Titel: Ueber die Phosphorsäurebestimmung nach G. Ville; von Dr. Mohr.
Fundstelle: Band 207, Jahrgang 1873, Nr. CXXXV., S. 493
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CXXXV. Ueber die Phosphorsäurebestimmung nach G. Ville; von Dr. Mohr. Aus der Zeitschrift des österreichischen Apothekervereines, 1873, Nr. 7. Mohr, über Ville's Phosphorsäurebestimmung. Die Abhandlung von G. Ville über eine rasch ausführbare Bestimmung der Phosphorsäure, der Magnesia und des Kalkes,Aus den Comptes rendus, t. LXXV p. 344, mitgetheilt im polytechn. Journal, 1872, Bd. CCV S. 546. gibt uns zu einigen Bemerkungen Veranlassung. Georg Ville ist der bekannte Mineraldünger-Fabrikant in Paris, welcher durch alle mögliche Reclame sich das Monopol dieses Artikels in Frankreich zu verschaffen und die Meinung zu erregen sucht, daß nicht Justus v. Liebig, sondern er selbst der Schöpfer der Agriculturchemie sey. Es ist der erwähnte Artikel ein Beweis von der epidemischen Ueberhebung und Nationaleitelkeit der Franzosen, welche Hermann Kolbe an dem Deutsch-Franzosen A. Wurtz so derb gegeißelt hat. G. Ville hat ein eigenthümliches Mittel diese Meinung zu erregen. Wenn er eine bedeutende Thatsache irgendwo ausgesprochen findet, so wiederholt er sie bei der ersten Gelegenheit mit der Wendung: „Ich glaube, daß alle Humussäure in Kohlensäure übergeht“ oder „Ich bediene mich zur Bestimmung des Kalis, der Phosphorsäure folgender Methoden.“ Er erregt dadurch die Meinung, als wenn diese Ansichten und Verfahrungsmethoden von ihm selbst herrührten, und wenn man ihn darauf angeht, so kann er erwiedern: „Ich habe es gar nicht behauptet, daß diese Dinge von mir erfunden oder entdeckt seyen.“ So findet er in dem erwähnten Aufsatze zunächst, daß „die Chemiker die Apparate und Instrumente, welche ihnen von der großen französischen Schule des vorigen Jahrhunderts überkommen sind, im Ganzen nur wenig geändert haben.“ Da diese Veränderungen größtentheils von deutschen Forschern herrühren, so überhebt er sich der Mühe davon Kenntniß zu nehmen; er zieht es vielmehr vor, deutsche Entdeckungen aus englischen Zeitschriften auf den Namen des englischen Uebersetzers mitzutheilen, da diese befreundete Nation ja auch die Waffen im letzten Kriege geliefert hat. Er kommt nun auf die Trennungsmethode von Phosphorsäure und Eisen bei Gegenwart von Citronensäure oder Weinsäure zu sprechen, und schreibt diese Methode, welche von Otto herrührt, dem Engländer Warington zu. Dabei bemerkt er, daß die Gegenwart von Kalk nach den Versuchen von Boussingault „die Richtigkeit der Resultate nicht beeinträchtige.“ Diesen Capitalnebenumstand nimmt er auf die Glaubwürdigkeit fremder Versuche ohne Weiteres an. Hätte er einfach den Versuch gemacht phosphorsauren Kalk in Salzsäure zu lösen, Citronensäure zuzusetzen und dann mit Ammoniak zu übersättigen, so würde er beobachtet haben, daß der Kalk als phosphorsaurer wieder niederfällt. Die Citronensäure verhindert die Fällung von Eisenoxyd, Thonerde, Kupferoxyd, aber nicht von phosphorsaurem Kalk. Er fällt nun diese Lösung mit Chlormagnesium und erhält einen gemischten Niederschlag aus phosphorsaurem Bittererdeammoniak und phosphorsaurem Kalk. Hat er vorher filtrirt, was nothwendig ist, so fehlt ihm die an den Kalk gebundene Phosphorsäure. Er bestimmt nun ferner die Phosphorsäure mit essigsaurem Uranoxyd, welche Methode von Knop in Leipzig und Pinkus in Königsberg ermittelt worden ist, und welche er Leconte zuschreibt. Den obigen Niederschlag löst er in einigen Tropfen Salpetersäure, welches Verfahren absolut fehlerhaft ist, da sich das phosphorsaure Uranoxyd nur aus essigsaurer, aber nicht aus salpetersaurer Lösung abscheidet; auch erwähnt er mit keiner Sylbe, daß der Niederschlag phosphorsauren Kalt enthalten müsse. Diesen Niederschlag trennt er von der Flüssigkeit durch einen von ihm angegebenen Apparat mittelst eines Vacuums. Dieser Apparat ist aber durchaus unbrauchbar zur Auswaschung eines Niederschlages, denn derselbe liegt am Boden und die in ihm enthaltene Flüssigkeit kann nicht aufgesaugt werden, sobald Luft das Filtrum berührt, in dasselbe eindringt und das Vacuum vernichtet. Anders verhält es sich mit der Bunsen'schen Wasserluftpumpe, die aber nicht erwähnt werden durfte, weil sie von einem Deutschen herrührt. Bei dieser liegt der Niederschlag auf dem Filtrum und der letzte Tropfen Flüssigkeit kann durch das Vacuum nach unten abgezogen werden. In der Ville'schen Luftpumpe kann wegen Erweiterung des Filtrums dieses gar nicht ausgeleert werden und sobald das Vacuum durch Eintreten von Luft vernichtet wird, muß die Flüssigkeit aus dem Filtrum in den Niederschlag zurückfließen. In jedem Falle hängt ein Theil des Niederschlages an dem unteren Theil des Filtrums, der nicht gut entfernt werden kann. – Er bespricht nun den Umstand, daß die Resultate durch die Gegenwart von Kalk vollständig geändert würden. Citronensaurer Kalk vermag nämlich fast dreimal so viel phosphorsaure Ammoniakbittererde in Lösung überzuführen als citronensaures Ammoniak. Es kann aber in einer Flüssigkeit, welche zugleich Phosphorsäure enthält, gar kein citronensaurer Kalk bei überschüssigem Ammoniak vorhanden seyn, da phosphorsaurer Kalk die unlöslichste Verbindung ist, welche aus diesen Stoffen entstehen kann und auch, wie der Versuch zeigt, wirklich entsteht. Man ersieht also aus Allem, daß Ville keine Kenntniß von dem analytischen Verhalten dieser Stoffe hat. Es ist vollkommen unmöglich, daß auf diesem Wege richtige Resultate erhalten werden konnten und die Besprechung der gewonnenen Zahlenresultate ist ganz überflüssig.