Titel: Die Phosphorbronze von Montefiori-Levy und Kimtzel.
Fundstelle: Band 200, Jahrgang 1871, Nr. CIV., S. 379
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CIV. Die Phosphorbronze von Montefiori-Levy und Kimtzel. Ueber Phosphorbronze. Schon seit geraumer Zeit weiß man, daß beim Schmelzen der Bronze die dabei stattfindende Oxydation nachtheilig wirkt, und man hat daher ziemlich allgemein das Umrühren der geschmolzenen Legirung mit frischem Holze eingeführt, wodurch sowohl eine gleichförmigere Mischung der Bestandtheile als auch eine theilweise Reduction des etwa beim Schmelzen zuerst gebildeten Oxydes herbeigeführt wurde. Doch erwies sich dieses Verfahren in der letzteren Richtung als unzulänglich, und man war daher bemüht andere reducirende Agentien anzuwenden. Unter diesen wurde auch das Zink versucht, welches als sehr leicht oxydirbares Metall dem gebildeten Zinnoxyd den Sauerstoff entzog und hierbei ein sehr leichtes, auf der Oberfläche der Legirung schwimmendes Oxyd lieferte. Durch die Flüchtigkeit des Metalles ist jedoch die Wirkungsweise desselben eine ungleichförmige. Es mußten demnach andere Substanzen in den Kreis der Versuche gezogen werden, wobei man auch auf den Phosphor verfiel. Die Anwendung des Phosphors als Desoxydationsmittel soll stets sehr gleichartige Resultate geben. Die fortgesetzten Versuche, welche hierüber angestellt wurden, haben jedoch zur Erkenntniß der außergewöhnlichen und unerwarteten Eigenschaften geführt, welche die Bronze durch den Zusatz von Phosphor erhält. Die Farbe der Legirung wird viel wärmer und dem roth karatirten Golde ähnlich, das Korn des Bruches wird dem des Stahles ähnlich, die Elasticität steigt um 80 Proc., die absolute Festigkeit um 170 Proc. Nach den von Montefiori-Levy und Kimtzel gemachten Versuchen gab die mit Phosphor geschmolzene Bronze nach dem langsamen Erkalten ungleich günstigere Resultate als die gewöhnliche, und zwar verhielt sich die absolute Festigkeit wie 274 : 100. Die Härte der Phosphorbronze ist so bedeutend, daß die zur Bearbeitung gewählten Instrumente aus besonders hartem Stahle angefertigt seyn müssen. Die geschmolzene Legirung ist sehr dünnflüssig, dringt gut in alle Details der Formen und wiewohl der Schmelzpunkt der Legirung nicht bedeutend von dem der gewöhnlichen Bronze abweicht, so kann doch bei niedrigerer Temperatur gegossen werden, da die Masse dünnflüssig ist. Alle von den Entdeckern der Legirung angegebenen Daten über die Festigkeit der Legirung wurden durch gewissenhafte Versuche, welche an Stäben von 10 Zoll Länge und von 1 Quadratzoll Querschnitt mit Hülfe der hydraulischen Presse ausgeführt wurden, erhoben. Die einzelnen Barren wurden analysirt und nachdem die chemische Zusammensetzung und Dichte festgestellt war, zerrissen, die Verlängerung der Barren unter Einwirkung der Presse von 500 zu 500 Kilogrm., die bleibende Verlängerung von 2000 zu 2000 Kilogrm. constatirt. Endlich wurden auch aus beiden Legirungen Geschütze und zwar Sechspfünder angefertigt, welche durch Ueberladung erprobt wurden. Hierbei erwies sich die Phosphorbronze der gewöhnlichen Legirung so über legen, daß die daraus gegossenen Geschütze bereits außer Gebrauch gesetzt werden mußten, während die aus Phosphorbronze gefertigten noch brauchbar waren. Besonders geeignet scheint die neue Legirung zur Herstellung gewisser Bestandtheile an den Handwaffen, wie dieß besonders durch die Einführung derselben in den belgischen Waffenfabriken zur Erzeugung der Comblain-Gewehre erwiesen wurde. Die mit solchen Waffen zu Lüttich ausgeführten Schießversuche fielen, trotz der bedeutenden Ueberladung (man hatte nämlich die Ladungen in verschiedenen Abstufungen von 5 Grammen Pulver und 1 Kugel, bis zu 30 Grammen Pulver und 15 Kugeln vorgenommen) sehr befriedigend aus. Nach einer Zeitungsnotiz werden in Belgien von einer, unter dem Vorsitz des Grafen von Flandern tagenden Commission Versuche über die Verwendbarkeit der Legirung zu Cavallerie-Carabinern abgeführt; man denkt sogar daran, dieselbe statt des Gußstahles zu Geschützen zu verwenden, welche allen Anforderungen entsprechen sollen. Gillieaux, Hüttenmeister zu Charleroi, hat bei einem mächtigen Walzwerke Lager im Gewichte von 160 Kilogrammen per Stück eingesetzt, welche trotz des fortwährenden Betriebes des Walzwerkes durch sechs Monate keinen Schaden gelitten haben. Einen gleichen Erfolg erzielte die Firma Blondiaux zu Ly-le-Château. Bei den Hohöfen von Ongrée hatte man einen, oft an anderen Orten beobachteten Uebelstand bemerkt, nämlich die Oxydation der Bolzen an den Dampfcylindern; man ersetzte sie durch andere, die aus Phosphorbronze erzeugt waren und sich vollkommen widerstandsfähig zeigten. Auch denkt man daran, bei den Dampfmaschinen alle jene Theile der Kolben, welche einer starken Reibung unterworfen sind, aus diesem Material zu erzeugen, indem die Reibung der Bronze auf Guß eine geringere ist. Es sollen Versuche angestellt werden, die neue Bronze zur Construction von Autoclaven und anderen Dampfapparaten statt Eisenblech zu benutzen, auch ist die Herstellung von Glocken aus diesem Material zulässig, indem der Schall ein sehr klarer ist. Die neue Bronze ist außerdem wegen ihres warmen Farbtones und ihrer Härte besonders geeignet zur Herstellung von Statuen, Schmuck- und Decorationsgegenständen. Als wesentlicher Vortheil ist hervorzuheben, daß man der älteren Bronze durch Umschmelzung mit einer kleinen Menge Phosphor die früher erwähnten ausgezeichneten Eigenschaften ertheilen kann. (Wochenschrift des nieder-österreichischen Gewerbevereines, 1871, Nr. 19.) Nachschrift. Wir ergänzen den vorstehenden Aufsatz durch nachfolgende Mittheilungen über die bisherigen Anwendungen von phosphorhaltigem Kupfer und dessen Legirungen. Dr. John Percy berichtet in seiner Metallurgie,Deutsche Bearbeitung von Dr. Fr. Knapp, ersten Bandes zweite Hälfte, S. 471. daß eine Anzahl von ihm vorbereiteter Sorten Kupfer verschiedenen Ursprunges von Sir Henry James in Bezug auf ihr Verhalten zum Seewasser untersucht wurde, wobei ein Gehalt an Phosphor als ein wahres Schutzmittel des Kupfers gegen Seewasser erschien, so daß die Admiralität Anlaß nahm, Geldmittel zur Verfolgung dieser Erfahrung zur Verfügung zu stellen. Phosphorhaltiges Kupfer wurde unter Dr. Percy's Aufsicht von J. B. Marrian in Birmingham aus Best-selected-Kupfer durch Eintragen von Phosphor in kleinen Stücken in das geschmolzene Kupfer dargestellt, wobei man (um das Eisen auszuschließen) mit einem Kupferstabe umrührte. Man erhielt so ein an Phosphor (9 Proc.) reiches Phosphorkupfer als Zwischenproduct, welches man wiederum in einem zu den Versuchen geeigneten Verhältniß mit Best-selected-Kupfer zusammenschmolz und in Barren zum Auswalzen goß. Solches Phosphorkupfer ist nicht gut bei dem üblichen Hitzegrade walzbar, besser bei mäßigerer Hitze oder in der Kälte. Das davon in dem Clifford'schen Walzwerk erzeugte Blech, bei der Analyse den beabsichtigten Gehalt von 1/2 Procent Phosphor ergebend, wurde in drei verschiedenen Docks dem Seewasser ausgesetzt. Wie man später erfuhr – denn die betreffenden Beamten verhinderten die regelmäßige Durchführung und Fortsetzung dieser Versuche – so zeigten die Bleche von Phosphorkupfer doppelt so viel Widerstand als die gewöhnlichen, indem eines derselben 12 1/4 Unzen an Gewicht verlor, während dieser Verlust bei einem Blech von Chatham-Kupfer unter ganz gleichen Umständen 29 3/4 Unzen betrug. Percy fügt aber bei: „Im Jahre 1857 nahmen A. und H. Parkes ein Patent auf die Verbesserung von Kupfer und Kupferlegirungen zu Schiffsbeschlägen durch Phosphor, welches Patent wahrscheinlich durch die eben erwähnten Versuche veranlaßt wurde. Versuche in großem Maaßstabe mit einer gelben Kupferlegirung, die man mit Phosphor versetzte, gaben übrigens ein negatives Resultat.“ Schon im Jahre 1848 ließen sich A. und H. Parkes in Birmingham verschiedene phosphorhaltige Metalllegirungen patentiren, welche sich dadurch auszeichnen, „daß sie in geschmolzenem Zustande sehr dünnflüssig, im erstarrten sehr dicht und fest erscheinen, ferner daß sie der Oxydation durch Wasser und Luft weniger unterworfen sind als die Metalllegirungen ohne Phosphor.“ Solche Metalllegirungen für Röhren, Futterale und Scheiden aller Art, Walzen für den Kattundruck, Verzierungen und Figuren, wurden nach der Patent-Specification im polytechn. Journal, 1850, Bd. CXVI S. 78 mitgetheilt. Nach A. W. Wills' MittheilungPolytechn. Journal, 1866, Bd. CLXXIX S. 375. hat Parkes seit jener Zeit mehrere (nicht veröffentlichte) Patente auf Abänderungen und Verbesserungen seines ursprünglichen Verfahrens erhalten und seit 1866 wird die Fabrication von phosphorhaltigem Kupfer – mit 1/8 bis 1/2 Proc. Phosphorgehalt – auf den ausgedehnten Werken der Stephenson Tube Company zu Birmingham, mit welcher der Patentirte in Verbindung getreten ist, mit Erfolg betrieben. Die Legirung läßt sich sowohl im heißen als im kalten Zustande schmieden, ziehen und walzen, und ihre erfolgreiche Verwendung zur Fabrication von Röhren, Druckwalzen, Schiffsbeschlägen und zu verschiedenen anderen Zwecken liefert den Beweis, daß sie die von Parkes ihr als charakteristisch zugeschriebenen Eigenschaften – nämlich große Härte und Homogenität, feine und gleichartige Textur und bedeutende Zähigkeit – wirklich besitzt. In Folge dieser Eigenschaften wird sie vorzugsweise zur Anfertigung großer Walzen für den Zeugdruck angewendet. In der Versammlung der British Association i. J. 1865 berichtete Prof. F. A. Abel, Chemiker des brittischen Kriegsdepartements, über Versuche, welche er angestellt hatte um zu ermitteln ob phosphorhaltiges Kupfer ein besseres Material für Geschützrohre liefert, als die zu diesem Zwecke allgemein angewendeten Legirungen.Ebendaselbst S. 374. Bei seinen Versuchen über die Festigkeit des phosphorhaltigen Kupfers brach ein Kupferzain von 1 Quadratzoll Querschnitt bei einer Belastung von ungefähr 25000 Pfund, ein gleicher Zain von Kanonenmetall bei einer solchen von 32000 Pfund, während dazu bei einem aus Kupfer mit 0,5 Proc. Phosphor bestehenden Zaine 38389 Pfd., und bei einem solchen aus Kupfer mit 1,4 Proc. Phosphor über 47000 Pfd. erforderlich waren. Obgleich diese Versuche die weit größere Zähigkeit des phosphorhaltigen Kupfers außer Zweifel stellten, so war die Verwendung dieser Verbindung zum Geschützgusse doch durch praktische Schwierigkeiten verhindert. Die in Lüttich von einer belgischen Commission unternommenen Versuche über die Verwendbarkeit der neuen Phosphorbronze für Geschütze, insbesondere gezogene, sind noch nicht zum Abschluß gebracht; wir entnehmen daher einem vorläufigen Bericht über dieselben (im Engineer vom 8. Juli 1870, S. 17) nur, daß sich als ein wichtiger Vortheil bei der Anwendung der neuen Bronze die außerordentliche Homogenität derselben herausgestellt hat, sowie der Umstand daß es durchaus nicht nothwendig ist, mit einem verlorenen Kopfe zu gießen. Die Redaction d. p. J.