Titel: Pyrotechnische Rundschau; von C. Schinz.
Autor: C. Schinz
Fundstelle: Band 201, Jahrgang 1871, Nr. LXI., S. 205
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LXI. Pyrotechnische Rundschau; von C. Schinz. (Fortsetzung von Bd. CXCVIII S. 395.) Schinz, pyrotechnische Rundschau. XX. Untersuchungen über die Verbrennung der Steinkohlen, von A. Scheurer-Keftner und C. Meunier. Wenn die Herren Scheurer und Meunier in ihrer Originalabhandlung über diesen Gegenstand bewiesen haben, daß sie mehr dem Scheine nach als in Wirklichkeit dem Bestreben huldigen, wissenschaftliche Wahrheiten zu ermitteln, so ist ihre (in diesem Journal Bd. CC S. 459, zweites Juniheft 1871 erschienene) Entgegnung auf meine Kritik weder eine Widerlegung dafür, noch ein Beweis ihres Strebens nach Wahrhaftigkeit. Diese Herren müssen darauf gerechnet haben, daß ihre Leser eben so oberflächlich zu Werke gehen würden wie sie selbst, sonst würden sie nicht sagen: Schinz scheint vollständig übersehen zu haben, daß wir die Gase in der ganzen Breite des Canales aufsaugten,“ während meine Kritik in den ersten Sätzen sagt: „diesem Erfordernisse haben die Verfasser zu entsprechen gesucht, indem sie eine lange Platinröhre durch den ganzen Querschnitt des Canales durchgehen ließen,“ und dann wieder auf S. 42: „die Verbrennungsproducte wurden ebenfalls in der ganzen Breite des Querschnittes des Canales— — — aspirirt.“ Aehnliche Vorwürfe werden mir in dieser Entgegnung eine Menge gemacht, welche aber ebenso unbegründet sind, doch will ich sie nicht widerlegen ehe der Text uns zu denselben führt. Gegen die Art der Schöpfung der Verbrennungsproducte habe ich zwei Ausstellungen verschiedener Natur gemacht: 1) den Mangel einer gesicherten Mischung der Gase, und 2) daß namentlich in der Nähe von Umbiegungen des Stromes, der Querschnitt des Canales nicht gleichförmig vom Strom durchzogen werde, daher eine in solchen eingesenkte Röhre zum Ansaugen der Gase schlecht angeordnet sey. Gegen die erstere Kritik wird eingewendet, daß das Probenehmen der Gase erst nach dreimaligen Umbiegungen des Canales stattgefunden habe, und daher man wohl annehmen könne, daß die Gase im Zustande gleichmäßiger Mischung gewesen seyen. Wenn die Gase so leicht mischbar wären, so würde bei Gegenwart von dem geringsten Ueberschusse an Sauerstoff die Verbrennung stets eine vollkommene seyn; das gleichzeitige Vorkommen von freiem Sauerstoffe und brennbaren Gasen in den Verbrennungsproducten beweist aber daß dieß nicht der Fall ist, und was bürgt uns dafür daß eine dreimalige Umbiegung des Stromes die vollständige Mischung herstelle, besonders wenn die Canäle wie im vorliegenden Falle einen großen Querschnitt haben. Wer daher zuverlässige Resultate gewinnen will, der muß sich vorsehen daß diese Bedingung mit Sicherheit erfüllt sey. Wer sich einmal ernstlich mit den Strömungen der Luft oder von Gasen in Canälen und Röhren befaßt hat, der weiß daß sowohl bei Querschnitts-Veränderungon als bei Umbiegungen der Strom keineswegs gleichförmig den Querschnitt einnimmt, sondern daß die elementaren Ströme sich zusammendrängen und ein Theil des Canales oder der Röhre stagnirende Luft oder Gase enthält. Textabbildung Bd. 201, S. 206 Es gestaltet sich der Strom wie in der vorstehenden Skizze; in o sind die Gase oder die Luft zusammengedrängt, in p sind sie stagnirend. Diese Gestaltung kann man beobachten, wenn man mit Rauch vermischte Luft durch durchsichtige ähnlich gestaltete Canäle ansaugt oder durchbläst, und beweisen kann man sie, wenn man die Punkte o und p mit Manometern in Verbindung bringt, indem dann diese in o eine merklich höhere Pressung als in p anzeigen, ja unter Umständen in p sogar eine Depression. Es wird daher unendlich viel darauf ankommen, ob man die Gas-Sammel- oder Aspirationsröhre in den Punkt o oder p legt. Ich wiederhole also: Es ist ganz dem Zufalle überlassen, ob diese Aspirationsröhre wirklich in den eigentlichen Strom hineinrage oder ganz oder theilweise in die stagnirenden Gase. Als äußerst oberflächlich und willkürlich, hatte ich die Folgerungen bezeichnet, welche die HHrn. Scheurer und Meunier aus den 14 Analysen von Verbrennungsproducten aus Kohlen von Ronchamp zogen. Nun werde ich angeschuldigt, meinerseits mir die größte Willkür erlaubt zu haben, indem ich eine Tabelle construirt hätte die alle Umstände welche bei der Verbrennung vorgekommen, unberücksichtigt lasse. Ich habe durchaus keine Tabelle construirt, sondern ganz einfach alle 14 Analysen die gemacht wurden, der Reihenfolge der Luftmenge folgend, unter einander gestellt, darin besteht die ganze Willkür! Es wird nun eine neue Tabelle aufgestellt, sehr weislich ohne den nicht verbrannten Wasserstoff in dieselbe mit aufzunehmen. Setzen wir den unverbrannten Wasserstoff wieder bei, so wird diese Tabelle: Luftmenge C aus CO u. CH = Versuchs-Nr. XI 8,393 Kub.Met. 18,55 H = 18,50 XII 8,389 Kub.Met. 18,80 23,70 IX 8,550 Kub. Met 11,90 10,50 III 8,728 Kub.Met. 6,19 I 9,525 Kub.Met. 5,85 XIII 9,920 Kub.Met. 6,80 19,50 XIV 9,919 Kub.Met. 6,30 21,60 V 15,313 Kub.Met. 3,21 17,70 II 16,182 Kub.Met. 4,97 Kein Chemiker, heißt es, werde den Werth dieser Zahlen bestreiten, noch behaupten daß die daraus zu ziehenden Folgerungen nicht begründet seyen. Diese Folgerungen, welche dann später Anwendung finden um den Wärmeverlust durch unvollkommene Verbrennung zu bestimmen, ohne die Analyse der Producte zu machen, sind: Luftmenge = 9 Kub.Met. bringen 18 Proc. C und 20 Proc. H zu Verlust. 10 12 18 12 8 15 13 6 10 14 3 7 Wer kann in den Versuchen die Luftquantitäten 12, 13 und 14 Kub.Met. finden? Wer wird glauben daß der der Verbrennung entgehende Wasserstoff 15, 10 und 7 Proc. betrage, wenn die Versuche schon bei bloß 8,5 Kub. Met. Luft im Minimum 10 und bei 10 Kub. Met. Luft 21,6 geben? Wer kann begreifen daß 14 Kub. Met. Luft nur 3 Proc. Kohlenstoff zu Verlust bringen, wenn 15,3 und 16,2 Kub. Met. deren 3,21 und 4,97 zu Verlust bringen, so daß 13 Kubikmeter Luft 6 Proc. C unverbrannt lassen, wenn 8,7 bis 9,9 Kub. Met. bereits Verluste geben welche um diese Zahl schwanken? Ich denke, mein Urtheil: Es sind wohl kaum jemals Ergebnisse von Experimenten mit größerer Willkür und größerem Leichtsinne zur Induction benutzt worden, als in diesem Falle, wo die Experimentatoren durch weitläufige Beschreibung der umständlichsten Vorsichtsmaßregeln sich den Anschein geben als hätten sie alle früheren Untersuchungen dieser Art im höchsten Maaße übertroffen,“ ist und bleibt begründet, trotzdem daß die Gewissenhaftigkeit dieser Herren sie veranlaßt hat unter den Versuchsreihen diejenigen zu eliminiren, welche ihnen nicht in dem Kram paßten. Ich will nun nochmals die ungeheure Willkür begehen, nicht eine neue Tabelle zu construiren, sondern wieder alle gemachten Analysen mit ihren Resultaten unter einander zu stellen, dießmal aber nicht nach der Reihenfolge der angewandten Luftmenge, sondern nach den freien Sauerstoffmengen, welche in den Verbrennungsproducten vorhanden gewesen, wodurch dann den HHrn. Scheurer und Meunier jeder Vorwand benommen ist, einen Theil ihrer Resultate zu eliminiren, denn das was eigentlich die Verbrennung von allem C zu CO2 und allem H zu Wasser verhindert, das ist der relative Mangel an Sauerstoff. Luft, Kub.Met. O in den Producten Verlust C = H = Versuch XII 8,389 1,41 Proc. 18,80 Proc. 23,70 Proc. XI 8,393 2,18 Proc. 18,55 Proc. 18,50 Proc. III 8,728 2,62 Proc. 6,19 Proc. Proc. IX 8,550 2,80 Proc. 11,90 Proc. 10,50 Proc. XIII 9,920 3,77 Proc. 6,80 Proc. 19,50 Proc. XIV 9,919 4,42 Proc. 6,30 Proc. 21,60 Proc. I 9,525 4,49 Proc. 5,85 Proc. Proc. VI 9,993 5,27 Proc. 7,65 Proc. 21,70 Proc. IV 9,638 5,53 Proc. 12,40 Proc. 20,70 Proc. VIII 9,920 5,53 Proc. 4,64 Proc. 22,30 Proc. X 13,195 8,99 Proc. 3,10 Proc. 6,30 Proc. II 16,182 10,48 Proc. 4,97 Proc. Proc. V 15,313 10,83 Proc. 3,21 Proc. 17,70 Proc. VII 16,086 11,35 Proc. 0,90 Proc. 18,10 Proc. Aber auch da ist keine Uebereinstimmung zu finden, und wenn auch tausend Andere die Versuche wiederholen würden, ja wenn sie dazu eine bessere Methode in Anwendung brächten als die hier befolgte, selbst die beste, so würde eine Uebereinstimmung nicht zu finden seyn, weil die ganze Anlage des Verbrennungsapparates keine Regelmäßigkeit gestattet. Aber das was man hätte finden können, das ist eine Bestimmung der Umstände, unter welchen die Verbrennung sich am günstigsten gestaltete, wie z. B. in den Versuchen III, IX und X, und dann wieder derjenigen welche zu den schlechtesten Resultaten führten, wie II, IV und VI. Der mir gemachte Vorwurf, daß ich mir nicht die Mühe gegeben hätte, im Bulletin de la Société industrielle de mulhouse alle Notizen über den in Rede stehenden Gegenstand nachzusuchen, da ich es sonst vermieden hätte eine der Wahrheit völlig widersprechende Angabe zu machen, ist ein fernerer Beweis der Wahrheitsliebe meiner Gegner. Die incriminirte Bemerkung ist: „obgleich die Versuche nur mit einer einzigen Kohlensorte angestellt sind.“ Nicht nur ist diese Bemerkung buchstäblich wahr, denn andere Analysen von Verbrennungsproducten sind nicht gemacht worden, sondern nur der Gehalt an CO2 und O bestimmt worden, und wären später auch noch andere wirkliche Analysen von Verbrennungsproducten gemacht worden, so wäre die gemachte Bemerkung dennoch wahr, denn sie kann sich nur auf diejenigen Analysen beziehen, aus welchen jene oben erwähnte unberechtigte Induction gezogen wurde. Gleich darauf kommt dann die Bemerkung: „Man begreift, daß es über unsere Kräfte ging, für jede Steinkohlensorte die zahlreichen Versuche zu wiederholen, welche wir mit der Ronchamper gemacht haben“. Dieß ist wieder ein Geständniß daß keine weiteren eigentlichen Analysen von Verbrennungsproducten gemacht worden sind. Und was dann die Kräfte anbetrifft, so hat Niemand den HHrn Scheurer und Meunier vorgeschrieben, welchen Umfang sie ihrer Arbeit geben sollen; wenn sie daher sich selbst einen Umfang vorschrieben, der über ihre Kräfte ging und durch welchen der Werth der Arbeit vereitelt wird, so ist es wohl ihre Schuld. Meine die calorimetrischen Bestimmungen betreffende Kritik hat die Entgegnung hervorgerufen: „Als Mittel der Controlle wandten wir dasselbe Verfahren an, dessen sich alle Chemiker bedienen, und das darin besteht, mehrere Versuche mit derselben Substanz zu machen und die erhaltenen Resultate zu vergleichen.“ Die Chemiker bestimmen bei der organischen Verbrennungsanalyse den Sauerstoff nur deßhalb nicht, weil sie keine Mittel dazu haben ihn mit zu bestimmen, daß aber dieß als ein Mangel von ihnen angesehen wird, zeigen die öfter sich wiederholenden Bestrebungen dem abzuhelfen. Dann ist ferner die Bedingung daß für alle zu vergleichenden Analysen die gleiche Substanz verwendet werde, keineswegs erfüllt, wenn wirklich dieselbe Probe so ungleiche Aschenmengen gibt wie die HHrn. Scheurer und Meunier gefunden, welche in einem Falle sogar eine Differenz von 20,80 – 12,49 = 8,31 Proc. ausweist. Auch die Resultate der Verbrennung sind sich für dieselben Proben außerordentlich ungleich; so gab z. B. die dritte Probe das einemal 0,0362 CO und 0,0392 H, das anderemal 0,0558 CO und 0,0580 H. Was verstehen die HHrn. Scheurer und Meunier unter Prise d'essai? Das wird nicht gesagt, und doch kann es nicht bedeuten dem Versuch unterworfene Substanz, denn sonst würde man diese Prise d'essai nicht einfach in die beobachtete calorimetrische Ablesung dividiren können, um die frei gewordene Wärmemenge aus der Gewichtseinheit zu bestimmen. Prise d'essai kann aber auch nicht bedeuten zur Verbrennung gekommene Substanz, denn in diesem Falle müßte mehr Asche in den Rückständen gefunden werden als es der Fall war. Die Kohle von Nonchamp, zweite Probe, ergab als Resultat der Analyse: C 68,65 C 87,53 H 3,97 H 5,06 Wasser 0,77 N 1,35 N 1,06 O 6,06 O 4,75 Asche 20,80 Nun sind als calorimetrische Versuchsresultate hingestellt: Textabbildung Bd. 201, S. 211 Prise d'essai; Asche; Analyse; Wärmeeinheiten per 1 Gramm Substanz; (Probequantum); Proc.; beobachtet; brutto; ohne Asche C; CO; H Dividirt man nun diese Prise d'essai in der beobachteten Wärmeproduction, so ergibt sich: 2991/0,383 = 7809 wie angegeben, und zieht man von 0,482 den angegebenen Aschenrückstand = 0,0477 ab, so erhält man 2991/0,383 – 0,0477 = 8921, ebenfalls wie angegeben. Es ist also klar, daß die Zahl 0,383 die Aschenmenge 0,0477 in sich schließt. Aber die 0,090 Rückstand an Kohlenstoff, welche wohl von 0,383 in Abzug gebracht sind, waren ursprünglich verbunden mit: H 0,0035, Wasser 0,0007, N 0,0009, O 0,0042, Asche 0,0187, die verbrannten 0,383 enthalten: Textabbildung Bd. 201, S. 211 Daher mußten in den Verbrennungsproducten sich vorfinden: H = 0,0187 = 4,88 Proc. Aq = 0,0031 = 0,81 Proc. N = 0,0049 = 1,28 Proc. O = 0,0224 = 85,85 Proc. Asche = 0,0984 = 25,69 Proc. und nur C = 0,2355 = 61,49 Proc. –––––––––––––––––––––––––––––––––––– 0,3830 = 100,00 Es findet also keinerlei Uebereinstimmung mehr mit der Zusammensetzung der verbrannten Steinkohle statt, und statt 12,49 Proc. Aschenrückstand hätten 25,69 Proc. bleiben sollen. Wären alle Verbrennungsproducte gewogen worden, so hätte man darin eine Controlle und es würde sich dann zeigen, ob es überhaupt möglich gewesen, im Verbrennungsrückstande statt die Hälfte mehr, weniger Asche zu haben, als in der Kohle vorhanden war. Die Behauptung daß die Verbrennung in Wirklichkeit mehr Wärme producire als wenn man diese Production aus den Elementen berechnet, ist daher auf keine Weise begründet und ebenso fallen alle anderen gezogenen InductioneuInductionen, da diese Versuche uns keineswegs ein Maaß der effectiven Production gegeben haben. Wenn 0,383 = 0,0031 H enthalten, so müßte 1 Gramm = 0,0081 H enthalten Wenn 0,383 = 0,23,55 C enthalten, so müßte 1 Gramm = 0,6149 C enthalten Nun geben 0,00810,6149 .. 346008080 == 2804968 W.E. u. W.E. u. 5248 W.E. statt 7809, und wenn wir die Asche abrechnen, so haben wir: 0,06460,8275 .. 346008080 == 22356686 W.E. u.W.E. u. 8921 W.E. also gleich viel wie die HHrn. S. und M. berechnen, aber indem wir 25,69 Proc. statt 12,49 Proc. Asche in Abzug bringen. Nun enthalten 100 aschenfreie Kohle = 0,8753 C u. 0,0506 H, so räsonniren die HHrn. S. u. M., daher ist die berechnete Wärmeproduction = 0,8753 . 8080 = 7072und = 0,0506 . 34600 = 1751 = 8823 W.E. davon gehen ab für 0,0606 O, die als mit Wasserstoff verbunden betrachtet, 0,0076 H der verbrennung entziehen 0,0076 . 34600 = 273 W.E. –––––––––– und es bleiben 8550 W.E. daher ist die effective Production um 8921 – 8550 = 371 W.E. = 4,1 Proc. größer als die berechnete. Da aber, wie wir gesehen haben, die im Calorimeter verbrannte Substanz H und C in einem ganz anderen Verhältnisse enthielt, nämlich 4,88 : 61,49 gegen 0,0506 : 0,8753 = 1 : 12,6 gegen 1 : 17,3 so folgt daraus, daß diese Vergleichung gänzlich unberechtigt ist. Ob der Sauerstoff in den Steinkohlen an Wasserstoff oder an Kohlenstoff gebunden sey, wissen wir nicht; wir brauchen aber dieß auch nicht zu wissen, und nicht wie die HHrn. Scheurer und Meunier drei Fälle der Verbindung in Parallele zu stellen, sondern der vorhandene Sauerstoff muß unter allen Umständen aus dem festen in den gasförmigen Zustand übergeführt werden, und zwar auf Kosten der entwickelten Wärme, daher ist der Wärmeverlust durch diesen Sauerstoff positiv = 0,0606 . 4200 = 254 W. E., da 4200 = der latenten Vergasungswärme des Sauerstoffes ist. Das ist aber nicht der einzige Verlust welcher bei der Verbrennung im Calorimeter stattfindet, sondern es entgehen der Verbrennung CO, CHx und H, die alle in Rechnung zu bringen sind, was aber in der Arbeit der HHrn. Scheurer und Meunier unterlassen ist, obgleich sie in den einleitenden Bemerkungen zu diesen calorimetrischen Versuchen als Elemente derselben aufzählen: 4) Bestimmung des Wasserstoffes welcher der Verbrennung entgeht und der per 1 Kil. 34600 W. E. hätte produciren können, und 5) Bestimmung des Kohlenoxydes welches der Verbrennung entgeht und das per 1 Kil. 2403 W. E. hätte produciren können. Auch sind diese Quantitäten, wie wir gesehen haben, bestimmt worden, nachträglich dann aber gänzlich außer Acht gelassen, was doch gewiß kein Beweis von ernstlichem Streben nach der Wahrheit ist. Wie gut die HHrn. Scheurer und Meunier das Princip der Dissociation verstehen, beweisen sie schon im Beginne ihrer Untersuchungen; sie benutzen zum Ansaugen der Gase eine Platinröhre und bemerken dabei, daß man zu diesem Zwecke sich auch einer eisernen und selbst kupfernen Röhre bedienen könne, wenn man nicht zu befürchten habe daß diese unter dem Einflusse einer hohen Temperatur oxydirt werden. Die Wahl des Platins beweist also daß sie diese höhere Temperatur zu fürchten hatten, und doch behaupten sie jetzt in ihrer Entgegnung daß die Temperatur an dem Orte wo die Gase aspirirt werden, nie 300° überstiegen hätte!! An einem anderen Orte führen sie die von Cailletet gemachten Versuche über die Verbrennungsproducte in einem FlammofenComptes rendus, t. LXIIp. 891; polytechn. Journal Bd. CLXXXI S. 291. an und sagen (pag. 204): „Diese Versuche haben gezeigt, daß um genaue Resultate zu bekommen, es absolut nothwendig ist die zu analysirenden Gase erst dann zu schöpfen wenn sie vollkommen erkaltet sind.“ Das Wesentliche aber, daß diese Abkühlung nur allmählich stattfinden dürfe und daß gerade die plötzliche Abkühlung das Mittel ist um die Gase im dissocirten Zustande zur Analyse zu erhalten, das ist ihnen nie bekannt gewesen, denn sonst hätten sie nicht auch jene Platinröhre durch einen Kühlapparat verlängert, der eine solche plötzliche Abkühlung bewirken mußte. Und doch haben Cailletet und Sainte-Claire Deville sich bündig und klar über die Wirkungsweise solcher plötzlichen Abkühlung ausgesprochen. Noch mehr, Cailletet hat auch an einem Dampfkesselofen auf 15 Meter Entfernung vom Feuerherde operirt und in den Gasen bei zwei verschiedenen Versuchen 8 und 7,3 Proc. freien Sauerstoff erhalten; als er dann aber die Gase an derselben Stelle durch eine ungekühlte Metallröhre ansog, in der sich die Gase nach und nach abkühlten, erhielt er nur noch 1,21 Proc. freien Sauerstoff. Da nun die gekühlte Aspirationsröhre der HHrn. Scheurer und Meunier auch sehr nahe an 15 Meter vom Herde entfernt war, so frage ich ob meine Kritik berechtigt sey oder nicht? Will man selbst zugeben, daß möglicherweise bei diesen Versuchen die Temperatur etwas niedriger gewesen sey als bei denen, welche Cailletet gemacht hat, so ist nicht einzusehen warum nicht dennoch dissocirte Gase zur Analyse gelangt seyen, wenn auch weniger als bei den angeführten, und unter allen Umständen ist die von den HHrn. Scheurer und Meunier gewählte Art ihre Gase anzusaugen, in Betracht vorliegender Erfahrungen, die schlechteste die sie hätten wählen können. Wer im Ernste die Wahrheit sucht und nicht bloß dem Scheine huldigt, wie das leider jetzt so häufig vorkommt, der wird nicht aus Gewissenhaftigkeit von angestellteu Versuchen ohne Princip diejenigen auslesen welche zu dem passen was er darzuthun wünscht, sondern er wird sich und Anderen eingestehen daß dieses aus den Versuchen nicht zu folgern ist; er wird nicht bei größter Breite und Weitläufigkeit der Mittheilung gerade da schweigen, wo eine Erklärung nothwendig wäre wie z. B. bei dem Worte Prise d'essai, und er wird nicht gegen eine begründete Kritik Einwendungen machen, um sein Unrecht nur noch mehr zur Schau zu stellen. Wohlwollend sollen wir gegen alle Menschen seyn, aber nicht gegen das Bestreben den Schein statt die Wahrheit zu fördern, und eine überall begütigende Höflichkeit ist nicht am Platze wo man der Wahrheit die Ehre geben will.