Titel: Ueber das Naphtylamin-Violett; von Albert Scheurer.
Fundstelle: Band 197, Jahrgang 1870, Nr. CXII., S. 443
Download: XML
CXII. Ueber das Naphtylamin-Violett; von Albert Scheurer.Man sehe über das Naphtylamin-Violett im polytechn. Journal Bd. CXCVI (erstes Aprilheft 1870) das Patent von Blumer-Zweifel S. 66 und den Aufsatz von Dr. A. Kielmeyer S. 67. Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, t. XL p. 330; Juni 1870. Scheurer, über Naphtylamin-Violett. Eine Mischung von Naphtylaminsalz und Kupfersalz auf Baumwolle gedruckt, ertheilt der Faser bei gewöhnlicher Temperatur nach wenigen Tagen eine matte braune, in Violett stechende Farbe.Bei Anwendung von ganz reinem Naphtylaminsalz ist die Nuance reiner. (Kielmeyer.) In einem feuchten, 30°C. warmen Fixirraum erfolgt die Oxydation in 36 Stunden vollständig; die Proben zeigen alsdann ein schmutziges Violett von folgenden Eigenschaften: Verdünnte Alkalien und besonders kochende Seifenlösung entwickeln ein Violett welches einem schlechten Garancinviolett ziemlich gleichkommt.Wie auch Kielmeyer beobachtet hat (a. a. O. S. 70). Zinnsalz bewirkt eine theilweise Entfärbung; kochende Zinnsalzlösung verwandelt das Violett in olivenfarbiges Grau. – Schweflige Säure, kalt oder heiß angewandt, verwandelt das Violett in Grau; wirkt dieselbe schon im Fixirraum, so ist die graue Nuance sehr rein, und je nach der Dauer der Einwirkung mehr oder weniger dunkel. – Verdünnte Essigsäure ist ohne Wirkung. – Saures chromsaures Kali verwandelt das Violett in Braun.Kielmeyer bemerkt a. a. O. S. 70, daß saures chromsaures Kali die Nuance verunreinigt. Aehnlich wirkt Chlorkalklösung (1 Th. Chlorkalk auf 40 Th. Wasser); in beiden Fällen wird die Nuance durch verdünnte Säure oder eine kochende Seifenlösung nicht wieder hergestellt. Die Oxydation des Naphtylaminsalzes erfolgt in warmer Luft sehr gut, besonders in der Nähe von Stücken deren Beizen Essigsäure entbinden: eine Beobachtung welche mich veranlaßte, die Fixirung in verschiedenen, jedoch stets mit Feuchtigkeit gesättigten Atmosphären zu versuchen. Ich habe mich dabei überzeugt, daß die Reaction in einem mit Essigsäuredämpfen gesättigten Raume besser von Statten geht, wenn derselbe kalt, als wenn er warm ist. Die Fixirung erfordert 36 Stunden. Nach Verlauf dieser Zeit hat die Faser eine stahlgraue Farbe angenommen, welche in einem kalten Chlorbade röthlich wird und in die Nuance übergeht, die man beim Fixiren in gewöhnlicher Weise erhält; durch Einwirkung verdünnter Säuren geht ihr Ton schwach in Blau über; durch kochende Seifenlösung passirt, erlangt die Farbe eine Nuance welche einem schönen Krappviolett gleichkommt. Die Einwirkung des Sonnenlichtes ist dieselbe wie die des Chlors; wenn sie aber sechs Stunden andauert, wird die Nuance abgeschwächt und kann dann durch Seife nicht wieder hergestellt werden. – Dieses Violett widersteht der Einwirkung der Schwefelsäure und der Alkalien. Schwefelsäure und Salzsäure verändern die Nuance nicht merklich; im Zustande mittlerer Concentration angewandt, ertheilen sie ihr einen blauen Ton. Wenn man in den Fixirraum während des Verhängens Salzsäuredämpfe einführt, so erhält man ein helleres Violett als im vorhergehenden Falle. Nachdem so der günstige Einfluß der Essigsäure festgestellt war, versuchte ich dieselbe in die Druckfarbe einzuführen, indem ich in derselben das salzsaure Naphtylamin durch essigsaures ersetzte. Die mit dieser Farbe ausgeführte Druckfarbe lieferte jedoch nach dem Fixiren nur ein graues Violett. Hieraus geht hervor, daß für die Erzeugung das Violett die gleichzeitige Einwirkung der Salzsäure und der Essigsäure erforderlich ist, wobei nach den oben angegebenen Reactionen die Essigsäure die Rolle spielt, durch Verlangsamung oder theilweise Hemmung der chemischen Processe den Gang der Oxydation zu modificiren. Die durch das Fixiren in Essigsäure erhaltene Nuance ist nicht das Resultat einer Farbenänderung durch diese Säure, denn sie wird durch die Alkalien nicht verändert; sie scheint das Product einer unvollständigen Oxydation des Farbstoffes zu seyn; da also die Lebhaftigkeit der Farbe einer Mittelstufe der Oxydation entspricht, so ist es wenig wahrscheinlich, daß man sie jemals mit Vortheil in der Baumwolldruckerei wird verwenden können.Der Verfasser gelangt also zu demselben Schlusse wie Kielmeyer, welcher (a. a. O. S. 71) bemerkt: „Offenbar bezeichnet das Naphtylamin-Violett nicht wie das Anilinschwarz, das Ende eines chemischen Processes, sondern nur die Uebergangsstufe eines solchen, welche jede Gelegenheit benutzt sich dem eigentlichen Endpunkt der Reaction zu nähern, ein Umstand welcher so viele Unsicherheiten, so viele Unzuträglichleiten mit sich bringt, daß er die praktische Ausführung im Großen bedenklich in Frage stellt.“