Titel: Ueber zweckmäßige Gasentwickelungs-Apparate; von Y. Wartha.
Fundstelle: Band 205, Jahrgang 1872, Nr. LXIII., S. 203
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LXIII. Ueber zweckmäßige Gasentwickelungs-Apparate; von Y. Wartha. Aus den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1872, Nr. 12. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Wartha, über zweckmäßige Gasentwickelungs-Apparate. Die bisher so zahlreich empfohlenen constanten Gasentwickelungs-Apparate beruhen fast durchweg auf dem Princip des Döbereiner'schen Zündapparates, bei welchem während des Stillstandes ein mehr oder minder starker Ueberdruck im Apparate herrscht, wodurch die Flüssigkeit abgehalten wird, mit dem zu zersetzenden Körper in Berührung zu kommen. Nur zu bekannt ist der Uebelstand dieser Apparate, daß selbst nach Schließung der Hähne eine im geringen Maaße immer fortdauernde Gasentwickelung nicht vermieden werden kann; man hat zur Beseitigung des genannten Uebelstandes Apparate empfohlen, bei welchen der zu zersetzende Körper in die Säure hineingetaucht und dann wieder emporgezogen, oder aber das successive Berühren des Körpers mit der Säure durch hoher oder niedriger Stellen der dieselben enthaltenden Gefäße hervorgebracht wurde. Erstere Apparate leiden an dem Uebelstande, daß der das Zersetzungs-Gefäß enthaltende Stab durch häufigeren Gebrauch sich rasch abnutzt und oft bei der geringsten Erschütterung des Gefäßes Gasentwickelung veranlaßt, während mit letzteren Apparaten die Manipulation zu umständlich ist, abgesehen von dem Uebelstande, daß bei Beginn der Entwickelung die mit Salz meist gesättigten Theile der Säure mit dem zersetzenden Körper in Berührung kommen. Im Folgenden will ich einige Apparate beschreiben, welche nach meinem Principe zusammengestellt sind, das, wie ich glaube, für diese Zwecke noch nicht angewendet wurde. Ohne Detailbeschreibung wird der in Figur 15 abgebildete Apparat verständlich seyn, welcher in der einfachen und so handlichen Form der Spritzflasche besonders bei qualitativen Analysen, wo man oft nur einiger Gasblasen von Schwefelwasserstoff bedarf, gute Dienste leistet. Durch mehr oder minder starkes Hineinblasen bei a erzeugt man im Inneren des Apparates einen geringen Ueberdruck, wodurch die Säure in das zur Spitze ausgezogene, mit Glassplittern, Schwefeleisen und einem Asbest- oder Baumwollpfropf versehene Rohr eindringt und die Gasentwickelung bewirkt, welche durch einen Druck auf den Quetschhahn a wieder aufhört. Bei derartig zusammengestellten Apparaten herrscht also der Ueberdruck nur während der Entwickelung und kann beliebig gesteigert oder vermindert werden, während bei den jetzt gebräuchlichsten Apparaten gerade das Umgekehrte stattfindet. Natürlich kann dasselbe Princip in sehr mannichfaltiger Weise je nach dem Zwecke verwendet werden, so z.B. läßt sich der Kipp'sche Apparat darnach einfach umgestalten, wenn man das Schwefeleisen in die oberste Trichterkugel füllt und das Gasleitungsrohr vom Tubulus der ersteren abzweigt, während man durch den Tubulus der mittleren Kugel hineinblasend den Ueberdruck herstellt. Als Unterlage für das Schwefeleisen, um zu verhüten daß kleine Stücke desselben in die Säure herunterfallen, benutzt man am besten eine durchlöcherte Kautschuktuchplatte. Um aber bei größeren Apparaten die Herstellung des Ueberdruckes zu umgehen und ferner um zu erreichen daß immer nur die concentrirten Schichten der Säure, also die nicht im Salz gesättigten, mit dem zu zersetzenden Stoff in Berührung treten, habe ich einen Apparat (Figur 16) construirt, welcher vollständig seinem Zwecke entspricht. Man verwendet am besten die zwei unteren Kugeln des Kipp'schen Entwicklers, setzt oben einen Scheidetrichter auf und verbindet denselben durch einen Kautschukschlauch mit der untersten mit der Säure gefüllten Kugel. Will man entwickeln, so öffnet man bei b den Quetschhahn und darauf den Hahn des Scheidetrichters; bei Beendigung der Operation hingegen wird nach Schließen der erwähnten Hähne die Säure mittelst des Kautschukrohres in den Trichter gehoben und kann nicht mehr auf demselben Wege zurück. Nun kann selbst der Quetschhahn geöffnet werden und doch kann keine Gasentwickelung eintreten, sobald der Trichterhahn geschlossen ist. Einfacher, aber in kleinen Dimensionen, läßt sich dieser Apparat mittelst eines mit Fuß und Tubulatur versehenen Chlorcalciumcylinders und eines kleinen Scheidetrichters herstellen. Die Vortheile dieses Apparates sind augenfällig, denn 1) ist der constante Ueberdruck vermieden; 2) kommen immer nur die am meisten säurehaltigen Theile der Flüssigkeit in Berührung mit den zu zersetzenden Stoffen, und endlich 3) ist die Entleerung und Füllung des Apparates sehr vereinfacht, indem man nur nöthig hat das gebogene Ende des Rohres a nach unten zu kehren, die concentrirte Lösung mit Hülfe des Kautschukrohres abzuheben und den Trichter mit frischer Säure nachzufüllen. Ich stelle jetzt einen ähnlichen Apparat zusammen, um mit Hülfe desselben Wasser auf beliebige Höhen zu heben und dann zum in Gangsetzen der Bunsen'schen Wasserpumpe zu verwenden: ich glaube, daß mit Hülfe dieses Apparates mit sehr geringer Wassermenge und geringem Kohlensäure-Verbrauch es gelingen wird stundenlang die Pumpe in Gang zu erhalten; ebenso, glaube ich, wird man bei billigen Salzsäurepreisen ähnliche Apparate zum Heben von Säuren und sonstigen Flüssigkeiten auf beliebige Höhe technisch verwerthen können und dadurch die Pumpen vermeiden. Ueber den Säure-Verbrauch und die Leistung etc. des erwähnten Apparates werde ich später berichten. Technisches Laboratorium des Polytechnicums in Ofen.

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