Titel: Ueber die Erfolge des Ellershausen-Processes in Nordamerika; von Dr. G. Klüpfel, Hütteningenieur zu Mathildenhütte bei Harzburg.
Fundstelle: Band 200, Jahrgang 1871, Nr. CIII., S. 376
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CIII. Ueber die Erfolge des Ellershausen-Processes in Nordamerika; von Dr. G. Klüpfel, Hütteningenieur zu Mathildenhütte bei Harzburg. Klüpfel, über Anwendung des Ellershausen-Processes in Nordamerika. Der Ellershausen-Proceß zur Stabeisenfabrication – über welchen im polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCV S. 458 ausführlich berichtet wurde – ist in Amerika zur Zeit im Ganzen nur auf vier Hütten in mehr oder weniger regelmäßiger Ausübung, nämlich außer der Hütte von Schönberger und Blair in Pittsburg noch bei Lyon, Short und Comp. in Pittsburg, bei der Westerman Iron Comp. in Sharon und mit der neuesten und besten mechanischen Einrichtung bei Burden und Sohn in Troy. Der Verfasser hat drei dieser Hütten besucht. Das Ergebniß der Beobachtungen, welche er dabei machte, läßt sich in folgenden Sätzen zusammenfassen: „Die ursprüngliche Absicht von Ellershausen, das Puddeln durch einen einfacheren und weniger kostspieligen Proceß zu ersetzen, ist vollständig mißlungen. Die Ellershausen'schen pig plooms müssen ganz vollständig gepuddelt werden (nicht bloß Luppen gemacht), wenn sie auch sehr dick einschmelzen. Hingegen hat der Proceß vielleicht einigen Werth als Fein-Methode. Seine Vortheile sind aber dann nur im Vergleich mit den Feinherden, wie sie früher Mode waren (in Low Moor noch jetzt), zu betrachten.“ Bei Schönberger und Blair wird als Einstreu-Erz ein eckig gemahlener reiner Brauneisenstein benutzt. Der Drehtisch hat 20 Fuß äußeren Durchmesser. Der Ring wird einfach durch radial gestellte Gußplatten in die einzelnen Formen eingetheilt. Diese Platten sind in ihrer aufrechten Stellung nur durch den Boden festgehalten, der aus den Abfällen der vorigen Charge besteht. Bei Nacht, an Sonntagen, und wenn sonst die Hohofenarbeiter keine Lust haben (besondere Arbeiter für den Apparat sind nicht angestellt), wird der Apparat nicht benutzt, sondern das Eisen wie sonst in Coquillen laufen gelassen. Das Einstreuen geht ziemlich unregelmäßig vor sich. Sobald das Abstechen vollendet ist, werden die noch rothglühenden blooms mit einer an einer beweglichen Rolle hängenden Gabel abgenommen und noch in der Gießhalle auf einen Haufen gelegt, von wo sie später in kaltem Zustande in das Walzwerk gefahren und gewogen werden. Bei Gelegenheit des Abhebens und Aufladens gibt es eine große Masse Abfall, der dann später wieder als Einstreupulver benutzt wird. Die unregelmäßige Masse der pig blooms ist schwer zu beschreiben; Roheisen und Erz sind aber darin noch vollständig getrennt; nur ist das Roheisen, welches in Coquillen gegossen noch hellgrau ist, weiß geworden. Im Durchschnitt nimmt man an, daß die pig blooms zu 3/4 aus Roheisen und zu 1/4 aus Erz bestehen. Der Einsatz in die Puddelöfen, welcher bei Roheisen 475 Pfd. beträgt, ist bei pig blooms auf 700 Pfd. festgestellt, und es werden eben so viel Chargen gemacht, wie vorher, d.h. fünf bis sechs in 12 Stunden. Nach der Angabe des Betriebsbeamten erhält man an Rohschienen so viel, als Roheisen in den blooms enthalten war, und die Production eines gewöhnlichen Puddelofens hat sich auf 3600 bis 4000 Pfd. pro Schicht erhöht. Der Lohn der Puddler pro Tonne Rohschienen (6 1/2 Doll.) hat nicht herabgesetzt werden können. Nach Angabe des Beamten wird aber die Gesellschaft durch die Mehrproduction und die bessere Qualität des Eisens reichlich entschädigt. Thatsache ist, daß die Rohschienen aus pig blooms viel schöner und glätter aussehen, als die aus den gewöhnlichen Puddelöfen. In der Hütte von Lyon, Short und Comp. in Pittsburg, welche keine Hohöfen hat, schmilzt man das Eisen in einem Flammofen und läßt es aus demselben auf den Drehtisch laufen. 100 Pfd. Roheisen + 11 Pfd. Brauneisenstein von 58 Proc. Gehalt liefern hier 95 Pfd. Rohschienen. Der Zusatz von 11 Proc. Einstreu-Erz wurde auf dieser Hütte nach vielfachen Versuchen als das zweckmäßigste Verhältniß erkannt. Bei einem höheren Procentsatz erhält man zu viel Calo. In den Puddelöfen macht man in 24 Stunden 11 Chargen, und der Einsatz beträgt bei Roheisen 450 Pfd., bei pig blooms 600 Pfd. Auch hier wird der Vortheil des Processes nicht in geringeren Productionskosten, sondern in der verbesserten Qualität des Productes gefunden. Es werden hier eine Masse von kleineren Artikeln unmittelbar aus den Luppen geschmiedet, wie bei einem Frischfeuer. Bei Burdon und Sohn in Troy ist die maschinelle Vorrichtung weit vollkommener. Der Drehtisch hat hier 28 Fuß äußeren Durchmesser. Die Ringplatte ruht, wie bei den übrigen Anlagen, auf Rollen, die fest in Lagern auf gußeisernen Bodenplatten befestigt sind. Unten an die Ringplatte ist ein gußeiserner Zahnkranz angeschraubt, der in ein kleines Getriebe einer nebenan an der Wand der Gießhalle stehenden, sehr schnell gehenden kleinen Dampfmaschine eingreift. Die auf der Ringplatte liegenden Coquillen, welche drei concentrische Reihen bilden, werden, sobald sie voll sind, mit einem kleinen Krahn, welcher neben der Maschine an der Wand der Gießhalle steht, abgehoben und ausgeleert. Auch die Einstreu-Vorrichtung ist hier besser und mit einer Regulirtrommel versehen, die selbst wieder mit dem Getriebe der Dampfmaschine in Verbindung steht, so daß, je schneller der Tisch sich dreht, desto mehr Erzpulver darauf fällt. Das Einstreu-Pulver ist hier der Magneteisenstein vom Lake Champlain, welcher nicht gemahlen zu werden braucht, da es bei seiner körnigen Structur auf der Erzhalde immer Abfall genug gibt, der nur ausgesiebt zu werden braucht. Im Drehtisch fand fast der ganze Abstich von ca. 150 Ctr. Platz. Das Erz soll auch hier ungefähr 1/4 des Ganzen ausmachen. Nach Angabe des Beamten liefert der Ellershausen-Proceß bei gleichem Verbrauch von Magneteisenstein, der ja auch beim gewöhnlichen Puddeln bis zu 25 Proc. zugesetzt wird, 9 Proc. Rohschienen mehr. Dem widerspricht aber die Thatsache, daß der Apparat sehr selten im Gange ist, während er doch schon über ein Jahr fertig war. Nach der Ansicht des Verfassers wird die Sache wohl so seyn: die gute Qualität des Eisens von Troy läßt schon bei dem gewöhnlichen Puddelproceß nichts zu wünschen übrig, und deßwegen kommt eben bei irgend welchem Feinproceß kein besonderer Vortheil heraus. In den Puddlerlöhnen ist durch den Ellershausen-Proceß in keinem der vier Werke, wo er eingeführt ist, eine Ersparniß erzielt worden. (Berg- und hüttenmännische Zeitung, 1871, Nr. 6).