Titel: Ueber die Zusammensetzung einer aus Frankreich bezogenen Schlichtemasse für Baumwollzeuge &c.; von Dr. C. Finckh.
Fundstelle: Band 201, Jahrgang 1871, Nr. XLVIII., S. 173
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XLVIII. Ueber die Zusammensetzung einer aus Frankreich bezogenen Schlichtemasse für Baumwollzeuge &c.; von Dr. C. Finckh. Finckh, über eine französische Schlichtemasse für Baumwollzeuge etc. Von dem Besitzer einer inländischen mechanischen Baumwollweberei wurde mir eine Partie dieser Schlichte, welche sich als vortrefflich bewährte, zur chemischen Untersuchung zugestellt, deren Resultate ich hiermit der Oeffentlichkeit übergebe. Die schwach gelblichweiße breiige Masse erweist sich unter dem Mikroskop als ein Gemenge von Weizenstärke im unversehrten und aufgequollenen Zustande neben kleinen Mengen von Zellstoff, suspendirt in einer farblosen Flüssigkeit. Die Reaction der Masse ist alkalisch. Beim Erhitzen schäumt sie stark auf; die sich entwickelnden Wasserdämpfe riechen schwach nach ranziger Butter und Theer. Mit Wasser in einer Retorte destillirt, gingen wesentliche Mengen eines anderen flüchtigen Stoffes als Wasser nicht über, auch war das Destillat vollkommen neutral. Erhitzte man die eingetrocknete Masse stärker, so lieferte sie eine glänzende Kohle und entwickelte dabei Dämpfe, die nach verbranntem Zucker und Fett rochen. Die Kohle gab eine weiße, wenig voluminöse Asche, welche nach der damit vorgenommenen qualitativen Analyse wesentlich kohlensaures Natron war, vermengt mit kleinen Quantitäten Eisen, Thonerde, Kalk, Magnesia, Kali, Schwefelsäure, Chlor und Phosphorsäure. 50 Gramme der Masse gaben bei 100° C. getrocknet 20,6 Grm. Rückstand = 41,2 Proc. 50 Grm. derselben, mit starkem Weingeist ausgezogen und den unlöslichen Theil damit ausgewaschen, lieferten nach dem Abdunsten des Alkohols und Trocknen bei 100° C. 17,077 Rückstand = 34,154 Proc.; warm hatte derselbe Syrupconsistenz und erstarrte beim Erkalten zu einer steifen, durchscheinenden, in Wasser leicht zertheilbaren Masse, der Transparentseife ähnlich. Mit Schwefelsäure und viel Wasser zersetzt, schied sich an der Oberfläche der Schale ein theilweise bald erstarrendes Fett ab, welches durch wiederholtes Schütteln mit Benzol gelöst und in einem Scheidetrichter von der wässerigen Flüssigkeit getrennt wurde. Die Benzollösung hinterlies beim Eindampfen ein Gemenge fetter Säuren, theils fester, theils flüssiger Natur, von gelber Farbe, welche nach Capron und Caprylsäure rochen und bei stärkerem Erhitzen sich etwas verflüchtigten. Die Quantität derselben betrug nach dem Trocknen im Wasserbade in einer Platinschale 2,12 Grm. = 4,24 Proc. Der Schmelzpunkt der festen fetten Säure lag bei 42–43° C., der Erstarrungspunkt bei 37–38°. Die gelbliche Farbe derselben, ihr Geruch und die Löslichkeit in Essigäther ließen auf ihre Entstehung aus Palmöl schließen, ebenso der Schmelz- und Erstarrungspunkt der darin enthaltenen festen Fettsäure. Die vom Fett getrennte schwefelsäurehaltige Flüssigkeit wurde mit Wasser verdünnt und mit Bleioxydhydrat von der Schwefelsäure befreit. Die vom Niederschlag getrennte Flüssigkeit, zur Entfernung des gelösten Bleies mit Schwefelwasserstoff behandelt, lieferte nach dem Filtriren und Eindampfen im Wasserbade einen unkrystallinischen Syrup, welcher schwach süßlich schmeckte, alkalische Kupfertartratlösung beim Kochen nicht reducirte, sich im Mitscherlich'schen Polarisationsapparat gegen polarisirtes Licht vollkommen indifferent verhielt, für sich erhitzt verdampfte und schließlich mit hellleuchtender Flamme abbrannte, und mit saurem schwefelsaurem Kali erhitzt Dämpfe von Acrolein, Kohlensäure und Kohlenoxydgas entwickelte, Eigenschaften welche dem reinen zuckerfreien Glycerin zukommen. Von dem Alkohol ungelöst blieb Stärkemehl, welches bei 100° getrocknet 3,60 Grm. wog = 7,2 Proc. = circa 8 Proc. lufttrockener Stärke. 6,672 Grm. Schlichte eingedampft und mit Schwefelsäure verascht, gaben 0,235 Grm. fast ganz reines schwefelsaures Natron, entsprechend 3,52 Proc. = 1,98 Natronhydrat oder 7,09 krystallisirter Soda. Zieht man von dem Rückstande der alkoholischen Lösung das darin enthaltene Fett und Natronhydrat ab, so ergibt sich aus dem Rest die Menge des Glycerins : 17,07 Rückstand 3,11 Fett und Natron –––––– 13,96 = freies Glycerin = 27,92 Proc. Diese Bestimmung kann zwar auf große Genauigkeit nicht Anspruch machen, das von den Wasserdämpfen mitgerissene Glycerin kann aber höchstens 1 bis 2 Proc. betragen. Zur Darstellung der Schlichte bewährte sich folgende Vorschrift : Zwei Theile caustisches Natron und 4–5 Theile Palmöl werden mit der nöthigen Menge Wasser verseift, hierauf in mehr Wasser gelöst und mit 30 Theilen Glycerin von 30° Beck vermischt. In die erkaltete Mischung rührt man 8 Theile Weizenstärke ein und fügt schließlich Wasser zu, bis die Masse 100 Theile wiegt. Ein kleiner Zusatz von Carbolsäure schützt sie vor der Gährung; doch ist es gerathen, nicht viel Vorrath zu machen, denselben an einem kühlen Orte aufzubewahren und von Zeit zu Zeit daselbst rühren zu lassen. Die Anwendung der Masse geschieht in der Weise, daß auf 100 Pfd. Kartoffelstärkemehl 6–8 Pfd. Schlichtemasse, je nach der Qualität der Waare, genommen werden. Man kocht das Gemisch in der Schlichtmaschine mit der nöthigen Menge Wasser. Biberach, im Juli 1871.