Titel: Ueber Holzverkohlung im geschlossenen Raume; von Reinhold Frhrn. v. Reichenbach in Wien.
Fundstelle: Band 209, Jahrgang 1873, Nr. LXXVIII., S. 450
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LXXVIII. Ueber Holzverkohlung im geschlossenen Raume; von Reinhold Frhrn. v. Reichenbach in Wien. Aus dem württembergischen Gewerbeblatt 1873, Nr. 30 und 31. v. Reichenbach, über Holzverkohlung im geschlossenen Raume. 1) Zur Geschichte des Gegenstandes. Die Verkohlung des Holzes in geschlossenem Raume oder sogenannte trockene Destillation ist zwar keine neue Sache mehr, indem bekanntlich die ersten Versuche damit schon vor mehr als 70 Jahren durch Lebon bei Paris ausgeführt wurden. Allein wie mit mancher anderen wichtigen Erfindung, geschah es auch mit dieser, daß sie deßhalb längere Zeit nicht allgemein in die Praxis eindringen konnte, weil noch verschiedene untergeordnete Erfindungen gemacht werden mußten, von deren Abschluß die ökonomische Seite der technischen Hauptfrage wesentlich abhing. Die ersten größeren Holzverkohlungs-Oefen nach dem Principe der trockenen Destillation wurden im Jahre 1819 zu Hausach im Badischen errichtet und waren, was den Verkohlungsproceß selbst anbelangt, vom besten Erfolge begleitet. Demungeachtet konnten sie sich damals nur wenige Jahre behaupten, weil die flüssigen Nebenproducte, auf deren Gewinnung es vornehmlich abgesehen war, zu jener Zeit in größerer Menge nur schwierig zu verwerthen waren. Unter günstigeren Bedingungen wurden etwas später, vom Jahre 1823 an, zwei ähnliche noch größere Kohlenöfen zu Blansko in Mähren in's Leben gerufen, deren Betrieb durch fast 20 Jahre ununterbrochen fortgedauert hat. Hier wurde jedoch nicht weiches Holz, wie zu Hausach, sondern ausschließlich hartes Holz (Buchenholz) im geschlossenen Raume verkohlt, weil das letztere bedeutend mehr Holzessig liefert. Man hatte inzwischen auch in der Reinigung dieses Holzessigs schon Fortschritte gemacht und erzielte namentlich durch die Verarbeitung desselben zu Bleizucker eine leichtere Verwerthung in größerem Maaßstabe. Ebenso fand der rohe Theer durch das Aufkommen der Gasbeleuchtung immer besseren Absatz. Dagegen blieb auch hier die große Masse der bei dieser Verkohlungsmethode entwickelten und abgeleiteten brennbaren Gase, welche ein Viertel vom Brennwerthe des Holzes selbst ausmachen, noch völlig unbenutzt, theils weil der Werth des Brennstoffes überhaupt weit niedriger stand, theils auch deßhalb, weil das unregelmäßige Auftreten dieser Gasmassen ihrer praktischen Verwerthung einige Schwierigkeiten in den Weg legte. Die Verwendung brennbarer Gase war dazumal überhaupt ein dem Hüttenwesen noch fast unbekanntes Problem. Aus diesem Umstande, und da später auch die Verkaufspreise des Bleizuckers weniger entsprachen, erklärt es sich, wenn eine günstigere Meinung von den Vortheilen der Holzverkohlung im geschlossenen Raume noch längere Zeit sich nicht Bahn brechen konnte und ein mehrjähriger Stillstand in diesem Industriezweige scheinbar eingetreten ist. In diesem Zeitraume, nämlich etwa seit 1840 bis heute, sind jedoch mancherlei anderweitige technische Fortschritte gemacht worden, welche dem in Rede stehenden Gegenstande erheblich zu statten kommen und geeignet sind, denselben nunmehr in ein vortheilhafteres Licht zu stellen. Man hat gelernt, nicht allein den Bleizucker billiger zu erzeugen, sondern auch den rohen Holzessig selbst besser zu reinigen und ohne zu große Kosten in eine reine concentrirte Essigsäure umzuwandeln, welche zu verschiedenen Zwecken der Technik und selbst der Oekonomie verwendbar ist und zugleich die weiteste Fracht verträgt. Andererseits ist mittlerweile eine eigene sogenannte Theer-Industrie entstanden, welche aus dem rohen Theere mancherlei nutzbare Substanzen, wie flüchtige Oele, Brennöl, Schmieröl, Paraffin, Pech, Ruß etc. zu gewinnen versteht. Obwohl diese letztere Industrie ihren Ausgangspunkt zunächst von den Steinkohlen und Braunkohlen und dem Steinöle genommen hat, so ist sie doch zugleich von großer Bedeutung für die Verwerthung des Holztheeres, welcher sehr ähnliche Producte zu liefern vermag. Endlich spielen heut zu Tage die brennbaren Gase in der Metallurgie bereits eine so ausgedehnte Rolle, daß es genügt, auf eine neue mächtige Quelle derselben hinzuweisen, um deren Beachtung versichert seyn zu dürfen. 2) Ueber die Holzkohle. Die Verkohlung im geschlossenen Raume kann nicht Anspruch darauf erheben, aus einer gegebenen Menge Holz mehr oder bessere Kohle zu erzeugen, als die gewöhnliche Meilerverkohlung. Andererseits aber steht auch die von ersterer gelieferte Holzkohle in keiner Hinsicht der von letzterer gelieferten nach, wie man dieß wohl ohne zureichende Begründung des Urtheiles noch häufig behaupten hört. Aber man berücksichtigt hierbei nicht immer gehörig alle Umstände, welche auf die Qualität der Holzkohle von Einfluß sind. Wenn z.B. eine gewisse Heizfläche auf irgend einen kleinen mit Holz angefüllten Raum einwirkt, so wird dieselbe im Allgemeinen in gleicher Zeit ebenso viel Kohle produciren, als die gleiche Heizfläche, wenn sie für einen verhältnißmäßig großen Fassungsraum benutzt wird. Der Unterschied wird zunächst bloß darin bestehen, daß der kleine Raum mehrmals von Neuem mit Holz besetzt werden kann, während in derselben Zeit der große Raum nur einmal sich füllen oder sein Inhalt sich verarbeiten läßt. Allein dieser Unterschied hat doch zur weiteren Folge, daß jedes einzelne Stück Holz im kleinen Raume eine verhältnißmäßig kürzere Zeit sich aufhalten, d.h. um ebensoviel schneller sich verkohlen wird, als in größerem Raume. Diese beiden verschiedenen Fälle finden aber statt bei der trockenen Destillation des Holzes, wenn dieselbe entweder in einer kleinen Retorte, oder aber in einem geschlossenen Verkohlungsofen vorgenommen wird. Im ersten Falle kann es wohl geschehen, daß die Kohle wegen zu rascher Erzeugung etwas leichter und mehr locker ausfällt, während sie im zweiten Falle bei vielleicht zwanzigmal längerer Destillationszeit ebenso dicht und fest wird, wie nur immer im besten Meiler. Die Erfahrung im Großen hat dieses Verhalten der Kohle auch genugsam bestätigt, und es kann sogar als Thatsache hier angeführt werden, daß gegenwärtig auf einem Eisenwerke im Harze die nöthige Holzkohle im Wege der geschlossenen Verkohlung mittelst Retorten dargestellt und im nahen Hohofen ohne irgend welchen Anstand für den Schmelzbetrieb verwendet wird. Wenn rohes Holz in eisernen Retorten oder auch in gemauerten Oefen einer sehr langsamen trockenen Destillation unterworfen wird, so entweicht zuerst das hygroskopische Wasser; hierauf folgt sämmtliche Essigsäure als Holzessig, welcher allmählich stärker wird, bis er in einem gewissen Zeitpunkte wieder an Säure abnimmt. Alsdann erst beginnt die reichliche Bildung der sogenannten Brandöle oder des Theeres, mit welcher gleichzeitig die Entwickelung der brennbaren Oase auftritt und der Verkohlungproceß sich abschließt. Wird nun diese ganze Operation in dem Momente unterbrochen, wo aller Holzessig abgeschieden ist und die Theerbildung eben beginnen würde, so verbleibt im Ofen oder der Retorte ein Product, welches Rothkohle genannt wird und eine Art Halbkohle ist, welche fast alle Bestandtheile des Theeres und des brennbaren Gases in fester Form noch in sich enthält, während der weitaus größte Theil des Wasser- und Essigsäure-Gehaltes entfernt ist. In den Schmelzschächten der Hohöfen hat sich nun diese Rothkohle als nicht minder wirksam erwiesen, als die gewöhnliche oder schwarze Kohle, unterscheidet sich jedoch von letzterer durch ihre nachträgliche Entwickelung aller der brennbaren Gase und öligen Dämpfe, welche aus dem Meiler unvermeidlich in die Luft entweichen. Es kann daher bei Verwendung von Rothkohle diese brennbare Gasmasse zugleich mit den übrigen Gichtgasen im Hohofen aufgefangen und für andere metallurgische Zwecke noch nutzbar gemacht werden. (Man wird beim Uebergang von Schwarzkohle zu Rothkohle bloß zu beachten haben, daß die Windmenge im Ofen etwas vermindert, oder für gleichen Wind der Schacht etwas erhöht werden müßte, um keinerlei Störung im Betriebe zu erfahren.) 3) Ueber den Brennwerth der Gase vom Holze oder von der Rothkohle. Um die Bedeutung jener brennbaren Gase besser ersichtlich zu machen, läßt sich nachstehende kurze Berechnung aufstellen, deren Ergebnisse von der Wirklichkeit nicht allzuweit abweichen werden. Man kann nämlich 100 Pfund rohen Holzes betrachten als zusammengesetzt aus 40 Pfd. Kohlenstoff, 40 Pfd. chemisch gebundenem Wasser und 20 Pfd. hygroskopischem Wasser. Alsdann ergibt sich für solches Holz ein beiläufiger Brennwerth von 281,600 Wärme-Einheiten. Bei der vollständigen Verkohlung erreicht man nun z.B. aus hartem Holze im Mittel ein Ausbringen von 20 Pfd. Kohle, 5 Pfd. Theer und 4 Pfd. Essigsäure. Nun ist der Brennwerth von 20 Pfd. Kohle à 8000 Wärme-Einheiten gleich 160,000 Wärme-Einheiten, von   5   „   Theer à 8000             „                 „   40,000            „ von   4   „   conc. Essigsäure à 2816 W.-E.      „   11,264            „ ––––––– Zusammen 211,264 Wärme-Einheiten. Es verbleibt daher für die außerdem entwickelten brennbaren Gase des Holzes ein Brennwerth von   70,336 Wärme-Einheiten. ––––––– um den ursprünglichen Wärmewerth des rohen Holzes       von 281,600 Wärme-Einheiten wieder herzustellen. Wird nun dieselbe Holzmenge von 100 Pfd. bloß in Rothkohle umgewandelt, welche im Wesentlichen als aus der reinen Kohle, dem Theer und den brennbaren Gasen (in fester Form) noch bestehend anzusehen ist, so ergibt sich nach Obigem für diese Rothkohle (aus 100 Pfd. Holz entstanden) ein Brennwerth von 160000 + 40000 + 70336, zusammen 270336 Wärme-Einheiten. Hieraus folgt nunmehr, daß der Brennwerth der entstehenden Rothkohle noch gleich 27/28 von dem des verwendeten rohen Holzes ist, während jener der Schwarzkohle nur 16/28 davon war, daß also die absoluten Brennwerthe der Rothkohle und Schwarzkohle aus derselben Holzmasse sich verhalten wie 27 zu 16, d.h. die gewöhnliche schwarze Kohle besitzt nur 16/27 vom Brennwerthe der aus der gleichen Holzmenge gewinnbaren Rothkohle. Es ergibt sich ferner, daß die brennbaren Gase für sich allein einen Brennwerth gleich 7/28 oder 1/4 des rohen Holzes, aus welchem sie entwickelt wurden, und gleich 7/16 der zugehörigen Schwarzkohle besitzen. Endlich werden dieselben Gase sammt den Theerdämpfen, mit denen sie sich gemeinschaftlich aus der Rothkohle noch entwickeln lassen, einen Brennwerth von 11/28 des rohen Holzes oder 11/16 der entsprechenden Schwarzkohle behalten. Demnach würde bei ausschließlicher Verwendung von Rothkohle in den Hohöfen etc., anstatt der Schwarzkohle, durch die von der Gicht weiter abziehenden Gase und Theerdämpfe auf jede Klafter Kohlholz ein Brennwerth von 11/28 oder nahe 2/5 Klafter gewonnen oder mehr verfügbar gemacht, was bei einer jährlichen Verkohlung von 100,000 Klaftern (wie z.B. in Hüttenberg) einem Werthe von fast 40,000 Klaftern Holz gleichkäme. – Für weiches Holz würden sich diese Verhältnisse nur wenig ändern und zwar eher zu Gunsten der Rothkohle, indem solches Holz beträchtlich mehr Theerdämpfe, dagegen weniger Essigsäure bei der trockenen Destillation ausgibt. In Meilern kann die Rothkohle nicht wohl dargestellt werden, weil in diesen die Verkohlung von Ort zu Ort fortrückt und sich jedesmal ganz vollendet, wogegen der Proceß im geschlossenen Raume durch die gesammte Holzmasse fast gleichmäßig weiter schreitet und gleichzeitig verläuft. Eine nur partielle Verkohlung scheint sich beim Meilerbetrieb kaum bewirken zu lassen. Die Rothkohle besitzt allerdings ein über die Hälfte größeres Gewicht, als die aus der gleichen Holzmenge erzeugte Schwarzkohle. Allein dieses Mehrgewicht besteht nicht bloß aus Wasser, wie im rohen Holze, sondern aus wohl brennbarer Substanz, welche daher den Transport ebenso gut lohnen muß, als die reine Kohle selbst, unter der Voraussetzung natürlich, daß ihre nachmals entwickelten Gase zu entsprechender nutzbarer Verwendung gelangen. Dabei kommt der Rothkohle eine weitere Eigenschaft zu gut, die nämlich, daß sie noch viel fester und härter als die Schwarzkohle ist und daher, wie das rohe Holz selbst, bei weiteren Fahrten keinen merklichen Verlust durch Einrieb erleidet, welcher Verlust der üblichen Waldköhlerei so bedeutend zur Last fällt. Denn wenn auch ein Theil des dermalen erzeugten Kohlenkleins zum Rösten von Erzen noch verwerthbar seyn mag, so bleibt doch zerriebene Holzkohle immer ein kostspieliges Röstmaterial. – Wo es jedoch günstige Transportverhältnisse gestatten, durch Benutzung von Flößerei oder Eisenbahnen, wird es stets am vortheilhaftesten bleiben, die trockene Destillation des Holzes in der Nähe der Hütte selbst vorzunehmen, man mag nun Rothkohle oder Schwarzkohle darstellen wollen. 4) Ueber die Apparate zur Verkohlung im geschlossenen Raume. Die Apparate für trockene Destillation des Holzes sind entweder Retorten mit äußerer Heizung, oder eigentliche Kohlöfen mit innerer Heizung. Die Retorten, gewöhnlich in Cylinderform, früher aus Gußeisen, jetzt besser aus starkem Eisenblech gefertigt, eignen sich vorzugsweise für Orte, wo nur kleinere Quantitäten von Kohlholz aufzuarbeiten sind. In Gebirgsgegenden, wo es zuweilen schwierig ist, mehr als einige hundert Klafter jährlich auf einen bestimmten Punkt zusammen zu bringen, kann der Gebrauch von Retorten zweckmäßig seyn, weil sie sich unschwer an andere Orte versetzen lassen. Die Kohlöfen passen besonders für solche Plätze, wo sich beträchtliche Holzmassen vereinigen lassen und sind in sehr verschiedenen Dimensionen ausführbar, nachdem bereits dergleichen Oefen von 10 bis zu 40 Kubikklafter Fassungsraum längere Zeit hindurch in Betrieb gestanden sind. Sie bilden im Allgemeinen länglich vierseitige Räume von senkrechten Mauern eingeschlossen und von oben gedeckt. Die Mauern werden aus gemeinen Ziegeln oder auch aus Bruchsteinen hergestellt, jedoch ohne allen Kalkmörtel, mittelst Lehm und Quarzsand. Feuerfestes Material ist nicht erforderlich. Die Decke des Kohlofens ist entweder ein Gewölbe, oder sie besteht aus eisernen Platten, welche einst durch Bogen und Ketten von oben getragen wurden, einfacher aber auf eisernen Trägern aufliegen. Solche flache Decken bieten den Vortheil, daß sie zur rascheren Abkühlung des Ofens dienen, indem sie nach Beendigung der Verkohlung mit Wasser übergossen werden. Es gibt auch Kohlöfen, welche oben ganz offen sind, d.h. keine feste Decke haben, und in welchen das eingesetzte Holz oberhalb bloß mit Kohllösche oder Erde bedeckt wird, ähnlich wie beim Meiler. Dergleichen Kohlöfen sind wohl am billigsten herzustellen, allein ihr Betrieb bedingt etwas mehr Handarbeit und einigen Verlust an Gasen. Gleichwohl sind dieselben für alle mehr isolirten und abgelegenen Punkte passend und anwendbar, ebenso wie Retorten, weil sie leicht in den kleinsten Dimensionen ausführbar sind. Augenscheinlich könnte man noch einen Schritt weiter gehen und sogar die Seitenwände solcher oben offenen Oefen aus Lösche herstellen. Man würde damit einer Form sich nähern, welche an die bekannten liegenden Werke erinnert. Alle diese in verschiedener Weise gedeckten Verkohlungsöfen haben eine gleichartige Heizung gemeinsam, welche aus einer eisernen Röhrenleitung von 12 bis 18 Zoll Durchmesser besteht, die von außen durch die Seitenwand in den Ofenraum eintritt, am Boden desselben sich hinzieht und am anderen Ende wieder austritt, so daß das Feuer in den Röhren mit dem inneren geschlossenen Raume in keinerlei Berührung kommen kann. Solche Kohlöfen haben eine entfernte Aehnlichkeit mit gewissen Trockenöfen, wie sie z.B. zu Buchscheiden für Torf benutzt werden, mit dem Unterschiede, daß es dort Canäle von Stein sind, durch welche die Heizung bewerkstelligt wird. Thönerne Röhren oder gemauerte Heizcanäle statt der eisernen Heizröhren bei den Holzkohlöfen zu verwenden, ist bis jetzt nicht versucht worden; doch dürfte ein solcher Versuch von Erfolg begleitet seyn. Die entweder durch Gewölbe oder durch ebene Eisenplatten gedeckten Kohlöfen sind gewöhnlich noch mit einem luftigen Holzdache versehen, welches zwar nicht unentbehrlich, aber von Nutzen ist, um vorzeitige Abkühlung des Ofens durch Regen oder Schneemassen zu verhindern. Um die verschiedenen entwickelten Dämpfe und Gase abzuführen, dient ein gußeisernes Abzugsrohr, welches nahe am Boden beginnt, durch eine der Seitenwände aus dem Ofen geht und außerhalb als längeres Kühlrohr durch ein Bassin sich fortzieht, das beständig mit frischem Wasser gespeist wird. Am Ende des Kühlrohres sammelt sich der niedergeschlagene Holzessig in großen Bottichen an, welche in den Erdboden eingesenkt seyn können, während die flüchtigen Gase bis zu dem Orte fortgeleitet werden, wo sie noch zu nutzbarer Verbrennung gelangen. In Ermangelung jeder passenden Verwendung als Brennstoff können diese Gase zur Gewinnung eines feinen Rußes noch benutzt werden. 5) Ueber die Apparate zur Verarbeitung des rohen Holzessigs. Die erste Verarbeitung des rohen Holzessigs geschieht in der Regel durch Umwandlung desselben in essigsauren Kalk, welcher unter dem Namen Rothsalz bereits eine Handelswaare ist und in den Färbereien verbraucht wird. Es läßt sich aber aus diesem Rothsalze sofort die reine concentrirte Essigsäure gewinnen, deren Verbrauch in der Technik, wie auch in der Oekonomie in fortwährender Zunahme begriffen ist. Zur Erzeugung des Rothsalzes bedarf es einiger Handpumpen und hölzerner Bottiche, in welchen zunächst nur die Vermischung des Holzessigs mit dem Kalke vorgenommen wird. Die so erhaltene Lauge wird in eisernen Kesseln eigedampft und die noch feuchte Salzmasse auf flachen Pfannen vollends eingetrocknet. Diese Operation ist so einfach, daß sie überall gleich bei den Kohlwerken auch von weniger gewandten Arbeitern besorgt werden kann. Das gewonnene trockene Rothsalz läßt sich nunmehr leicht von den einzelnen Erzeugungsorten im Walde nach einem entfernteren Sammelpunkte hinführen, wo die weitere Darstellung von reiner Essigsäure aus demselben bequemer durchgeführt werden kann. In dieser Absicht wird das Rothsalz mittelst Schwefelsäure oder Salzsäure zerlegt, wobei die erstere insofern vorzuziehen ist, als sie billiger kommt und eine so stark concentrirte Essigsäure zu liefern vermag, daß diese nunmehr die weitesten Frachten verträgt. Die erste Destillation der Essigsäure erfolgt gleichfalls aus eisernen Gefäßen, die zweite oder Rectification aus kupfernen Blasen mit Vorlagen von Zinn, oder aus Glasretorten. Unter gewissen Umständen, namentlich auf größeren Platzköhlereien kann es von Vortheil seyn, einen Theil des Holzessigs zu essigsaurem Bleioxyd oder Bleizucker zu verarbeiten. Zu dem Ende wird der rohe Holzessig vorerst aus eisernen Blasen langsam abdestillirt und sodann zur Auflösung von Bleiglätte verwendet. Die erhaltene Bleilösung wird in kupfernen Pfannen eingedampft und zur wiederholten Krystallisation gebracht, deren Ergebniß sofort verkäufliche Waare ist. Uebrigens kann der Bleizucker auch weiter zu Bleiweiß umgewandelt werden. Was den Holztheer betrifft, so kann er ebenfalls im Wege der Destillation zu verschiedenen Nutzartikeln, wie Brennöl, Schmieröl, Kreosot, Pech oder zu Ruß verarbeitet werden. Da indessen der Theer oft schon in rohem Zustande guten Absatz findet, wird das nähere Verfahren übergangen. 6) Ueber die Ausbeute an Essigsäure und Theer aus Holz. Die Quantität von Essigsäure, welche sich aus dem rohen Holze bei der Verkohlung gewinnen läßt, ist eine sehr beträchtliche, indem alles harte Holz (Laubholz) mittelst der trockenen Destillation über 5 Proc. seines Gewichtes an höchst concentrirter Säure zu liefern vermag, welche Säure das specifische Gewicht von 1,063 hat und unter dem Namen Radicalessig im Handel bekannt ist. Man kann sonach auf jede gemeine Waldklafter (= 1/2 Kubikklafter, die Wiener Kubikklafter = 6,820992 Kubikmeter) harten Holzes, welche über 26 Wiener Centner (1 Wiener Centner = 56 Kil.) wiegt, ein Ausbringen von 1 Centner concentrirter Essigsäure im Großen mit Sicherheit annehmen. Das weiche Holz (Nadelholz) gibt zwar weit weniger, nämlich nur 1/3 bis 1/2 Ctr. Essigsäure per Klafter aus, welche Menge aber noch immer bedeutend bleibt, sobald größere Holzmassen in dieser Weise verarbeitet werden. Auch vom Theer kann man im Durchschnitt auf 1 Waldklafter Holz (= 3,41 Kubikmeter) je 1 Ctr. (= 56 Kil.) Ausbeute rechnen, und zwar liefert das weiche Holz etwas mehr, das harte etwas weniger, auch wird der Theer vom weichen Holze in der Regel für preiswürdiger erachtet. Daß bei Erzeugung von Rothkohle kein Theer erhalten wird, ist bereits oben bemerkt worden. 7) Calculationen über Rothsalz und höchst concentrirte Essigsäure. Bei der Berechnung der Selbstkosten des Rothsalzes und der Essigsäure soll stets von dem Grundsatz ausgegangen werden, daß der rohe Holzessig, welcher in einem Jahre gewonnen und verbraucht wird, gerade so viel kostet, als der Aufwand für Zinsen und Amortisation des Anlagecapitals und für die Instandhaltung der Verkohlungsanlage selbst während dieser Zeit beträgt. Rechnet man für Zinsen 7 Proc., für Amortisation 5 Proc. und für Erhaltungskosten 8 Proc., so sind es zusammen 20 Proc. vom Baucapitale, welche dem erzeugten Holzessig sammt Theer zu Lasten gehen. Dabei bleibt unberücksichtigt, daß die Betriebskosten der Köhlerei selbst für den Kohlofen etc. eher geringer ausfallen, als für den Meiler, weil die Ofenverkohlung für gleiche Holzmasse höchstens die halbe Zeit in Anspruch nimmt. Die Baukosten für einen gedeckten Kohlofen sammt zugehöriger Rothsalzhütte belaufen sich für einen Fassungsraum des Ofens von 30 Kubikklaftern auf circa 10,000 fl. österr. Währ. und können in einem solchen jährlich gegen 1200 Waldklafter Holz durchgesetzt werden. Wird zunächst hartes Holz in Betracht gezogen, so werden diese 1200 Klafter nach Obigem 1200 Centner concentrirte Essigsäure (im Holzessig) liefern, welche sonach die 20 Proc. vom Baucapitale zu tragen haben oder 2000 fl. kosten. Es entfällt sonach auf 1 Centner der concentrirten Essigsäure (im Holzessig) 2000/1200 oder 1 2/3 fl. als deren Erzeugungspreis. Erzeugungskosten des Rothsalzes. Hierzu werden verbraucht: 1200 Ctr. concentrirte Essigsäure im Holzessig à 1 2/3 fl. fl. 2000 1000 Ctr. gebrannter Kalk à 1 fl. fl. 1000   200 Klafter Brennholz à 5 fl. fl. 1000 1200 Arbeits-Taglöhne à 1 fl. fl. 1200 Allgemeine Verwaltungskosten per Jahr. fl.   800 ––––––– fl. 6000 Erzeugt werden 1580 Ctr. Rothsalz. Somit kostet 1 Ctr. Rothsalz österr. Währ. 3 fl. 80 kr. Erzeugungskosten der reinen höchst concentrirten Essigsäure. Es werden verbraucht obige 1580 Ctr. Rothsalz à 3 fl. 80 kr. fl.   6000 1180 Ctr. Schwefelsäure à 8 fl. fl.   9440   100 Klafter Brennholz à 5 fl. fl.     500 2400 Arbeits-Taglöhne à 1 fl. fi.   2400 Für Emballage etc. à 1 fl. per Ctr. fl.   1200 Allgemeine Verwaltungskosten per Jahr. fl.     800 12 Proc. Zinsen und Amortisation vom Baucapital der             Essigdestillirhütte per 8000 fl. fl.     960 –––––––– Zusammen fl. 21300 Erzeugt werden 1200 Ctr. höchst concentrirte Essigsäure (von 1,063 spec. Gewicht). Somit kostet 1 Ctr. höchst concentrirte Essigsäure 17 fl. 75 kr. Für weiches Holz, welches nur die Hälfte an Essigsäure liefert, würde sich obige Rechnung etwa so stellen, daß 1 Ctr. höchst concentrirte Essigsäure (im Holzessig) auf 3 fl. 33 kr. 1 Ctr. Rothsalz auf 5 fl. 6 kr. 1 Ctr. reine höchst concentrirte Essigsäure (1,063 spec. Gewicht) auf 19 fl. 41 kr. in der Erzeugung zu stehen kommt. Diesen Mehrkosten der Essigsäure steht eine größere Menge und ein höherer Preis des aus weichem Holze gewonnenen Theeres günstig gegenüber. 8) Ueber den Verkaufswerth der reinen concentrirten Essigsäure. Es ist nicht leicht, über den Verkaufspreis, zu welchem sich die reine concentrirte Essigsäure im Großen verwerthen läßt, im Voraus etwas Sicheres auszusagen. Denn die üblichen Preistarife der Droguisten bieten keine sehr zuverlässigen Anhaltspunkte, weil sie offenbar übermäßig hohe Handelspreise anzeigen. Die eigentlichen Fabrikpreise werden aber selten bekannt gegeben. Schließlich entscheiden auch die allgemeinen Conjuncturen von Angebot und Nachfrage. Jene höchst concentrirte Essigsäure (vom specif. Gew. 1,063), wie solche oben calculirt wurde, kommt unter dem Namen Radicalessig nur wenig im Handel vor, sondern erscheint gewöhnlich schon mit 2 bis 3 Theilen Wasser versetzt, wodurch sie ein spec. Gew. 1,040 oder 1,030 annimmt. Solche stark verdünnte Essigsäure findet man noch als eine concentrirte Säure zu 12 fl. bis 20 fl. per Ctr. und auch höher notirt, so daß obige höchst concentrirte Säure den 3- bis 4 fachen Handelswerth dieser verdünnten Säure haben würde. Hieraus läßt sich folgern, daß, um einen möglichst weit ausgedehnten Absatz dieser Waare zu erzielen, ihr Verkaufspreis noch weiter herabzusetzen wäre. Daß dieß geschehen kann, ohne einen entsprechenden Fabriksgewinn aufzuheben, dürfte aus der Vergleichung mit den oben ermittelten Erzeugungspreisen sicher hervorgehen. Der gewöhnliche gute Speiseessig enthält nicht mehr als 3 bis höchstens 5 Proc. an reiner höchst concentrirter Essigsäure, so daß 1 Ctr. der letzteren mindestens 20 Ctr. des besten Essigs liefern kann. Bewerthet man nun den Centner (oder Eimer) eines solchen Essigs mit nur 1 1/2 fl., so würde der höchst concentrirten Essigsäure selbst ein Verkaufswerth von 20 × 1,5 oder 30 fl. entsprechen. Die Annahme eines Reingewinnes von 5 fl. per 1 Ctr. concentrirter Essigsäure dürfte sonach als eine ungerechtfertigte kaum erscheinen. Zudem ist nicht zu übersehen, daß der concentrirte Zustand selbst den Handelswerth einer Waare erhöht, insofern er die Transportfähigkeit ungemein erweitert. 9) Allgemeine Uebersicht der Ertragsfähigkeit einer Verkohlungs-Anlage. Es kann wünschenswerth seyn, eine mehr allgemeine Uebersicht über den möglichen Ertrag einer solchen Verkohlungs-Anstalt zu gewinnen. Zu dem Ende scheint es am einfachsten, diesen Ertrag auf je 1 Klafter des verkohlten Holzes zu reduciren und dabei nur zu unterscheiden, ob hartes oder weiches Holz verarbeitet und ob Schwarzkohle oder Rothkohle daraus dargestellt wurde. Es kommt nämlich außer dem Gewinn an der Essigsäure (oder den essigsauren Salzen) auch der Gewinn am Theer und an den brennbaren Gasen von jeder Waldklafter Holz zu veranschlagen, wobei zu bemerken ist, daß die entwickelten Gase am Kohlplatze selbst den vierten Theil vom Brennwerthe des aufgewendeten Kohlholzes noch besitzen. Beispielsweise werde der Werth des harten Holzes zu 4 fl., der des weichen zu 3 fl. pro eine Waldklafter am Platze angenommen. Wird nun 1) aus 1 Klafter harten Holzes Schwarzkohle erzeugt, so gewinnt man          an 1 Ctr. concentrirte Essigsäure etc.         fl. 5.          an 1 Ctr. Theer à, 1 fl. fl. 1.          an 1/4 Klftr. Holz in Gasform fl. 1. ––––– fl. 7. 2) aus 1 Klafter weichem Holz Schwarzkohle erzeugt, so gewinnt man          an 1/2 Ctr. Essigsäure fl. 2. 50          an 1 1/4 Ctr. Theer à 1 1/4 fl. fl. 1. 55          an 1/4 Klafter Holz in Gasform.         fl.  – 75 ––––––––– fl. 4. 80 kr. 3) aus 1 Klafter hartem Holz Rothkohle erzeugt, so gewinnt man            an 1 Ctr. Essigsäure fl. 5.  –          an 2/5 Klftr. Holz in Gasform           fl. 1. 60          an 1/10 Klftr. Holz an Einrieb fl. –  40 ––––––––– fl. 7.  –   kr. 4) aus 1 Klftr. weichem Holz Rothkohle erzeugt, so gewinnt man          an 1/2 Ctr. Essigsäure fl. 2. 50          an 2/5 Klftr. Holz in Gasform         fl. 1. 20          an 1/10 Klftr. Holz an Einrieb fl.  – 30 ––––––––– fl. 4.  –   kr. Obige Ertragsziffern können und sollen selbstverständlich nur einen allgemeinen Begriff davon geben, in welcher Weise die Rechnung etwa zu führen wäre, indem die localen Factoren hier unbekannt waren und fingirte Zahlenwerthe eingesetzt werden mußten. Zu bemerken bleibt noch, daß, wo sich die Verkohlungs-Anlage nicht in der Nähe der Hütte befindet, die Gase sich immer zum Eindampfen von Rothsalzlaugen u. dergl. verwenden lassen. Dieselben werden aber um so mehr werth seyn, je höher das rohe Holz selbst bereits im Preise steht. Man begegnet häufig dem Einwande, daß die Holzverkohlung im geschlossenen Raume ganz unanwendbar, die Gewinnung der Nebenproducte also unausführbar sey in Gebirgsgegenden, in welchen das rohe Holz entweder gar nicht, oder doch nicht leicht zu größeren Massen sich zusammenbringen läßt. Es wurde indeß bereits oben angedeutet, daß es keine besondere Schwierigkeit haben kann, auf mehreren im Walde zerstreuten Kohlstätten einzelne bewegliche Retorten oder sehr kleine Oefen aufzustellen, um wenigstens das werthvolle Rothsalz nebst Theer am Platze zu gewinnen, welche dann unschwer transportirt werden können an Orte, wo ihre weitere Verarbeitung bequemer von Statten gehen kann. 10) Ueber anderweitige Benutzung der Retorten oder Kohlöfen. Eben so gut wie zur Darstellung gemeiner Holzkohle werden dergleichen Apparate sich geeignet erweisen zur Verkohlung von Torf. Es würde nur nöthig seyn, den Torf nach gehörigem Austrocknen auf mechanischem Wege in einen dichteren Zustand zu bringen, um eine möglichst feste Torfkohle zu erzielen. Noch besser würde es seyn, die Einrichtung dahin etwas abzuändern, daß während der trockenen Destillation selbst beständig ein starker Druck auf die gesammte Torfmasse ausgeübt würde. Diese Bemerkung dürfte auch für die ähnliche Behandlung mancher Braunkohle gelten. Endlich möge erwähnt seyn, daß die trockene Destillation des Holzes im Großen gleichzeitig ein ebenso einfaches als wirksames Hülfsmittel darbietet, um die dauernde Conservirung aller Arten von Bau- und Nutzhölzern zu bewirken. Man hat zu diesem Zwecke nichts weiter zu thun, als dergleichen Hölzer in irgend eine geräumige Vorlage (Kasten etc.) zu bringen, in welche die Dämpfe des Holzessigs und Theeres aus einer nahen Retorte oder Kohlofen unmittelbar einzuleiten sind. Eine ganz ähnliche Benutzung der reinen Theerdämpfe, um jede mögliche Fäulniß und Zersetzung des Holzes für immer aufzuheben, ist bereits vor 50 Jahren von Regierungsrath Prechtl in Wien vorgeschlagen und auf Grund seiner eigenen Versuche dringend empfohlen worden.