Titel: Ueber Systeme für Zahnrädermodelle nach Metermaaß; von Raimund Hanacek, Maschinen-Ingenieur.
Fundstelle: Band 202, Jahrgang 1871, Nr. IV., S. 8
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IV. Ueber Systeme für Zahnrädermodelle nach Metermaaß; von Raimund Hanacek, Maschinen-Ingenieur. Hanacek, über Systeme für Zahnrädemodelle nach Metermaaß. Durch die Einführung des Metermaaßes werden zur Zeit eines unvermeidlichen Uebergangsstadiums in Maschinenfabriken, die nicht schon früher vorgesorgt haben, einige Complicationen hervorgerufen. Man wird neue Objecte im Metermaaß zur Ausführung bringen, ohne jedoch sonst brauchbare Zeichnungen und Modelle mit dem alten Maaßsystem vollends zu verwerfen. Man wird sie vielmehr etwa durch vollständige Reduction der Wiener Maaße auf Metermaaße dem neuen System möglichst anzupassen und in Verwendung zu bringen suchen. Dieses wird bei allen Constructionstheilen, die nicht in Systeme gebracht sind, einfach und ohne Beschränkung durchzuführen seyn, hingegen verwickelter z.B. bei den systematisch geordneten Transmissionslagern, Supports, Kuppelungen etc. Auch bei Zahnrädern hat man mehr oder weniger Systeme (Rädersätze) geschaffen, deren Nutzen zum größten Theil bei der Umrechnung illusorisch würde und zwar darum, weil man dem Metermaaße zu Liebe neue Systeme aufstellen wird, denen die alten Modelle nicht leicht eingefügt werden können. Es ist daher um so wichtiger, rechtzeitig die Eventualität neuer Einrichtungen sorgfältig zu erwägen, um je eher je lieber allen Schwierigkeiten, die sich ergeben könnten, vorzubauen. Vor Allem drängt sich die Frage auf, ob es praktisch richtig und rathsam sey, sich in dieser Beziehung nur an ein voraus festgesetztes System zu binden. Auffallend könnte nämlich erscheinen, daß in Wirklichkeit wenig darauf geachtet wird, je neu zu construirende Räder in systematisch geordnete Rädersätze einzureihen; ein Blick in die Räderverzeichnisse oder ein Gang durch die Modellsammlungen der Maschinenfabriken belehrt uns recht gründlich, daß im Gegentheil oft eine grauenhafte Unordnung und Systemlosigkeit vorherrschend sind. Wenn man bedenkt, daß so oft Fälle vorkommen, in welchen eine ganz bestimmte Verzahnungscurve, eine ungewöhnliche Zahnhöhe, eine verhältnißmäßig abnorme Zahnbreite oder die Durchmesser ganz unabänderlich zur Bedingung gemacht sind und dergleichen, so wird man jenen Umstand einigermaßen erklärlich finden. Andererseits ist es nicht zu verkennen, daß man weit öfter ohne viel Zwang gewisse festgesetzte Normen einhalten und dabei die Rücksichten auf Oekonomie und Ordnungsmäßigkeit einhalten kann. Die Vortheile eines Systemisirens der Zahnräder liegen nicht bloß darin, daß durch die möglichst oftmalige Verwendung derselben Modelle an Herstellungskosten für neue Modelle und Zeichnungen gespart wird; es ist auch um den Platz zu thun, auf welchem die Radmodelle aufbewahrt werden. Eine große Zahl von Modellen außer System bildet eine kostspielige und doch nahezu todte Capitalanlage, erschwert die Erhaltung der Ordnung und beeinträchtigt die Uebersicht sowohl in den Zeichnungen und Modellenverzeichnissen als auch in der Modellkammer. Selbst die Anwendung der Scott'schen Räderformmaschine,Beschrieben im polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCIV S. 292. welche eine gewisse Freiheit in der Wahl der Dimensionen zulässiger macht, vermag solche Uebelstände nur zum Theil zu heben. Bekanntlich bedarf man anstatt des ganzen Radmodelles nur eines Kernkastens, zweier Schablonen und eines Modelles der Zahnlücke. Dieß ist nicht nur weit billiger und rascher herzustellen, sondern beansprucht auch auf dem Modellboden einen weit geringeren Raum (vielleicht 1/3). An Zeichnungen wird aber doch nichts erspart. Jener Vortheil bezüglich der freieren Wahl ist nicht dahin zu mißbrauchen, von Rädersystemen ganz abzusehen, kann aber sehr wohl die Einführung neu zu schaffender Systeme wesentlich erleichtern. (Aus diesem Grunde, sowie wegen der Exactheit der Leistung ist die Verwendung der Räderformmaschine dringend anzuempfehlen; nur ist es nöthig, die Maschine mit der erforderlichen Zartheit und Aufmerksamkeit zu behandeln und sie namentlich bei der Aufbewahrung hinreichend vor Staub und Schmutz zu sichern.) Die Anfertigung von completen Modellen kann nicht vollends ausgeschlossen bleiben. Für kleinere Räder ist die Formmaschine minder oder gar nicht brauchbar; das Einformen im Sand geht langsamer und kostspieliger vor sich und dieselbe Maschine kann nicht gleichzeitig für mehrere Räder benutzt werden. Insbesondere in dem Falle, als nach demselben Modelle viele Abgüsse zu verfertigen sind, werden nach wie vor complete Modelle aus Holz, Eisen, Zink oder Messing herzustellen seyn. Die Absicht, bei der Fabrication der Räder nach bestimmten Normen vorzugehen, beruht noch übrigens auf der Idee, für die Construction ein dem betreffenden Etablissement eigenthümliches Normale zu schaffen und es ist darum sehr empfehlenswert, in allen jenen Fällen die einmal festgesetzten Bestimmungen und Regeln beizubehalten, wo nicht dringende Veranlassung, hiervon abzugehen, vorliegt, umsomehr, wenn an Zeichnungs- und Modellkosten gespart werden kann. Wenn es somit erwünscht ist, für Zahnräder ein festes System zu schaffen, so fragt es sich, welche Einrichtung die empfehlenswerthe sey. Indem ich die Bemerkung vorausschicke, daß die folgende Betrachtung ohne Rücksicht auf die Verzahnungsform (Curve) geschieht, nehme ich nur an, daß immer eine solche zu verwenden sey, bei welcher überhaupt Satzräder möglich sind. Meines Wissens sind in den österreichischen Fabriken (also im Wiener Maaße) zweierlei Manieren zur Bildung von Zahnrädersystemen üblich: Der Grundgedanke der einen liegt darin, daß dem einen (größeren) Rade eines Getriebes ein Durchmesser von abgerundeter Ziffer in ganzen Fußen (oder in 1/2 und 1/4 Fuß), wohl auch eine passende runde Ziffer der Zähnezahl gegeben wird, und alle, von Fall zu Fall hinzu construirten Getriebe die gleiche Schrift und Zahnbreite erhalten. Dadurch entstehen Gruppen von Satzrädern, die durch das Hauptrad als Schlagwort gekennzeichnet werden. Diese Art hat den einzigen Vortheil, daß die ganzen Gruppen recht gut dem Gedächtniß einzuprägen sind, bringt aber den Uebelstand mit sich, daß die Durchmesser aller Nebenräder zumeist in Bruchtheilen von Linien angegeben werden müssen und etwas unbequeme Rechnungen bedingen. Die Folge davon ist nicht selten ein Rechnungsfehler, der, zu spät entdeckt, sehr viel Aergerniß bereiten kann. Der Hauptzweck wird dabei insofern schlecht erreicht, als mehrere solcher Gruppen mit nahezu gleicher Schrift neben einander entstehen, ohne sich zum gemeinsamen Gebrauch zu eignen. Diese Einrichtung verleitet mitunter zu Gewaltstreichen (Zusammenarbeiten ungleicher Theilungen), die von dem gebildeten Techniker durchaus verworfen werden müssen. Besser ist die zweite Art, bei welcher eigentliche Rädersätze mit in eine geordnete Reihe passenden Theilungen gebildet und für Intervalle von 1/4 zu 1/4 Zoll hergestellt werden. Dadurch werden alle Räder mit derselben Schrift und den gleichen Zahndimensionen ohne Weiteres zusammenarbeiten können.Mancherorts herrscht noch immer die unrichtige Meinung, daß man unter Theilung die Sehne von Mitte zu Mitte des Zahnes zu verstehen hat (man vergl. Marius, „Portefeuille für Ingenieure“, 1863 S. 408). Zwei Räder können nur dann richtig arbeiten, wenn die Bogenlängen einer Theilung die gleichen sind. Die Theilung oder Schrift in diesem einzig richtigen Sinne ist aber bekanntlich zu berechnen t = (π × Theilkreisdurchmesser)/Zähnezahl. Das Princip der Rädersätze für gewisse Abstufungen von Theilungen ist nun unbedingt auch beim Metermaaße festzuhalten, nur in Bezug auf deren ziffermäßige Feststellung ist ein anderer Vorgang empfehlenswerth. Bekanntlich ist bei derselben Schrift t der Durchmesser D genau proportional der Zähnezahl Z; d.h. es ist das Verhältniß D/Z = m für eine und dieselbe Schrift eine constante Zahl. Diese Verhältnißziffer m ist unter dem Namen Zahnmodul oder Stichzahl bekannt und ist einfach durch Rechnung zu finden, indem aus Dπ = Zt folgt D/Z = t/π = m. Wenn nur für m eine in Millimetern ausgedrückte ganze Zahl gewählt wird, so wird offenbar aus D = m Z auch der Durchmesser des Rades außerordentlich einfach zu rechnen und in einer ganzen Zahl von Millimetern auszudrücken seyn, während in dem Falle, wo man die Theilung in einer ganzen Zahl wählt, wohl der Theilkreisumfang wieder in ganzer Zahl resultirt, hingegen der Durchmesser nur unbequem und nothwendigerweise mit Vernachlässigung von Decimalen zu rechnen ist. Die Achsendistanz bei Stirnrädern ist daher bei gegebenem m gleichfalls rasch zu finden A = m (Z₁ + z₂)/2 Ebenso vereinfacht wird damit die Rückaufsuchung der Theilung oder vielmehr der Stichzahl eines gegebenen Getriebes aus m = D/Z, oder aus M = 2A/(Z₁ + z₂). Bei einer Neuberechnung eines Räderpaares kann aber jede Formel für die Berechnung der Theilung und Zahnbreite oder Zahndicke aus den gegebenen Größen ohne erhebliche Schwierigkeiten zur directen Ermittelung der Stichzahl transformirt werden. Da in dieser Beziehung so viele Berechnungsweisen beliebt sind und es über den Zweck des vorliegenden Artikels ginge, für irgend eine Art zu plaidiren, so beschränke ich mich auf folgende allgemeine Bemerkungen. Wenn eine Formel für t in MillimeternAls Notiz kann dienen, daß man die Stichzahl m in Millimetern und aus einer bekannten Schrift, die in Wiener Linien ausgedrückt ist, hinreichend genau rechnen kann:m Millimet. = 7/10 t Linien und umgekehrt t Linien = 10/7 m Millimet. ohne Rücksicht auf die Zahnbreite b gedient hat, so ist der Coefficient der Formel mit 1/π = 0,3183 zu multipliciren, um sie direct zur Berechnung von m zu verwenden. Ganz ebenso ist die Formel für das Product tb in Millimetern durch die Multiplication des Coefficienten mit 0,3183 zu transformiren, um daraus das Product mb berechnen zu können. Auf diese Art wird das m direct ermittelt und als ganze wo möglich gerade Zahl abgerundet, nach Erforderniß auch in Bruchtheilen eines Millimeters ausgedrückt, was übrigens nur bei kleineren Rädern und Stichzahlen vorzukommen pflegt. Wenn es dann durchaus nöthig ist, auch die Theilung zu kennen, so kann sie sehr präcis aus t = m π berechnet werden. Zur Bestimmung der Zahndimensionen ist aber die Kenntniß von m hinreichend und die Rechnung viel einfacher, wenn m unmittelbar als Bezugsgröße genommen wird, und ich empfehle als vielfach praktisch erprobt folgende Regeln: die Kopfhöhe des Zahnes oberhalb des Theilkreises ho = m, die Länge der Wurzel unterhalb des Theilkreises hu = m + σ, wobei der Spielraum σm/4 gewählt wird; ferner ist die Summe der Zahndicken zweier zusammenarbeitender Zähne im Theilkreise s₁ + s₂ = 3m, welche Summe als eine in ganzer Ziffer ausgedrückte Zahl passend zu vertheilen ist. Bei „Eisen in Eisen“-Getrieben wird entweder zu gleichen Theilen oder besser noch dem kleineren Rade ein größerer Antheil gegeben; bei „Eisen in Holz“-Getrieben erhält der Eisenzahn die Dicke s₁ = hu, der Holzkamm natürlich den Rest s₂ = 3ms₁. Bei diesem Verfahren ist der Spielraum zwischen den Zähnen im Theilkreise gemessen, gar nicht besonders zu rechnen; derselbe ergibt sich von selbst. Nachdem die ganze Theilung t = πm ist, so verbleibt nach Abzug der Summe beider Zahndicken 3m noch als Spielraum (π – 3) m = 0,1416 m oder circa 1/7 m, was gerade entsprechend ist. Man entgeht auf diese Weise auch dem Uebelstand, der bei einer in ganzer Zahl gewählten Theilung vorkommt, behufs einer Abrundung der Dimensionen für die Zahndicken, diesen Spielraum abnorm zu machen. (Auf das richtige Maaß wird derselbe eigentlich erst beim Montiren gebracht.) Was die Zahnbreite anbelangt, so ist zunächst unzweifelhaft, daß man zur Erzielung einer möglichst häufigen Benutzung derselben Modelle für jede „Nummer“ der Stichzahl nur wenige festgestellte Varianten der Zahnbreite einrichten wird. Dieses könnte nun geschehen, indem man für alle möglicherweise vorkommenden Stichzahlen die Zahnbreiten voraus berechnet und neue Räder nur in diese Reihen einpaßt. Man hätte in diesem Falle für gewisse constante Breitenverhältnisse = Zahnbreite/Theilung = b/t = β die annähernde Zahnbreite zu rechnen und entsprechend abzurunden. Als passender, namentlich in Verbindung mit den übrigen angegebenen Regeln, empfehle ich folgenden Vorgang: Während sonst mit Rücksicht auf die Abnutzung das Breitenverhältniß auf die Theilung bezogen wird und b/t zwischen 2 und 4 variirt, ist hier zu demselben Ziele zu gelangen, wenn die Zahnbreite als ein Vielfaches der Stichzahl berechnet wird. Es kann demnach das Breitenverhältniß in diesem Sinne b/m = v zwischen 6 und 12 variiren, was beiläufig denselben Grenzen wie oben entspricht. Da m eine in ganzen (oder selten auch in halben) Millimetern ausgedrückte Zahl ist, so wird auch die Zahnbreite b = mv als ganze Zahl in Millimetern resultiren und diese möge auch sofort mit Ausschluß jeder Abrundung beibehalten werden, indem das Gegentheil nur die Mannichfaltigkeit der disponiblen Zahnbreiten beeinträchtigen und die Einfachheit der Regeln und des Systemes in unnützer Weise zerstören würde. In allen Fällen genügend habe ich gefunden, wenn für jede Stichzahl im Maximum vier Abstufungen der Zahnbreiten in Ausführung gebracht werden und zwar für b/m = 6, 8, 10, 12. Für Krahnräder ist 6 oder 8, für Pumpenantriebe oder langsam gehende Transmissionen 8 oder 10, für schneller gehende 10 oder 12 zu wählen. Zwischenliegende Breiten wären nicht so sehr der Ausdruck eines feineren Gefühles als eines ängstlichen Gemüthes. Wo durchaus eine ganz bestimmte Zahnbreite (nicht Breitenverhältniß) als Bedingung gestellt wird, ist wohl ein solcher Fall als Abnormität aufzufassen, wobei das Radmodell außer System herzustellen und darauf in Zukunft fast gar nicht zu reflectiren ist. Ein Beispiel diene zur Veranschaulichung der außerordentlichen Einfachheit vorstehender Regeln: Es wäre ein Stirngetrieb mit der Uebersetzung 1 : 2 zu construiren, bei welchem das große Rad den beiläufigen Durchmesser von 1 1/2 Meter und die Schrift eine ungefähre Größe von 60 Millimetern bekommen soll. Man wählt abgerundet die Stichzahl (t/π) = m = 20, wornach die beiläufige Zähnezahl des größeren Rades 1500/20 = 75 seyn könnte. Wegen der Armtheilung wird aber z.B. Z= 72 und beim kleineren Rade Z= 36 genommen und mithin werden die genauen Durchmesser d= 72 × 20 = 1440 Millimeter und d₂ = 36 × 20 = 720 Millimeter betragen. Die Zahnkopfhöhe ist ho = m = 20 Millimeter, die Wurzellänge hu = 20 + 5 = 25 Millimeter, die Summe der beiden Zahndicken s₁ + s₂ = 3m = 60 Millimeter, und wenn für den Eisenzahn s₂ = hu = 25 Millimeter fixirt wird, so erübrigt für den Holzkamm s₁ = 60 – 25 = 35 Millimeter. Die Zahnbreite wird den Verhältnissen entsprechend, z.B. aus b = 10m = 200, gefunden. Die Anwendung der gleichen Regeln bei conischen Getrieben entbehrt zwar des Vorzuges einer Modellersparniß,Im beschränkten Maaße ist eine öftere Modellbenutzung möglich, wenn in einem Holzkammrade mehrere wenig in der Größe und Zähnezahl abweichende Getriebe hinzugeschaffen werden, wobei bloß der Kranz des Kammrades in einer veränderten Schräge abzudrehen ist. indem solche fast ausschließlich nur als Paarräder construirt werden müssen; allein selten ist ein gewichtiger Grund vorhanden, davon abzusehen, und eine leichtere Uebersicht und Anordnung in den Modellsammlungen, Zeichnungen, Verzeichnissen etc. ist auch ein Gewinn. Nicht zu übersehen ist indessen, daß bei der Ermittelung der Theilung, der Stichzahl, des ungefähren Durchmessers etc. nur der mittlere Theilkreisdurchmesser zu Grunde gelegt wird. In dem Falle wo der größte Theilkreisdurchmesser als der das Rad charakterisirende angenommen wird, sind dießbezügliche jedoch unschwierige Correctionen anzubringen. (Wochenschrift des nieder-österreichischen Gewerbevereines, 1871 S. 316 und 329.)