Titel: Zur Bestimmung der Kohlensäure im Brunnenwasser; von Carl Knapp.
Fundstelle: Band 200, Jahrgang 1871, Nr. LXXXIV., S. 311
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LXXXIV. Zur Bestimmung der Kohlensäure im Brunnenwasser; von Carl Knapp. Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, 1871, Bd. CLVIII S. 112. Knapp, über Bestimmung der Kohlensäure im Brunnenwasser. Zur Bestimmung der freien Kohlensäure im Wasser wurde von Hrn. Prof. v. Pettenkofer ein Verfahren vorgeschlagen,Polytechn. Journal, 1862, Bd. CLXV S. 118; Fresenius' analytische Chemie, 5. Auflage S. 905. das an Einfachheit und Schnelligkeit der Ausführung alle früher gebrauchten Methoden übertrifft. Es beruht auf den gleichen Principien, wie v. Pettenkofer's Kohlensäurebestimmung der atmosphärischen Luft. Brunnenwasser wird mit Chlorcalciumlösung, Salmiak und darauf mit einem bestimmten Maaß Kalkwasser von bekanntem Gehalt versetzt. Nachdem die gemischte Flüssigkeit zwölf Stunden gestanden hat, wird der gelöst gebliebene Theil des Kalkes mit einer Oxalsäurelösung zurücktitrirt, von der jeder Kubikcentimeter 0,001 Grm. Kohlensäure entspricht Diese Oxalsäurelösung wird erhalten durch Auflösen von 2,8636 Grm. krystallisirter Säure zu einem Liter. Der Punkt der völligen Neutralisation des Kalkwassers wird erkannt durch Reaction auf empfindliches Curcumapapier. Ein Nachtheil der Methode ist jedoch das zwölfstündige Warten, das durch die Eigenschaften des amorphen kohlensauren Kalkes nöthig wird. Dieser ist bekanntlich in Wasser löslich, reagirt alkalisch, und wird durch die verdünnte Oxalsäure zersetzt. Nach längerem Stehen oder sofort beim Kochen nimmt er krystallinische Form an, und ist dann ohne Einfluß auf die Titrirung mit Säure. Dieser störende Einfluß des amorphen kohlensauren Kalkes war bereits bei der Kohlensäurebestimmung in der atmosphärischen Luft von v. Pettenkofer wahrgenommen worden, er hatte deßhalb statt des Kalkwassers Barytwasser angewendet, weil der kohlensaure Baryt den wesentlichen Vortheil bietet, daß er nicht alkalisch reagirt und von der verdünnten Oxalsäure nicht angegriffen wird. Von Fr. Mohr Zeitschrift für analytische Chemie, Jahrg. III, Heft 1. wurde nun diese Verbesserung der Methode auf die Bestimmung der Kohlensäure in Mineral- und anderen Wässern übertragen. Mohr zeigte durch Versuche mit doppelt-kohlensaurem Natron, daß mit Barytwasser die Kohlensäure von Bicarbonaten genau bestimmt werden kann. Aehnliche Versuche wurden hier ausgeführt und ergaben in Uebereinstimmung mit den Angaben von Mohr Folgendes: In ausgekochtem destillirtem Wasser wurde ein bestimmtes Maaß Kohlensäure gelöst; 100 K. C. dieses Wassers wurden mit Barytwasser versetzt und dann mit Oxalsäure oder Schwefelsäure von bekanntem Gehalt zurücktitrirt. Es wurde hierdurch der berechnete Gehalt des Wassers an Kohlensäure wiedergefunden, und es erwies sich als gleichgültig, ob man das Wasser sofort nach dem Zusatz von Barytwasser titrirte, oder erst nach längerem Stehen oder nach dem Erhitzen bis zum Sieden. Es fand sich immer dieselbe Menge Baryt durch Kohlensäure gebunden. In gleicher Weise ergab sich, als man eine sehr verdünnte Lösung von kohlensaurem Natron (1,000 Grm. im Liter) mit Salzsäure genau neutralisirte und die dadurch frei gewordene, im Wasser gelöste Kohlensäure bestimmte, der berechnete Kohlensäuregehalt des Natronsalzes. Als man jedoch im hiesigen Brunnenwasser die freie Kohlensäure mit Barytwasser messen wollte, zeigte sich, daß man zur Zurücktitrirung genau so viel Oxalsäure nöthig hatte, als dem zugesetzten Barytwasser entsprach. Das Wasser schien demnach keine Kohlensäure zu enthalten. Wurde jedoch dieses Wasser in einem Kolben ohne Zusatz von Baryt erhitzt, so trübte es sich, Kohlensäure entwich und es zeigte sich dann ein Absatz von kohlensaurem Kalk. Die auffallende Erscheinung, daß diese Kohlensäure nicht von Baryt angezeigt wurde, konnte nur von dem Kalkgehalt des Wassers herrühren. Man hatte es hier offenbar wieder mit dem amorphen kohlensauren Kalk zu thun. Je 500 K. C. Wasser von der hiesigen Thalkirchner Leitung wurden mit Chlorbaryumlösung und darauf mit Barytwasser versetzt. Eine Portion wurde sofort zurücktitrirt und dazu gerade so viel Säure gebraucht, als das Barytwasser vorher zur Neutralisation nöthig hatte. Der Kohlensäuregehalt schien demnach gleich Null. Eine zweite Portion wurde gekocht und nach dem Abkühlen titrirt. Die Titrirung ergab einen Gehalt von 0,129 Grm. CO² in 1000 K. C. Eine dritte Portion wurde nach achtstündigem Stehen titrirt und ergab 0,106 Grm. in 1000 K. C. Eine vierte Portion nach dreißigstündigem Stehen titrirt ergab 0,112 Grm. in 1000 K. C. Man sieht hieraus, daß der amorphe kohlensaure Kalk, der durch den Zusatz von Baryt gefällt worden, nur sehr allmählich krystallinisch wird und sich dem zersetzenden Einfluß der Säure entzieht. Aber auch der kohlensaure Baryt scheint durch die Anwesenheit von kohlensaurem Kalk in seinen Eigenschaften etwas verändert zu werden. Denn während beim Zusatz von Barytwasser zu kohlensaurem destillirtem Wasser sofort ein Niederschlag entsteht, bringt in dem Brunnenwasser erst ein Ueberschuß von Barytwasser einen Niederschlag hervor, und eine geringere Menge Barytwasser bewirkt entweder gar keine, oder nur eine schwache Trübung. Um diesen Einfluß des Kalkes direct festzustellen, wurden 100 K. C. der Kohlensäurelösung, die durch Einleiten von Kohlensäure in destillirtes Wasser hergestellt war, mit Chlorbaryum und 5 K. C. Gypslösung und darauf mit Barytwasser versetzt. In dem reinen Kohlensäurewasser wurden in Uebereinstimmung mit der Rechnung 15,0 Milligrm. CO² in 100 K. C. gefunden. In dem mit Gyps verletzten wurden durch sofortige Titrirung nur 4,8 Milligrm. CO² in 100 K. C. angezeigt. Es ist also klar, daß man bei der Bestimmung der Kohlensäure in einem kalkhaltigen Wasser denselben Schwierigkeiten begegnet, ob man zur Sättigung der Kohlensäure Kalkwasser oder Barytwasser anwendet; man hat in beiden Fällen mit den Löslichkeitsverhältnissen der amorphen Salze zu kämpfen. Bei Wasser, das wenig Magnesia enthält, beseitigt man diese Schwierigkeiten am Einfachsten durch Erhitzen des Wassers nach dem Zusatz von Baryt. Bei Wasser mit größerem Magnesiagehalt wird man die von v. Pettenkofer schon angegebenen Vorsichtsmaßregeln beachten müssen.