Titel: Das Diffusionsverfahren zur Saftgewinnung aus Runkelrüben.
Fundstelle: Band 200, Jahrgang 1871, Nr. XXXVIII., S. 127
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XXXVIII. Das Diffusionsverfahren zur Saftgewinnung aus Runkelrüben. Nach Dr. C. Stammer's Traité de la Fabrication du sucre. Paris; Lacroix. 1871. Mit Abbildungen auf Tab. III. Das Diffusionsverfahren zur Saftgewinnung aus Runkelrüben. Schon vor etwa 50 Jahren empfahl Mathieu de Dombasle die Maceration der Rübenschnitte, vorzüglich in der Absicht, die Anwendung der Reiben und der Preßtücher zu umgehen. Der Extractionsapparat bestand hauptsächlich aus mit einander verbundenen Behältern mit Doppelböden und den nöthigen Verbindungshähnen. Trotz mehrfacher Verbesserungen dieses Verfahrens veranlaßte doch namentlich die schwierige Verarbeitung des so gewonnenen Saftes, daß dasselbe nur wenig Verbreitung fand. Die Ursache dieser Schwierigkeit liegt in der Bildung von löslichen Pektinstoffen; dieß hinderte nicht die Anwendung des Verfahrens bei der Rübenbrennerei, bei welcher es, in mehr oder weniger veränderter Form, sehr verbreitet ist. Vielleicht würden die Versuche, den Rübensaft durch Maceration zu gewinnen, zu keinem positiven Resultate geführt haben, wenn nicht Robert in Seelowitz sich ausdauernd bemüht hätte, dieses Verfahren trotz aller Schwierigkeiten beizubehalten und mehr und mehr dessen Vervollkommnung anzustreben. Die Einfachheit und Reinlichkeit dieser Saftgewinnung sind solche Vorzüge, daß Robert sich zu einem Aufgeben derselben nicht entschließen konnte und Jahre lang damit neben dem Preßverfahren zu arbeiten und zu versuchen fortfuhr. Diese Bemühungen sind durch die Erfindung des seit einigen Jahren sich immer mehr ausbreitenden Diffusionsverfahrens in befriedigendster Weise gekrönt worden. Wir übergehen hier die Beschreibung des älteren Macerationsverfahrens, wie es früher in Seelowitz in Anwendung war, da dasselbe wohl allgemein bekannt seyn dürfte. Die Beschreibung und Zeichnung der dabei angewandten Apparate und Schneidmaschine befinden sich in den betreffenden Lehrbüchern. Die bei der Diffusion benutzten sind davon nicht wesentlich verschieden; der Unterschied liegt vielmehr außer in der veränderten Form der Rübenschnitte, in der Ausführung der Arbeit selbst. Bekanntlich wurden bei der alten Maceration die Rübenschnitte mit heißem Wasser extrahirt; die Temperatur in sämmtlichen zur Auslaugung dienenden Cylindern betrug zwischen 80 und 87° C. Man setzte die Auslaugung so lange fort, bis der letzte Saft Null am Aräometer zeigte, was etwa eine Stunde dauerte. Die ausgelaugten Schnitzel wogen nach dem Ablaufen des Wassers etwa 56 Proc. vom ursprünglichen Gewicht; der Saft trat mit 80–82° C. und schwärzlicher Farbe in die Scheidepfanne. Hier war es besonders, wo sich Schwierigkeiten zeigten, welche damals unüberwindlich schienen; der Saft ließ sich in der damals allein gebräuchlichen Weise nicht scheiden, weßhalb eine regelmäßige Verarbeitung dieses Saftes allein auch unausführbar war. Es ist anzunehmen, daß man heute diese Schwierigkeiten nicht mehr finden würde, da man andere Scheidemethoden und bessere Apparate zur Abscheidung des Schlammes kennt, als früher. Indessen zeigte sich auch in den späteren Stadien der Verarbeitung der Macerationssaft von einer Beschaffenheit, welche entschieden hinter derjenigen des Preßsaftes zurückstand. Die Temperatur von 80–85° C. war unumgänglich, da die Maceration mit kaltem Wasser wohl normaleren Saft, aber eine sehr ungenügende Ausbeute lieferte; es muß gewissermaßen durch höhere Temperatur erst die natürliche Spannung in den frischen Schnitzeln zerstört werden, ehe diese ihren Saft vollkommen auslaugen lassen. Die Beobachtung, daß dieß schon eine niedere Temperatur, nämlich eine solche von 50 bis 60° C. bewirke, wenn man sehr dünne Rübenschnitzeln anwendet, und daß in Folge dieser niederen Temperatur der Saft reiner werde, ist die Grundlage des neuen, zunächst in Seelowitz versuchten, dann durch zahlreiche Anwendung in vielen Fabriken in seinen Vorzügen bestätigten Verfahrens. Dieses Verfahren besteht aus folgenden Theilen: 1) Es werden Rübenschnitzeln in passender Dicke hergestellt. 2) Diese werden der Wirkung der Diffusion wiederholt und hinlänglich lange Zeit unterworfen, so daß nach jeder Diffusion die erzeugten Säfte durch andere von geringerer Dichte ersetzt werden, welche zugleich weniger dicht als die in den Zellen sind; dieses wird bis zur Erschöpfung der Schnitzel fortgesetzt. 3) Die Wirkung wird dadurch eine vollkommenere und schnellere, daß beim erstenmal eine gewisse Temperatur erreicht wird, welche jedoch dem Safte keinen Schaden bringen kann; die folgenden Diffusionen können dagegen kalt vor sich gehen. 4) In keinem Falle darf die Erwärmung des Saftes, welcher die höhere Temperatur auf die Schnitzeln übertragen soll, in den Extractionsgefäßen selbst vorgenommen werden; es dienen dazu vielmehr abgesonderte eigene Wärmpfannen. Die Schnitzel werden durch die Schnitzelmaschine erhalten, welche eine ganz ähnliche Einrichtung besitzt, wie die beim älteren Macerationsverfahren benutzte. Nur die Messer sind anders geformt: es sind gestanzte Stahlklingen mit einfachen vorstehenden, glatten Zähnen, welche Streifen von etwa 1 Millimeter Dicke und 6–10 Millimeter Breite aus den Rüben schneiden. Je dünner diese Schnitzel sind, desto vollkommener wird der Saft ausgezogen; je schmäler sie sind, desto zweckmäßiger geschieht das Aufeinanderlagern in den Cylindern. Auch ist es von Wichtigkeit, daß die Schnitzeln möglichst glatte Flächen darbieten, und nicht zerrissen oder zerstückelt sind. In neuerer Zeit sind auch Messer von weniger einfacher Form in Anwendung gekommen; doch ist die Leichtigkeit, womit sich die älteren schleifen lassen, ein besonderer Vorzug derselben. Wie bei der alten Maceration steht der Behälter für das Auslaugwasser 20–30 Fuß über der Batterie; außerdem sind 2 oder 3 Wärmpfannen vorhanden, welche in der Nähe der Batterie und etwa 3–6 Fuß über derselben aufgestellt sind. Die gleichmäßige und genau bestimmte Erwärmung der Schnitzeln wird dadurch erreicht, daß man in die Cylinder gleichzeitig Schnitzel und erwärmten Saft einfüllt, wobei man die Arbeit so einzurichten hat, daß bei Beendigung der Füllung auch das richtige Verhältniß zwischen beiden Theilen erreicht wird. Die Vorschrift in dieser Beziehung lautet auf 25 Pfd. Rüben und 31 Pfd. Wasser pro österreichischen Kubikfuß Cylinderraum. Die Temperatur der Wärmflüssigkeit (Rübensaft oder auch Wasser) richtet sich nach dem Verhältniß von Flüssigkeit und Rüben, sowie nach dem Zustande der Rüben u.s.w., und wechselt zwischen 75 und 95° C. Unmittelbar nach dem Füllen muß das Gemisch von Flüssigkeit und Schnitzeln eine solche Temperatur haben, daß der Saft keinen Schaden leidet. Das Verhältniß zwischen Flüssigkeit und Schnitzeln wechselt nach der zu erreichenden Dichtigkeit des Saftes, nach dem Grade der gewünschten Auslaugung, der Größe der Arbeit u.s.w. Nach der Füllung bleibt die Masse im Cylinder eine bestimmte Zeit in Ruhe, um der Diffusion Zeit zur Wirkung zu lassen; darauf wird der Saft abgezogen und mehrmals nacheinander durch anderen von immer geringerer Dichtigkeit (und stets leichter, als der noch in den Zellen enthaltene ist) ersetzt, und zwar geschieht dieß so lange, bis der Saft vollkommen verdrängt ist. Die Wirkung läßt sich stets an dem Unterschied zwischen der Dichtigkeit des verdrängten und des verdrängenden Saftes erkennen. Da der Saft nur vor der ersten Berührung mit den Schnitzeln erwärmt worden ist, zuletzt aber kaltes Wasser angewendet wird, so ist die Temperatur während der ganzen Arbeit eine abnehmende. Von den beigegebenen Skizzen stellt Fig. 2 einen senkrechten, Fig. 3 einen theilweisen horizontalen Durchschnitt einer Diffusionsbatterie dar. Man stellt 10, 12 oder 14 Cylinder in eine solche „Batterie,“ deren Einrichtung durch folgende Andeutungen klar werden wird. a Schnitzelmaschine; b Kippwagen zum Transportiren der Schnitzeln nach den Cylindern; c Trichter, welcher beim Einfüllen auf die Cylinder aufgesetzt wird; d I, d II Diffuseure; e Wärmpfanne mit geschlossener Dampfschlange; f Verbindung der einzelnen Cylinder unter einander; g Abflußröhre; h Wasserzuleitungsröhre; l Sicherheitsröhre in Verbindung mit allen Cylindern; dieselbe dient zur Isolirung eines schlecht arbeitenden Cylinders; z Ventil dieser Leitung; m Stutzen zur Verbindung der Ventile mit den Cylindern; r¹ Leitung für den Wärmsaft (von der Wärmpfanne zu den Diffuseuren); w zu dieser Leitung gehörendes Ventil; r² Verbindung der Diffuseure mit den Wärmpfannen, nebst dem Ventil u; r³ Leitung für den Saft zur Scheidung, mit dem entsprechenden Ventil x; s Mannloch zum Entleeren der erschöpften Schnitzel.Diese Anordnung der Leitungen und Ventile kann natürlich im Einzelnen Abänderungen erfahren und wird auch in den verschiedenen Fabriken verschieden hergestellt. Beim Beginn der Arbeit füllt man den Cylinder I mit Schnitzeln und Wasser von 80–85° C., im Verhältniß von 2 : 3 (1100 Kilogrm. Schnitzeln und 1650 Kil. Wasser), indem man beides gleichzeitig zugibt und mit Sorgfalt maischt, damit eine gleichförmige. Mischung entsteht und keine Knoten verbleiben, welche sich am Ende unausgelaugt wiederfinden würden. Hierauf schließt man den Cylinder und läßt 15 bis 20 Minuten digeriren. Dann stellt man einerseits die Verbindung mit der Wärmpfanne, andererseits die mit der Wasserleitung her, und drückt so den flüssigen Inhalt des Cylinders in die Wärmpfanne, wo er auf 90° erhitzt wird. Die Wärmpfanne ist genau gemessen, so daß sie genau die 1650 Kilogr. aufnimmt, welche im Cylinder befindlich waren, worauf das Verbindungsventil mit I geschlossen wird. Hat der Inhalt der Wärmpfanne die gewünschte Temperatur erreicht, so füllt man den Cylinder II mit Schnitzeln und mit dem verdünnten „Wärmsaft“ der Wärmpfanne, wozu derselbe gerade hinreichen soll. Diese Füllung, ebenso wie die späteren, hat mit denselben Vorsichtsmaßregeln zu geschehen, wie die erste und man läßt ebenfalls 15–20 Minuten digeriren (oder diffundiren). Hierauf verbindet man II mit I durch den Uebersteiger, ferner II mit der Wärmpfanne, I mit der Wasserleitung und drückt so, indem frisches Wasser nach I, und der Saft von I nach II tritt, den Saft von II nach der Wärmpfanne. Ist diese gefüllt, so schließt man sie ab und erhitzt auf 90° C., während II und I unter dem hydraulischen Drucke stehen bleiben. Ist nun der Cylinder III in derselben Weise gefüllt und der Inhalt diffundirt, so zieht man daraus mittelst der Leitung nach der Scheidepfanne eine gewisse Menge des nun schon concentrirteren Saftes (ziemlich ebenfalls 1650 Kil.) zur Scheidepfanne ab, und hiernach eine entsprechende Menge desselben Cylinders nach der Wärmpfanne, um damit und mit Schnitzeln den Cylinder IV zu füllen. Während also beim Beginn der Arbeit der flüssige Inhalt der Cylinder I und II nur einmal für jeden frischen Cylinder ersetzt wurde (nämlich während des Füllens der Wärmpfanne), geschieht dieß für alle folgenden, wie überhaupt während der regelmäßigen Arbeit zweimal, nämlich einmal in der Richtung zur Scheidepfanne, und einmal nach der Wärmpfanne. Die Scheidepfanne erhält jedesmal den concentrirteren, die Wärmpfanne den nächstverdünnteren Saft, und dieser kommt dann nächstdem auf die frischen Schnitzeln. In dieser Weise geht es bis zum VII. Cylinder fort. Wenn dieser den Saft zur Füllung von VIII abgegeben hat, so trennt man I von der Reihe ab, stellt das Druckwasser auf II, läßt aus I das Wasser ablaufen und entleert ihn hierauf. Der Inhalt dieses Cylinders ist bis dahin 12 mal erneuert worden. Ebenso entleert man II, wenn VIII den Saft zur Wärmpfanne abgegeben hat u.s.w. Von III ab haben alle Cylinder ihren Inhalt 14 mal erneuert, ehe sie entleert werden. In dieser Weise geht die Arbeit ununterbrochen fort; man sieht, daß die Schnitzeln immer nur einmal mit der erhitzten Flüssigkeit in Berührung kommen, mit derselben einige Zeit in Berührung (Diffusion) bleiben, und daß die Extraction durch kaltes Wasser beendet wird. Die Temperatur in einem frisch gefüllten Cylinder beträgt etwa 65° C., in Folge der Mischung der kalten Schnitzel mit dem heißen Saft; im Winter muß man also den Wärmsaft etwas heißer machen. In die Scheidepfanne kommt der Saft mit etwa 45° C. und ebenso ungefähr in die Wärmpfanne. Hiernach fällt die Temperatur sehr schnell bis auf die des Wassers und es ist also nur der in Diffusion stehende Cylinder wirklich heiß, die nächsten zwei sind warm, die übrigen kalt. Man kann daher die Diffusion als eine kalte Maceration nach einer vorübergehenden Erhitzung auf 60–65° C. bezeichnen. Diese reicht hin, um die vollständige osmotische Verdrängung des Saftes zu bewirken. Dabei sind die geringe Dicke der Schnitzeln und die Dauer der Erhitzung wesentliche Bedingungen. Veränderliche Verhältnisse sind die Größe und Anzahl der Cylinder, das Verhältniß zwischen Schnitzeln und Flüssigkeit beim Füllen, die Dauer der Digestion und die Temperatur des Wärmsaftes. Durch Abänderung derselben hat man verschiedene Resultate, verschiedene Einrichtungen und verschiedene verarbeitete Rübenmengen erlangt. So z.B. kann man mit 14 Cylindern, und Ladungen von 12–1300 Kilogrm., 6000 Kilogrm. Rüben in 24 Stunden verarbeiten. Für geringere Arbeit kann man ebensolche Cylinder und langsameren Gang oder den gleichen Gang und kleinere Cylinder wählen u.s.w. In einigen Fabriken findet man es vortheilhaft, mit 2 Batterien von je 6 oder 8 Cylindern zu arbeiten, was im Einzelnen, nicht aber in der Hauptsache die Arbeit etwas abändert.Eine neuere von Schulz angegebene Verbesserung hat das Verfahren ebenfalls in einigen Punkten abgeändert. Von dieser Verbesserung können wir zwar, da darüber noch nichts in die Oeffentlichkeit gekommen ist, nichts Näheres angeben, jedoch im Allgemeinen sagen, daß der Wärmsaft durch die veränderte Reihenfolge der einzelnen Operationen weniger hoch (nur auf 70–80° C.) erhitzt wird, und daß die Flüssigkeit von unten in die frisch gefüllten Cylinder steigt. Es wird dadurch das lästige Maischen von Schnitzeln und Saft vermieden, und es erhält der Saft nur eine durchaus unschädliche Temperaturerhöhung. Der Scheidesaft kommt mit nur etwa 20° C. in die Scheidepfanne. Allerdings erfordert diese Abänderung zwei Cylinder und einige Leitungen mehr, als die frühere Methode, doch lobt man namentlich die bessere Beschaffenheit der Säfte, die sicherere Arbeit und Auslaugung. Wenn die Diffusion gut ausgeführt und die Arbeit eine sorgfältig überwachte ist, so erreicht man eine höhere Ausbeute als mit irgend einem anderen Verfahren. Doch ist dann auch die nöthige Wassermenge größer als bei diesen, da man 2 1/2 bis 3 mal das Gewicht der Rüben gebraucht. Allerdings kommt diese Wassermenge nicht in den Saft; vielmehr wird dieser nur etwa ebenso weit, wie bei der zweimaligen Pressung, also um etwa 50 Proc. verdünnt, bei welcher Grenze stets eine genügende Auslaugung zu erreichen ist. Das übrige Wasser dient theils zur Verdrängung des Saftes, theils bleibt es im Cylinder und fließt daraus vor dem Ausleeren ab. Dieses abfließende Wasser ist rein genug, um noch Verwendung finden zu können. Man kann es mit einer Pumpe heben und entweder wieder zum Auslaugen oder auch sonst in der Fabrik, z.B. zum Einspritzen benutzen. Am besten aber ist es, wenn man Ursache hat, etwa die Hälfte des Wassers zu ersparen, die letzte Entfernung der Flüssigkeit aus dem letzten Cylinder nicht durch das alsdann im Cylinder verbleibende Druckwasser, sondern mittelst comprimirter Luft zu bewirken, die von einer, mit allen Cylindern in Verbindung zu setzenden Druckpumpe geliefert wird. Es bleibt dann der abzustellende Cylinder mit den ausgelaugten Schnitzeln und, anstatt mit Wasser, mit Luft gefüllt, und man braucht also das bisher frei ablaufende Wasser weniger. In der einen oder anderen Weise läßt sich also die nöthige Wassermenge auf diejenige reduciren, welche bei anderen Verfahrungsweisen erforderlich ist. Die Vorzüge des Diffusionsverfahrens bestehen in der großen Einfachheit und in Reinlichkeit der Arbeit, den geringen Verlusten, dem Wegfall der Preßbleche, Tücher u.s.w., sowie des größten Theiles der Handarbeit, ferner in einer erheblichen Verringerung der Kosten für die erste Einrichtung wie für die Betriebskraft. Dagegen erfordert es eine sorgfältige und ununterbrochene Beaufsichtigung, zur Vermeidung größerer Zuckerverluste, welche übrigens bei allen Methoden nothwendig seyn dürfte, wenn sie gute Resultate liefern sollten. Auch sind Abänderungen, wenn einmal die regelmäßige Arbeit im Gange ist, nur selten erforderlich. Die Schnitzeln müssen möglichst gleichmäßig und so dünn wie möglich seyn, wenn der Zucker bis auf die geringsten Mengen gewonnen werden soll; allerdings wird der Saft weniger rein, da die zerrissenen Zellen ihren Saft unverändert, und nicht, wie die unverletzten, durch Osmose gereinigt liefern. Ein anderer wichtiger Umstand ist die Gleichmäßigkeit der Temperatur in den neu beschickten Cylindern. Deßhalb muß beim Einmaischen alle Sorgfalt angewandt werden. Kalk zuzusetzen, ist bei normaler Arbeit ganz überflüssig; wenn aber durch irgendwelche Ursachen ein Aufenthalt nothwendig wird, so empfiehlt sich ein geringer Kalkzusatz für jeden Cylinder oder zum Wärmsaft. Die Verdünnung des Rübensaftes bis zur Scheidung kann im Durchschnitt als etwa 1/3 betragend angenommen werden, d.h. einer Verminderung von beispielsweise 15 Proc. auf 10 Proc., entsprechend einem Eintritt von 50 Proc. Wasser gleichkommend. Die Rückstände von der Diffusion entsprechen in dem Zustande wie sie aus den Cylindern kommen, etwa 4/5 des Rübengewichtes; sie enthalten natürlich sehr viel Wasser. Nach einiger Zeit des Lagerns haben sie jedoch viel Wasser verloren, wie folgende Zahlen beweisen: Textabbildung Bd. 200, S. 134 Verarbeitete Rüben; Preßrückstände; Diffusionsrückstände; Gesammt-Trockensubstanz; Salze; Stickstoff; Zucker (Dieß entspricht 18 Proc. Preßrückständen und 70,75 Proc. Diffusionsrückständen.) Der Zuckerverlust in den Rückständen besteht aus der Summe des Zuckers in den ausgelaugten Schnitzeln und desjenigen in dem Ablaufwasser. Die Bestimmung dieser Zuckermengen ist wegen ihrer Kleinheit schwierig. Eine gute Arbeit liefert Ablaufwasser von höchstens 0,1 Proc. Zucker, entsprechend 0,15 Proc. des Rübengewichtes, und Schnitzel von 0,1 bis 0,4 Proc., entsprechend 0,08 bis 0,3 Proc. der Rüben. Der Gesammtzuckerverlust würde sich hiernach auf 0,2 bis 0,5 Proc. vom Rübengewicht beziffern, welche Zahl bei mangelhafter Arbeit oder bei zu starker Verarbeitung aber auch sich bemerklich steigern kann. Bodenbender hat aus seinen vergleichenden Untersuchungen der Rückstände und Producte folgende Schlüsse abgeleitet: 1) Der Diffusionssaft enthält wesentlich weniger Albumin- und Extractivstoffe; es findet also wirklich Osmose und eine Saftreinigung statt. 2) Die Temperatur, bei welcher die Osmose ausgeführt wird, wirkt nicht auf die Intercellularstoffe. 3) Die Pektose wird nicht in lösliche Verbindungen übergeführt. 4) In Folge des geringeren Gehaltes der Säfte an Albuminstoffen müssen die Rückstände reicher daran seyn und einen höheren Nahrungswerth besitzen. Dazu kommt 5) die völlige Abwesenheit jeder Spur von Rübefaser in dem Diffusionssafte, ein Vortheil vor allen anderen Verfahren, welcher sehr hoch anzuschlagen ist. Endlich mögen hier die Resultate der mikroskopischen Untersuchung von ausgelaugten Rübenschnitzeln folgen, welche Wiesner mitgetheilt hat. Dieselbe hat ergeben, daß die Rückstände der Diffusion fast durchweg aus unverletzten Zellen bestehen, welche noch, wie in der Rübe, im innigsten Verbande stehen; bloß die die Schnitzel begrenzende äußerste Schichte enthält zerrissene Zellen, in welchen sich mikrochemisch kein Zucker mehr nachweisen läßt, während die Eiweißkörper darin noch in ihrer ursprünglichen Lage liegen. Die Intercellularsubstanz ist noch ganz unaufgequollen, ja selbst der Gerbstoff ist noch vorhanden. Erst beim Kochen quillt die Intercellularsubstanz auf. Hiernach sind die Vortheile des Diffusionsverfahrens hauptsächlich darin zu suchen, daß die Herausführung des Zuckers aus geschlossener Zelle, deren Protoplasma innerhalb der Zellenmembran verbleibt, und außerdem bei einer Temperatur erfolgt, bei welcher die Intercellularsubstanz noch nicht quillt; der Austritt des Zuckers wird daher nicht erschwert, und die Bildung löslicher Pektinkörper wird unmöglich. Wegen ihres hohen Wassergehaltes hielt man lange Zeit die Diffusionsrückstände für ungeeignet zur Anwendung als Viehfutter. Die Erfahrung hat aber das Gegentheil bewiesen. Einestheils ist die Beschaffenheit der Schnitzel eine derjenigen der Rüben ähnliche, die Assimilation erleichternde, anderntheils verlieren sie beim Aufbewahren in Haufen oder Miethen unter dem Drucke einer Erdschichte, so viel Wasser und treten in ein solches Stadium der Säuerung, daß sie nach einiger Zeit solcher Aufbewahrung nicht mehr mit den frisch entleerten Schnitzeln zu vergleichen sind. Sie stellen nun ein durch vielfache Praxis bewährtes vortreffliches Viehfutter dar, welches allerdings in entsprechender Weise verwendet werden will. Es liegen Beweise vor, wornach die Rückstände von derselben Rübenmenge werthvoller sind, wenn sie durch Diffusion als wenn sie durch Pressen gewonnen sind. Indessen ist der Transport der Schnitzel stets lästig wegen ihrer großen Menge, da sie auch nach längerem Lagern noch etwa 70 Proc. des Rübengewichtes darstellen. Es sind daher vielfache Versuche gemacht worden, dieses Gewicht durch Auspressen zu vermindern. Die Schöttler'schen Pressen erfüllen von allen in Vorschlag gebrachten am besten den Zweck. Sie sind einfach, wenig kostspielig, bedürfen keiner Tücher oder Säcke, wenig Handarbeit und reduciren die Rückstände auf 16 bis 18 Proc. vom Rübengewicht. Will man diese äußerste und viele Pressen beanspruchende Grenze nicht erreichen, sondern sich etwa mit 25 Proc. begnügen, so hat die Arbeit keinerlei Schwierigkeit. In den Fabriken welche diese Pressen aufgestellt haben, preßt man damit übrigens nur denjenigen Antheil der Rückstände aus, welcher für weiten Transport bestimmt ist, und miethet die übrigen Schnitzel ungepreßt ein.

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Tafel Tab. III
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