Titel: Untersuchungen über die Fabrication von caustischem Baryt; von A. Rosenstiehl.
Fundstelle: Band 198, Jahrgang 1870, Nr. XIV., S. 64
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XIV. Untersuchungen über die Fabrication von caustischem Baryt; von A. Rosenstiehl. Nach dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, t. XL p. 127, Februar und März 1870; aus dem polytechnischen Centralblatt, 1870 S. 1184. Rosenstiehl, über die Fabrication von Aetzbaryt. Im Jahre 1862 gelang es Rosenstiehl, einen mangansauren Baryt darzustellen, welcher sich durch eine schöne smaragdgrüne Farbe auszeichnet.Diese Verbindung, welche aus 3 Aeq. Baryt und 2 Aeq. Mangansäure besteht, ist im polytechn. Journal, 1865, Bd. CLXXVII S. 409 beschrieben. Er hoffte, daß diese Verbindung als Farbstoff Anwendung finden könne; dieß setzte aber die wohlfeile Darstellung von caustischem Baryt voraus, da die neue Farbe mit dem Guignet'schen Grün concurriren und durch niedrigen Preis die größere Aechtheit desselben ausgleichen mußte. Rosenstiehl unternahm daher Versuche zur Auffindung eines geeigneten Verfahrens zur fabrikmäßigen Darstellung von Barythydrat aus Schwerspath. Diese Versuche wurden in den Jahren 1864 und 1865 ausgeführt, und die hauptsächlichsten derselben wurden in den Jahren 1866 und 1867 in der Fabrik von C. Kestner in Thann im Großen wiederholt. Die erlangten Resultate waren vollkommen befriedigend; nur bestand noch die Schwierigkeit, das Schwefelbaryum wohlfeil zu beschaffen. Inzwischen hatte aber die Erzeugung des Anilingrüns sich rasch entwickelt, und in Folge dessen bot die Darstellung des mangansauren Baryts kaum noch ein Interesse dar. Unter diesen Umständen, und da der Baryt auch sonst zur Zeit keine erhebliche technische Verwendung findet, beschloß Kestner, die Versuche über die fabrikmäßige Darstellung des Schwefelbaryums vor der Hand nicht weiter fortzusetzen. Rosenstiehl hat die Ergebnisse seiner Versuche in einer der Industrie-Gesellschaft zu Mülhausen überreichten Abhandlung veröffentlicht. Die Veranlassung dazu war der Umstand, daß der Apotheker Nicklès in Villé ebenfalls ein Verfahren zur Baryt Fabrication beschrieben hat, welches dem Rosenstiehl'schen ähnlich ist. Die Abhandlung von Nicklès, welche ebenfalls der Mülhausener Gesellschaft überreicht wurde, ist bereits im polytechn. Journal Bd. CXCV S. 143 (zweites Januarheft 1870) mitgetheilt worden. Daselbst sind auf S. 147 und 148 auch die Versuche von Rosenstiehl erwähnt, und in unserer Quelle ist ausdrücklich bemerkt, daß diesem die Priorität der Entdeckung des Verfahrens zukomme. Wir theilen nachstehend das Wichtigste aus der Abhandlung Rosenstiehl's mit. Rosenstiehl prüfte zunächst folgende Körper in Bezug auf die Frage, ob sie zur Fabrication von Baryt, indem man sie auf Schwefelbaryum wirken läßt, geeignet sind: Kalthydrat, Manganoxydulhydrat, Eisenoxydhydrat, Eisenoxydulhydrat und Zinkoxydhydrat. Die Versuche ergaben, daß die vier erst genannten Körper sich aus verschiedenen Gründen, welche in der Abhandlung angegeben sind, nicht für den erwähnten Zweck eignen, daß aber das Zinkoxyd eine so glatte und vollständige Reaction auf das Schwefelbaryum zeigt, daß nicht leicht ein zur Fabrication von Baryt geeigneterer Körper dürfte gefunden werden können. Fabrication von caustischem Baryt. – Das Verfahren welches Rosenstiehl vorschlägt, gründet sich daher auf die Zersetzung des Schwefelbaryums durch Zinkoxydhydrat. Er bespricht zunächst die Nebenwirkungen, welche die Hauptreaction begleiten. Einfluß der fremdartigen Stoffe, secundäre Reactionen. Die Stoffe welche bei der Einwirkung von Zinkoxydhydrat auf Schwefelbaryum außer diesen beiden Körpern nothwendig oder zufällig zugegen sind, sind folgende: 1) Aus dem Zinkoxydyhdrat herstammend: überschüssiger Kalk, kohlensaurer Kalk, Eisenoxyd, Thonerde, kohlensaures Zinkoxyd, Zinkoxychlorid, Chlorcalcium (von unvollständiger Auswaschung des Zinkoxydhydrats herrührend), Schwefelzink und Zinkoxyd. 2) Aus dem rohen Schwefelbaryum herstammend: überschüssige Kohle. Jeder der in Betracht kommenden Körper wurde unter denselben Umständen, wie sie bei der Einwirkung des Zinkoxydhydrats auf das Schwefelbaryum stattfinden, mit einer titrirten Lösung von Baryt oder Schwefelbaryum zusammen gebracht. Dabei wurden folgende Resultate erhalten: Ein Ueberschuß von Kalk verringert die Ausbeute nicht und veranlaßt nur den Uebelstand, daß bei der Regeneration des Zinkoxydhydrats mehr Salzsäure verbraucht wird. Kohlensaurer Kalk erleidet bei langem Kochen mit caustischem Baryt keine merkliche Zersetzung. Eisenoxyd und Thonerde bilden mit dem Baryt unlösliche Verbindungen, deren Entstehung einen Verlust bedingt. Kohlensaures Zinkoxyd zersetzt sich mit Schwefelbaryum zu Schwefelzink und kohlensaurem Baryt. Die Gegenwart desselben muß also vermieden werden. Zinkoxychlorid und Chlorcalcium wirken auf den Baryt und das Schwefelbaryum, indem Chlorbaryum entsteht. Der daraus entspringende Verlust an Baryt ist der Menge des vorhandenen Chlors proportional. Schwefelzink und Zinkoxydhydrat verbinden sich weder mit Baryt noch mit Schwefelbaryum und bedingen folglich keinen merklichen Verlust. Kohle, welche dem Schwefelbaryum beigemengt ist, veranlaßt einen erheblichen Verlust, indem sie hartnäckig Baryt zurück hält. Ein rohes Schwefelbaryum, welches nach der alkalimetrischen Bestimmung 61,65 Proc. Baryum enthielt, lieferte z.B. beim Erschöpfen mit kochendem Wasser in der Lösung nur 46,5 Proc. Baryum. In einem anderen Versuche wurden 175 Grm. gewaschene Kohle mit 500 Kubikcentimetern Barytwasser, welche 11,155 Grm. Baryum enthielten, gekocht; man konnte nachher nur 8,01 Grm. Baryum durch Waschen der Kohle in der Lösung wieder gewinnen. Aus diesen Versuchen ergibt sich, daß die Kohle sowohl Baryt als Schwefelbaryum zurück hält. Man muß also, um diese Verluste zu vermeiden, ein Schwefelbaryum darstellen, welches so wenig als möglich überschüssige Kohle enthält. Beschreibung des Verfahrens. – Das Verfahren besteht im Wesentlichen darin, daß man die Lösung des Schwefelbaryums mit Zinkoxydhydrat kocht und die Mischung nachher mit kochendem Wasser erschöpft, um den Baryt von dem Schwefelzink zu trennen. Um aus dem letzteren das Zinkoxyd zu regeneriren, löst man es in Salzsäure auf – aus dem dabei entweichenden Schwefelwasserstoff wird der Schwefel gewonnen – und fällt die so erhaltene Flüssigkeit mit Kalkmilch. Die verschiedenen Operationen werden nun nach einander betrachtet. Darstellung des Schwefelbaryums aus Schwerspath. – Der hierauf sich beziehende Theil der Arbeit Rosenstiehl's ist aus dem oben angegebenen Grunde unbeendet geblieben. Der Apparat, welchen er zuletzt zur Reduction des Schwerspaths benutzte, bestand in einer Röhre, welche vertical in einem Ofen so aufgestellt war, daß sie ihrer ganzen Länge nach glühend gemacht werden konnte. Die Röhre war unten mit einem Register versehen, durch welches man das fertige Schwefelbaryum in ein Gefäß fallen ließ, in welchem es bei Abschluß der Luft erkaltete. Die Röhre wurde dann von oben auf's Neue beschickt. Da bei der Einwirkung der Kohle (Steinkohle) auf den Schwerspath beständig Kohlensäure entweicht, und dadurch die Luft genügend abgehalten wird, so braucht die Röhre nicht gasdicht zu seyn. Die Mischung von Schwerspath und Kohle ist ein schlechter Wärmeleiter; deßhalb darf die Röhre bei cylindrischem Querschnitt nicht über 15 Centimeter weit seyn. Darstellung des Zinkoxydes. – Man vermischt eine Lösung von Chlorzink mit Kalkmilch in geringem Ueberschuß, am besten bei Siedhitze. Wird zur Fällung nicht genug Kalk angewendet, so entsteht ein unlösliches Oxychlorid, welches sich dem Zinkoxydhydrat beimischt. Der Niederschlag wird durch Decantiren vollständig ausgewaschen, was leicht von statten geht. Darstellung des Baryts. – Man erhitzt die Mischung von Zinkoxyd und Wasser zum Kochen, bringt das rohe Schwefelbaryum in äquivalenter Menge nach und nach dazu, und setzt das Kochen bis zur vollständigen Entschwefelung des Baryums (ca. 1 1/2 Stunden lang) fort. Die Wirkung erfolgt um so rascher, je feiner zertheilt das Zinkoxyd ist. Um die Beendigung der Reaction zu erkennen, wendet man das von Mohr in seiner „Titrirmethode“ S. 377 angegebene Verfahren an. Nach der Entschwefelung läßt man absetzen; die decantirte erste Lauge ist krystallisirbar; der Absatz wird mit gekochtem, heißem Wasser durch Decantiren ausgewaschen. Bei einer regelmäßigen Fabrication muß dieß continuirlich (in ähnlicher Weise wie beim Auslaugen der rohen Soda) geschehen, da man sonst zu viel Zeit und Wasser braucht. Versuche über die Regeneration des Zinkoxydes und die Gewinnung des Schwefels aus dem Schwefelzink. In dieser Hinsicht wurde Dreierlei probirt, nämlich 1) Rösten des Schwefelzinkes, 2) Auflösen des Schwefelzinkes in Salzsäure und 3) Auflösen einer Mischung von Schwefelzink und unterschwefligsaurem Zinkoxyd in Salzsäure. 1) Rösten des Schwefelzinkes. Hierüber hat Rosenstiehl gemeinschaftlich mit Scheurer-Kestner einen Versuch ausgeführt, und zwar unter vollständig technischen Verhältnissen. Getrocknetes Schwefelzink wurde auf einer schwach concaven thönernen Platte in einen zum Verbrennen von Schwefelkies dienenden, in voller Thätigkeit befindlichen Ofen gebracht, so daß es bei starker Hitze der Einwirkung der Luft ausgesetzt war. Der Rückstand ergab bei der Analyse folgende Zusammensetzung: Zinkoxyd 61,65 Schwefelsäure 31,51 schwefelsaurer Baryt 6,54 ––––– 99,70 Man sieht hieraus, daß der Schwefel, statt vollständig in Form von schwefliger Säure zu entweichen, eine bedeutende Menge Schwefelsäure bildet, welche sich mit dem Zinkoxyd verbindet. Die obigen Zahlen entsprechen nahezu dem Verhältniß von 2 Atomen Zinkoxyd und 1 Atom Schwefelsäure. Die Schwefelsäure bildet also mit dem Zinkoxyd ein basisches Salz von der Formel 2ZnO, SO³. Die Masse ist nämlich ganz unlöslich in Wasser, woraus hervorgeht, daß sie nicht ein Gemenge von Oxyd und neutralem Sulfat ist. Dieses basische Salz wird auch von Salzsäure in der Kälte fast gar nicht angegriffen; nur von einem großen Ueberschuß heißer Salzsäure wird es aufgelöst. Das Rösten ist hiernach zur Regeneration des Zinkoxydes nicht anwendbar. 2) Auflösen des Schwefelzinkes in Salzsäure. Durch Behandlung mit Salzsäure läßt sich das Schwefelzink leicht in Chlorzink überführen, aus welchem das Zinkoxyd regenerirt werden kann. Dabei entsteht aber Schwefelwasserstoff, welcher jedenfalls zerstört und dessen Schwefel in nutzbarer Form gewonnen werden muß. Dieß ist eine schwierige Aufgabe. Die directe Verbrennung des Schwefelwasserstoffes, theoretisch eine so leichte Sache, ist praktisch nicht ausführbar. Eine lange und kostspielige Erfahrung hat die Praktiker, welche die Lösung des Problemes auf diese Weise zu erreichen suchten, gelehrt, daß das Schwefelwasserstoffgas, obschon anscheinend so leicht verbrennlich, doch zu einer regelmäßigen Production von schwefliger Säure, wie z.B. der normale Betrieb der Bleikammern sie erfordert, ganz ungeeignet ist. Man hat daher die directe Verarbeitung des Schwefelwasserstoffes auf Schwefelsäure vorläufig aufgegeben. Es bleibt also nur übrig, daß man den Schwefel als solchen aus dem Schwefelwasserstoff zu gewinnen sucht. Dazu kann man die Reaction von schwefliger Säure auf Schwefelwasserstoff benutzen. 2HS und SO² geben, indem sie auf einander wirken, 2HO und 3S. In Folge einer secundären Reaction entsteht außerdem eine gewisse Menge Pentathionsäure; dieselbe ist um so geringer, je trockener die Gase sind. Wenn die Reaction einmal begonnen hat, so ist das entstandene Wasser zur Fortdauer derselben hinreichend. Eine zweite zu beobachtende Bedingung ist, daß man das Schwefelwasserstoffgas in geringem Ueberschuß erhält. Unter diesen Umständen wird die Menge der Pentathionsäure auf ihr Minimum reducirt. Dieses Verfahren erfordert nun die Darstellung von schwefliger Säure. Der Versuch hat gelehrt, daß die durch Verbrennen von Schwefel oder Schwefelkies an der Luft erhaltene schweflige Säure für den vorliegenden Zweck nicht geeignet ist, sowohl weil wegen der Vertheilung des Gases zwischen viel Stickstoff- und Sauerstoffgas die Wirkung zu langsam erfolgt, als auch weil der abgeschiedene Schwefel sehr fein zertheilt ist, und deßhalb sich nur sehr langsam absetzt und zum großen Theil von dem Gasstrom fortgeführt wird. Man muß also reine, nicht mit anderen Gasen vermischte schweflige Säure anwenden. Mit solcher geht der Proceß sehr gut von statten; die Reaction erfolgt augenblicklich, die Temperatur erhöht sich, und der Schwefel setzt sich in Form einer adhäsiven, elastischen Masse von schöner gelber Farbe ab. Die einzige Schwierigkeit besteht in der wohlfeilen Erzeugung der schwefligen Säure. Davon wird weiter unten die Rede seyn. 3) Einwirkung von Salzsäure auf ein Gemenge von Schwefelzink und unterschwefligsaurem Zinkoxyd. Um sich ein Gemenge von Schwefelzink und unterschwefligsaurem Zinkoxyd zu verschaffen, verfuhr Rosenstiehl auf folgende Weise: Schwefelzink wurde in Wasser vertheilt und der Einwirkung der aus einem Schwefelkies-Ofen kommenden Gase ausgesetzt. Die Mischung befand sich in einem liegenden Fasse, welches mit einem Rührer versehen war. Die Absorption der schwefligen Säure ging leicht von statten. Die Operation wurde so lange fortgesetzt, bis eine Probe der Mischung, mit Salzsäure zusammen gebracht, keinen Schwefelwasserstoff mehr entwickelte, sondern sich ohne Gasentwickelung auflöste. Das Schwefelzink und das unterschwefligsaure Zinkoxyd waren dann in einem solchen Mengenverhältniß vorhanden, daß der Schwefelwasserstoff, welcher beim Zusammenbringen mit Salzsäure aus dem Schwefelzink, und die schweflige Säure welche dabei aus dem unterschwefligsauren Zinkoxyd frei wurde, sich unter Bildung von Wasser und Abscheidung von Schwefel gegenseitig zerstörten. Dieses Verfahren scheint den Anforderungen der Praxis vollständig zu entsprechen; es liefert Chlorzink und Schwefel, welche beide unmittelbar benutzt werden können. Es wurde daher auch in der Kestner'schen Fabrik im Großen probirt; dabei stellte sich aber ein Uebelstand heraus, wegen dessen es aufgegeben werden mußte. Es zeigte sich nämlich, daß zur gleichzeitigen Zersetzung des Schwefelzinkes und des unter-schwefligsauren Zinkoxydes die theoretische Quantität von Salzsäure nicht ausreichend ist, sondern daß man, damit die Reaction stattfinde, einen solchen Ueberschuß von Salzsäure anwenden muß, daß dadurch der Vortheil der Regeneration des Schwefels gänzlich verloren geht. Technische Darstellung reiner schwefliger Säure. Rosenstiehl probirte für diesen Zweck folgende Methoden: 1) Glühen von Schwefelkies mit basisch-schwefel-saurem Eisenoxyd. – 15 Grm. Schwefelkies, wie er in der Kestner'schen Fabrik zur Schwefelsäure-Fabrication verwendet wird (46,8 Proc. Schwefel enthaltend), und 80 Grm. basisch schwefelsaures Eisenoxyd, durch Erhitzen von Eisenvitriol an der Luft erhalten (19 Proc. Schwefel enthaltend), wurden zusammen in einer thönernen Retorte geglüht, indem man die sich entwickelnden Gase in Natronlauge leitete. Die Producte der Reaction wurden analysirt. Es ergab sich, daß dieselbe in folgender Art verlaufen war: AngewendeteSubstanz Rückstandin der Retorte VerflüchtigteStoffe Eisen 34,6 34,6 Sauerstoff 37,1 13,2 23,9 Schwefel,herstammend aus dem Schwefelkiesaus dem basisch-schwefelsaurenEisenoxyd   7,015,2   1,2 21,0 Quarz (aus dem Schwefelkies)   1,0   1,0 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– 94,9 50,0 44,9 Das Eisen und der Sauerstoff stehen im Rückstande im Verhältniß der Formel Fe³O⁴. Als Hauptproducte waren hiernach Eisenoxydoxydul und schweflige Säure entstanden. Der Rückstand enthielt außerdem etwas Schwefeleisen. Die Natronlauge hatte 34,6 Grm. schweflige Säure und außerdem Schwefelsäure aufgenommen, deren Menge 44,9 – 34,6 = 10,3 Grm. betragen haben muß. Das Vorhandenseyn der Schwefelsäure zeigt, daß man der Mischung mehr Schwefelkies hätte zusetzen können. Dieses Verfahren dürfte praktisch anwendbar seyn; man könnte das bei der freiwilligen Oxydation der Kiese entstehende basisch-schwefelsaure Eisenoxyd anwenden. 2) Glühen von Schwefelkies mit Eisenoxyd. – 45 Grm. Schwefelkies wurden in gleicher Weise, wie zuvor, mit 80 Grm. Eisenoxyd (Rückstand vom Rösten des Schwefelkieses) geglüht. Dabei entwickelte sich schweflige Säure; der Rückstand bestand aus Eisenoxydoxydul und Anderthalb-Schwefeleisen. Hätte man im Verhältniß zum Schwefelkies genug Eisenoxyd (das 21- bis 22fache, abgesehen vom Quarz) angewendet, so wäre ohne Zweifel eine der Gleichung 48Fe²O³ + 3FeS² = 33FeO⁴ + 6SO² entsprechende Reaction eingetreten. Man müßte aber, wenn man diese Reaction bloß zur Erzeugung von schwefliger Säure benutzen wollte, eine im Verhältniß zur Menge der erzeugten schwefligen Säure sehr große Masse erhitzen, und dieß würde zu viel Brennmaterial erfordern. 3) Darstellung der schwefligen Säure aus einer wässerigen Lösung derselben. – Wenn man Schwefel an der Luft verbrennt und den Gasstrom in einem Scrubber auf Wasser wirken läßt, so absorbirt dasselbe die schweflige Säure fast vollständig, so daß die Gase ziemlich geruchlos entweichen. Man kann auf diese Weise allerdings nur eine schwache Lösung von schwefliger Säure bekommen, und zwar hat sich aus den in der Kestner'schen Fabrik angestellten Versuchen ergeben, daß die so erhaltene Flüssigkeit per Liter etwa 6 Grm. Schwefel enthält. Für 100 Kilogr. Schwefel würde man hiernach etwa 17000 Kilogr. Wasser nöthig haben. Durch Erhitzen der Lösung wird alle schweflige Säure ausgetrieben; das Erhitzen muß aber zuletzt bis zum Kochen getrieben werden. Die dabei aufzuwendende Wärme besteht aus zwei Theilen, nämlich dem Theile welcher zum Erhitzen der Flüssigkeit auf 100° C. erforderlich ist, und dem Theile welcher durch die Erzeugung von Wasserdampf absorbirt wird. Den letzteren Theil müßte man durch eine geeignete Construction des Destillirapparates, indem man denselben nämlich aus mehreren, mit einander verbundenen Kesseln bestehen und die gashaltigen Dämpfe in demselben in entgegengesetzter Richtung wie die zu erhitzende Flüssigkeit sich bewegen ließe (ähnlich wie in den Destillirapparaten der Brennereien), möglichst zu ersparen suchen. Das zuletzt zurück bleibende, siedend heiße Wasser könnte überdieß zum Vorwärmen einer neuen Portion der Lösung dienen. Auf diese Weise könnte der Brennmaterial-Aufwand sehr gering gemacht und das Schwefligsäuregas sehr wohlfeil erlangt werden. Rosenstiehl ist überzeugt, daß, wenn man jemals dieses Gas im reinen Zustande für einen technischen Zweck nöthig haben wird, das hier angegebene Verfahren vorzugsweise in Betracht kommen wird. Gehalt der wässerigen Barytlösung. Rosenstiehl theilt zuletzt folgende Tabelle über die Löslichkeit des Baryts in Wasser bei verschiedenen Temperaturen mit. Dieselbe beruht auf Versuchen, welche sein Schüler Rühlmann unter seiner Leitung ausgeführt hat. Die Tabelle erstreckt sich auf die Temperaturen von 0 bis 78,5° C. Bei 78,5° schmilzt das krystallisirte Barythydrat in seinem Krystallwasser. Die Krystalle enthalten dann 45,97 Proc. oder auf 100 Th. Wasser 85 Th. Baryt. Temperaturen Wasserfreier Barytin 100 Th. Wasser           0 1,5           6 5,8           6,5 1,9         12 2,4 15,5 2,9         16 3           21 3,6         22 3,7         30 5           36 6,4         41 7,6         46 9,5         54 14   58,5 17,2         59 17,5         64 23,8 68,5 27,7         69 31,6         70 31,9         73 44,9 77,2 70   78,5 85