Titel: Ueber Trinkwasseruntersuchung; von Dr. Ferdinand Fischer.
Autor: Ferd. Fischer
Fundstelle: Band 210, Jahrgang 1873, Nr. L., S. 287
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L. Ueber Trinkwasseruntersuchung; von Dr. Ferdinand Fischer.Separatabdruck aus: „Das Trinkwasser, seine Beschaffenheit, Untersuchung und Reinigung, unter Berücksichtigung der Brunnenwässer Hannovers“ (Hannover. Hahn'sche Hofbuchhandlung); vom Verf. mitgetheilt. Mit Abbildungen. Fischer, über Trinkwasseruntersuchung. Ein gutes Trinkwasser muß folgenden Anforderungen genügen: 1) Es muß klar, farblos und geruchlos seyn. 2) Die Temperatur in verschiedenen Jahreszeiten darf nur innerhalb geringer Grenzen schwanken (6 bis 12°). 3) Es darf nur wenig organische Stoffe und durchaus keine (Fäulniß-) Organismen enthalten. 4) Es darf kein Ammoniak, keine salpetrige Säure und keine größere Menge von Nitraten, Sulfaten und Chloriden enthalten. 5) Es soll nicht zu hart seyn, namentlich keine wesentlichen Mengen von Magnesiumsalzen enthalten. Als Grenzen eines guten Trinkwassers können (für ein Liter) folgende Werthe gelten: Organische Stoffe = 40 Milligrm. (d.h. 0,25 Aequiv. in Milligrm. = 2 Milligrm. Sauerstoff = 8 Milligrm. KMnO⁴ erfordern). Salpetersäure = 0,5 Aequiv. in Milligrm. (27 Milligrm. N²O⁵, 31,5 Milligrm. HNO³). Chlor = 1 Aequiv. in Milligrm. (35,5 Milligrm.). Schwefelsäure = 2 Aequiv. in Milligrm. (80 Milligrm. SO³, 98 Milligrm. H²SO⁴). Magnesium = 2 Aequiv. in Milligrm. (24 Milligrm. Mg, 40 Milligram. MgO). Calcium = 4 Aequiv. in Milligrm. (80 Milligrm. Ca, 112 Milligrm. CaO), also zusammen 16,8° Härte. Brauchbar wird ein Trinkwasser unter Umständen selbst dann noch zu nennen seyn, wenn es 1 Aequiv. Salpetersäure, 3 Aequivalente Chlor, 8 Aequiv. Kalk enthält, Fäulnißproducte aber fehlen. Selbstverständlich kann die Güte eines Wassers nicht durch die Bestimmung eines Bestandtheiles festgestellt werden. Von zwei Wässern, welche gleichstark durch Excremente verunreinigt sind, kann, je nach den Bodenverhältnissen, das eine nur noch wenig organische Stoffe, aber größere Mengen von Ammoniak und Salpetersäure, das andere nur wenig Salpetersäure, aber sehr viel organische Stoffe u.s.w. enthalten. Die Angabe von Müller, daß je größer der Gehalt eines Wassers an Salpetersäure, desto geringer der an Ammoniak ist und umgekehrt, trifft jedenfalls nur unter ganz bestimmten Umständen zu (Jahresbericht d. schlesisch. Ges. f. vaterländ. Cult. 1871). Einseitige Untersuchungen, wie die Bestimmung der Salpetersäure von Reich und Goppelsröder (Journal für prakt. Chemie, II. 4. 139 383), der organischen Substanzen von Almén (Bericht deutsch, chem. Ges. 4. 750) oder die mikroskopische Prüfung von Bischoff (Zeitschr. anal. Chem. 10. 441) können daher nur einen bedingten Werth haben. Zu berücksichtigen ist ferner der Einfluß der Fassung und Leitung des Wassers, namentlich bei Anwendung von Blei- und Kupferröhren. Regenwasser wird nur dann als ein gutes Trinkwasser zu bezeichnen seyn, wenn es vor Verunreinigung geschützt, in guten Cisternen aufbewahrt und nicht zu alt wird.Prestel, Das Regenwasser als Trinkwasser. Emden. Flußwasser wird höchstens ein brauchbares Trinkwasser abgeben, da die Temperatur zu sehr wechselt, auch Zuflüsse von thierischen Substanzen wohl nie völlig zu vermeiden sind. (Vergl. Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereines, 1873. Heft 4 und 5). Daß Sumpfwasser wegen der in ihm enthaltenen Fäulnißstoffe zum Genuß entschieden untauglich, ist längst anerkannt; so erwähnt schon der Koran unter den Strafen der jenseitigen Welt auch das Trinken stehenden Wassers. Den an ein gutes Trinkwasser gestellten Anforderungen genügt demnach in der Regel nur Quellwasser oder das sogenannte Grundwasser, welches keine thierischen Stoffe aufgenommen hat. Ausführung der Wasseruntersuchung. 1. Temperatur und Füllung. Die Temperatur von Trinkwasser wird mit einem genauen Thermometer, welches wenigstens 0,1° angibt, an der Quelle bestimmt. Bei Pumpbrunnen läßt man etwa 2 Eimer fortfließen, nimmt die Temperatur, pumpt weiter und bestimmt die Temperatur nochmal; stimmen dieselben nicht völlig überein, so wird die Operation wiederholt, um so den Einfluß der Brunnenröhren u.s.w. möglichst zu beseitigen. Zur Füllung wird am besten eine Zweiliterflasche mit Glasstopfen verwendet. Dieselbe wird sorgfältig gereinigt, an der Quelle 2–3mal mit dem zu untersuchenden Wasser ausgespült und erst dann völlig gefüllt. Zugleich ist die Umgebung der Quelle, Geschmack und Geruch des Wassers u. dgl. zu berücksichtigen. In Ermangelung einer solchen wird eine gewöhnliche weiße Wasserflasche in gleicher Weise gefüllt und mit einem Kork geschlossen, der in Pergamentpapier gehüllt ist. 2. Mikroskopische Prüfung. Von einem etwa 15 Millimet. weiten Glasrohre werden 10 bis 12 Millimet. lange Enden abgesprengt und an beiden Seiten abgeschliffen. Ein solcher Glasring wird erwärmt, an einem Ende mit etwas Stearin bestrichen und auf ein gewöhnliches mikroskopisches Objectglas, welches ebenfalls erwärmt war, aufgesetzt. In die so hergerichtete wasserdichte Glaszelle, die noch einigemal mit dem zu untersuchenden Wasser ausgespült ist, wird mittelst einer Pipette 1 Kub. Cent. Wasser gebracht, und unter dem Recipienten einer Luftpumpe über Schwefelsäure fast zur Trockne verdunstet. Der Glasring wird entfernt und die Probe bei steigender Vergrößerung (100 bis 800fach) der mikroskopischen Prüfung unterzogen. Die Salze zeigen sich in ihren charakteristischen Krystallformen, die niedrigen Organismen nicht selten noch mit deutlicher Bewegung. Wird jetzt ein Tropfen Wasser zugefügt, so verschwinden die Krystalle der leichtlöslichen Verbindungen (Kochsalz, Salpeter, Glaubersalz u.s.w.); auf Zusatz eines Tropfens verdünnter Salzsäure lösen sich die sechsseitigen Tafeln und die Krystallbüschel der kohlensauren alkalischen Erden unter lebhafter Gasentwickelung, die meist verhältnißmäßig großen Gypskrystalle verschwinden erst nach einiger Zeit; Pilzfäden, oft lebhaft roth bis blau gefärbte organische (Bakterien-) Massen u. dgl. bleiben zurück. Ist das Wasser trübe, so läßt man dasselbe einige Stunden stehen und untersucht den Absatz direct mikroskopisch. 3. Organische Stoffe. Uebermangansaures Kalium zersetzt sich in saurer Lösung in Gegenwart oxydirbarer Körper nach der Gleichung: 2KMnO⁴ + 3H²SO⁴ = 2MnSO⁴ + K²SO⁴ + 3H²O + 5O. Eine Normallösung desselben, d.h. eine solche, welche 1 Atom Wasserstoff äquivalent ist, muß demnach im Liter 0,2 Molecüle in Grammen, also 158,25/5 = 31,65 Grm. KMnO⁴ enthalten. Zur Bestimmung der organischen Stoffe sind nun folgende Lösungen erforderlich: Schwefelsäure: 200 Kub. Cent. reine Schwefelsäure werden mit 800 Kub. Cent. Wasser gemischt. Fünfzigstel-Normaloxalsäure: 20 Kub. Cent. Normaloxalsäure werden zu 1 Liter aufgefüllt oder 1,26 Grm. reine krystallisirte Oxalsäure (H²C²O⁴ . 2 H²O = 126) in destillirtem Wasser gelöst, so daß die erhaltene Flüssigkeit genau 1 Liter beträgt. Wie folgende vor Licht geschützt aufzubewahren. Fünfzigstel-Normalkaliumpermanganat: 20 Kub. Cent. Normalpermanganat werden zu 1 Liter aufgefüllt oder es wird übermangansaures Kalium (KMnO⁴ = 158,25) in so viel Wasser gelöst, daß 1 Liter 0,633 Grm. davon enthält. – 1 Kub. Cent. dieser Lösung entspricht also 0,02 Aequiv. in Milligrm. = 0,16 Milligrm. Sauerstoff = 3,2 Milligrm. organische Stoffe. 200 Kub. Cent. des zu untersuchenden Wassers werden in einer Kochflasche zum Sieden erhitzt, mit 10 Kub. Cent. der Schwefelsäure und dann mit so viel Permanganat versetzt, daß nach 5 Minuten langem Kochen die Flüssigkeit noch deutlich geröthet ist. Hierauf entfernt man die Flamme, läßt 5 Kub. Cent. Oxalsäure zufließen, wodurch die Flüssigkeit entfärbt wird, und titrirt die überschüssige Oxalsäure mit der Chamäleonlösung zurück. Da fünf Kub. Cent. Oxalsäure auch 5 Kub. Cent. Permanganat zersetzen, sind diese von der Summe der gebrauchten Kub. Cent. Chamäleonlösung in Abzug zu bringen. Auf 1 Liter Wasser berechnet, entspricht dann 1 K. C. Permanganat 0,1 Aequiv. in Milligrm. = 0,8 Milligrm. Sauerstoff oder 16 Milligramme organische Stoffe. Beispiel: 200 K. C. Wasser wurden in besprochener Weise mit 5 K. C. Permanganat gekocht, und erforderten nach dem Zusatz von 5 K. C. Oxalsäure noch 2,9 K. C. derselben Lösung zur beginnenden Röthung. 1 Liter erforderte also 0,29 Aequiv. – 2,32 Milligrm. Sauerstoff und enthielt 46,2 Milligrm. organische Stoffe. 4. Ammoniak. Man löst 5 Grm. Jodkalium in 20 K. C. heißen Wassers, fügt so lange von einer kochend concentrirten Quecksilberchloridlösung hinzu, bis ein geringer Theil des gebildeten rothen Niederschlages von Quecksilberjodid sich nicht wieder löst, filtrirt nach dem Erkalten, setzt 50 K. C. Kalilauge (1 : 2) und so viel destillirtes Wasser zu, bis die Flüssigkeit 200 K. C. beträgt. Nach einiger Zeit wird von dem geringen Niederschlage decantirt und das Neßler'sche Reagens in kleinen Gläsern, deren Stopfen mit Paraffin überzogen sind, vor Licht geschützt aufbewahrt. A. Qualitativ: In einem großen Probirgläschen setzt man zu 20 K. C. Wasser 0,5 K. C. Kalilauge und, nach dem Absetzen, ebenso viel Reagens. Bei Spuren von Ammoniakverbindungen färbt sich die Flüssigkeit nach einigen Minuten orangeroth, bei größeren Mengen entsteht ein ebenso gefärbter Niederschlag. B. Quantitativ: Entsteht ein Niederschlag, so ist die quantitative Bestimmung auszuführen. Zu diesem Zweck säuert man 500 K. C. Wasser mit einigen Tropfen Salzsäure an, verdampft bis fast zur Trockne und destillirt den Rückstand mit alkoholischer Kalilauge. Das Destillat wird in 20 K. C. Zehntelnormalsäure aufgefangen, die nicht neutralisirte Säure mit Zehntelnormalalkali zurücktitrirt. 1 K. C. Zehntelnormalsäure entspricht 0,1 Aequiv. in Milligrm. = 1,7 Milligrm. Ammoniak. Sind zahlreiche Wasseruntersuchungen auszuführen, so dürfte sich das Verfahren von Fleck empfehlen (s. Journ. prakt. Chem. 5. 263). 1 Aequiv. in Milligrm. Ammoniak entspricht: 17 Milligrm. Ammoniak = NH³, 18 Ammonium = NH⁴, 53,5 Ammoniumchlorid NH⁴Cl, 80 Ammoniumnitrat NH⁴NO³ u.s.f. 5. Salpetrige Säure. 20 K. C. des zu untersuchenden Wassers versetzt man in einem etwa 20 Millimet. weiten Reagirgläschen mit 1 K. C. Stärkekleister 1 Kub. Cent. verdünnte SchwefelsäureStärkekleister und 0,5 K. C. Jodkaliumlösung (1 : 200) und läßt stehen. Enthält das Wasser nur Spuren salpetriger Säure, so färbt sich die Flüssigkeit nach einigen Minuten schwach violett-blau, bei stärkerem Gehalt schön blau; nur wenige Wässer sind so reich an diesem Zersetzungsproduct stickstoffhaltiger organischer Stoffe, daß das Gemisch fast augenblicklich blau, nach einigen Minuten aber bis zur Undurchsichtigkeit gefärbt wird. Da die salpetrige Säure im Wasser noch nicht genau bestimmt werden kann, dieselbe bei dem angegebenen Verfahren auch mit der Salpetersäure zusammen gemessen wird, so empfiehlt es sich, nur drei Gehaltsgrade zu unterscheiden, und zwar die violette Färbung mit 1, den stärksten Gehalt aber mit 3 zu bezeichnen. 6. Salpetersäure. A. Qualitative Prüfung: 1 K. C. Wasser wird auf einem Uhrschälchen zur Trockne verdampft, das Schälchen auf weißes Papier gestellt, der Rückstand mit einigen Tropfen einer kalt gesättigten Brucinlösung befeuchtet und 5–10 Tropfen Schwefelsäure zugefügt. Enthält 1 Liter Wasser auch nur 1 Milligrm. Salpetersäure, so wird die Flüssigkeit noch schwach rosa gefärbt, bei stärkerem Gehalt von 10 Milligrm. und darüber, wie dieses bei städtischen Wässern durchweg der Fall ist, tritt die Reaction schon ganz deutlich mit 1 Tropfen des Wassers ein, ohne daß es erforderlich wäre, vorher einzudampfen. B. Quantitative Prüfung: Salpetersäure oder ein salpetersaures Salz, mit Salzsäure und Eisenchlorür erhitzt, wird unter Bildung von Eisenchlorid und Wasser zu Stickoxyd reducirt, welches gasförmig entweicht: 2HNO³ + 6HCl + 6FeCl² = 3Fe³Cl⁶ + 4H²O + 2NO. 2 . 63 6 . 36,5 6 . 27 3 . 325 4 . 18 2 . 30 126 Th. Salpetersäure geben also mit 219 Chlorwasserstoff und 762 Eisenchlorür 975 Eisenchlorid und 60 Stickoxyd. Aus der Menge des zersetzten Eisenchlorürs (Pelouze) oder des entwickelten Stickoxydes (Schlösing) läßt sich somit die angewandte Salpetersäure berechnen. Kommt dieses Stickoxyd in Gegenwart von Wasser mit überschüssigem Sauerstoff zusammen, so wird es wieder in Salpetersäure und eine geringe, mit der Temperatur und den Verdünnungsverhältnissen wechselnden Menge salpetriger Säure übergeführt (wie ich früher nachgewiesen, vergl. Gmelin-Kraut, Lehrbuch der Chemie). Da die äquivalenten Mengen beider Säuren dieselbe Quantität Alkali sättigen, so kann bei der Titration diese Bildung der salpetrigen Säure unberücksichtigt bleiben. Das Gewicht eines Liter aller Gase und Dämpfe ist bekanntlich = Vol. Gew. in Grammen, 1 Liter Stickoxyd wiegt somit 15 . 0,0894 Grm., 1 K. C. also 15 . 0,0894 Milligrm. und entspricht 31,5 . 0,0894 = 2,816 Milligrm. HNO³. Da ferner das Mol. Gew. in Grammen = 22,2 Liter, in Milligrm. also = 22,2 K. C., die Salpetersäure eine einbasische Säure ist, so entsprechen 22,2 K. C. Stickoxyd einem Aequiv. in Milligrm. Das genaue Ablesen ist aber schwierig, die Correcturen, welche wegen Temperatur, Druck und Feuchtigkeit anzubringen, sind, immerhin sehr lästig. Es ist daher vorzuziehen, die Salpetersäure aus dem Volum des Stickoxydes, ohne Berücksichtigung der Correcturen nur annähernd zu berechnen als Controlle der nachfolgenden alkalimetrischen Bestimmung der regenerirten Salpetersäure. Zu meinen Wasseruntersuchungen bediene ich mich folgender Apparate. A, Fig. 1, ist eine gewöhnliche Kochflasche von 200 K. C. Inhalt und mit einem doppeltdurchbohrten Kautschukstopfen verschlossen. Das Rohr a steht unter dem Stopfen hervor, ist oben etwas abwärts gebogen und mittelst eines Kautschukschlauches, der durch einen Quetschhahn verschlossen werden kann, mit einem Stück Glasrohr verbunden. B ist eine in den Glashandlungen vorräthige Flasche, wie man sie zum Trocknen der Gase gebraucht und in geeigneter Weise von 10 zu 10 K. C. Inhalt mit einer Marke versehen, so daß 1 K. C. noch mit einiger Sicherheit geschätzt werden kann. Sie steht mit der Flasche C mittelst eines Kautschukschlauches oder einer Glasröhre und zweier Stopfen, welche mit Paraffin getränkt sind, in Verbindung, so daß die Kalilauge (1 : 10) zwischen B und C ungehindert circulirt. Das aufwärts gebogene Röhrchen d ist genau unter dem Stopfen abgeschnitten, f mit Baumwolle gefüllt, um das Eindringen von Staub in die Flasche C zu verhüten. Der Kautschukschlauch von b wird abgezogen, der Quetschhahn geschlossen und durch vorsichtiges Saugen an d, am besten mittelst eines Aspirators, soviel Lauge von C nach B getrieben, daß diese Flasche fast völlig angefüllt ist. d wird nun geschlossen und durch c reiner Wasserstoff (etwa 120 K. C.) eingeleitet, n geschlossen und das Gas durch d wieder abgezogen, ohne daß jedoch die Lange den Kautschukstopfen berührt. Die Operation wird wiederholt und so durch den Wasserstoff aller Sauerstoff aus dem Apparate entfernt. Um die Luft völlig abzuhalten, werden, nachdem die Quetschhähne geschlossen, die offenen Enden von d und n (mittelst der Spritzflasche) mit Wasser gefüllt. Der Apparat ist nun zum Gebrauch fertig. Fig. 1., Bd. 210, S. 294 Da bei diesen Bestimmungen sehr oft kleine Mengen reinen Wasserstoffes gebraucht werden, so empfiehlt sich folgender Entwickelungsapparat. Die Gastrocknenflasche N, Fig. 2, enthält bei x eine Schicht Bimssteinstückchen oder Glasscherben, und darüber bei y eine Anzahl reiner Zinkstäbchen. M ist mit verdünnter Salzsäure oder Schwefelsäure gefüllt und steht durch einen Kautschukschlauch mit N in Verbindung. Wird nun der Quetschhahn von z geöffnet und M gehoben, so steigt die Säure in N zum Zink und entwickelt Wasserstoff, wird aber z geschlossen, so füllt sich N mit Wasserstoff, die Säure wird nach M zurückgetrieben, die Entwickelung hört auf, um erst dann wieder zu beginnen, wenn durch z so viel Wasserstoff abgelassen ist, daß die Säure wieder mit dem Zink in Berührung kommt. Es wird also nur soviel Wasserstoff entwickelt, als jedesmal erforderlich ist. Zur Bestimmung der Salpetersäure versetzt man 500 K. C. Wasser mit einigen Tropfen Sodalösung, verdampft mittelst einer kleinen Flamme bis 20–40 K. C., bringt auf ein Filter und wäscht Schale und Filter mit etwas heißem Wasser nach. Das Filtrat, welches sämmtliche Salpetersäure enthält, wird in A, Fig. 1, einige Minuten gekocht, während die Rohre a und b geöffnet sind. Kann man mit Sicherheit annehmen, daß alle Luft aus dem Apparate durch den entwickelten Wasserdampf ausgetrieben ist, so verbindet man b (ohne das Kochen zu unterbrechen) mit dem Kautschukschlauch n. Fig. 2., Bd. 210, S. 295 Sobald nun die Flüssigkeit in A bis auf ein geringes Volum verkocht ist, wird das offene Röhrenstück von a in ein Gläschen mit einer concentrirten Eisenchlorürlösung getaucht, die Flamme entfernt und durch vorsichtiges Oeffnen des Quetschhahnes 10–15 K. C. dieser Lösung und dann, ohne daß Luft mit in das Röhrchen eintreten könnte, etwa eben so viel reine Salzsäure in die Flasche A eingesogen. Jetzt wird A erwärmt und, sobald die Gasentwicklung beginnt, der Quetschhahn zwischen b und c entfernt. Das gebildete Stickoxyd wird durch die Alkalilauge von aller Säure befreit und sammelt sich in B, ein entsprechendes Volum der Lauge geht nach C über. Wenn die Gasentwickelung aufgehört, wird der Quetschhahn bei n wieder geschlossen, die Verbindung mit b gelöst und das freie Ende mit Wasser gefüllt. – Nach der Reinigung von A kann eine neue Lösung eingekocht werden. Das Lösen des Quetschhahnes bei n erfordert einige Vorsicht. Geschieht es zu früh, so dringt die Lauge von B nach A herüber, löst man aber zu spät, so wird durch den Gasdruck in A der Kork abgetrieben; in beiden Fällen ist der Versuch verloren. Um diese Unannehmlichkeit zu vermeiden, setzt man, sobald die Flasche A die Eisenlösung und Salzsäure aufgenommen hat, eine kleine Flamme unter, preßt mit Zeigefinger und Daumen den Schlauch bei n fest zu und entfernt den Quetschhahn. Da die Flasche A luftleer ist, so werden durch den äußeren Luftdruck die Schläuche von a und b fest zusammengepreßt, und schwellen erst dann wieder an, wenn die in A entwickelten Gase und Dämpfe dem Atmosphärendruck entsprechen. Durch vorsichtiges Lüften der Finger läßt sich an dem Schwanken der Wasserstoffsäule, welche in c zurückgeblieben ist, leicht beurtheilen, wann der richtige Zeitpunkt gekommen den Schlauch freizugeben. Bei Beobachtung dieser Vorsichtsmaßregel ist mir von mehr als hundert Bestimmungen auch nicht eine mißglückt. Inzwischen hat man in einer 300–400 K. C. haltenden Kochflasche, die mit einem einmal durchbohrten Kautschukstopfen und rechtwinkelig gebogenen Glasrohr versehen ist, etwa 50 K. C. Wasser zum Sieden erhitzt. Ist durch den Wasserdampf die Luft ausgetrieben, so wird die Flamme entfernt und das Glasrohr mit dem Kautschukschlauch d verbunden. Oeffnet man nun vorsichtig den Quetschhahn von d, so wird das Stickoxyd aus B in die luftleere Flasche gesogen. Um aber auch den letzten Rest desselben zu erhalten, läßt man aus dem Wasserstoffentwickelungsapparat etwas Gas entweichen und verbindet den Röhrenansatz von z mit dem Schlauche n. Durch Oeffnen der beiden Quetschhähne läßt man nun 15–20 K. C. Wasserstoff nach B, und nachdem n geschlossen ist, durch Oeffnen von d in die Flasche mit Wasser und Stickoxyd übertreten. Man wiederholt die Operation 2–3 Mal, schließt die Hähne und verbindet die Flasche mit einem Sauerstoffgasometer; das Stickoxyd wird unter Bildung rothbrauner Dämpfe in Salpetersäure übergeführt. Nach einiger Zeit wird diese verdünnte Salpetersäure mit Lackmuslösung gefärbt und aus einer in 0,1 K. C. getheilten Bürette so lange mit Zehntelnormalkali (5,64,6 Grm. KOH auf 1 Liter) versetzt, bis die rothe Farbe eben in Blau übergeht. Jeder Kubikcentimeter Alkali entspricht 0,1 Aequiv. in Milligrm., also 5,4 Milligrm. N²O⁵ oder 6,3 Milligrm. HNO³ oder auf ein Liter berechnet 0,2 Aequiv. Da 2,22 K. C. Stickoxyd in Salpetersäure und salpetrige Säure übergeführt 1 K. C. Zehntelnormalalkali sättigen, so gibt die Ablesung des Gasvolumens einen schätzenswerthen Anhaltspunkt bei der Titration. Abgesehen von dem Eindampfen des Wassers gelingt es auf diese Weise leicht, in einer Stunde drei dieser genauen Salpetersäurebestimmungen auszuführen. 1 Aequiv. in Milligrm. Salpetersäure entspricht:   54 Milligrm. Salpetersäureanhydr. = N²O³,   63 Salpetersäure = HNO³, 101 Salpeter = KNO³,   82 salpeters. Calcium = Ca(NO³) u.s.f. 7. Chlor. 250 Kub. Cent. Wasser werden mit Salpetersäure angesäuert und so lange mit einer Lösung von salpetersaurem Silber versetzt, als noch ein Niederschlag erfolgt. Das gefällte Chlorsilber wird auf einem Filter gesammelt, ausgewaschen, getrocknet, geglüht und gewogen. HCl + AgNO³ = AgCl + HNO³. 36,5 + 170 = 143,5 + 63. 143,5 Chlorsilber entsprechen also 1 Aequiv. = 36,5 Salzsäure oder 35,5 Chlor. Beispiel: 250 K. C. Wasser geben 200,9 Milligrm. AgCl, entsprechend 1,4 Aequiv. in Milligrm. = 49,7 Milligrm. Chlor, da 143,5 : 200,9 = 1 : x = 1,4 Aequiv. 143,5 : 200,9 = 36,5 : x = 51,1 Milligrm. HCl oder auf 1 Liter berechnet 5,6 Aequiv. = 198,8 Milligrm. Chlor. Weit einfacher, namentlich bei einer Reihe von Untersuchungen ist die maaßanalytische Bestimmung mit Zehntelsilberlösung (also 17 Grm. AgNO³ im Liter) und chromsaurem Kalium als Indicator. Zu 100 Kub. Cent. Wasser, oder bei geringem Chlorgehalt 200 Kub. Cent. auf 100 Kub. Cent. eingedampft, läßt man in einem Becherglase einige Tropfen Kaliumchromatlösung und unter fortwährendem Umrühren mit einem Glasstäbchen so lange aus einer genauen Quetschhahnbürette Zehntelnormalsilber zufließen, bis die Flüssigkeit und der entstandene Niederschlag die röthliche Färbung des Silberchromates annimmt. 1 Kub. Cent. Silberlösung entspricht 0,1 Aequiv. in Milligrm. = 3,55 Milligrm. Chlor. 100 Kub. Cent. des obigen Wassers würden 5,6 Kub. Cent. Silberlösung erfordern, demnach 19,88 Milligrm. Chlor, 1 Liter also 5,6 Aequiv. = 198,8 Milligrm. Chlor enthalten. 1 Aequiv. in Milligrm. Chlor entspricht: 35,5 Milligrm. Chlor, 36,5 Chlorwasserstoff = HCl, 58,5 Chlornatrium = NaCl (Kochsalz), 55,5 Chlorcalcium = CaCl², 47,5 Chlormagnesium = MgCl² u.s.f. 8. Schwefelsäure. 250 Kub. Cent. des zu untersuchenden Wassers werden mit Salzsäure angesäuert, in einem Becherglase zum Sieden erhitzt und so lange mit einer Chlorbariumlösung versetzt, als noch ein Niederschlag erfolgt; zu großer Ueberschuß ist zu vermeiden. Nach dem Absetzen wird filtrirt, der Niederschlag ausgewaschen und in bekannter Weise gewogen. H²SO⁴ + BaCl² = BaSO⁴ + 2HCl. 98 + 208 = 233 + 73 1 Molecül oder 233 Th. schwefelsaures Barium entsprechen demnach 1 Mol. = 2 Aequiv. = 98 Th. Schwefelsäure. Beispiel: 250 K. C. Wasser geben 139,8 Milligrm. BASO⁴, entsprechend 1,2 Aequiv. = 58,8 Milligrm. H²SO⁴, da 233 : 139,8 = 2 : x = 1,2 Aequiv. 233 : 139,8 = 98 : x = 58,8 Milligrm. H²SO⁴, 1 Liter also 4,8 Aequiv. = 235,2 Milligrm. Schwefelsäure. 1 Aequiv. in Milligrm. Schwefelsäure entspricht:   40 Milligrm. Schwefelsäureanhydrid = SO³,   49 Schwefelsäure = H²SO⁴,   71 Natriumsulfat = Na²SO⁴, 162 Glaubersalz = Na²SO⁴. 10 H²O u.s.f. 9. Härte. 1) Veränderliche Härte: 250 Kub. Cent. Wasser werden in einem Becherglase mit Cochenilletinctur (1 Grm. Cochenille mit 100 Kub. Cent. schwachem Weingeist ausgezogen) deutlich violett gefärbt, erwärmt und so lange mit Zehntelnormalsäure versetzt, bis im durchscheinenden Licht keine Spur von Violett mehr zu erkennen ist und auch innerhalb 5 Minuten nicht wiederkehrt. 1 Kub. Cent. Säure entspricht 0,1 Aequiv. in Milligrm. = 5 Milligrm. kohlensaures Calcium (CaCO³) oder 4,2 Milligrm. kohlensaures Magnesium (MgCO³). 2) Kalk: Die Flüssigkeit wird dann mit Ammoniak und oxalsaurem Ammonium im Ueberschuß versetzt, das gefällte oxalsaure Calcium nach dem Absetzen auf einem kleinen Filter gesammelt, ausgewaschen, schwach geglüht und als kohlensaures Calcium (CaCO³) gewogen. 50 Milligrm. = 1 Aequiv. in Milligrm. = 28 Milligrm. Kalk (CaO). Rascher ist die maaßanalytische Bestimmung auszuführen. Man spritzt den noch feuchten Niederschlag in ein kleines Becherglas, wäscht das Filter mit etwas verdünnter Schwefelsäure aus, erwärmt die erhaltene Lösung und fügt bis zur schwachen Röthung Zehntelnormalpermanganat (3,165 Grm. KMnO⁴ im Liter) hinzu. 1 Kub. Cent. dieser Lösung entspricht auch 0,1 Aequiv. Oxalsäure und somit auch 0,1 Aequiv. Kalk = 2,8 Milligrm. CaO. 1 Aequiv. in Milligrm. Kalk entspricht: 20 Milligrm. Calcium, 28 Calciumoxyd = CaO (Kalk), 50 Calciumcarbonat = CaCO³, 68 Calciumsulfat = CaSO⁴, 86 Gyps = CaSO⁴. 2H²O 3) Magnesia: Das Filtrat von dem oxalsauren Calcium versetzt man mit Salmiak und Phosphorsalz (Natriumammoniumphosphat). Der gebildete Niederschlag (MgNH⁴PO⁴ . 6H²O) wird auf einem Filter gesammelt, mit Ammoniak haltigem Wasser ausgewaschen, geglüht und (als Mg²P²O⁷) gewogen. 222 Milligrm. Mg²P²O⁷ entsprechen 4 Aequiv. in Milligrm. Magnesia = 80 Milligrm. MgO. Auch hier ist die maaßanalytische Bestimmung rascher auszuführen. Der noch feuchte Niederschlag wird in Essigsäure gelöst und so lange mit Zehnteluranlösung (9,52 Grm. Ur²O³ im Liter) versetzt, bis ein Tropfen mittelst eines Glasstabes auf einen Porcellanteller gebracht an der Berührungsstelle mit einem Tropfen Blutlaugensalzlösung (K⁴FeCy⁶) eine schwach rothbraune Färbung zeigt. 1 Kub. Cent. Zehnteluranlösung entspricht 3,27 Milligrm. H³PO⁴ und somit 0,8 Milligrm. Magnesium – 1/15 Aequiv. in Milligrm. 1 Aequiv. in Milligrm. Magnesia entspricht: 12 Milligrm. Magnesium, 20 Magnesiumoxyd = MgO (Magnesia), 42 Magnesiumcarbonat = MgCO³, 47,5 Magnesiumchlorid = MgCl² u.s.f. In Deutschland ist 1 Grad Härte = 1 Theil Gesammtkalk (CaO und die äquiv. Menge MgO) auf 100000 Theile Wasser (10 Milligrm. auf 1 Liter), in Frankreich 1 Th. kohlensaures Calcium (CaCO³) auf 100000 Th., in England 1 Grain CaCO³ auf 1 Gallon Wasser. Demnach ist deutsch englisch französisch 1 deutscher Härtegrad =   1   1,25    1,79 1 englischer =   0,8   1    1,43 1 französischer =   0,56   0,7    1 Folglich gibt die Summe der Aequivalente in Milligrm. von Kalk und Magnesia, welche in einem Liter enthalten sind, multiplicirt mit 2,8 die Anzahl der deutschen Härtegrade. Die bleibende Härte wird durch Subtraction der veränderlichen von der Gesammthärte gefunden; sie gibt an, wie viel alkalische Erden nicht durch Kochen gefällt werden können. 10. Berechnung der Analysen. Bei der Aufstellung der durch die Analysen erhaltenen Resultate verfährt man häufig in der Weise, daß die Schwefelsäure direct auf Gyps, das übrige Calcium und Magnesium als einfach- oder doppeltkohlensaures, Chlor auf Kochsalz berechnet wird, u.s.f. Diese Zusammenstellung ist für städtische Wässer unrichtig, da, wie schon hervorgehoben, Calcium und Magnesium vorwiegend als Bicarbonate, die Schwefelsäure aber als Alkalisalz (aus dem Harn) darin enthalten ist. Auch Helm (Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig 1871) hat im Prangenauer Wasser schwefelsaures Natrium und Kalium, aber keinen Gyps aufgefunden; Calcium und Magnesium waren nur als Carbonate vorhanden; ähnlich Aeby (Journal für praktische Chemie II. 5. 208). Völlig unverständlich ist die Behauptung, daß die Fischborner Quellen bei Frankfurt (Journal für Gasbeleuchtung 15. 288) in 100000 Theilen Wasser 0,24 Schwefelsäure an Kalk zu Gyps und 0,59 Natron an Chlor und Kohlensäure gebunden enthalten sollen. Also Soda und Gyps nebeneinander! Die combinationslose Aufstellung der Bestandtheile als Oxyde und Säureanhydride hat den Uebelstand, daß die dem Chlor äquivalente Sauerstoffmenge von den betreffenden Metalloxyden abgezogen werden muß. Es ist daher der Vorschlag gemacht, die Metalle als solche (Ca, Mg, K u.s.f.) und die einzelnen Säureradicale (Cl, SO⁴, CO³ u.s.w.) getrennt anzugeben. Ganz besondere Vorzüge scheint aber die Aufstellung in Aequivalenten zu haben (Aequiv. in Milligrm. im Liter = Grm. im Kubikmet. = 0,001 Normallösung). Nicht nur wird dadurch die Berechnung der Analyse, sondern auch die Uebersicht und Combination der erhaltenen Resultate ganz ungemein erleichtert. Bemerkenswerth ist die Angabe von Stolba, daß die organischen Stoffe der Quell- und Flußwässer saurer Natur sind, so daß sie einen Theil der Basen binden (Abhandlungen der böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften VI. 6. Band). – Ohne Zweifel werden andere stickstoffhaltige Zersetzungsproducte basischer Natur seyn können.