefel und Eisen,Nach Dulong ist die Verbrennungswärme eines zusammengesetzten Körpers gleich der Summe der Wärmemengen seiner Bestandtheile, während dieselbe nach Kopp um so viel geringer ist als Wärme bei seiner Bildung frei wurde. Die bei der Oxydation des Schwefelkieses frei werdende Wärmemenge ist wohl etwas bedeutender wie oben berechnet, da 1) sich nicht wie bei der Verbrennung von Eisen und Schwefel, Fe³O⁴ und SO², sondern Fe²O³ und SO³ bildet, 2) ein Theil der Schwefelsäure mit den anderen Aschenbestandtheilen der Kohle in Verbindung tritt, und 3) endlich die schwefelsauren Salze Constitutions-resp. Krystallwasser aufnehmen. Da es uns indessen an einer sicheren Grundlage zur Bestimmung der durch diese Processe frei werdenden Wärmemenge fehlt, so glaubte ich von derselben um so mehr absehen zu können, als sie einestheils, nach Analogien zu schließen, relativ gering ist, und anderntheils die obige Berechnung selbstverständlich nun ein ungefähres Anhalten gewähren soll. und daß während der Oxydation nicht der geringste Wärmeverlust stattfinde, so berechnet sich die Temperaturerhöhung T nach der Formel T = (W . F + W' . S)/(100 . c) worin W und W' die Verbrennungswärme des Eisens resp. Schwefels (= 1,181 resp. 2307 Calorien), F und S deren procentische Mengen und c die specifische Wärme der Steinkohlen = 0,25 bedeutet. Nun beträgt nach den zahlreichen Bestimmungen Grundmann's der Schwefelgehalt der oberschlesischen Steinkohlen durchschnittlich 0,54 Proc., welchen 0,47 Proc. Eisen entsprechen würden; wir erhalten demnach (1181 . 0,47 + 2307 . 0,54)/(100 . 0,25) = 72,0. D.h. also, wenn sich die angenommenen 1,01 Proc. Schwefelkies Plötzlich und unter Umständen die jeden Wärmeverlust ausschließen, zersetzten, so würde die Temperatur der betreffenden Steinkohlen dadurch um 72° C. steigen. Unter so günstigen Verhältnissen, wie sie hier angenommen sind, findet aber die Oxydation des Schwefelkieses niemals statt. Dieselbe nimmt stets längere Zeit in Anspruch und ist oft nach jahrelangem Lagern der Kohle noch nicht vollendet. Je langsamer aber der Proceß verläuft, um so geringer ist auch die Temperaturerhöhung, da fortwährend und unter sonst gleichen Verhältnissen lediglich nach Maaßgabe der Zeit durch Leitung, Strahlung, Verdunstung etc. Wärme verloren geht. Ich werde im Nachstehenden versuchen, die Selbstentzündung der Steinkohlen auf andere Ursachen als die bisher betrachteten zurückzuführen: Alle Steinkohlen absorbiren Sauerstoff, wenn auch mit verschiedener Intensität. Diese Absorption ist die erste Quelle der Entwicklung von Wärme, die aber so wenig wie die bei der Oxydation des Schwefeltiefes freiwerdende zur Selbstentzündung der Kohlen hinreicht. Dagegen findet hier der bemerkenswerthe und wichtige Unterschied statt, daß in dem ersten Falle die Wärme in viel kürzerer Zeit frei wird, also auf die Temperaturerhöhung von viel wesentlicherem Einflusse ist, als bei der verhältnißmäßig langsam verlaufenden Oxydation der Schwefelkiese. In der vorigen Abhandlung habe ich auf die Factoren aufmerksam gemacht, welche die Absorption beeinflussen; die nachfolgende Zusammenstellung mag zunächst einen Maaßstab für die Größe derselben abgeben. Zu den Versuchen wurden, wie gewöhnlich, 20 Grm. gröblich gepulverte luftrockene, aber mit Feuchtigkeit vollkommen gesättigte, frisch geförderte Kohlen angewandt. Die aufeinander folgenden Zahlen zeigen die jedesmalige Sauerstoffabsorption, welche in 24 Stunden stattfand: I II III IV V Kohle mit5,15 Proc. Wasser Kohle mit5,20 Proc. W. Kohle mit5,25 Proc. W. Kohle mit2,54 Proc. W. Kohle mit3,10 Proc. W.   1) 9 Kub. Cent.   1) 9,1 K. C.   1) 7,2 K. C.   1) 3,0 K. C.   1) 5,0 K. C.   2) 8,2      „   2) 9,0    „   2) 7,0    „   2) 2,8    „   2) 4,7    „   3) 5,0      „   3) 5,6    „   3) 6,3    „   3) 1,5    „   3) 4,0    „   4) 3,4      „   4) 4,0    „   4) 5,0    „   4) 1,5    „   4) 3,8    „   5) 3,0      „   5) 3,6    „   5) 4,6    „   5) 1,5    „   5) 3,8    „   6) 3,4      „   6) 3,0    „   6) 3,9    „   6) 1,4    „   6) 3,5    „   7) 2,4      „   7) 3,0    „   7) 3,9    „   7) 1,2    „   7) 3,1    „   8) 2,7      „   8) 2,8    „   8) 2,8    „   8) 1,2    „   8) 2,9    „   9) 2,7      „   9) 2,6    „   9) 2,9    „   9) 1,0    „   9) 2,6    „ 10) 2,0      „ 10) 2,6    „ 10) 2,4    „ 10) 1,2    „ 10) 2,5    „ 11) 2,0      „ 11) 2,5    „ 11) 2,0    „ 11) 1,0    „ 11) 2,0    „ 12) 2,0      „ 12) 2,3    „ 12) 2,0    „ 12) 0,9    „ 12) 2,0    „ –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––  45,8 Kub. Cent.  50,1 K. C.  50,0 K. C.  18,2 K. C.  39,9 K. C. Da 20 Grm. Kohle luftfrei einen Raum von circa 15 Kub. Cent. füllen, so absorbirte also Kohle 1, 2 und 3 in 12 Tagen mehr als das 3 fache, Kohle 5 mehr wie das 2 1/2 fache und Kohle 4 nicht ganz das 1 1/4 fache ihres Volumens Sauerstoffgas. Für die genaue Bestimmung der Wärmemenge, welche bei jenen Absorptionen frei wird, bietet sich uns kein genügender Anhalt; es handelt sich hier aber auch keineswegs darum, aus derselben unmittelbar die Selbstentzündung der Kohle zu erklären; es genügt vielmehr vollständig, nachzuweisen, daß dieselbe unter günstigen Umständen im Stande ist, die Kohlen bis auf nahezu 100° C. zu erwärmen. Vergleichen wir zu diesem Zwecke das Absorptionsvermögen der Holzkohle mit dem der Steinkohle. In den Pulverfabriken wird die Holzkohle dadurch, daß sie in großen Trommeln mit Bronzekugeln längere Zeit herumgerollt wird, zu einem unfühlbaren Pulver zermalmt. Solche Kohle saugt die atmosphärische Luft, und vorzugsweise das Sauerstoffgas, zwar nicht in größerer Menge wie die unzerriebene, wohl aber mit solcher Begierde an, daß sie sich stark erhitzt und nicht selten entzündet. Nach Saussure absorbirt 1 Volum Buchsbaumkohle 9,25 Vol. Sauerstoffgas. Da sich das Gewicht eines Kubikcentimeters der von Saussure benutzten Kohle zu 0,6 Grm. berechnet, so würde 1 Grm. mithin 15,4 K. C. oder 20 Grm. würden 308 K. C., d.h. etwa die 6fache Menge Sauerstoff absorbiren, wie die oben aufgeführten Kohlen 2 und 3 in 12 Tagen. Diese Sauerstoffabsorption ist nun im Stande, die Kohle bis auf ihre Entzündungstemperatur, welche nach Violette für Schwarzkohlen die bei einer zwischen 432 und 1000° C. liegenden Verkohlungstemperatur dargestellt worden sind, zwischen 400–600° C. liegt, zu erhitzen. Nehmen wir nun an, daß bei einer 6fach geringeren Absorption auch die freiwerdende Wärmemenge um das 6fache geringer sey, so hätte sich also die Temperatur der Kohlen 2 und 3 durch die in 12 Tagen stattgefundene Absorption um 500/6 = 83° C. erhöhen können, wobei wir freilich von jedem Wärmeverlust nach Außen hin absehen müssen. Wenn die Temperatur durch die Absorption bis auf einen gewissen Grad gestiegen ist, so tritt, wie ich gezeigt habe, eine lebhafte chemische Reaction des Sauerstoffes auf die verbrennliche Substanz der Kohle ein. Einerseits ist nun diese Reaction eine neue Quelle der Wärmeentwicklung, andererseits nimmt sie selbst mit der steigenden Temperatur fortwährend an Intensität zu. In dem vorhergehenden ersten Theil der Abhandlung habe ich gezeigt, daß drei verschiedene Kohlen durch 14 Tage lang fortgesetztes Erwärmen bis auf circa 70–80° C. bis 3,6 Proc. an Brennwerth verloren; ganz derselbe Effect läßt sich hervorbringen, wenn die Kohlen nur 2–3 Tage lang auf circa 105° erwärmt werden; in wenigen Stunden endlich treten dieselben Veränderungen ein, wenn man die Temperatur bis auf 150° steigert. Berechnen wir theoretisch die bei der Kohle 2 während des 14tägigen Erwärmens freigewordene Wärmemenge, so erhalten wir: Es wurden oxydirt zu Kohlensäure 1,76 Proc. C = 140 Calorien  „        „          „       „  Wasser 0,16 Proc. H =   55 Calorien  „        „     aufgenommen Sauerstoff, als zur Bildung          gebunden bleibenden Wassers dienend          angenommen 2,12 Proc. =   91 Calorien, ––––––––––––––––– 286 Calorien, d.h. pro Pfund Kohle wurden 286 Wärmeeinheiten frei; hätten diese lediglich zur Erwärmung der Kohle gedient, so würde deren Temperatur um 1100° C. gestiegen sein, oder richtiger, die Kohle würde bis weit über ihre Entzündungstemperatur erhitzt worden und also zum Brennen gekommen seyn. Aehnlich wie in dem ersten Theil der Abhandlung, unterscheide ich auch hier, wo es sich speciell um die Erklärung der Selbstentzündung der Kohle handelt, die Absorption von der eigentlichen Oxydation; erstere, als die nächste Ursache des Freiwerdens von Wärme, leitet gewissermaßen den Proceß ein, und erst wenn die Temperatur bis auf einen gewissen Grad gestiegen ist, tritt die Oxydation der Kohle mit stetig zunehmender Lebhaftigkeit ein, bis endlich eine Entzündung derselben stattfindet. Hiernach ist klar, daß alle Bedingungen welche die Lebhaftigkeit der Absorption und die nöthige Zufuhr des Sauerstoffes begünstigen, einer Zerstreuung der Wärme aber entgegenwirken, beschleunigend auf die endlich bis zur Selbstentzündung gesteigerte Temperaturerhöhung wirken müssen. Es kommen in dieser Beziehung aber zunächst und ganz besonders in Betracht: 1) Die Flächenanziehung der Kohle; je größer dieselbe ist, um so schneller tritt auch unter sonst gleichen Verhältnissen die Temperaturerhöhung ein; ist dieselbe sehr gering, so kann der während einer gewissen Zeit eintretende Verlust an Wärme der Menge der entbundenen gleichkommen und es wird daher unter solchen Umständen keine Temperaturerhöhung eintreten, die wesentlichste Bedingung für den raschen Verlauf des nachfolgenden Oxydationsprocesses fehlt also in diesem Falle. 2) Werden gleichfalls alle übrigen Verhältnisse welche mittelbar beschleunigend auf die Absorption des Sauerstoffes wirken, von Einfluß seyn; ich rechne dahin zunächst die Zertheilung der Kohle. Kleinkohle bietet der Luft eine größere Oberfläche dar, als Stückkohle; die erstere wird daher auch rascher absorbiren, sich folglich auch stärker erwärmen als die letztere. – Auch die sogen. Structur der Kohle (falls dieselbe nicht, wie bei den betreffenden Versuchen, durch vorherige Pulverung aufgehoben ist), kommt hier wesentlich in Betracht. Ein Stück milde Schiefer- oder Blätterkohle, welche von Absonderungsflächen und sonstigen porösen Hohlräumen reichlich durchzogen ist, absorbirt rascher, als ein Stück feste Pech- oder Glanzkohle von derselben Größe und Flächenanziehung. Je compacter daher eine Kohle ist, im Allgemeinen, je mehr StückeNach der hier gebräuchlichen Bezeichnung versteht man unter Stückkohlen die über 1140 Kub. Cent. (= 64 Kubikzoll), unter Würfeln die zwischen 1140 und 30 K. C. großen Bruchstücke. und Würfel sie bei der Förderung gibt, um so langsamer wird auch bei sonst gleicher Zerkleinerung und Flächenwirkung die Absorption vor sich gehen. 3) Lagert die Kohle nicht in großen Haufen, so wird die durch die Absorption entbundene Wärme rasch zerstreut werden, also nicht wesentlich zur Temperaturerhöhung beitragen. 4) Von welch wesentlichem Einflusse alle Umstände sind, welche auf einen Ersatz des verbrauchten Sauerstoffes hinwirken und einen sich in bestimmten Grenzen haltenden, wenn auch in örtlicher Beziehung beschränkten Luftwechsel gestatten, möge folgende Berechnung zeigen: Die niederschlesische Kleinkohle hat aufgeschüttet durchschnittlich ein specifisches Gewicht von 0,91, luftfrei ein solches von etwa 1,3. Die aufgeschüttete Kohle enthält daher 30 Volumprocente Luft eingeschlossen, oder ein Kubikfuß enthält 0,7 Kubf. luftfreie Kohle und 0,3 Kubf. Luft mit 0,063 Kubf. Sauerstoff. Eine Kohle wie die oben sub I aufgeführte absorbirt aber in 12 Tagen mehr als ihr 3faches Volumen Sauerstoff; dieß ist ungefähr die 33 fache Menge des ursprünglich mit der aufgeschütteten Kohle eingeschlossenen, und es mußte daher, wenn es allein während der ersten 12 Tage des Lagerns nicht an Sauerstoff fehlen soll, das eingeschlossene Luftvolumen 33mal ersetzt werden. In vielen Gegenden ist es gebräuchlich, durch die Kohlenhalden sogen. Lutten, d.h. viereckige, aus lose zusammengefügten Bretern gebildete Holzcanäle von etwa 1–3/4 Fuß Durchmesser zu legen. Diese Canäle können nur den Zweck haben, die Wärme zu zerstreuen, indem sie bei geeigneter Anzahl eine größere Halde gleichsam in mehrere kleine theilen; sie wirken aber andererseits bei ihrer mehrentheils mangelhaften Beschaffenheit entschieden nachtheilig. Jeder Grubenbetriebsbeamte, der mit leicht entzündlichen Kohlen zu thun hat, weiß daß die Entzündung da beginnt, wo die fast immer undichten Lutten und die Kohlen sich berühren, oder, was dasselbe sagen will, da wo sich bei gleichzeitigem Austrocknen der Kohle die entsauerstoffte Luft durch sauerstoffhaltige am ehesten wieder ersetzt. Die Lutten können nur dann ihren Zweck erfüllen, wenn sie durchaus dicht gefugt sind und die Kohlenhalde in ihrer ganzen Länge oder Höhe durchziehen. Sobald sie in Folge mangelhafter Construction oder unzweckmäßiger Anwendung einen Luftwechsel im Inneren der Halde begünstigen, sind sie entschieden nachtheilig. Ich habe die übrigens von vielen Praktikern getheilte Ueberzeugung, daß die Selbstentzündung der Kohlen viel wirksamer durch ein möglichst dichtes Schütten und durch gänzliche Beseitigung der Lutten, als durch Anwendung derselben in ihrer jetzigen Beschaffenheit vermieden werden kann. Die Feuchtigkeit kann unter gewissen Umständen die Selbstentzündung der Kohle befördern, unter anderen dieselbe hemmen. Enthält die Kohle viel Schwefelkies, welcher sich nur unter Mitwirkung des Wassers zersetzt, und ist ihr Absorptionsvermögen überdieß ein sehr geringes, so kann die durch die Oxydation des Kieses freiwerdende Wärmemenge größer seyn, als die durch die Absorption des Sauerstoffes entbundene. Eine solche Kohle wird sich also unter dem Einflusse der Feuchtigkeit rascher zersetzen, resp. sich leichter freiwillig entzünden, als im trockenen Zustande. Findet aber das Gegentheil statt, ist der Schwefelgehalt ein relativ geringer, das Absorptionsvermögen dagegen ein bedeutendes, so wird die Entzündung der Kohle beim Austrocknen am ehesten eintreten, zumal die Absorption durch dasselbe so ungemein befördert wird. Nachstehend charakterisire ich kurz die Kohlen des hiesigen Revieres hinsichtlich ihrer größeren oder geringeren Neigung zur Selbstentzündung, wie solche sich durch langjährige Erfahrung der betreffenden Grubenbeamten ergeben hat. Ich unterscheide in dieser Beziehung drei Classen von Kohlen, nämlich: erstens schwer entzündliche, bei denen Haldenbrände bis jetzt nicht beobachtet sind; zweitens solche von mittlerer Entzündlichkeit, bei denen Haldenbrände zwar vorkommen, aber immerhin zu den verhältnißmäßig seltenen Erscheinungen gehören; drittens leicht entzündliche, die sich fast regelmäßig freiwillig entzünden, sobald sie zu größeren Halden aufgeschüttet werden. Um die Uebereinstimmung der im Vorhergehenden aufgestellten Gesichtspunkte mit den praktischen Erfahrungen zu zeigen, theile ich ferner mit: 1) den durchschnittlichen Schwefelgehalt der betreffenden Kohlen; 2) die Flächenanziehung derselben, d.h. die Menge des hygroskopischen Wassers, welche sie aus einer bei 15° C. gesättigten Atmosphäre aufzunehmen vermögen; 3) die physikalische Beschaffenheit bezüglich der Cohärenz und Festigkeit der Kohlen, für welche mit einzelnen Ausnahmen die Menge der bei der Förderung, fallenden Stücke als Maaßstab dienen kann. I. Classe. (Schwerentzündliche Kohlen.) Carl-Georg-Victor-Grube. Milde leicht zerreibliche Schieferkohlen, ohne Stücke, mit 1,13 Proc. FeS² und 2,54 Proc. Wasser. Glückhilfgrube. Sehr feste und stückreiche (38 Proc.) Glanz- und Schieferkohle mit ziemlich viel schwefelkiesreichen Mitteln. Die reine Stückkohle ist schwefelkiesarm (1,01 Proc.), die Kleinkohle welche zum großen Theil verwaschen wird, schwefelkiesreicher, 3,04 Proc. – Hygroskopisches Wasser = 2,75 Proc. Friedenshoffnunggrube. Sehr stückkohlenreich (33 Proc.), der vorigen ähnlich. FeS² = 1,51 Proc.; hygrosk. Wasser = 3,90 Proc. II. Classe. (Kohlen von mittlerer Entzündlichkeit.) Fuchsgrube. Feste Schiefer- und Glanzkohle mit etwa 30 Proc. Stücken. FeS² = 1,20 Proc.; Wasser = 4,50 Proc. – Haldenbrände kommen selten vor, gehören aber keineswegs zu den unbekannten Erscheinungen. Segen-Gottes-Grube. Harte, aber sehr spröde Kohle mit nur etwa 10 Proc. Stücken, aber vielen Würfeln. FeS² = 1,08 Proc; Wasser = 4,55 Proc. Brände sind keineswegs unbekannt, kommen aber nicht gerade häufig vor. Cäsargrube. Ziemlich milde Kohle mit 4,75 Proc. Feuchtigkeit und 1,15 Proc. FeS². Verhält sich, so viel ich in Erfahrung bringen konnte, der vorigen ähnlich. III. Classe. (Leichtentzündliche Kohlen.) Gustavgrube. Die Kohle ist derjenigen der benachbarten Carl-Georg-Victor-Grube äußerlich sehr ähnlich, sie gibt wie diese keine Stücke, enthält 1,12 Proc. FeS², aber 4,85 Proc. (vergl. oben) Feuchtigkeit. Luisengrube. Ziemlich milde Schieferkohle, mit wenig Stücken und Würfeln. 1,00 Proc. FeS² und 9,01 Proc. (!) Wasser. Eingezogenen Mittheilungen zufolge soll dieselbe außerordentlich leicht entzündlich seyn. Die obigen Angaben beziehen sich indessen, wie ich ausdrücklich bemerke, nur auf ein einziges Stück, welches ich vor Kurzem aus der gegenwärtig abgebauten Grube erhielt. Graf Hochburg-Grube. Ziemlich weiche Schieferkohle mit wenig Stücken (2–5 Proc.), 0,83 Proc. FeS² und 5,30 Proc. Feuchtigkeit. Morgen- und Abendsterngrube. Der vorigen ähnlich, wenig oder gar keine Stücke, 1,35 Proc. FeS² und 4,85 Proc. Wasser. Unter den verschiedenen Flötzen der Grube zeichnet sich das sogen. Harteflötz durch die große Selbstentzündlichkeit seiner Kohle aus. Letztere ist sehr rein und schwefelarm, sie enthält nur 2,5 Proc. Asche und 0,84 Proc. FeS², dagegen 5,52 Proc. hygrosk. Wasser. Aus dem Vorstehenden ergibt sich: Zu den notorisch schwer entzündlichen Kohlen gehören theils milde und weiche Blätter- und Schieferkohlen, theils harte und feste Glanzkohlen, die zum Theil ziemlich reich an Schwefelkies sind. Sie sind sämmtlich ausgezeichnet durch eine geringe Flächenanziehung. Die Kohlen der zweiten Classe sind mit Ausnahme derjenigen der Cäsargrube hart und fest, mit bedeutendem Stückkohlen- oder Würfelfall. Ihre Flächenanziehung ist ebenso wie der Gehalt an Schwefelkies ein mittlerer. Die leicht entzündlichen Kohlen der dritten Classe sind ausnahmlos milde Kohlen (zum Theil mit geringem Schwefelkiesgehalt) mit sehr bedeutender Flächenanziehung; in ihnen vereinigen sich daher die wesentlichsten Bedingungen, von welchen ich im Vorangegangenen die Selbstentzündung abhängig gemacht habe. (Der Schluß folgt in einem der nächsten Hefte.)