Titel: Sprengpatrone von L. Kleritj.
Fundstelle: Band 204, Jahrgang 1872, Nr. LII., S. 194
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LII. Sprengpatrone von L. Kleritj. Mit Abbildungen. Kleritj's Sprengpatrone. In der berg- und hüttenmännischen Zeitung,“ 1872 Nr. 11, beschreibt Ljub. Kleritj, fürstl. serbischer Bergingenieur, eine von ihm erfundene und in allen Staaten Europa's und Amerika's patentirte Patrone, welche auf folgendem Princip beruht: Wenn man ein bestimmtes Pulverquantum in einem Raum so verschließt, daß es denselben vollständig ausfüllt, soweit es die Körnung gestattet, und daß sich der Raum nicht vergrößern kann, und man dann das in diesem Raume befindliche Pulver entzündet, wobei also der entwickelte Pulverdampf nach Volumen gleich dem Pulverraume wird, so entwickelt sich für eine bestimmte Sorte des Pulvers auch eine ganz bestimmte specifische Spannung in den Pulvergasen, die sich durch Entzündung gebildet haben. Es werden z.B. auf 1 Quadratcentimeter Wandfläche die Gase einen ganz bestimmten Druck ausüben (der sich natürlich mit der Abkühlung der Gase ändern wird) und dieser wird ganz unabhängig von der Größe des Gefäßes seyn, wäre dasselbe 1 Kubikcentimeter oder 1 Kubikmeter groß. Es ist also die specifische Spannung der Pulvergase von dem Pulverquantum gar nicht abhängig in dem Fall, wo der Gasraum dem Pulverraum gleich geblieben ist. Will man also ein Gefäß a, b, c, d (Fig. 1), das eine cylindrische Bohrung ABCD hat, mit Pulver sprengen, indem man die Bohrung mit Pulver füllt, so kann man das nach der alten bekannten Methode ausführen, wenn man das Pulver von beiden Stirnseiten der Bohrung gut absperrt. Fig. 1., Bd. 204, S. 195 Bringt man aber in diese Bohrung einen festen Körper, z.B. ein Stück Schmiedeeisen von der Form wie sie in Fig. 1 durch mn angegeben ist, das unten einen den Cylinder dicht schließenden Kolben n und oben ein Schraubengewinde hat, wie Fig. 1 zeigt, und versieht den Cylinder mit einer achsialen und diametralen Bohrung mz, so kann man dasselbe Gefäß auch auf diese Weise sprengen, wenn man nur den Zwischenraum op zwischen der Bohrung und dem Cylinder mn mit Pulver füllt, dann aber das Pulver von oben durch die Schraube r wieder hermetisch verschließt. Der eingesetzte und von oben mit einer Mutter versehene Körper bildet hierbei nichts anderes, als einen Körper mit zwei Gegenkolben. Entzündet man nun das Pulver durch mz, also die ganze Ladung diametral in der Mitte, aber so, daß durch die Zündspur m keine Gasausströmung stattfinden kann, so wird sich das Pulver in eine glühende Gasmasse verwandeln, wobei der Gasraum gleich dem Pulverraume geblieben ist. Die auf die Wände des Gefäßes wirkende specifische Spannung ist gerade so groß, als wenn auch der Raum a'' b'' c'' d'' mit Pulver ausgefüllt wäre, der hier durch einen festen Körper ersetzt ist. Bei dieser Methode thut also eine bestimmte Pulvermasse, auf diese Art zertheilt, vielleicht eben solche Dienste, wie eine viermal größere, wenn man die ganze Bohrung vollstopft. Weiter ist leicht ersichtlich, daß der mittlere eingesetzte Körper mn in gar keine Richtung geschleudert wird, denn von allen Seiten heben sich die Kräste vollständig auf. Nur könnte der Körper in Folge des Druckes der Pulvergase auf die kleine Ringfläche von der Dicke a' a'' leicht in achsialer Richtung zerrissen werden, und zwar offenbar um so leichter, je geringer der Durchmesser des massiven Cylinders im Verhältniß zu demjenigen des cylindrischen Hohlraumes ist. Durch directe Versuche wurde aber ermittelt, daß das Reißen erst dann stattfand, wenn die Ringfläche dreimal größer war, als der Querschnitt des mittleren Cylinders, und bei mehrmaliger Wiederholung war dieses Verhältniß die Endgrenze, wo das Schmiedeeisen noch riß. Dieß gibt auch eine neue Methode, um die Spannung der Pulvergase zu ermitteln, und Kleritj's Versuche haben die Spannung des Sprengpulvers von 30° (Wagner'sche Hebelproben) auf 1324 Atmosphären bestimmt, wenn man die absolute Festigkeit des Schmiedeeisens zu 4000 Kil. pro Quadratcentimeter annimmt. Da man beim Sprengen nur eine momentane Kraft braucht, so kann man dieselbe nach obigem Princip mit einem geringen Pulverquantum erzielen; wo es aber darauf ankommt, mehr treibende Gase zu haben, wie dieß bei Feuerwaffen aller Gattungen der Fall ist, um das Geschoß weiter zu treiben, da kann man natürlich nicht an Ersparung des Pulvers denken, sondern, hier ist die Wirkung desto größer, je größer das Gasquantum ist, resp. je mehr Pulver man verwendet. Um die beschriebene Methode für Sprengarbeiten im Gestein in Anwendung bringen zu können, hat Kleritj eine Patrone construirt, welche in Fig. 2 im Längendurchschnitt dargestellt ist. Der aus einem Stück abgedrehte Körper hat in der Mitte eine achsiale Bohrung 1 von 6 Millimet. Durchmesser und eine mit dieser communicirende diametrale Bohrung gh. Weiter sind abb'a', und c'd'dc zwei kolbenartige Ansätze, die hier den Dienst von zwei Gegenkolben zu erfüllen haben; im oberen Kolben ist eine 15 Millimeter breite Nische na''a' ausgemeißelt. Die Bohrung lf dient zur Aufnahme eines Sicherheitszünders, der ungefähr bis m hineingesteckt wird; der diametrale Canal gh dient nur dazu, das Feuer des Zünders in die hohlcylindrische Pulverkammer zu leiten. Diese Patrone wird folgendermaßen gebraucht: In eine Papierhülse von dem Durchmesser welchen der Kolben des Metallkörpers hat, bringt man den Körper so hinein, daß die Hülse über den oberen und unteren Kolben nur ca. 6 Millimeter übergreift. Zwischen dem mittleren Cylinderkörper und der Papierhülse wird somit ein Hohlraum ut gebildet; diesen füllt man mit dem gewöhnlichen Sprengpulver und zwar durch die Nische n, indem man dort die Hülse der Länge nach so weit ausreißt, daß man die Füllung mit dem Mundstücke einer kleinen Kanne oder Papierdüte bewirken kann. Fig. 2., Bd. 204, S. 197 Fig. 3., Bd. 204, S. 197 Ist der Hohlraum auf diese Weise bis zum oberen Kolben gefüllt, wie Fig. 3 zeigt, so wird das Papier dort mit Pech verklebt; hierauf bringt man in die achsiale Bohrung bis ungefähr n die Zündschnur z, die man bei der Mündung m mit einem kleinen Holzspan befestigt, damit sie später beim Einbringen der Patrone in das Bohrloch im Zündcanal stecken bleibt; zuletzt wird der Raum opqr mit weichem Letten LL₁ verstopft. Die geladene Patrone bringt man in das Bohrloch gerade so, wie jede andere, die einfach mit Pulver gefüllt ist, nur mit dem Unterschiede daß diese gegen den Boden des Bohrloches etwas mit dem Stampfer gedrückt wird, damit sich der Letten um den unteren Kolben o'q'op herumlegt. Dieß geschieht deßhalb, damit die Gase nicht unter die Patronen kommen, wodurch einerseits die Wirkung wegen der erfolgenden Raumvergrößerung geschwächt würde, andererseits der untere Kolben seine Wirkung als Gegenkolben verlöre. Dasselbe erzielt man aber auch, wenn man am Boden des Bohrloches gleich vor der Einbringung der Patrone ca. 6 Millimet. weichen Letten einschiebt und in diesen die Patrone eindrückt. Wenn die Patrone in dieser Weise in das Bohrloch eingebracht ist, so wird sie wie gewöhnlich nach oben versetzt. Hierbei genügt eine Besetzung von ca. 100 bis 125 Millimet. Länge, und bei einem kleineren Kaliber von z.B. 20 Millimet. im Durchmesser ist sogar ein Besatz von nur ca. 50 Millimet. hinreichend. Nun wird der Zünder wie gewöhnlich entzündet; die Wirkung wird eine weit größers seyn als bei Sprengung in gewöhnlicher Weise, da die Ladung von dem Zünder durch den Quercanal in der Mitte entzündet wird, eine Art von Entzündung, die bekanntlich unter die allerbesten gehört. Die größere Wirkung bei Anwendung dieser neuen Patrone und Ladungsmethode ist auch durch die Praxis bestätigt. Der Patronenkörper bleibt übrigens in verticalen Bohrlöchern nach abgethanem Schuß stehen und fällt in horizontalen, welche nach unten abwerfen, auf das abgelöste Gestein, ist also jederzeit leicht wieder aufzufinden, und zwar, wie wiederholte Versuche ergeben haben, ohne im Geringsten beschädigt zu seyn. Dieser Umstand ermöglicht eine jahrelange Verwendung derselben Patrone. Wir erwähnen noch, daß nach Kleritj's Angabe bei Anwendung der neuen Patrone mindestens 1/2 bis 2/3 des früher gebrauchten Pulverquantums erspart wird. Dieß hat den Nebenvortheil, daß man in der Grube auch um 1/2 bis 2/3 weniger Pulverdampf hat als früher, die Wetter weniger verdorben werden und die Häuer nach dem Schusse früher zur Arbeitsstelle zurückkehren können. Die Patronen werden von Hrn. Kleritj in Belgrad selbst, sowie von Hrn. Ingenieur R. Gottheil in Berlin, Linienstraße Nr. 137, und von Hrn. Ingenieur C. Beyer in Staßfurt geliefert. (Deutsche Industriezeitung, 1872, Nr. 13.)