Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 195, Jahrgang 1870, Nr. , S. 202
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Miscellen. Miscellen. Lyall's Webstuhl mit bestimmter Schützenbewegung. Ueber Lyall's Webstuhl wurde in diesem Journal Bd. CXCIV S. 99 (zweites Octoberheft 1869) ausführlich Bericht erstattet. Das American Institute in New-York hat kürzlich diese Construction mit der goldenen Ehrenmedaille prämiirt. Diese Preisertheilung ist die erste dieser Art, deren Werth nach folgendem Auszuge aus den Preisreglements beurtheilt werden muß: „Der höchste Preis irgend einer Ausstellung besteht in der Ertheilung der großen Ehrenmedaille, welche nur auf neue und nützliche Erfindungen ertheilt werden kann, oder auf ein neues und höchst nützliches Bodenproduct, welches nie zuvor zur Ausstellung gelangte. Diese Auszeichnung soll nur dem Urheber der Erfindung oder eines solchen Productes zuerkannt werden. Es soll die große Ehrenmedaille die höchste Anerkennung bezeichnen, weßhalb sie auch nur zu ertheilen ist, wenn der praktische Werth der Erfindung oder des Bodenproductes jenen aller bisher bekannten oder zu gleichen Zwecken hergestellten übertrifft.“ (Engineering, November 1869, S. 360.) Verbesserungen an Papiermaschinen. a) Neue Walzen für die Naßpresse. In der Naßpresse einer Papiermaschine wird das Papier, indem es von endlosen wollenen Tüchern (Filzen) unterstützt zwischen Metallwalzen durchgeht, großentheils von dem noch enthaltenden Wasser befreit und selbst verdichtet. Dagegen wird der Einwand erhoben, daß bei Durchgang des Papieres zwischen solchen Walzen der Druck auf dasselbe allzu kräftig wirken, dasselbe verdünnen und die Elasticität der Fasern wesentlich gefährden muß. Auch das Filztuch wird zwischen den zwei Metallwalzen zu stark angegriffen und schneller abgenutzt. Diese Uebelstände sollen (nach dem Patent, welches sich Robert Craig, Newbattle Papierfabrik, bei Dalkeith, für England ertheilen ließ) behoben werden, wenn die mit Filztuch bekleidete Druckwalze aus einem Material hergestellt oder mit einem solchen überzogen wird, welches einen geringen Grad von Elasticität besitzt, wo dann bei gleichbleibendem, zur Entwässerung nöthigen Druck das Filztuch bedeutend geschont wird und das Maschinenpapier selbst von besserer Qualität ist. Die Art der Herstellung der neuen Preßwalze wird nachstehend angegeben. Auf die gewöhnliche Walze wird eine Lage von Kautschuk aufgestrichen und so weit erhärten gelassen, bis diese Schicht an dem Metallkörper genug anhaftet; hierauf wird eine zweite Lage, und zwar von vulcanisirtem Kautschuk aufgetragen, wobei also die äußere Schichte weicher und elastischer ausfällt. Bei derart zubereiteten Walzen haftet der Kautschuküberzug dauernd und die Vortheile ihrer Anwendung lassen sich am Papier sowohl als an der längeren Verwendbarkeit der Filztücher erkennen. (Mechanics' Magazine, September 1869, S. 225.) b) Ibotson's Knotenfänger. Bei diesem von den Ingenieuren Tidcombe und Sohn in Watford (England) construirten Knotenfänger passirt der Papierzeug mehrere Canäle, deren Böden in der bekannten Art gebildet sind, so daß die feinen Fasern durch die Knotenplatten nach der Papierform gelangen können. Ein kleiner Theil des Zeuges, dann der dickere, die Knoten und Unreinigkeiten werden aber abgeleitet und verdünnt mit einem Theil des von dem Formsieb abfließenden Wassers in einen zweiten Knotenfänger gebracht, welcher vor oder unter dem ersten aufgestellt wird. In Folge der größeren Verdünnung der Masse Passiren die Papierfasern leichter die Spalten des Bodens, während die gröberen Theile, wie Knoten etc. zurückgehalten werden. Zeitweilig wird der zweite Knotensänger behufs der Reinigung abgestellt und der Abfluß vom ersten Apparat zur Zeugbütte geleitet, wohin auch der sehr verdünnte Papierzeug vom zweiten Apparate gelangt.Man vergleiche: Amos, Verbesserung am Knotenfänger der Papiermaschinen, polytechn. Journal Bd. CLXXI S. 120. Unserer Quelle nach soll ein Fabrikant von Zeitungspapier in England durch die Einführung dieses Knotenfängers das Pfund Papier um 1/4 Pence an Werth erhöht finden. (Engineer, December 1869, S. 415.) Ueber Erhitzen der Lösungen von Salzen etc. auf ihren Siedepunkt mittelst Wasserdampfes von 100° C.; von Peter Spence. Vor zwölf bis fünfzehn Jahren war der Verfasser veranlaßt, größere Massen von Flüssigkeiten auf die Temperatur von 108,8° C. (228° Fahr.) zu erhitzen, um mittelst einer längere Zeit fortgesetzten Digestion aus Thonerde enthaltenden Mineralien diese Erde in Form von schwefelsaurem Salz zu extrahiren. Da bei seinen Calculationen die Zeit ein wichtiger Factor war, so ging sein Streben hauptsächlich dahin, die Erhitzung der Flüssigkeiten möglichst rasch zu bewirken; da diese aber freie Säure enthielten, so konnten nur Bleigefäße angewendet werden, und da solche an den Berührungsstellen mit dem Feuer mit einem eisernen Mantel versehen werden mußten, so war das Erhitzen eine sehr zeitraubende Operation. Zur Vermeidung dieses Zeitverlustes construirte der Verfasser ein Digerirgefäß, in welchem die Temperatur durch Injiciren von Wasserdampf aus einem Dampfkessel in die Flüssigkeitsmasse rasch auf 100° C. gesteigert werden konnte. Sobald dieser Punkt erreicht war, sperrte er den Dampf ab und ließ das äußere Feuer allein wirken, um die Temperatur auf die noch erforderlichen 8,8° C. zu steigern und auf 108,8° (228° Fahr.) zu erhalten; er ging nämlich von der Ansicht aus, daß wenn man nach der Erreichung einer Temperatur von über 100° C. noch weiter Dampf zuließe, dieser abkühlend wirken und das Erhöhen der Temperatur verhindern würde. Dieses combinirte Verfahren erwies sich als ganz erfolgreich und leistete eine Zeit lang seine Dienste, indem es, wie der Verfasser glaubte, mit seiner Theorie übereinstimmend wirkte; später erregten jedoch mehrere Umstände bei ihm Zweifel an der Richtigkeit seiner Anschauungsweise. Er fand nämlich daß, wenn in Folge einer Unachtsamkeit nach Eintritt der höheren Temperatur sowohl der Dampf als die Digestorfeuerung fortwirkten, jene Temperatur sich dennoch auf ihrer Höhe hielt. Er beobachtete ferner zu seinem Erstaunen, daß wenn das Feuer so vernachlässigt wurde, daß es offenbar nutzlos blieb, die Temperatur, anscheinend in Folge der Wirkung des Dampfes allein, sich genügend hoch erhielt. Diese letztere Beobachtung veranlaßte den Verfasser, den Gegenstand im Laboratorium näher zu prüfen, was in folgender Weise geschah. In der Ueberzeugung, daß die fragliche Erscheinung mit dem hohen Siedepunkte seiner Flüssigkeiten in Zusammenhang stehe, brachte er eine bei hoher Temperatur (etwa 121° C.) siedende Salzlösung (eine Lösung von salpetersaurem Natron) in ein mit einem Mantel versehenes Gefäß und ließ in den zwischen beiden befindlichen leeren Raum Dampf eintreten, bis die Temperatur der Lösung auf etwa 100° C. gestiegen war; hierauf wurde der Dampf abgesperrt, ein offenes Rohr in die Lösung eingesenkt und Dampf aus derselben Quelle direct in die Flüssigkeit geleitet; wenige Secunden darnach stieg das Quecksilber im Thermometer langsam, aber stetig von Minute zu Minute, bis die Temperatur 121,1° C. erreicht hatte. Dieser Versuch erklärte die mit dem Digestor erhaltenen Resultate vollständig und war für den Verfasser von sehr großem praktischen Werthe. Er ließ die directe Feuerung bei seinen Gefäßen, welche nicht nur großen Zeitverlust und viel Arbeit verursachte, sondern auch in Folge von Zerstörung der Gefäße einen jährlichen Verlust von vielen hundert Pfund Sterling verursachte, ganz wegfallen und benutzte von nun an nur Dampf zur Erhitzung. Als eine Bestätigung der Theorie, welche das anscheinende Paradoxon zu erklären scheint, betrachtet der Verfasser die Beobachtung, daß die Temperaturen seiner Lösungen genau im Verhältnisse zu ihrem specifischen Gewichte stehen und keine Beziehung zu der Temperatur des Dampfes haben, welche niemals 100° C. übersteigt. Je höher das specifische Gewicht seiner sauren Lösungen, desto höher ist ihr Siedepunkt, und deßhalb wird, welchen Siedepunkt eine wässerige Salzlösung auch haben mag, dieselbe durch Dampf von 100° C. bis ganz (oder nahezu) auf ihren Siedepunkt erhitzt werden. (Chemical News, vol. XX p. 255; November 1869.) Verfahren zum Ueberziehen metallener Gegenstände mit Kupfer; von G. J. Hinde in Wolverhampton. Nachdem die Gegenstände sorgfältig gereinigt sind, werden sie in eine geschmolzene Mischung getaucht, welche auf 5–6 Theile Zink 1 Theil Kupfer enthält. Nach kurzer Zeit werden sie herausgenommen, das Zink in einer Muffel abdestillirt und der zurück bleibende Ueberzug von Kupfer polirt. – Patentirt in England am 26. Februar 1869. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin. 1869, Nr. 15.) Reinigen des zum Bierbrauen dienenden Wassers. Organische Substanzen im Brauwasser sind bekanntlich böse Gäste. Zur Beseitigung derselben hat man mit Erfolg das übermangansaure Kali angewendet. Leichter und vielleicht mit noch besserem Erfolge wird man sich wohl des von Thomas Spencer vorgeschlagenen schwarzen Eisenoxydes bedienen. Man erhält dasselbe, indem man gepulverten Rotheisenstein (Blutstein) mit Sägespänen mengt und in einem Tiegel erhitzt. Es genügt, ein unreines Wasser rasch durch eine einige Zoll dicke Schicht solchen gröblich gepulverten Eisenoxydes durchsickern zu lassen, um die organischen Beimengungen so vollständig zu beseitigen, daß das Wasser eine übermangansaure Kalilösung nicht mehr entfärbt. Solche Filter mit schwarzem Eisenoxyd sind bereits seit 7 Jahren in Gebrauch, ohne daß ihre Wirksamkeit verloren gegangen ist. Diese Wirkungsweise des schwarzen Eisenoxydes ist noch nicht chemisch aufgeklärt. (Der Bierbrauer, 1869, Nr. 8.) Ueber die Prüfung der Oele auf einen Säuregehalt; von Alwin Rümpler, Agriculturchemiker. Zur Prüfung der Oele auf einen Säuregehalt gieße ich in ein Reagensglas ungefähr 1 Zoll hoch ziemlich concentrirte Sodalösung, die aus chemisch reiner, krystallisirter Soda bereitet seyn muß, weil eine geringe Menge Aetznatron, welches in nicht krystallisirter Soda enthalten seyn kann, in jedem Oele eine Emulsion hervorruft. Auf diese Sodalösung gieße ich ungefähr eben so viel des zu prüfenden Oeles, schüttle tüchtig und stelle das Gläschen einige Minuten hin. Ist das Oel säurefrei, so wird dasselbe nach oben steigen und sich als Schicht über der Sodalösung ansammeln; ist dasselbe aber säurehaltig, so bildet sich sogleich eine weiße schmierige Emulsion, die höchstens eine Schicht von wenig Tropfen oben ablagert. Bei starkem Säuregehalt wird die Emulsion so consistent, daß man das Gläschen umkehren kann, ohne daß etwas herausfließt. Sehr verschärft wird die Reaction dadurch, daß man nach dem Schütteln etwas concentrirte Kochsalzlösung in das Gläschen gießt und wieder ein wenig schüttelt; es sammelt sich dann nämlich das Oel, resp. die Emulsion bedeutend rascher auf der Oberfläche an, als dieß ohne Kochsalzlösung geschieht. Besonders auffällig ist die Reaction, wenn man 1 Zoll hoch Sodalösung mit 1/2 Zoll hoch säurefreiem Rüböl schüttelt, darauf 1/2 Zoll hoch nicht säurefreies Rüböl zugießt und wieder schüttelt; nach dem ersten Schütteln erhält man, wie aus Obigem hervorgeht, eine klare Abscheidung von Oel, nach dem zweiten Schütteln augenblicklich eine Emulsion Ich glaube den Besitzern von Maschinen, sowie den Fabrikanten von Maschinenölen einen Dienst zu leisten, indem ich meine Methode veröffentliche, da dieselbe einestheils von Laien sehr leicht ausgeführt werden kann und anderentheils bedeutend sicherer ist und rascher zum Ziele führt, als die gewöhnliche Probe mit Messingblech. Ein Oel, welches nach meiner Methode noch eine Emulsion gibt, wird auch stets auf blankem Messing grün, wenn auch erst nach einigen Tagen. Uebrigens bemerke ich noch beiläufig, daß ich bisher kein vegetabilisches Maschinenöl gefunden habe, welches die beschriebene Probe aushält, mit Ausnahme von dem, welches ich mir selbst nach einer von mir entdeckten Methode dargestellt habe. Es ist möglich, daß viele von diesen Oelen ursprünglich säurefrei waren, sich aber bei längerem Lagern in den Fabriken oder Handlungen zersetzt haben, d.h. daß sie ranzig geworden sind; manche sind auch nach Methoden dargestellt, nach denen die Säure nur in der Illusion des Käufers entfernt wird, z.B. durch Kochen mit Wasser. (Deutsche Industriezeitung, 1869, Nr. 46.) Ueber Bereitung von Dinitronaphtol, einem gelben Farbstoffe aus dem Naphtalin; von L. Darmstädter und H. Wichelhaus in Berlin. Ungefähr gleiche Gewichtstheile von Naphtalin und concentrirter Schwefelsäure werden so lange zusammen auf 100° C. erhitzt, bis der größte Theil des Naphtalins in Sulphonaphtalinsäure verwandelt ist. Die wässerige Lösung der letzteren wird mit einem Alkali neutralisirt. Die so erhaltenen sulphonaphtalinsauren Salze werden zur Trockne verdampft und liefern beim Schmelzen mit einem Alkali Naphtyl-Alkoholverbindungen, aus deren wässeriger Lösung verdünnte Säuren krystallinisches Naphtol (Naphtylalkohol) abscheiden. Zu dem in etwa einem gleichen Gewicht concentrirter Schwefelsäure aufgelösten Naphtol wird hierauf nach und nach verdünnte Salpetersäure gegeben und dabei die Mischung etwas erwärmt. Die Lösung geht durch verschiedene Farben, bis sie zuletzt eine gelbe annimmt. Beim Abkühlen krystallisirt die gelbe Substanz aus der Lösung heraus und ist nach Entfernung der Mutterlauge zum Gebrauch fertig. Man bezeichnet sie mit dem Namen Dinitronaphtylalkohol oder Dinitronaphtol. – Patentirt in England am 12. Januar 1869. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1869, Nr. 15.) Ueber die Anwendbarkeit des Marrons und Vesuvins zum Färben von Elfenbein, Knochen, Leder, verschiedenen Holzarten etc.; von C. Puscher. Die zwei neuen Farbstoffe Marron und Vesuvin werden bekanntlich von Hrn. Knosp in Stuttgart fabricirt und zu verhältnißmäßig niederen Preisen (das Marron zu 12 Thaler per 100 Pfund in Teigform) in den Handel gebracht. Das Marron (Kastanienbraun) ist nach Angabe des Hrn. Knosp das Product der Oxydation der höheren Homologen des Anilins und Toluidins, löst sich in kochendem Wasser und hat sich bereits mit Zugabe von Alaun in der Seiden-, Wollen- und Baumwollenfärberei durch sein vortreffliches Braun, namentlich in Verbindung mit Vesuvin, Eingang verschafft.Man s. die Vorschriften zum Färben mit Marron und Vesuvin im polytechn. Journal Bd. CXCII S. 341 und 427. Hr. Puscher hat deßhalb seine Versuche mit beiden Farbstoffen auf verschiedene Holzarten, Horn, Elfenbein, Knochen, Leder, Papier und Gelatine beschränkt. Für sich allein gibt die warme alaunhaltige Lösung des Marrons auf erwähnten Materialien keine besonders freundlichen braunen Farbentöne; wird jedoch derselben mehr oder weniger eine wässerige Vesuvinlösung zugefügt, so können prachtvolle braunrothe Farben erzielt werden. Namentlich läßt sich damit auf Elfenbein und Knochen nach vorhergegangenem Anheizen mit verdünnter Salzsäure eine sehr billige rothe Farbe hervorrufen, die dem theuern Carminroth nicht nachstehen dürfte. Hölzer aller Art, selbst Tannen- und Föhrenholz, sowie die übrigen aufgeführten Gegenstände, nehmen diese Farbenmischung begierig auf und färben sich je nach Concentration und Mischung in den verschiedensten Nuancen; so lassen sich mit ganz verdünnter Lösung die Farbe des Cedernholzes, mit concentrirter dagegen die Flecken des Schildkrots täuschend nachahmen. Nach den von Hrn. Puscher angestellten Versuchen verliert das Marron in Teigform 78 Procent Wasser. Die trockene Masse hinterläßt beim Ausziehen mit 90procentigem Spiritus 25 Procent Rückstand, welcher etwas arsenige Säure enthält. Wenn dadurch auch ein Pfund des neuen Farbstoffes etwas über einen Gulden zu stehen kommt, so ist dieß den Preisen anderer rother Anilinfarben gegenüber ein so geringer, daß das Marron in den Farbsätzen mit großem Vortheil angewandt werden kann. Das Vesuvin, über dessen Bereitung noch nichts bekannt ist, vereinigt durch seine leichte Löslichkeit in kaltem Wasser und Spiritus, durch seine schöne bräunlichgelbe Farbe, seine große Ergiebigkeit und einfache Methode beim Färben so viele gute Eigenschaften, daß ihm eine ausgedehnte Anwendung für die Zukunft gesichert ist. (Versammlung des Nürnberger Gewerbevereines vom 26. October 1869.) Färberei der Teppichgarne; von E. Wolffenstein. Die ordinären Teppichgarne, welche aus einer geringen Sorte Wolle gesponnen und zu den weniger guten Qualitäten von Teppichen verwendet werden, müssen der Billigkeit des Materiales wegen sehr schnell und billig gefärbt werden. Die gewöhnliche Methode der Garnfärberei, die Docken auf Stangen aufzulegen und umzuziehen, ist für diese Sorte Garne nicht anwendbar, da sie viel zu viel Zeit und Arbeit erfordert. Man hängt vielmehr die einzelnen Docken mit starken Bindfäden locker in einander, wirft die ganze Kette – in der Regel 100 Pfund Garn – in den Kessel, und bewegt sie wie ein Stück Waare einige Male über einen Haspel in der Farbflotte. Je ordinärer die Wolle ist, desto leichter nimmt sie bekanntlich die Farbstoffe auf, so daß 100 Pfund Garn auf die beschriebene Weise zuweilen in einer Viertel- bis einer halben Stunde fertig gefärbt sind. Nach dem Färben wird das Garn in der Kette in einer gewöhnlichen Walzenwaschmaschine (Dolly) wie sie zum Waschen von Stückwaare allgemein gebräuchlich ist (nur in etwas kleineren Dimensionen ausgeführt) in Wasser gewaschen; darauf werden die Bindfäden gelöst und das Garn wird wie gewöhnlich getrocknet. In derselben Waschmaschine wäscht man das Garn vor dem Färben. Diese Methode ist allgemein in England an den Orten gebräuchlich, wo ordinäre Teppiche fabricirt werden, wie Dewsbury, Kidderminster etc. (Musterzeitung für Färberei etc., 1870, Nr. 1.) Olive und Bronze auf Filzhüte. Auf 10 Pfund. Man siedet an mit 1/4 Pfund rothem chromsaurem Kali, 1/4 Pfund Weinstein und 3   Loth Schwefelsäure. Man kocht eine Stunde lang die Hüte im Sud, läßt einen Tag darin liegen und färbt am folgenden Tage, ohne vorher zu spülen, nach bloßem Ausdrücken auf frischem Kessel aus. Für helles gelbliches Bronze kocht man 1/2 Pfund Fisetholz und 2 Pfund        Gelbholz eine Stunde lang mit Wasser aus, bringt die Hüte hinein und hantirt dieselben kochend in der Flotte eine Stunde lang. Nachher dunkelt man in derselben Flotte mit etwas Blauholz nach. Anmerkung. Vielen mag die oben angeführte Quantität Farbmaterial zu gering erscheinen. Dagegen muß man bedenken, daß Fisetholz auf Chromsud sehr intensiv färbt, so daß man für die dunkelsten Bronze-Töne bis zum Havanna nicht mehr als zwei Pfund dieses Holzes auf zehn Pfund Hüte gebraucht. Man kann in derselben Flotte durch Zusatz von Persio und Curcuma alle möglichen Nuancen herstellen; die Farben werden dabei immer voll und lebhaft. Blauholz ist unter allen Umständen zum Abdunkeln sehr zu empfehlen. (A. a. O.) Gallseife für Lappenfärber; von Aimé Fichemot. Um feine seidene Stoffe und Tücher, Bänder etc. zu waschen, bedient man sich einer Galle haltigen Seife, welche für diesen Zweck noch von keinem anderen Stoffe übertroffen wurde. Zur Herstellung dieser Seife erwärme man 1 Pfund Cocosnußöl in einem kupfernen Kessel auf 30° R. und füge unter starkem Umrühren 1/2 Pfund caustische Sodalauge von 30° Baumé hinzu. In einem anderen Gefäße erwärme man 1/2 Pfund weißen venetianischen Terpenthin und rühre diesen dann in die Seife im kupfernen Kessel hinein. Nun bedecke man den Kessel wohl und lasse ihn gelinde erwärmt vier Stunden stehen, mache dann die Masse wieder recht heiß, bis dieselbe klar zerflossen ist, und gebe nun unter gutem Umrühren 1 Pfund Ochsengalle hinzu. Man pulvere dann gute, vollkommen ausgetrocknete Kernseife und rühre davon so viel in die im kupfernen Kessel enthaltene Masse ein, daß dieselbe fest wird und dem Druck des Fingers nur noch wenig nachgibt. Man braucht auf das obige Quantum Gallen-Masse etwa 1–2 Pfund Kernseife. Nach dem Erkalten schneide man die Seife heraus und forme sie zu Stücken. Sie bildet für den Lappenfärber ein unentbehrliches Waschmittel, das selbst die zartesten Farben nicht beeinträchtigen kann. (A. a. O.) Strychnin als Antidot bei Chloral-Vergiftung; von O. Liebreich. Ich hatte Gelegenheit, nach Anwendung des Chloralhydrats die Erscheinungen eines ausgesprochenen Starrkrampfes schwinden zu sehen; da die Wirkung des Strychnins bei Menschen und Thieren sich ebenfalls durch einen Tetanus und Trismus manifestirt, so versuchte ich bei Thieren, denen ich Strychnin gegeben, die giftige Wirkung des letzteren durch Anwendung von Chloralhydrat aufzuheben; in der That gelingt es, selbst bei Darreichung tödtlicher Dosen Strychnins dasselbe unschädlich zu machen. Es ist jedoch dann erforderlich, sofort nach Verabfolgung des Strychnins Chloralhydrat in Anwendung zu bringen, da die Wirkung des letzteren nicht so schnell erfolgt. Sehr günstig stellten sich die Resultate bei Anwendung des Strychnins als Antidot bei Chloral-Vergiftung. Obgleich bis jetzt glücklicher Weise keine Vergiftung mit dieser Substanz bekannt geworden ist, glaube ich, dürfte gerade diese Eigenschaft des Strychnins in praktischen Fällen verwerthbar seyn, in denen es sich darum handelt, die Chloralwirkung zu verkürzen oder unschädlich zu machen. Es wurden zwei Kaninchen von gleichem Gewicht tödtliche Dosen Chloral gegeben; dem ersten, als das Herz nur schwach pulsirte, eine Maximaldose Strychnin; das zweite Thier starb, das erste wachte in verhältnißmäßig kurzer Zeit aus, ohne die Wirkung des Strychnins oder eine sonstige Störung nach dem Erwachen zu zeigen. Am zweiten Tage darauf wurde demselben Thier die Dose Strychnin allein gegeben; nach 10 Minuten starb dasselbe unter den bekannten Erscheinungen. Betreffs der weiteren Versuche verweise ich auf eine demnächst erscheinende ausführlichere Publication. – Mittheilung aus dem chemischen Laboratorium des pathologischen Instituts zu Berlin. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1869, Nr. 18.) Abhängigkeit der Milch von der Art der Fütterung. Ueber die sechste Wanderversammlung deutscher Agricultur-Chemiker zu Halle am 16. und 17. August 1869 enthält das Octoberheft des landwirthschaftlichen Centralblattes einen Bericht, der die vielseitigen praktischen und theoretischen Fragen, die hier behandelt worden, übersichtlich zusammenstellt. Wir entnehmen demselben die Mittheilung des Hrn. Dr. Kühn über Fütterungsversuche, die zu Möckern an 11 Milchkühen angestellt wurden, um den Einfluß der Fütterung aus die Qualität und Quantität der Milch zu ermitteln. „Herr Dr. Kühn spricht zuerst von der Theorie der Milchabsonderung und glaubt, daß diese schon von vornherein eine gewisse Unabhängigkeit der Eigenschaften der Milch von der Fütterung wahrscheinlich mache, da nach den neueren Untersuchungen jene bekanntlich nicht ein Absonderungsproduct im eigentlichen Sinne sey, vielmehr durch einen Zellbildungsproceß in der Milchdrüse erzeugt werde. Seine Versuche haben nun diesen a priori gemachten Schluß völlig bestätigt, und er sey so zu Resultaten gelangt, die mit den Anschauungen, wie sie bei den Praktikern gang und gäbe wären, im crassen Widerspruch ständen. So sey z.B. Grünklee verfüttert worden, mit oder ohne Zusatz von Strohhäcksel, so daß das Verhältniß der stickstoffhaltigen Nährstoffe zu den stickstofffreien von 1 : 2,5 bis 1 : 3,5 geschwankt habe; dabei sey das Verhältniß der Einzelbestandtheile der Trockensubstanz der Milch, also von Fett, Casein, Albumin und Zucker so constant geblieben, als dieß die nicht zu vermeidenden Versuchsfehler irgend hätten erwarten lassen. Dieses Verhältniß der einzelnen Stoffe in der Trockensubstanz der producirten Milch sey somit von der Art der Fütterung unabhängig und nur durch die Individualität des milchenden Thieres bedingt. Ganz dasselbe hat nun Dr. Kühn auch für andere, noch viel abweichender zusammengesetzte Futtergemische gefunden, indem er Heu allein, dann Heu mit Stärke, mit Oel, mit Bohnen, Rapsmehl, Kleie und Kleber fütterte, so daß sogar in einem Falle das Verhältniß der stickstoffhaltigen zu den stickstofffreien Substanzen 1 : 8,1 gewesen. Durch Auswahl von gewissen Futtermitteln sey man daher nicht im Stande, auf den Charakter der Milch einzuwirken, z.B. die Milch fettreicher zu machen, vielmehr müsse man die zu diesem Zwecke eigenthümliche Milchviehrasse auswählen. Wohl vermöge man aber durch geeignete Fütterung auf den Wassergehalt der Milch einzuwirken, so daß es allerdings auf diesem Wege gelingen könne, den absoluten Reichthum der Milch an einzelnen organischen Substanzen, wie z.B. Fett, zu vermehren, aber man vermehre dann immer die anderen Bestandtheile, mit Ausnahme des Wassers, mit.“ Berichtigung. In Ballo's Aufsatz über Naphtalinfarbstoffe im vorhergehenden Heft lese man Seite 83, Zeile 9 von oben, „ein violetter Farbstoff,“ statt „ein blauer.“ In Ballo's erster Mittheilung Bd. CXCIV S. 504 (zweites Decemberheft 1869) soll S. 505 stehen: Textabbildung Bd. 195, S. 208