Titel: Notizen aus der Wiener Weltausstellung 1873; mitgetheilt vom Docenten Johann Zeman.
Autor: Prof. Johann Zeman [GND]
Fundstelle: Band 209, Jahrgang 1873, Nr. I., S. 1
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I. Notizen aus der Wiener Weltausstellung 1873; mitgetheilt vom Docenten Johann Zeman. Mit Abbildungen auf Tab. I. (Fortsetzung von S. 418 des vorhergehenden Heftes.) Zeman, Notizen aus der Wiener Weltausstellung. 8. C. William Siemens' Rotator für directe Darstellung des Eisens und des Stahles aus den Erzen. (Figur 1 bis 3.) Endlich scheint das Problem der directen Darstellung von Eisen und Stahl aus den Erzen eine nach jeder Richtung hin vielversprechende Lösung gefunden zu haben. In der englischen Abtheilung (Industriepalast, Gallerie 2 B) finden sich Proben von direct aus Erzen erzeugtem Gußstahl und Schmiedeeisen, welche der rühmlichst bekannte Ingenieur C. William Siemens in London, der Erfinder der Regenerativ-Gasöfen etc., nebst Modellen verschiedener Oefen, insbesondere des bei dem neuen Verfahren angewendeten Rotationsherdes oder Rotators zur Ausstellung brachte. Ich beschränke mich hier auf eine kurze Ausstellungsnotiz, indem eine maßgebende fachmännische Würdigung des neuen Processes als Fortsetzung der kürzlich im polytechn. Journal Bd. CCVII S. 387 und Bd. CCVIII S. 218 mitgetheilten Abhandlung von P. Tunner gewiß bald zu erwarten steht. Das von Siemens eingeschlagene Verfahren besteht in einem Zusammenschmelzen der Erze mit schlackenbildendem Zuschlag, Reduciren der Erze durch innig eingemengtes Kohlenklein, Trennung der Schlacke vom Eisen bei hoher Temperatur; alles dieß in einem rotirenden Herde, dem Rotator, in welchem die nothwendige Temperatur durch die allgemein bekannten Regenerativ-Gasöfen erzielt wird. Der Siemens-Rotator ist in Figur 1 bis 3 in verschiedenen Ansichten skizzirt. Der rotirende Herd ist aus Eisenblech zusammengenietet und mit einer nahezu 200 Millimeter dicken Bauxitschichte ausgefüttert. Derselbe erhält von einer Vorgelegewelle durch Zahnräder oder Schraube und Schneckenrad eine langsame Umdrehung von 4 bis 5 Touren pro Stunde, oder wenn die größere Geschwindigkeit während der Reductionsperiode erforderlich ist, 60 bis 80 Umdrehungen in der Stunde. Der Durchmesser der cylindrischen Trommel mißt circa 2,300 Meter, die Länge des Rotators 2,750 Meter. Die beiden Enden des horizontal auf 4 Rollen sich umdrehenden Rotators sind kegelförmig verjüngt. Die hintere Oeffnung communicirt mit den Regeneratoren und mit dem Abzugscanal der Verbrennungsproducte, welcher zum Schornstein führt. Die vordere oder Arbeitsseite ist mit einer Thür abgeschlossen. Außerdem findet sich hier das Abstichloch für die Schlacke, eventuell für den flüssigen Stahl. Wie aus den Skizzen zu entnehmen ist, sind die Züge unmittelbar hinter dem Notator für die Zuleitung der Feuergase und die Ableitung der Verbrennungsproducte nur durch eine dünne Wand geschieden. Behufs gleichförmiger Erhitzung des Herdes ist die Einflußgeschwindigkeit der Gase aus den Regeneratoren so gewählt, daß dieselben bis gegen die Thür vorn anschlagen und dann umkehrend ihren Weg zum Schornstein nehmen. Der Verlauf des Siemens-Processes ist folgender: Die zur Verschmelzung kommenden Erze werden zu Erbsen- oder Bohnengröße gepocht, mit Kalk oder dem entsprechenden Zuschlag in solcher Menge aufgegeben, daß eine dünnflüssige, wenig eisenhaltige basische Schlacke entsteht. Nach genügendem Vorwärmen des rotirenden Herdes wird derselbe bei langsamer Umdrehung mit der Charge von 20 Centner Erz beschickt. Die Beschickung ist nach etwa 40 Minuten zur hellen Rothgluth erhitzt, worauf 5 bis 6 Centner gleichförmig gemahlenes Kohlenklein zugesetzt und der Rotator mit der größeren Geschwindigkeit in Gang gesetzt wird, um die gleichmäßige Vermengung des Erzes mit Kohle zu beschleunigen. In Folge der unmittelbar eintretenden Reaction bildet sich Eisen, von welchem die entstehende flüssige Schlacke sich abscheidet. Der Rotator wird nun wieder mit verminderter Tourenzahl umgedreht, um die Masse in: Herde gehörig umzuwenden und stets frische Partien derselben den erhitzten Wandflächen und den Verbrennungsgasen zuzukehren. Während der Reductionsperiode wird nur atmosphärische Luft aus dem Regenerator in den Herd zu dem Erz- und Kohlengemenge zugelassen, um die vollständige Verbrennung des sich bildenden Kohlenoxydes noch im Inneren des Rotators zu bewirken. Die Klappe des Gasregenerators bleibt vollkommen oder nahezu vollständig während der Dauer dieser Periode verschlossen. Ist die Reduction des Eisenerzes dergestalt fast beendet, so hält man den Rotator mit dem Abstichloch nach abwärts ein und läßt die Schlacke ab. Hierauf läßt man den Rotator neuerdings mit der größeren Umdrehungsgeschwindigkeit gehen, um die Eisentheilchen zu sammeln und je nach der Zahl der Abtheilungsringe in der Futterwandung in zwei oder drei Luppen zusammenzubringen. Diese Eisenluppen werden nach dem Ausziehen aus dem Rotator wie gewöhnliche gepuddelte Luppen gezängt. Der Herd aber ist nach neuerlichem Schlackenabstich für eine frische Charge bereit. Da die Chargendauer kaum 2 Stunden währt, so kann man in 24 Arbeitsstunden unter Annahme eines Ausbringens von 10 Centner Eisen pro Charge eine Production von 5 Tonnen Eisen pro Rotator rechnen. Beabsichtigt man Gußstahl zu erzeugen, so wird am zweckmäßigsten der gewonnene glühende Eisenballen direct in einen separaten Stahlschmelzofen übergeführt und hier mit der erforderlichen Menge von Spiegeleisen versetzt. Es läßt sich aber auch im Rotator selbst diese Manipulation vornehmen. Indem ich bezüglich der ganzen Entwicklungsgeschichte des Siemens-Processes und der eingehenden theoretischen Auseinandersetzungen auf den vom Erfinder am 30. April d. J. vor dem Iron and Steel Institute in London gehaltenen VortragOn the manufacture of iron and steel by direct process. welcher mir freundlichst auf Ansuchen gedruckt eingesendet wurde, verweise, will ich noch zum Schlusse die interessanten vergleichenden Daten über Kohlenverbrauch bei den verschiedenen Verfahren der Eisenbereitung anführen, welche von Gordon auf Veranlassung des Hrn. Siemens zusammengestellt wurden. Zweckmäßig ist es vorauszuschicken, daß nach Siemens der theoretische Bedarf an Kohle für eine Tonne Eisen 8 und für eine Tonne Stahl 11 Centner beträgt. Den Brennstoff-Aufwand bei seinem directen Eisenverfahren schätzt Siemens – da genaue Messungen des Consumes in den Gasgeneratoren noch nicht ausgeführt wurden – auf 25 beziehentlich 40 Centner gewöhnlicher Kohle pro 1 Tonne Eisen respective Gußstahl. Vergleichende Daten über Brennstoffaufwand für 1 Tonne Eisen. A. Mittlerer Holzkohlenverbrauch (respect. Holzaufwand Bei Annahme von 30 Procent Ausbringen in Tonnen pro Tonne direct erzeugtes Eisen bei den Rennarbeiten in   1) Indien 6,58 Holzkohlen oder 21,9 Holz   2) Catalonia 2,87        „           „   9,6    „   3) Siegen 4,40        „           „ 14,7    „   4) Steyermark und Kärnthen 2,89        „           „   9,6    „   5) Stücköfen 4,00        „           „ 13,3    „   6) Chenot's MethodePercy: Eisenhüttenkunde, Bd. II S. 582. 2,78        „           „   9,3    „   7) Siemens' Rotator  –            „           „   2,0    „ B. Mittlerer Holzkohlenverbrauch beim Hohofen- und Puddelproceß (Verhältnisse wie oben) in   8) Steyermark und Kärnthen 1,61 Holzkohlen oder 5,4 Holz   9) Rhein 1,91        „           „ 6,4    „ 10) Norwegen 2,43        „           „ 8,1    „ 11) Schweden 2,21        „           „ 7,4    „ C. Mittlerer Kohlenverbrauch in Tonnen für jede Tonne beim Hohofen- und Puddelproceß erzeugten Eisens in Schlesien 3,75 Tonnen Kohle Belgien 3,28     „         „ Frankreich 3,29     „         „ Schottland 3,72     „         „ Cleveland 2,99     „         „ Staffordshire 4,27     „         „ Südwales (Dowlais) 2,33     „         „ Dagegen im Siemens-Rotator 1,25     „         „ Berücksichtigt man neben der erreichbaren Kohlenökonomie die Leichtigkeit in der Manipulation des neuen Processes, bei welchem auch das Eisen nahezu frei von Schwefel bleibt, selbst wenn die Beschickung stark schwefelhaltig ist, ebenso der eventuelle Phosphorgehalt ansehnlich herabgebracht wird, so ist nur zu wünschen, daß eine ausgedehnte Aufnahme und Durchbildung des Siemens-Processes von der Wiener Weltausstellung her datiren möge. 9. Werkzeugmaschinen, ausgestellt durch die Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrik (vormals Joh. Zimmermann) in Chemnitz (Sachsen). Chemnitz bethätigt durch die reichhaltige Beschickung der Wiener Weltausstellung aufs Neue den alten Ruf seines Gewerbfleißes und der hervorragenden Leistungsfähigkeit seiner Maschinenfabriken, welche speciell auf dem Gebiete der Werkzeugmaschinen und der Textilmaschinen über die Grenzen des Reiches hinaus lohnenden Absatz sich verschafften. Es rechtfertigt sich daher, den Chemnitzer Ausstellungsmaschinen besondere Aufmerksamkeit zu widmen, obwohl ich heute nur mit einer kurzen Uebersicht über die von der Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrik (vormals Johann Zimmermann) ausgestellten Maschinen für Eisen und Holz beginnen kann, unter dem Vorbehalte bei günstigerer Gelegenheit, die bemerkten Verbesserungen etc. mit einigen Skizzen vorzuführen. Die Diagonal- und Stirnräder-Hobelmaschine, welche ihrer correcten Arbeit wegen schon in Paris 1867 prämiirt wurde, erhielt Verbesserungen im Antrieb und Rädervorlage, womit die Möglichkeit geboten wurde, rasch und bequem die zur Veränderung der Schnittgeschwindigkeit in Holz-, Eisen- oder Bronce-Rädern nothwendigen Wechselungen durchzuführen. – Im Principe stimmt die ausgestellte Furnürschneidmaschine Richtiger ist die Bezeichnung (Plan-) Furnürhobelmaschine, da man unter Furnürschneidmaschinen solche mit Sägeblättern begreift. mit der von mir im polytechn. Journal 1869, Bd. CXCII, S. 22 beschriebenen Plan-Furnürhobelmaschine von Bernier und Arbey in Paris überein. Bei diesem Systeme bewegt sich bekanntlich über den festen Holzblock ein über die ganze Breite sich erstreckendes, schief (unter einem Winkel gegen die Bewegungsrichtung oder den Faserlauf) gestelltes Hobeleisen, welches nach jedesmaliger Hebung des Tisches ein Furnürblatt abnimmt. Um diese Furnüre möglichst dünn und mit der gewünschten Dicke gleichförmig abzutrennen, muß die Maschine – und dieß ist bei der Ausstellungsmaschine der Fall – sehr kräftig und exact gebaut seyn. Der Umsteuerungsmechanismus hat die bei Hobelmaschinen dieses Etablissements gebräuchliche Anordnung. Die doppelte Kreissaumsäge dient zum Beschneiden von Bretern und Pfosten auf beiden Schmalseiten zugleich. Das eine Kreissägeblatt ist, ohne die Maschine abstellen zu müssen, mittelst Schraube und Handrad verstellbar. Die Sägewelle ist in Doppel-Conuslagern gelagert, daher die Blätter selbst bei 2000 Touren pro Minute nicht zittern können, in Folge dessen die Schnitte dünn und ziemlich glatt ausfallen. Hölzerne Radspeichen werden auf Drehbänken oder Hobelmaschinen mit rotirendem Fräskopf angefertigt. Bei Maschinen letzterer Art liegen mehrere Holzstücke parallel nebeneinander auf dem Tisch, welcher die hin- und hergehende Bewegung verrichtet, während der Support der Frässcheiben nach Maaßgabe des Copirmechanismus vertical sich einstellt. Die ausgestellte Radspeichen-Hobelmaschine liefert pro Tag 200 Stück Radspeichen. Nebenan steht gleich die Bandsäge mit Kreisschneidapparat für Radfelgen etc. Die Sims- und Brethobelmaschine hat seit 1867 verschiedene Verbesserungen erhalten. Die Maschinen sind zur Erzielung höherer Geschwindigkeiten, also größerer Productionsfähigkeit wesentlich verstärkt und der Gang dadurch noch ruhiger geworden, daß das Vorgelege der Maschine isolirt angeordnet wurde. Früher war das ganze Maschinengestell ein Stück. Die Messerwellen und die Transportwalzen sind durch Schraube beziehentlich durch Schraube und Zahnstange leicht und sicher verstellbar. Auf die Doppelmesser zum Hobeln unregelmäßig gewachsener Hölzer hat die Fabrik ein eigenes Patent genommen. Die Patent-Zinkenfräsmaschine arbeitet nun ganz selbstthätig und soll die Leistungsfähigkeit auf das 10fache der Pariser Ausstellungsmaschine gebracht worden seyn. Bei diesen Maschinen ist bekanntlich das Bret fest eingespannt, die Fräswellen siegen parallel auf einem vertical auf- und niedersteigenden Tisch. Beim Auf- und Niedergang erhalten die Fräswellen selbstthätig durch Schlitzarm und Schraubenspindel die Bewegung nicht in senkrechter, sondern in schiefer Ebene, entsprechend der Neigung der Zinkenflächen.Man vergleiche polytechn. Journal, 1863, Bd. CXCIII S. 177. Der Roots'sche Ventilator findet bei Kupolöfen u.a. immer mehr Anwendung. Auch die Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrik hat sich an die Ausführung dieser Ventilatoren mit eigenen Verbesserungen gemacht. Die Hauptachsen sind an beiden Enden gelagert; das Gehäuse ist horizontal getheilt, daher bequem zum Auseinandernehmen, wenn etwas im Inneren des Apparates nachzusehen ist. Ein kleiner Dampfhammer mit 70 Kil. Hammergewicht ist mit Handsteuerung und stellbarer Selbststeuerung versehen. Der große Dampfhammer mit 1500 Kilogrm. Hammergewicht zeichnet sich durch kräftiges Gestell und Einfachheit der Steuerungstheile aus. Am Dampfcylinder ist oben ein Luftventil angebracht, damit beim Fallen des Kolbens kein Vacuum entstehe und der Hammerschlag nicht gemildert werde. Mit der bekannten Räderformmaschine lassen sich auch Schneckenräder formen, da das Prisma, welches am unteren Ende die Zahnradmodelle trägt, schief gestellt werden kann. Die ausgestellte Blechkantenhobelmaschine hobelt bis 4 Meter lange Bleche beim Vor- und Rückgang. Die beiden Meißel haben selbstthätige Nachstellung. Bei den verschiedenen Bohrmaschinen ist die lange schon übliche Lagerung zu erwähnen. Die Bohrspindeln sind nämlich zur Verhütung des Lockerwerdens mit einem nachziehbaren Conus versehen, welcher in einer entsprechenden Metallbüchse läuft. Bei der Langlochbohrmaschine ist am Gestell selbst ein Schleifapparat für die Bohrer angebracht. Die Hobelmaschine zeigt Rundstähle in eigenen Haltern eingesetzt. Die vortheilhafte Verwendung von Rundstahl für Werkzeuge kann nicht oft genug hervorgehoben werden. Die Mutterschneidmaschine nach dem System Seiler zeigt verschiedene Verbesserungen, um das Auseinandergehen der Backen beim Schneiden hintanzuhalten, die schnelle Abnützung und das vorzeitige Unbrauchbarwerden der Einspannbacken zu vermeiden. Bei der Mutter-Drehbank ist das Werkzeug getheilt, also statt eines Façonstahles 3 mit kurzen geraden Schneiden versehene Stähle eingesetzt, welche bequemer in Stand zu halten sind. Außerdem sind ausgestellt: Blechbiegmaschine mit abnehmbaren Oberlagern für Röhrenbiegen; Stehbolzenbohrmaschine; horizontale Bohr- und Fräsmaschine, Universaltischler; große Scher- und Stoßmaschine für Blech bis 36 Millimeter Stärke und für Winkeleisen; kleiner Werkstätten-Laufkrahn etc. Die Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrik, welche im Jahr 1844 von dem früheren Besitzer und derzeitigen Generaldirector Commerzienrath Joh. Zimmmermann gegründet wurde, beschäftigt gegenwärtig über 1000 Arbeiter. In den Werkstätten arbeiten 375 Werkzeugmaschinen, davon 170 Drehbänke, 80 Hobelbänke und 125 verschiedene Arbeitsmaschinen. Der Betrieb erfolgt mittelst 8 Dampfmaschinen von 200 Pferdekraft. Die stetige Entwickelung des aus kleinen Anfängen hervorgegangenen Etablissements illustriren am deutlichsten folgende Zahlen über Arbeiter und Production. Es wurden gefertigt im Jahre 1858   4700  Centner Maschinen mit   150 Arbeitern 1860   6800        „            „  „     200        „ 1862 12800        „            „  „     300        „ 1864 20000        „            „  „     480        „ 1866 24600        „            „  „     600        „ 1868 36600        „            „  „     780        „ 1869 50900        „            „  „     900        „ 1870 60000        „            „  „     950        „ 1871 70000        „            „  „   1000        „ 1872 75000        „            „  „   1050        „ Die Gesammtzahl der seit Gründung bis Ende 1872 gelieferten Werkzeugmaschinen beträgt circa 11,000. Im Jahre 1871 belief sich der Werth der abgesetzten Maschinen auf mehr als 1 Million Thaler. Die Fabriketablissements sind wegen den gesteigerten Anforderungen in Erweiterung begriffen. Die jetzige Gießerei wird in Maschinen- und Montirungswerkstätten umgewandelt und dafür eine neue Gießerei für 100,000 Centner Productionsfähigkeit aufgebaut. 10 und 11. Locomotivrad-Kurbelwarzen-Hobelmaschine und Locomotivradspeichen-Hobelmaschine der deutschen Werkzeugmaschinenfabrik (vormals Sondermann und Stier) in Chemnitz. (Figur 4 bis 9.) Der jetzige Wertzeugmaschinenbau charakterisirt sich durch das Bestreben, für besonders häufig vorkommende, sich stetig wiederholende Arbeiten in den Werkstätten Specialmaschinen zu construiren, bei denen wo möglich mit einfachem Aufspannen des Arbeitsstückes das vorgesetzte Ziel erreicht wird. Ganz besonders gilt dieß für Locomotivfabriken oder Reparaturwerkstätten von Eisenbahnen, für welche schon im Constructionsbureau die Tendenz maaßgebend ist, möglichst gleichartige Maschinentheile zu erzielen, so daß gerade hier das ausgedehnteste Feld zur Verwendung von Special-Werkzeugmaschinen dargeboten ist. So finden wir hier zum Bohren, Hobeln und Stoßen der Locomotiv- und Tenderträger, zur Bearbeitung der Steuerungscoulissen, zur Erzeugung von Keilnuthen an Achsen, zum vollkommenen Bohren und Bestoßen der Räder, Ausdrehen der Kurbelzapfenlöcher u.s.w. die verschiedentlichsten Vorrichtungen und Anordnungen, denen nun neuerdings die zwei im Titel genannten Hobelmaschinen, welche die deutsche Werkzeugmaschinenfabrik (vormals Sondermann und Stier) in ChemnitzTiefes speciell in Werkzeug- und Holzbearbeitungsmaschinen arbeitende Etablissement ist im Jahre 1857 gegründet worden und beschäftigt derzeit 350 Arbeiter. Triebkraft: 4 Dampfmaschinen von 160 Pferdestärken. ausgestellt hat, hinzuzurechnen sind. Was die in Figur 4 und 5 in zwei Ansichten dargestellte Locomotivrad-Kurbelwarzen-Hobelmaschine betrifft, so ist dieselbe bestimmt, die aus Kreisbögen zusammengesetzte Peripherie der über den Radspeichen der Locomotivräder hervorragenden Radnabe und Kurbelwarze (Fig. 6) zu bearbeiten. Diese Bearbeitung erfolgt mittelst eines um eine verticale Achse A, A' schwingenden Meißels B, dessen Abstand von dieser Achse dem Radius der betreffenden Kreisstücke entsprechend mit Handrad am schwingenden Supporte C nach Bedarf regulirt werden kann. Das Arbeitsstück ruht indessen auf dem Tische D, welcher nach zwei aufeinander senkrechten Richtungen hin stellbar, wie gewöhnlich auch drehbar ist, außerdem aber noch durch Unterlage eines Keiles eine geneigte Lage erhalten kann. Ist das Rad aufgespannt, so stellt man zunächst dasselbe und den schwingenden Hebelarm C für die convexen Flächen ab und cd (Fig. 6) ein, worauf die Bearbeitung der Stücke a, e, c und b, f, d stattfindet. Aus dem Vorangehenden ergibt sich also für die verticale Achse A, A' eine hin- und hergehende Drehung, welche von der Hauptwelle E mittelst Schraube und Schneckenrad abgeleitet wird. Auf der Hauptwelle sitzt das Riemenscheibenpaar F für den Arbeitsgang und G für den beschleunigten Rückgang des Meißels. Die Umsteuerung geschieht durch zwei in einer Ruth des. Schneckenrades stellbare Knaggen H, welche abwechselnd gegen die zwei Arme I anstoßen und hiermit nicht allein den Riemenleiter J abwechselnd verschieben, sondern auch den Schaltmechanismus K, K' zum successiven Nachrücken des Meißels (in verticaler Ebene mittelst der bei A' ersichtlichen Schraubenspindel) in Gang bringen. Behufs bequemer Einstellung des Rades und des Meißels läßt sich in das untere Ende der Achse A, A' eine Lehre einstecken, welche vom Arbeiter auf das richtige Maaß eingestellt und sehr leicht hin- und herbewegt werden kann. Die Riemenscheiben auf der Hauptwelle haben einen Durchmesser von 630 bezieh. 425 Millimeter und soll die Hauptwelle im Mittel 100 Touren pro Minute machen. Die Maschine wiegt ca. 140 Centner und erfordert an Platz einen Raum von 3,300 Meter Länge und 1,760 Meter Breite. Der Preis beträgt 2600 Thaler loco Chemnitz excl. Verpackung. Die zweite von derselben Firma ausgestellte Maschine ist eine Locomotivradspeichen-Hobelmaschine (Figur 7), welche die schmalen ebenen oder auch convexen Seitenflächen der Speichen (Figur 9) und zwar von der eingedrehten Spur am Felgenkranze an bis zum Anschluß an die durch die vorher besprochene Maschine vorgearbeitete Kurbelperipherie abhobelt. Die Radspeichen-Hobelmaschine ist eine gewöhnliche Feil- oder Shapingmaschine mit modificirtem Werkzeughalter, um eben bei festeingespanntem, nicht bewegtem Arbeitsstück eine convexe Fläche abrichten zu können. Der Meißelhalter ist in Figur 8 nach dem Gedächtniß skizzirt. Beim Rundhobel wird die gewöhnliche horizontale Schaltung A ausgerückt und das in kreisförmigen Schwalbenschwanzführungen a, b liegende Stichelhaus B durch den Schaltmechanismus C, C ruckweise verschoben, indem die an der Achse des Schaltrades sitzende Schraube D in die Zähne des am Meißelhalter B angegossenen Kranzes eingreift. Im Uebrigen ist dieser „Meißelhalter für Rundhobeln“ auf dem Schlitten E vertical verstellbar und letzterer selbst noch am vorderen Ende des Prismas F drehbar befestigt. Der Tisch ist mit den gewöhnlichen Bewegungen ausgestattet, weßhalb also diese Radspeichen-Hobelmaschine auch als gewöhnliche Shapingmaschine Verwendung finden kann. Die Antriebsscheibe hat 425 Millimeter Durchmesser und macht pro Minute 70 Umdrehungen. Die größte Länge der Maschine Nr. 1 beträgt 3,200, die Breite 2,000 Meter. Das Gewicht ist ca. 56 Centner. Die Maschine Nr. 1 hat 500 Millimeter Hub und dient für Räder bis 1,300 Meter Durchmesser und kostet loco Chemnitz, ohne Verpackung 1680 Thaler. Die Nr. 2 Maschine für Räder bis 1,850 Meter Durchmesser, mit 750 Millimeter Ausschlag des Stichels, kommt auf 2730 Thaler zu stehen. In der Wöhlert'schen Maschinenfabrik in Berlin stehen zwei solche in Thätigkeit und ist nach den befriedigenden Erfahrungen eine dritte Maschine bereits nachbestellt worden. 12. Platt's Egrenirmaschine. Die Firma Platt Brothers und Comp. in Oldham, deren Ruf für Baumwollspinnerei- und Webereimaschinen seit langem fest begründet ist, exponirt auf der gegenwärtigen Ausstellung fast ausschließlich Wollmaschinen, wohl um zu zeigen, daß sie auch auf diesem Gebiete Tüchtiges zu liefern im Stande ist. Es dürfte sich ein anderes Mal Gelegenheit bieten, auf die neue Kämmmaschine nach dem Patente von Little und Eastwood in Bradford, auf den Streichgarn-Selfactor u.a.m. näher einzugehen. Für heute sey zu der auch auf der vorjährigen Specialausstellung in London befindlich gewesenen Baumwoll-Egrenirmaschine hinsichtlich ihrer Wirkungsweise Einiges nachgetragen, da die Abbildungen dieser Maschine im polytechnischen Journal, 1872, Bd. CCV S. 394 nur kurz besprochen sind. Die Maschine ist doppelseitig angeordnet und mit einem zweckmäßigen Speiseapparate ausgestattet. Dieselbe eignet sich ganz speciell zum Egreniren der amerikanischen (Upland) Baumwolle, welche wollige, mit kurzen Fäserchen bedeckte Samenkörner besitzt. Diese Samenkörner verwickeln sich auf gewöhnlichen Walzenmaschinen nach der Trennung der anhängenden guten Fasern durch die Messer zu leicht mit der nachfolgenden rohen Baumwolle, und erschweren dadurch außerordentlich die Thätigkeit und Leistungsfähigkeit der Maschinen. Um nun diese Samenkörner rasch aus der Maschine herauszuschaffen, ist ein eigener Samenabstreifmechanismus mit den Messern a in Verbindung gebracht. Mit dem beweglichen Messer schwingt ein fester Rechen auf und nieder und dieser Rechen streift jedesmal durch die Zähne eines festen Rostes, welcher die abgezogenen Samenkörner zurückhält und zu Boden fallen läßt. Außerdem bringt der bewegliche Rost bei jedem Aufgang die Baumwolle bis zur freien Oberfläche der Walze hin und erleichtert auch in dieser Richtung die Arbeit der Maschine. Solche Egrenirmaschinen liefern nach Angabe der Erbauer stündlich etwa 120 Pfund reine Baumwolle; sind jedoch die Samenkörner nicht wollig, sondern glatt, läßt sich also die Geschwindigkeit steigern, so erhöht sich die Production auf 200 Pfund pro Stunde. 13. Hall's Parallel-Schraubstock. (Figur 10.) Der im Vorjahre im polytechn. Journal Bd. CCVI S. 427 beschriebene Stephens'sche Schraubstock hat sich in England und auf dem Continente ziemlich rasch Eingang verschafft, trotzdem der Uebelstand an demselben haftet, daß beim Einspannen eines Gegenstandes die Verschiebung des beweglichen Backens und die Feststellung desselben mittelst des seitlich am festen Backen gelagerten Griffes nicht zugleich mit der einen Hand erfolgen kann, während die andere Hand das Arbeitsstück zwischen das Maul des Schraubstockes hält. Der von dem Amerikaner Thomas Hall in der Maschinenhalle ausgestellte Parallelschraubstock ist in dieser Hinsicht wesentlich verbessert, indem, wie in der Skizze Figur 10 zu sehen ist, der Griff vorn am beweglichen Backen angebracht wurde, daher die Verschiebung und Feststellung dieses Backens durch Niederdrücken des Griffes mit einem Mal bewerkstelligt werden kann. Da noch verschiedene Patentverkäufe in Schwebe sind, so kann ich Näheres über die innere, vollkommen verdeckte Einrichtung dieses recht hübschen Werkzeuges nicht geben. Indessen liegt es nahe, daß der Mechanismus analog angeordnet ist wie bei dem a. a. D. beschriebenen Stephens'schen Schraubstocke. Dabei hat der ausgestellte Hall'sche Schraubstock noch den großen Vorzug, daß derselbe frei um eine verticale Achse drehbar ist, beim Einspannen eines Gegenstandes aber durch dieselbe Griffbewegung auch in der horizontalen Ebene festgestellt wird. Es kann demnach diesem Schraubenstocke mehr wie jedem anderen, Raschheit und Leichtigkeit in der Manipulation zugesprochen werden. 14. Bolzano's Klarkohlenrost. Ueber den Bolzano'schen Patent-Klarkohlenrost liegen bereits so günstige Betriebsresultate vor,Man vergleiche polytechn. Journal, Bd. CCII S. 246 und Bd. CCV S. 5. daß es den betreffenden Fachmännern gewiß sehr gelegen seyn wird, denselben auf der Wiener Weltausstellung im Gange zu sehen und ein eigenes Urtheil hierüber sich zu bilden. Die acht Springbrunnen vor dem Südportale der Rotunde erhalten das Wasser durch eine eigene Pumpenanlage (in der Nähe des Jurypavillons), zu welcher die Firma Gebrüder Decker und Comp. in CannstattDiese Firma hat in der Maschinenhalle noch ausgestellt: eine horizontale 50pferdige Dampfmaschine mit Condensation und selbstregulirender Expansion, Universaldampf- und Compressionsluftpumpen, eine Gebläsemaschine für 10 Schmiedefeuer, Hadernkocher u.s.w. Die Etablissements umfassen eine Maschinenfabrik, Eisengießerei, Kesselschmiede und Brückenbauanstalt, in welchen 38 Beamte und 465 Arbeiter beschäftigt werden. Zum Betriebe dienen 3 Dampfmaschinen von 90 Pferdekräften. die Pumpen und die Firma Tedesco und Comp.Tedesco und Comp. stellten auch fast sämmtliche Blechschornsteine für die Kesselhäuser am Ausstellungsplatze bei. in Prag und Schlan (Böhmen) die complete Dampfkesselanlage und die Rohrleitung im Kessel- und Maschinenhause lieferten. Zwei der Springbrunnen haben 45 Millimeter, die sechs anderen je 20 Millimeter Düsenweite. Die Maximalhöhe, auf welche das Wasser getrieben werden kann, beträgt 30 Meter. Die zwei großen Universalpumpen (Patent Decker), welche die Springbrunnen direct, ohne eingeschaltet Reservoire speisen, haben eine Maximalleistung von 500 Kubikmeter pro Stunde. Die Dampfkessel sind, der vorgeschriebenen Raumdisposition wegen, Röhrenkessel mit einem horizontalen Dampfsammler, welcher im letzten Zug gelegen ist. Jeder der beiden Kessel hat 65 Quadratmeter Heizfläche, 1,740 Meter Durchmesser, 3,160 Meter Länge und 83 Röhren von 80 Millimeter äußerer Weite. Der Dampfsammler mißt 870 Millimeter im Durchmesser und 4,420 Meter in der Länge. Bezüglich der Einmauerung wäre soviel zu bemerken, daß der Kessel von der Ummauerung ganz unabhängig ist und alle Dichtungen außerhalb des Feuers liegen. Dabei sind die Armatur- und die Sicherheitsventile so angeordnet, daß der Heizer dieselben vollkommen übersieht. Die Feuerung der Kessel erfolgt auf Bolzano's Patent-Rosten, von welchen schon ca. 500 Stück in Oesterreich und Deutschland in Betrieb gesetzt wurden. Nach den mehrfach angestellten Verdampfversuchen erzielt man auf diesen Rosten eine ansehnliche Kohlenersparniß, was dadurch begründet erscheint, daß sie mit den Vortheilen des Treppenrostes auch jene des Planrostes vereinigen, die Nachtheile beider Systeme aber vermeiden. Das Feuer kann hier gehörig geschürt, die Kohle aber ohne Zulaß kalter Luft aufgegeben werden. Demnach bleibt die Temperatur im Feuerraum stets so hoch, daß nahezu eine vollständige Verbrennung und Rauchverzehrung erzielt wird; nicht außer Acht zu lassen die Schonung der Kessel, wenn die Feuerplatten keinem sich wiederholenden Temperaturwechsel wie beim Planrost ausgesetzt sind. Hinsichtlich des Einflusses der hohen Temperatur im Feuerraume auf die gute Ausnützung des Brennmateriales mag auf die lehrreiche Abhandlung des Prof. Gustav Schmidt im polytechn. Journal, 1872, Bd. CCV S. 5 hingewiesen und nochmals bemerkt werden, daß auf den in Rede stehenden Rosten die geringsten Brennmateriale wie Staub und Lösche von Steinkohlen oder Braunkohlen, Sägespäne etc. noch vortheilhaft verbrennen. Der Rost ist für alle Kesselsysteme, ferner für Puddel- und Schweißöfen, Abdampföfen u.s.w. anwendbar, ohne daß die übrige Einmauerung geändert werden muß.

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