Titel: Anwendung des Schwefels beim Rösten der Silbererze in dem Stetefeldt-Ofen; von G. Küstel.
Fundstelle: Band 203, Jahrgang 1872, Nr. LIV., S. 221
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LIV. Anwendung des Schwefels beim Rösten der Silbererze in dem Stetefeldt-Ofen; von G. Küstel. Küstel, über Anwendung des Schwefels beim chlorirenden Rösten der Silbererze. In jenen Zeiten, wo die Röstung der Silbererze zu Freiberg behufs der Faß-Amalgamation noch im Gange war, wurden höchst sorgfältige Versuche darüber angestellt, welcher Schwefelgehalt in den Erzen vorhanden seyn müsse, um so viel Schwefelsäure zu bilden, als nöthig, die erforderliche Quantität Kochsalz zu zersetzen und das höchste Silberausbringen auf vortheilhaftestem Wege zu erlangen. Der erforderliche Bedarf an Schwefel oder Schwefeleisen wurde endlich dahin festgestellt, daß nicht weniger als 25 Proc. nothwendig seyen, was 265 Pfd. Schwefel auf eine Tonne Erz ausmacht. Im Falle das Erz nicht Schwefelkies genug enthält, um der erforderlichen Quantität Schwefel zu entsprechen, ist davon noch das Fehlende zuzusetzen. Da aber der Schwefelkies nicht überall zu geringen Preisen erlangt werden konnte, so wurden Versuche angestellt, ein Substitut aufzufinden, welches hinreichend Schwefel oder Schwefelsäure enthält. Die wohlfeilste Substanz wurde in dem Eisenvitriol aufgefunden, von welchem 50 Pfd. zu einer Tonne Erz nöthig erachtet wurden, nachdem 41,79 Proc. Wasser durch vorläufige Calcination daraus ausgetrieben waren; diese 50 Pfd. enthielten 26 1/2 Pfund Schwefelsäure. Es wurde ermittelt, daß die directe Anwendung von Schwefel in den Reverberir-Röstöfen nicht zweckmäßig ist. Wenn das Erz vor dem Laden des Ofens damit gemischt wird, brennt der Schwefel schon bei einer Temperatur, welche zu niedrig ist, um schwefelsaure Salze zu bilden, und ist dieses doch die erste unumgängliche Bedingung für die in dem Reverberirofen zu behandelnden Silbererze. Diese Zeit und Brennmaterial consumirende Bedingung fällt aber beim Stetefeldt-Ofen Stetefeldt's Ofen zum chlorirenden Rösten der Silbererze ist nach beigegebener Zeichnung im polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVI S. 244 beschrieben. hinweg, weil dieser auf besonderem Wege die Erztheilchen mit der Hitze und den Gasen in Berührung bringt. Die gebildete schweflige Säure, von Schwefelmetallen (oder aus irgend einer anderen Quelle) herrührend, wird, wenn sie mit Erztheilchen und Sauerstoff in Berührung kommt, dann zu Schwefelsäure und wirkt direct auf das Salz ein. Es ist nicht unwesentlich, ob diese schweflige Säure innerhalb oder außerhalb des Ofens erzeugt wird; es scheint bei weitem vortheilhafter zu seyn, dieses Gas außerhalb des Ofens zu produciren und dasselbe dem Ofen unter den Feuerungsstätten zuzuführen, wobei es ganz vollständig zur Ausnutzung kommt, indem es beim Aufsteigen durch die niederfallenden Partien des glühenden Erzes zieht. Wie groß die Verschwendung an Schwefel ist, welche in den gewöhnlichen Reverberiröfen stattfindet, kann aus dem hohen Bedarf von 265 Pfund zu einer Tonne Erz ersehen werden. Silberhaltige Arsenikkiese, die keinen Schwefel enthalten, können beim Rösten nicht ohne schwefelsaures Eisenoxydul chlorirt werden. Der Stetefeldt-Ofen läßt eine höchst ökonomische Anwendung des Schwefels zu. Dieses chemische Agens ist bei weitem das billigste (etwa vier Unzen per Pfund), indem es den höchsten Schwefelgehalt hat und die vollkommenste Verzehrung desselben im Ofen, also den geringsten Procentsatz beim Gebrauch zuläßt. Es ist dieß wichtig bei Carbonaten und Chloriden; die letzteren enthalten zuweilen etwas, wenn auch nur einen geringen Procentsatz von Chlorsilber, zuweilen aber auch gar nichts; ebenso bei Stetefeldtit und ähnlichem Erze. Erze, welche kein anderes Schwefelmetall enthalten als einen kleinen Theil Schwefelblei, liefern wenig Schwefel, da der größte Theil sich in schwefelsaures Bleioxyd umwandelt und in diesem Zustande verbleibt. Bei Anwendung von Eisenvitriol fand ich, daß eine gewisse Classe von Erzen, „Chlorid-Erze“ genannt, nicht höher chlorirt werden konnten, als 70 bis 72 Proc., daß sie aber beim Zusatz eines halben Procents Schwefel bis zu 85 1/2 Proc. gebracht wurden. Bei Behandlung eines Erzes, welches Bleiglanz enthielt, erlangte man mit Hülfe des Schwefels 7 Proc. Silberchlorid mehr. Durch Zusatz von Schwefel beim Zerkleinern des Erzes dürfte zwar derselbe Erfolg zu erwarten seyn, als wenn schweflige Säure in den Feuerungsraum eingeführt wird, doch treten dabei mehrere Hindernisse in den Weg, und nach Allem scheint doch der Vortheil auf Seite des letzteren Verfahrens zu liegen. Die schweflige Säure erreicht das Gewölbe des Ofens nicht, und ein starker Geruch nach Chlor ist bemerkbar, sobald erstere in den Ofen tritt. Ein leichter Weg den Schwefel temporär anzuwenden, bietet sich durch die Eintragthür im Ofen selbst dar. Er kann auf einen feuerfesten Stein, der in seiner Aushöhlung ein oder zwei Pfund Schwefel aufnehmen kann, bei der Feuerbrücke placirt oder in einen Graphittiegel von 50 Pfund Fassungsraum außerhalb des Ofens gethan werden. Aus diesem gelangt durch eine Röhre die schweflige Säure vom verbrennenden Schwefel in den Ofen, was vorzuziehen ist. (Aus der San Francisco Scientific Press, vol. XXIII, Nr. 13; durch die berg- und hüttenmännische Zeitung, 1872, Nr. 3.)