Titel: Ueber Hochdruckdampf.
Fundstelle: Band 209, Jahrgang 1873, Nr. XVII., S. 110
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XVII. Ueber Hochdruckdampf. Ueber Hochdruckdampf. Es gibt keine wichtigere Frage, als die Bestimmung des Druckes bei welchem der Dampf mit größter Ersparniß angewendet werden kann. Es scheint gegenwärtig allgemein angenommen zu seyn, daß, je höher der Druck, desto größer die Oekonomie. Ist dieß richtig, so ist zu wundern, daß man nicht mehr Fortschritte im Gebrauche des Dampfes mit hohem Drucke gemacht hat. Praktische Schwierigkeiten, wie die Construction der Kessel u.s.w. können nicht die Ursache davon seyn; es ist nicht einzusehen, warum nicht Maschinen gebaut werden könnten, die mit dem Drucke von 21 Kil. auf den Quadratcentimeter eben so sicher arbeiten, als solche mit 35 Kil. Zu höheren Drücken als 21 Kil. können wir allerdings nicht gehen, denn es würde kein Schmiermittel an den Cylindern und Ventilen bleiben. Die Fragen, um die es sich bei höheren bis zu 21 Kil. ansteigenden Drücken handelt, sind Kohlenersparniß und Kosten für Bau und Erhaltung der Maschine. Durch die Arbeiten von Regnault, Rankine, Fairbairn u.a. sind wir in den Stand gesetzt, diese Fragen zu beantworten. Wir setzen voraus, daß ein guter Kessel allen Dampf liefert, und daß 1 Kil. Kohle ebenso viel Hitze in einem Kessel bei 21 Kil. Druck, wie in einem solchen von 1,4 Kil. abgibt. Wir nehmen ferner an, daß ein Kil. Kohle 10 Kil. Wasser von 0° auf 100° C. erhitzen und in Dampf von 100° verwandeln kann, was bei jedem guten Kessel der Fall ist. Dem Arbeitsverluste welcher durch Condensation entsteht, kann vorgebeugt werden durch Cylindermäntel oder Ueberhitzung des Dampfes oder Ausdehnung vor der Benutzung, so daß der Dampf immer trocken sein kann. Unter diesen Annahmen hat nun Prof. Osborne Reynold eine Tabelle zusammengestellt für den Kohlenverbrauch zwischen 1,4 und 21 Kil. Dampfdruck bei drei verschiedenen Maschinen, als: 1) Maschinen ohne Condensation, ohne Expansion, Rückdruck 1,05 Kil. per 1 Quadratcentimeter; 2) Expansion bis zu 0,35 Kil. über Atmosphärendruck, Rückdruck 1,05 Kil. per 1 Quadratcentimeter; 3) Expansion bis 0,7 Kil. unter Atmosphärendruck; Rückdruck 0,35 Kil. Aus dieser Zusammenstellung zieht Osborne Reynold folgende Schlüsse: 1) Nicht-Condensations-Maschinen, aber mit einem festgesetzten Füllungsgrad, zeigen nach der Tabelle, daß der Verbrauch von Kohle per Pferdekraft und Minute und 3,15 Kil. Druck per 1 Quadratcentimeter 20 Proc. mehr beträgt als bei 7,5 Kil. Druck; daß aber darüber hinaus der Vortheil geringer ist und bei der Steigerung von 7,5 auf 21 Kil. nur 10 Proc. beträgt. Dieß bestätigt sich bei Locomotivmaschinen, welche mit 8,8 Kil. Druck arbeiten; 2) Maschinen, in welchen ein derartiger Füllungsgrad ist, daß der Dampf z.B. bei 0,35 Kil. über Atmosphärendruck abbläst, in welchem Falle die Expansion von dem Anfangsdrucke abhängt, zeigen 39 Proc. Gewinn bei Erhöhung von 3,15 auf 7,0 Kil. Dampfspannung, 29 Proc. bei 7 auf 14 Kil. Druck, 15 Proc. aber von 7 auf 21 Kil. Bei diesen Maschinen wird die Ersparniß um so größer, je größer der Unterschied zwischen Anfangs- und Enddruck ist. Hierher gehören die gewöhnlichen Mühlmaschinen u. dgl. Wendet man Condensation an, so kann man bei demselben Drucke mit einem größeren Expansionsgrad arbeiten. Expandiren wir bis 0,7 Kil. unter Atmosphärendruck mit einem Anfangsdrucke von 3,15 Kil., so wird der Kohlenverbrauch im Ganzen um 60 Proc. vermindert. Bei 0,98 bis 7 Kil. Druck beträgt die Verminderung des Kohlenverbrauches 40 Proc., und dann langsamer zwischen 7 und 21 Kil. Druck nur 20 Proc. Die Tabelle ergab aber auch die Unzukömmlichkeit hoher Expansionsgrade. Das Cylindervolum wird stets kleiner, wenn der Druck wächst. So ist die Kolbenfläche bei 21 Kil. nur halb so groß als jene bei 1,4 Kil. in einer Condensationsmaschine. In combinirten Maschinen ist die nöthige Vergrößerung für Hochdruck kleiner als für Niederdruck. Bei 1,4 Kil. hat der Hochdruckcylinder die Hälfte Querschnitt des Niederdruckcylinders, bei 21 Kil. nur 1/12. Mit Rücksicht auf die Stärke der Maschine, resp. deren Dimensionen, liegt das Hinderniß der Anwendung hoher Expansion im vergrößerten Anfangsdruck, der bei der dritten Art ungefähr das Siebenfache beträgt, d.h. eine Maschine von 21 Kil. muß, um dieselbe Arbeit zu leisten, ungefähr siebenmal stärker seyn als eine solche von 1,4 Kil. Druck. Hier macht sich der Vortheil combinirter Maschinen geltend. In diesen müßte der Druck von 5,3 Kil. auf 30,7 Kil. per 1 Quadratcentimeter vergrößert werden, während er bei Maschinen mit zwei Cylindern und gleichem Druck von 4,4 Kil. auf 7,8 Kil. wachsen müßte. Bei 7 Kil. Druck auf den Quadratcentimeter kommen wir demnach zurecht mit etwas weniger als der Hälfte Kohle, die wir für 0,98 Kil. Druck benöthigen, bei nur 3/4 des Cylinderraumes, und vermehren doch nur den größten Druck auf den Kolben um 10 Proc. Bei 21 Kil. Druck brauchen wir 20 Proc. weniger Kohle als bei 7,3 Kil., 2/3 des Cylinderraumes, aber die Widerstandsfähigkeit der Maschine muß um 40 Proc. größer seyn. Oekonomie ist daher nur möglich durch Vergrößerung des Expansionsgrades und des Dampfdruckes, und zwar so weit, daß bei solchen Maschinen der Dampf bei oder unter Atmosphärendruck ausströmt, daher etwa der Druck 8,4 bis 9,1 Kil. seyn sollte. Bei Maschinen mit Anfachung erzielt man die größte Oekonomie durch sehr hoch gespannten Dampf bei gleichzeitiger Vermehrung der Expansion. Bei Locomotiven z.B. mit 2,1 Kil. Spannung des anfachenden Dampfes wäre es vortheilhafter 14,0 Kil. Dampfspannung per Quadratcentimeter und vierfache Expansion anzuwenden als 7 Kil. und zweifache Expansion. (Engineering vom 7. Februar 1873, Zeitschrift des österr. Ingenieur- und Architektenvereines, 1873 S. 148.)