Titel: Tilghman's Bearbeitungsmethode harter Substanzen mittelst Sandstrahlen.
Fundstelle: Band 206, Jahrgang 1872, Nr. LXXIV., S. 266
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LXXIV. Tilghman's Bearbeitungsmethode harter Substanzen mittelst Sandstrahlen. Nach dem Scientific American, September 1872, S. 195. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Tilghman's Bearbeitungsmethode harter Substanzen mittelst Sandstrahlen. Ueber das merkwürdige System, welches sich B. E. Tilghman in Philadelphia am 11. October 1870 patentiren ließ, wurde im Jahrgang 1871 des polytechn. Journals, Bd. CCI S. 29, ein näherer Bericht aus dem Journal of the Franklin Institute mitgetheilt. Wir sind nun im Stande, jenen Bericht durch Beschreibung einiger zum Mattschleifen und Graviren von Glasplatten, sowie zur Darstellung ornamentaler Gebilde auf Glas oder anderen harten Substanzen dienenden Maschinen aus dem Scientific American zu ergänzen und durch die Resultate neuerer Erfahrung, als weiteren Beleg für die große Tragweite der sinnreichen Erfindung, zu vervollständigen. Sand, welcher durch einen Windstrom unter einem Drucke von 4 Zoll Wassersäule fortgetrieben wird, ist, wie wir bereits wissen, im Stande, die Oberfläche des Glases in 10 Secunden vollständig matt zu schleifen. Wird das Glas mit einer Patrone aus Papier oder mit einer auf irgend eine zähe elastische Substanz, z.B. halbtrockenes Oel oder Gummi ausgeführten Zeichnung bedeckt und dem Sandstrom ausgesetzt, so erscheint die Zeichnung in die Glasfläche gravirt. Auf diese Weise hat man photographische Copien in Chromleim (Auflösung von Gelatine und doppelt-chromsaurem Kali) getreu auf Glas reproducirt. Bei photographischen Bildern in Gelatine, nach der Natur aufgenommen, bringen nämlich Licht und Schatten Gelatinehäutchen von verschiedener Dicke hervor. Ein sorgfältig regulirter Sandstrom wirkt auf das darunter befindliche Glas im Verhältniß zur Dicke des Häutchens mehr oder weniger kräftig, wodurch auf dem Glase die Halbtöne oder Abstufungen von Licht und Schatten hervorgebracht werden. Wenn wir den Sandstrahl gegen einen Harzkuchen richten, auf welchem ein Bild mittelst Photographie in Gelatine hergestellt oder aus freier Hand in Oel oder Gummi gezeichnet worden ist, so kann die nackte Harzfläche bis zu einer beliebigen Tiefe abgearbeitet werden. Die als Relief bleibenden Linien erweitern sich zu einer breiteren Basis; ein Unterschneiden, wie dieses beim Aetzen mit Säure in Metall leicht vorkommt, findet also hier nicht statt. Von dieser Matrize kann man auf galvanoplastischem Wege eine Platte anfertigen, und von der letzteren in einer gewöhnlichen Presse Abdrücke machen. Fig. 6 ist die perspektivische Skizze einer Vorrichtung zum Mattschleifen von Glastafeln. Der Luftstrom wird durch einen unterhalb der Tafeln angeordneten Ventilator erzeugt, und mit dem Sande gemengt durch eine krumme Röhre aufwärtsgetrieben. Die Zuführung des Sandes geschieht mit Hülfe eines in dem unteren Theile des abgeschrägten Kastens angebrachten, mit Schaufeln besetzten, endlosen Riemens. Der von dem Luftstrom fortgerissene Sand wird mit großer Kraft gegen die Glasplatten getrieben, welche auf einem endlosen Riemen langsam unter dem Sandstrahle hinweggeführt werden. Von dem Glase fällt der Sand in den unteren Theil des Kastens, wo er dann von Neuem geschöpft und dem Luftstrom übergeben wird. Eine andere Form des Apparates zum Bohren und Graviren ist in Fig. 7 skizzirt. Hier wird der Sand nach dem Princip der Giffard'schen Dampfstrahlpumpe von einem Dampfstrahl (oder auch Luftstrahl) ergriffen und fortgerissen. Er fällt aus einem Trichter durch eine Röhre, mit welcher sich die Dampf- oder Luftzuleitungsröhre in der in Fig. 8 dargestellten Weise seitwärts vereinigt. Der Dampf oder die Luft reißt den Sand mit sich fort, und schleudert ihn mit großer Gewalt gegen das darunter befindliche Glas. Ein Theil des von dem Trichter abwärts führenden Sandleitungsrohres ist biegsam und mit seinem unteren Ende an ein kleines Rädergestell befestigt, um den wirksamen Strahl, wie es das zu bearbeitende Object erfordert, an verschiedenen Stellen angreifen lassen zu können. Eine einfachere Vorrichtung zur Erzielung ähnlicher Resultate hat sich F. Morse in New-York am 21. Novbr. 1871 patentiren lassen. Dieser Apparat, welcher in Fig. 9 in perspectivischer Ansicht skizzirt ist, besteht ganz einfach aus einem Trog A, von dem eine ungefähr 8 Fuß lange dünne Röhre C (oder auch eine Reihe solcher Röhren) herabhängt. Dieser Trog enthält ein Gemenge von Corund- und Schmirgelpulver, welches man durch die Röhre herabfallen läßt, wobei man den Strahl mittelst eines Schiebers B regulirt. Der zu gravirende Artikel, z.B. eine silberne Schale, ein Uhrgehäuse, eine Glasplatte, ein Becher oder dergl. wird mit Papier, Kautschuk oder einem sonstigen Stoffe, in welchen das Muster ausgeschnitten ist, bedeckt und unter das Ende der Röhre gehalten, so daß das Gravirpulver darauf fällt. In wenigen Minuten erscheint auf dem Gegenstand ein ornamentales Gebilde von überraschender Schönheit und ausgezeichneter Genauigkeit gravirt, indem das Pulver nur an den durchbrochenen Stellen der Patrone auf die zu bearbeitende Fläche wirkt. Wir haben nach dieser Methode ausgeführte Gravirungen auf Glas- und Silberwaaren gesehen, welche Alles was seither in Handarbeit geleistet wurde, übertrafen. Das Gravirpulver wird, nachdem es seine Wirkung gethan, sofort wieder in den Trog zurückgeschafft. Zu der ganzen Arbeit können Mädchen verwendet werden. Auffallend ist die Dauerhaftigkeit des einem Sandstrahl ausgesetzten Kautschuks im Vergleich mit Stein. Man richtete auf eine Patrone aus einem ungefähr 1/16 Zoll dicken Kautschukblatt einen Sandstrahl, welcher unter 50 Pfund Dampfspannung aus 2 Fuß Entfernung gegen dieselbe getrieben wurde. Sie hielt unter kaum bemerkbarer Abnutzung aus, während 50 Schnitte, jeder ungefähr 1/4 Zoll tief, in Marmor ausgeführt wurden, die also im Ganzen eine Tiefe von 12 1/2 Zoll, gleich der 200fachen Dicke des Kautschukblattes repräsentirten.

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