Titel: Automatische Waage zum Sortiren der Münzplatten, von W. Cotton, Director der englischen Bank, und R. Pilcher, Abtheilungschef der Londoner Münzwerkstätte.
Fundstelle: Band 197, Jahrgang 1870, Nr. XLV., S. 195
Download: XML
XLV. Automatische Waage zum Sortiren der Münzplatten, von W. Cotton, Director der englischen Bank, und R. Pilcher, Abtheilungschef der Londoner Münzwerkstätte. Nach dem Bulletin de la Société d'Encouragement, März 1870, S. 179. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Cotton und Pilcher's automatische Münzwaage. Bekanntlich müssen die Münzplatten vor der Prägung dem sogenannten Justiren unterzogen werden, einer Operation bei welcher man jede einzelne Münzplatte gegen eine Normalplatte abwiegt. Erweist sich unter Berücksichtigung des gesetzlich zulässigen Remediums (Toleranz) die Münzplatte als zu leicht, so muß sie behufs Einschmelzung zurückgelegt werden; findet man die Platte dagegen zu schwer, so wird sie mit einer Feile, der sogenannten Justirfeile, an der Fläche abgestrichen. Diese Operation ist die langwierigste des Münzgeschäftes und erfordert sehr eingeübte Arbeiter, sowohl um dieselbe rasch durchzuführen als auch, damit nicht durch zu starkes Abfeilen ein neuer Theil der Platten unbrauchbar wird. Man hat schon lange diese Arbeit durch mechanische Mittel zu erleichtern versucht und nach dem fachmännischen Ausspruch von E. Dumas entspricht die nachstehend beschriebene automatische Münzwaage von W. Cotton vollkommen ihrem Zwecke. Dieselbe trennt in rascher Aufeinanderfolge zu leichte und zu schwere Silber- oder Goldmünzen von vollgewichtigen und die einzige Aufgabe des Manipulanten besteht darin, die Füllröhre mit frischen, zu untersuchenden Münzplatten zu versehen, von denen pro Minute 23 Stück sortirt werden. Nicht ohne Erwähnung darf es jedoch bleiben, daß Richard Pilcher, Chef der Justirabtheilung der Münzwerkstätte in London, viel zur Verbesserung dieses Apparates beigetragen hat. Die automatische Münzwaage, wie sie in Figur 5 in einer perspectivischen Ansicht dargestellt ist, wobei jedoch, um den Mechanismus zu ersehen, ein Theil des denselben einschließenden Gehäuses abgebrochen gedacht ist, erhält ihren Antrieb von einer an der Decke des Locales gelagerten Welle, welche durch eine kleine atmosphärische Maschine in Umdrehung versetzt wird. Die Bewegung wird auf die Waage mit Hülfe der Schnur A übertragen, welche von der Spannscheibe B zum Wirtel C läuft. C sitzt lose auf einer Welle, welche mit dem Zahnrad E in Verbindung steht. Das Gewicht D ist an dem Ende des Lagerungshebels für die Spannscheibe B angehängt und gerade so bemessen, um den Gang des Apparates zu gestatten. Findet jedoch irgend eine Störung im Betriebe statt, so ist es leicht genug, um ein Gleiten der Schnur auf den Rollen zuzulassen. Behufs der Ingangsetzung rückt man durch eine Schraube eine Frictionsscheibe gegen den Wirtel C – lose auf der Welle – an und bringt dergestalt das Rad E in Umdrehung. Die (aus der Zeichnung jedoch nicht zu entnehmende) Anordnung ist aber so getroffen, daß in Fällen wo sich das Gewicht D allzu schwer zeigt, ein Gleiten der Kuppelungsscheibe d.h. ein Stillstand des Apparates eintritt. Das Rad E leitet durch die Räder F die Bewewegung weiter auf die Herzscheibe G, welche auf den Hebel H und dieser auf die flache Schiene I wirkt, den man oberen Theil der Waage punktirt gezeichnet findet. Durch die Verrückung der Schiebplatte I wird jedesmal von den Münzplatten welche im Fülltrichter J durch das Zuführrohr h anlangen, eine nach der anderen auf die Schale K der Waage gelegt. Sobald dieß geschehen ist, hebt das Excenter L den Hebel n und öffnet durch diesen die Klemme M,Die Klemme M wird durch eine Feder am Hebel n geschlossen und hat den Zweck, die Stange Q rechts zu fassen, indem sonst bei Schiebung der Münzplatten auf die Schale K ein schädlicher Druck auf die Schneiden R ausgeübt und diese bald abgestumpft würden. um die Stange Q mit der Schale K niederzulassen, wobei die Auflage der Pfanne auf die Schneide R am Waagebalken S, S erfolgt. (Figur 6 und 8.) So lange die Klemme M offen ist, hebt das Excenter N die Stange O und damit die Unterlage o für die Drehachse T des Waagebalkens. Die Stange O verzweigt sich am unteren Ende in zwei horizontale, nach links und rechts gehende Arme, welche durch die steigbügelähnlichen Enden P (Fig. 7 und 8) der Stangen Q hindurchgehen. Verfolgt man die Construction der Waage, so sieht man, daß nach Aufhebung der Arretirung des Waagebalkens die beiden Stangen Q auf den Schneiden R, R aufgehängt sind. Auf den Waagebalken wirkt links die Normalplatte U und die Waage selbst schlägt für ein Zulagegewichtchen von 1/1000 Grain (0,0000647 Gramm) deutlich aus. Da es nun unmöglich, wenigstens höchst schwierig wäre, Münzen in größerer Zahl so herzustellen, daß jedes Stück genau das vom Gesetz vorgeschriebene richtige Gewicht besäße, so ist bei der Fabrication der Münzen eine Toleranz über und unter dem Normalgewicht gestattet. Diese Toleranz oder das Remedium hat in Folge der Fortschritte in der Fabricationsweise der Münzen allmählich abgenommen und beträgt gegenwärtig z.B. für ein französisches Zwanzigfrancsstück 0,002 seines richtigen Gewichtes (6,4516 Gramme), also nahezu 13 Milligramme, so daß das Gewicht dieses Goldstückes um 25 bis 26 Milligramme d. i. zwischen 6,4387 und 6,4645 Grm. schwanken kann. Der englische Sovereign ist 123,274 Grains (7,988 Grm.) schwer;   vollgewichtig das Gewicht desselben darf 123,531     „     (8,004 Grm.)   gesetzlich nicht über und nicht unter 123,017     „     (7,972 Grm.)   betragen. Das Remedium ist nun in Form eines Drahtes q am linken Arm Q angebracht, wie dieß aus der Hauptfigur 5 und dem Detail in Figur 7 hervorgeht; es ruht nämlich auf einer Unterlage W (Fig. 9) und belastet die Waage erst, wenn der Bügel V genügend hoch gehoben wurde. Die Gewichtsplatte U besitzt aber das gesetzlich zulässig erkannte Minimum des Gewichtes der zu sortirenden Münzgattung. Alle Münzplatten, welche auf die Schale K gebracht werden und das Gewicht U nicht zu erheben vermögen, bei welchen also das Remedium q unberührt auf dem Support W verharrt, sind somit als zu leichte bei Seite zu schaffen und von Neuem einzuschmelzen. Um jedoch den Zusammenhang der Mechanismen der Münzwaage vollständig kennen zu lernen, so führt während der statthabenden Wägung des Excenter X die Schiebplatte I auf den Anfangspunkt zurück, um für den nächsten Gang vorbereitet zu seyn. Die Klemme M erfaßt nun wieder die Stange Q, während das Excenter Y das Niedergehen der Stange Z zuläßt, deren Gewicht durch die Kugel m ausbalancirt, deren Länge durch die Schraubenkuppelung j möglichst fein justirt wird. Hierdurch – durch das Niedergehen der Stange Z – wird die Nase a veranlaßt gegen den Indicator b zu stoßen und ihn je nach dem Niedergang des rechten Armes des Waagebalkens, also je nach der Lage des Bügels l (Fig. 5 und 8) einzustellen. In der nach Auflage und Abwägung der frischen Münzplatte von der Stange Q eingenommenen Stellung wird letztere durch die Klemme M eine Zeit lang gehalten. Das Excenter c bedingt nun die Vorrückung des Abführcanales d, bis einer der Zähne e gegen den Indicator anstößt und dieß erfolgt je nach dem Ergebniß der Wägung in der Art, daß die Communication mit dem Abführspalt k für zu schwere, zu leichte oder vollwichtige Münzplatten entsprechend hergestellt wird. Ist dieß geschehen, so schiebt die Zunge I eine frische Münzscheibe auf die Schale K und rückt hierbei die bereits abgewogene in den Ableitungscanal d. Vorausgesetzt es sey eine zu schwere Münzplatte aufgelegt worden, so wird im beschriebenen Gang des Mechanismus nicht allein das Gewicht U, sondern auch das Remedium q gehoben und durch den Bügel l die Nase a so weit gesenkt, daß der Indicator b in den untersten Zahn e einfällt und die entsprechende Ableitung der zu schweren Münzscheibe stattfindet. Erreicht dagegen die aufgelegte Münzplatte das Gewicht U nicht, so bleibt der Indicator b in dem obersten Zahn e und der Ableitungscanal d mündet in den Spalt k rechts (Fig. 5). Münzplatten, deren Gewichte innerhalb der gestatteten Grenzen liegen, fallen selbstverständlich in den mittleren Spalt k. Unter der Münzwaage sind die Sammelkästen für die drei verschiedenen Sorten der Münzplatten geeignet angebracht. Nebenbei ist noch zu bemerken, daß die Waagschale K von einer kleinen Laterne f überdeckt ist und daß die zu sortirenden Münzplatten durch den Zuführcanal h herabgelangen, welcher in der Mitte durch die Säule i unterstützt wird. Mit p, p sind zum Theil abgebrochen gezeichnete Lager für die verschiedenen Wellen bezeichnet. Der Waagebalken hat 8,9 Zoll englisch (0,226 Meter) Länge und wiegt 286,41 Grains (18,689 Gramme). Die höchst sinnreich construirte Münzwaage von Cotton und Pilcher, deren Einrichtung, soweit es die citirte Quelle gestattete, von uns erläutert wurde, verrichtet also folgende aufeinander folgende Operationen völlig selbstthätig: 1) das Auflegen der Münzscheiben auf die Waagschale K; 2) die Wägung der Münzplatten, und 3) die Vertheilung derselben je nach ihrem Gewichte.Eine ähnliche Aufgabe erfüllt die von Séguier construirte Münzwaage, welche jedoch mit fünf einzelnen neben einander befindlichen Waagen eingerichtet ist. Die Zahl der sortirten Münzplatten ist in der Beschreibung derselben im Jahrgang 1858 von Armengaud's Génie industriel jedoch nicht angegeben. J. Z.

Tafeln

Tafel Tab.
									IV
Tab. IV