Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 212, Jahrgang 1874, Nr. , S. 73
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Miscellen. Miscellen. Petroleum-Motor; von Julius Hock in Wien. In der k. k. Staatsdruckerei in Wien ist seit Anfang Februar d. J. ein neuer, von der Eisen- und Maschinenfabriks-Actiengesellschaft in Wien gelieferter Motor in Gang, bei welchem die Verbrennung von Petroleum im Arbeitscylinder mit der dabei sich entwickelnden Wärme das eigentlich bewegende Agens bildet. Der Hock'sche Motor functionirt nach den uns vorliegenden fachmännischen Urtheilen sehr regelmäßig; der Betrieb desselben ist ganz gefahrlos, die Wartung einfach, der Platzbedarf und die Betriebsspesen sehr gering. Pro Stunde und Pferdekraft sind ca. 1 1/2 Pfund Petroleum zu rechnen. Wie bei der Gaskraftmaschine etc. ist die Maschine jederzeit betriebsfähig und ebenso rasch kaltzustellen. Die Maschine in der Staatsdruckerei treibt gegenwärtig 3 große Schnellpressen – mit der Leistungsfähigkeit von je 1200 Bogen pro Stunde –, ohne dadurch vollkommen belastet zu sein. Es scheint diese Maschine speciell für kleinere Industrien und Gewerbe viel zu versprechen; ein näheres Urtheil hierüber mag auf Grundlage einer detaillirten Beschreibung gefällt werden, welche nach Erledigung einiger noch schwebenden Patentgesuche für Dingler's polytechn. Journal zugesagt wurde. Z. Neue Nähmaschine mit rotirendem Schiffchen; von Ingenieur Kappmeyer in Hamburg. Alle für den sogenannten Steppstich bestimmten Nähmaschinen, mit Nadel- und Schußfaden (Ober- und Unterfaden), lassen sich auf die beiden Systeme zurückführen, erstens, daß der Unter- oder Schuß-Faden durch eine Schütze eingeführt wird, welche der alten Schütze (mit liegender Spule) des Handwebers gleicht und sich geradlinig hin und her, oder oscillatorischUnter Anderen: Weed's Nähmaschine; beschrieben und abgebildet in Dingler's polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVIII S. 381. hin und her bewegt und zweitens, daß die Einführung dieses Unterfadens durch eine in steter Kreisdrehung bewegte Schütze geschieht, die man mit einer stehenden Spule versehen hat, welche den sogenannten Bobbinet- (Spitzengrund-) Maschinen entlehnt ist.Das Grover-Bäker-System mit zwei Nadelfäden (eine Nadel mit geradlinig vertical auf- und abgehender Bewegung die andere Nadel in horizontaler Ebene schwingend) macht keinen Steppstich sondern den doppelten Kettenstich (Knotenstich). Das Hauptkunststück der letzteren Maschinengattung ist der sogenannte Greifer, in welchem sich die Bobbinetspule dreht und die Schlinge des Nadelfadens zur Stichbildung gefangen wird, ohne daß die Drehachse des Greifers diesen Act verhindert. Die erstere Schußfadeneinführung bildet den Grundcharakter des heutigen Schiffchensystemes und hat den Amerikaner Elias Howe zum Erfinder, während die zweite Anordnung, gewöhnlich das Greifersystem genannt, von Wheeler und Wilson in Amerika erfunden wurde. Die von uns in der Ueberschrift als neu bezeichnete Kappmeyer'sche Nähmaschine kann einigermaaßen als eine Combination des Weberschützensystemes mit dem Greifersysteme angesehen werden, insofern dasselbe das Weberschiffchen mit liegender Spule mit der continuirlichen Kreisdrehung der verticalstehenden Bobbinetspule vereinigt. Ingenieur Kappmeyer producirte vor Kurzem ein sehr gut gearbeitetes Exemplar seiner Doppelsteppstich-Maschine mit rotirender Schütze (Schiffchen)“ betreffenden Sachverständigen des hiesigen königl. Polytechnicums, sich in jeder Beziehung anerkennend und lobend über dieses neue Nähmaschinensystem aussprachen. Letzterer Thatsache zufolge sind wir im Stande, etwas näher auf die Kappmeyer'sche Nähmaschine einzugehen. Die in der rotirenden Schütze befindliche gerade Spule für den Unterfaden faßt eine Länge des letzteren von 60 Meter vorausgesetzt, daß man mit Baumwollen-Garn Nr. 60 arbeitet. Das Schiffchen läuft in einer gut ausgedrehten gußeisernen Kapsel, wobei die Gleitfläche aus Hartgummi gefertigt ist. Dies Schiffchen läßt sich sehr leicht herausnehmen, indem es durch Zurückziehen der Schieberplatte und durch ein geringes Drehen der Welle über die Oberfläche der Nähplatte heraustritt. Ebenso leicht ist das Einsetzen des Schiffchens. Aus letzterem kann dann ebenso fast ohne alle Mühe die Spule entfernt und eingesetzt werden. Die Abnützung am Schiffchen ist eine äußerst geringe und kann eigentlich nur an Stellen stattfinden, welche für den Betrieb der Maschine ohne Nachtheil sind. Der Unterfaden wird durch zwei Löcher eingefädelt und wird ihm keine besondere Spannung ertheilt. Ober- und Unterfaden brauchen beim Beginne des Nähens nicht festgehalten zu werden. Das Einlegen des Oberfadens wird vorzüglich dadurch vereinfacht, daß ein wirkliches Einfädeln nur bei der Nadel selbst geschehen muß. Ein Verwickeln durch eine lose hängende Schlinge kann nicht stattfinden, da jede solche Schlinge durch eine schiefe Fläche (Schlingenschutz genannt) von dem sich im Kreise drehenden Schiffchen fern gehalten wird. Um die Stichlänge zu verändern, befindet sich auf der Welle ein excentrischer Kegel, der gegen eine kleine Rolle wirkt, welche in der Wellenachsenrichtung verschiebbar angeordnet ist, von welcher Welle aus die Bewegung auf den Zeugschieber übertragen wird. Welle, Nadel- und Schuh-Stange laufen in Lagern und Büchsen, welche mit geeigneter Metallcomposition (als Schalen, Futter etc.) ausgegossen sind. Die Zusammenstellung der Maschine als Ganzes ist ebenso einfach, wie es der Constructeur verstanden hat, die zu bearbeitenden Theile auf ein Minimum zu beschränken. (Hannoversches Wochenblatt für Handel und Gewerbe, März 1874, S. 107.) Neuer Bespannungs-Apparat. Die K. württ. Postdirection hat den Fabrikanten Gustav Bofinger in Ravensburg veranlaßt, die ihm unter dem 31. December 1873 patentirte Sicherheitsvorrichtung an einem ihm zur Verfügung gestellten Postwagen anzubringen. Mit demselben haben in den letzten Tagen Probefahrten in der Umgebung von Stuttgart stattgefunden, deren Ergebnisse beachtenswerth sind. Dem Apparate liegt der Gedanke zu Grunde: dem Kutscher im Falle des Scheuwerdens der Pferde ein Mittel an die Hand zu geben, letztere vom Bocke aus durch Anziehen eines Handgriffes plötzlich und vollständig vom Wagen zu trennen, gleichzeitig aber die beiden Hinterräder des Wagens so festzuhalten, daß sie sich nicht mehr drehen können, und dadurch den Wagen zum Stillstande zu bringen. Die hiefür angewandten Mittel sind der Art, daß sie an jedem Wagen angebracht werden können; nach dem Ergebnisse der Probefahrten zu schließen, entsprechen sie ihrem Zwecke. Ob sie unter allen Localitäts-, Witterungs- und sonstigen Verhältnissen ebenso zuverlässig sind, wird die längere Erfahrung feststellen. Jedenfalls wird die Einfachheit und geschickte Anordnung der erforderlichen Mechanismen bei sorgfältiger Unterhaltung dazu wesentlich beitragen. Wir möchten denjenigen, welche die Vorrichtung anwenden, es sehr empfehlen, ihre Kutscher strenge dazu anzuhalten, daß sie jedesmal, wenn die Pferde auszuspannen sind, den Apparat in Anwendung bringen, wodurch der gute Zustand desselben ununterbrochen und in den kürzesten Zeiträumen controlirt und auch der Kutscher in seinen Gebrauch und seine Unterhaltung eingeübt wird. (Gewerbeblatt aus Württemberg, 1874 Nr. 13, S. 160.) Analyse des neuen Trinkwassers der Stadt Wien; von Dr. J. Habermann und Dr. H. Weidel. Das Wasser wurde am 14. October 1873 aus dem Reservoir am Rosenhügel geschöpft und zeigte die Temperatur von 9,5° C. bei 10,3° Lufttemperatur. Nachstehende Tabelle zeigt die Resultate der Analyse von Habermann und Weidel verglichen mit den Analysen des Wassers an den Quellen, welche Professor Schneider im Jahre 1864 ausgeführt hat, und im Vergleiche mit den Grenzwerthen, zwischen denen sich die verschiedenen Bestandtheile eines guten Trinkwassers überhaupt bewegen sollen. Die letzte Rubrik gibt die Analyse des Donauwassers. Die Zahlen beziehen sich auf 10.000 Gewichtstheile Wasser. Die Härtegrade sind Fehling'sche. (1 Milligrm. Kalk oder Magnesia in 100 Kubik-CentimeterKubikmeter Wasser = 10.) Textabbildung Bd. 212, S. 75 Bestandtheile; Stixensteiner Quelle; Prof. Schneider; Kaiserbrunnen; Hochquellenwasser; Beim Eintritt in das Reservoir H. u. W.; An dem Reservoir H. u. W.; Grenzwerthe für gutes Wasser; Trinkwasser aus der Donau; Kieselsäure; Kalk; Magnesia; Kali; Nur mit dem Spectralapparat ersichtliche Spuren; Natron; Schwefelsäure; Chlor; Gesammt-Kohlensäure; Gebundene Kohlensäure; Freie Kohlensäure; Organische Substanz; Glührückstand; Härtegrade; Dichte; Salpetersäure; Eisenoxyd in Spuren; Salpetersäure und Ammoniak nicht bestimmbar. (Zeitschrift des östereichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins, 1873, S. 311.) Zur Trinkwasserfrage. Der Verein für öffentliche Gesundheitspflege in Hannover hat unter dem 23. Januar d. J. an den hiesigen Aerztlichen Verein ein Schreiben gerichtet, in welchem derselbe um eine gutachtliche Aeußerung darüber ersucht wird, 1. welche Anforderungen an die Beschaffenheit eines guten Trinkwassers zu stellen seien, und 2. ob die Trinkwässer Hannovers als gesundheitsschädlich anzusehen seien, event. worin deren Gesundheitsschädlichkeit bestehe. Die unterzeichneten Aerzte haben diese Fragen einer sorgfältigen Prüfung unterzogen und verfehlen nicht in Nachstehendem dieselben gewissenhaft zu beantworten. Der menschliche Körper nicht weniger wie jeder Thierleib besteht in fast allen seinen Theilen – ausgenommen ist nur das Knochengerüst, die Zähne und die Hornsubstanz der Haare – im überwiegenden Verhältnisse aus Wasser. Da nun durch den Stoffwechsel täglich sehr erhebliche Quantitäten Wassers ausgeschieden werden, sei es in mehr fester, flüssiger oder gasförmiger Form (bei der Stuhlentleerung, als Harn, Schweiß oder Ausdünstung und beim Athemproceß), so bedarf der Körper des täglichen Ersatzes. Dieser wird ihm theils in Form der Speisen, welche sämmtlich wasserhaltig sind, theils in Form künstlich zubereiteter Getränke, theils im Trinkwasser geboten. Fast alle Speisen und ein großer Theil der künstlichen Getränke werden mit Hilfe des Wassers zubereitet. Da nun die einfachste Logik schon den uncultivirten Naturvölkern sagen mußte, daß die Gesundheit des Menschen auf das Wesentlichste von Speise und Trank beeinflußt wird, so ist es nicht wunderbar sondern nur natürlich, daß die Frage nach der Beschaffenheit eines guten Trinkwassers schon im Alterthume discutirt wurde. Wenn man damals noch weit entfernt war von der Fülle der Kenntnisse, deren Hilfe der heutigen Chemie zur Untersuchung alles Stofflichen zu Gebote stehen, wenn man das Wasser als einfaches Element betrachtete und sich zu seiner Beurtheilung nur der Sinne und keiner künstlichen Methoden bediente, so schätzte man seine Reinheit und gesunde Beschaffenheit deßhalb nicht weniger als heutzutage. Die Ruinen antiker Wasserleitungen in Italien und Spanien, welche an Großartigkeit durch kein modernes Werk übertroffen werden, liefern uns den deutlichsten Beweis hievon. Im Gegentheile wir müssen, wollen wir aufrichtig sein, uns gestehen, wenn auch die Chemie uns Methoden gelehrt hat, die uns außerordentlich gefördert haben in der Beurtheilung der Güte des Trinkwassers, daß wir doch in der praktischen Verwendung dieser unserer Kenntnisse die Alten kaum erreicht haben. Wie soll ein gutes Trinkwasser beschaffen sein? Sämmtliches Wasser stammt aus der die Erde umgebenden Atmosphäre, ist meteorischen Ursprungs. Im steten Wechsel steigen die wässerigen Dünste aus den Meeren und von der übrigen Erdoberfläche gegen Himmel, um sich nach geschehener Wolkenbildung als Regen, Schnee oder Hagel (Schloßen) wieder niederzuschlagen. Zum Genuß des Menschen kommt das Wasser erst – falls nicht das Regenwasser in Cisternen aufgesammelt wird, wie dies bei uns beispielsweise in Moor- und Marschgegenden der Fall ist –, nachdem es bis zu einer gewissen Tiefe in die Erde eingedrungen ist, indem es dann als Quelle wieder zu Tage tritt oder mit Hilfe der Brunnen als Grundwasser dem Menschen zugänglich gemacht wird. Auf diesem Wege nimmt das Wasser mehr oder weniger fremde Bestandtheile auf. Ein chemisch reines Wasser kann wohl künstlich dargestellt werden, kommt aber in der Natur nicht vor. Selbst das Regenwasser, welches doch nur mit der Luft in Berührung gewesen ist, enthält fremdartige Beimischungen, wenn auch nur in Spuren, insbesondere etwas Salpetersäure. Die Erfahrung lehrt, daß ein chemisch reines Wasser als Getränk zur Erhaltung der Gesundheit des Menschen nicht erforderlich ist, daß es sich sogar nicht einmal dazu eignet, da gewisse Beimischungen der natürlichen Gewässer, namentlich Kohlensäure, dazu dienen, sie wohlschmeckender und bekömmlicher zu machen. Welche Eigenschaften ein gesundes Trinkwasser haben muß, in wie weit fremdartige Beimischungen vorhanden sein müssen oder dürfen, damit es dem Menschen zuträglich sei, auf diese Fragen antwortet uns zuerst die einfache sinnliche Wahrnehmung und dann die auf wissenschaftliche Beobachtung gestützte Erfahrung. Die Sinne lehren uns, daß das Trinkwasser klar, farblos, geruch- und geschmacklos und von gleichmäßiger kühler Temperatur sein muß. Nur mit Widerwillen wird man sich in Nothfällen eines Wassers zum Trinken bedienen, dem eines oder gar mehrere dieser Erfordernisse abgehen. Sogenannte Mineralwässer, denen aus der Erde aufgenommene Stoffe einen bestimmten Geschmack verleihen und die zur Heilung mancher Krankheiten eine so große Rolle spielen – Schwefelwasser, salz- und eisenhaltige Wässer – werden verworfen, sobald es sich um die tägliche Befriedigung des Durstes handelt, ebenso das gelbliche Wasser des Moorbodens, das Seewasser und das gewöhnlich von Flüssen geführte Wasser, da es in seinem Laufe leicht gröbere Theile des Erdreichs mit sich fortreißt und dadurch unklar und überdies im Sommer zu warm, im Winter zu kalt wird. Die Erfahrung lehrt, daß in der That der Genuß solcher den Sinnen widerstehenden Wässer oft schon nach kurzer Zeit die Gesundheit benachtheiligt. In den Moor- und Marschgegenden bedient man sich deshalb des Regenwassers aus Cisternen, und dort, wo man sich des Flußwassers bedienen muß, sucht man dasselbe wenigstens durch Filtration von gröberen Beimischungen zu befreien, um es klar zu machen. Man würde aber irren, wollte man annehmen, daß die Sinne allein genügen und uns darüber zu belehren, welches Wasser ohne Schaden für die Gesundheit getrunken werden kann und welches nicht. Die von der chemischen Analyse unterstützte Erfahrung hat gelehrt, daß es Wasser gibt, welches in hohem Grade verunreinigt ist und nachweislich Krankheiten hervorgerufen hat, obgleich ihm keine der von der sinnlichen Wahrnehmung geforderten Eigenschaften, weder die Klarheit, Farblosigkeit, noch eines der andern oben aufgeführten Merkmale abgeht. Vor Allem muß das Trinkwasser frei von größeren Mengen organischer Substanzen sein. Geringere Quantitäten kommen wohl immer im Quell- und Brunnenwasser vor, ohne erfahrungsmäßig seine Brauchbarkeit zu beeinträchtigen, indem die Erde überall mit todten Organismen pflanzlicher und thierischer Natur bedeckt ist. Da der den Zerfall der Organismen begleitende und bedingende Fäulnißproceß aber erfahrungsmäßig Stoffe erzeugt, die gesundheitsschädlich sind und beispielsweise die Ungenießbarkeit des Moorwassers bedingen, so hat die Wissenschaft nur solches Wasser als zulässig erklärt, dessen Gehalt an organischen Stoffen und den Producten ihrer Zersetzung einen bestimmten Grad nicht überschreitet. Als Maaßstab der letzteren wird der Gehalt an Salpetersäure benützt, und es wird von der zur Untersuchung der öffentlichen und Schulbrunnen hier niedergesetzten Commission ein Gehalt von 10 Milligramm, in dem Bericht des Ober-Medicinalraths Brandes ein solcher von 27 Milligramm im Liter als Grenze der Zulässigkeit bezeichnet. Von noch unzersetzter organischer Substanz sollen nach Brandes höchstens 40 Milligramme vorhanden sein, von Kalktheilen nicht mehr als 18 in 100,000 Theilen. Außerdem soll das Wasser von Ammoniak frei sein und nur Spuren salpetriger Säure enthalten dürfen; Fäulnißorganismen darf es ebenfalls nicht enthalten.Vergl. Dingler's polytechn. Journal, Bd. CCX S. 287. Man ist mit den letztgenannten Stoffen in Beziehung auf ihre Zulässigkeit rigoröser, weil man annehmen darf, daß die beim Fäulnißproceß entstehenden und der Gesundheit feindlichen Substanzen mit den niedrigeren Oxydationsstufen des Stickstoffes Hand in Hand gehen. Dieselben mit Sicherheit nachzuweisen, ist der Chemie leider bislang noch nicht gelungen. An und für sich können weder die in Frage kommenden kleinen Quantitäten der Salpetersäure noch jene der salpetrigen Säure oder des Ammoniaks, noch die organische Substanz selbst, so lange sie keine Zersetzung erlitten, als giftig resp. gesundheitsschädlich bezeichnet werden. Wenn wir uns zu diesen Forderungen an ein gutes Trinkwasser anschließen, indem wir ihre Uebereinstimmung mit der heutigen Wissenschaft constatiren, so dürfen wir nicht unterlassen darauf aufmerksam zu machen, daß es sehr fehlerhaft sein würde, wollte man von dem Genuß eines jeden Wassers, welches diesen Anforderungen nicht entspricht, unter allen Umständen Störungen der Gesundheit erwarten und die Forderungen der Wissenschaft als auf unrichtigen Grundsätzen beruhend oder übertrieben bezeichnen, falls die Gesundheit einzelner Personen und selbst ganzer Familien sich trotz des täglichen Genusses eines nach wissenschaftlichen Grundsätzen für schlecht erklärten Wassers ungestört erhält. Die Sache verhält sich anders. Auf der einen Seite gewöhnt sich bekanntlich der Mensch an manche Schädlichkeiten derart, daß sie ihm als solche nicht mehr erscheinen. Wir wollen nur auf die unreine Luft hinweisen, die viele Menschen in Schulstuben, Werkstätten und Wirthshäusern einathmen, ohne eine Idee von ihrer Schädlichkeit zu haben. Andererseits mag es in vielen Fällen trotz der Verunreinigung der Brunnen mit organischen Zersetzungsproducten vermöge einer vollständigen Oxydation zum Auftreten giftiger Fäulnißproducte überhaupt nicht kommen. Leider lehrt uns die Chemie nicht, unter welchen Umständen wir dies günstige Resultat mit Sicherheit zu erwarten haben. Es gibt außerdem glücklicherweise viele gut organisirte Naturen, welche schädliche Stoffe rasch wieder ausstoßen, ohne vonvou ihnen geschädigt zu werden, wenn sie ihnen in der Luft, welche sie athmen, oder im Wasser, welches sie trinken, zugeführt werden. Dieses Privilegium der Gesundheit wohnt aber der Mehrzahl nicht bei und ist namentlich dem zarten Kindesalter und schwächeren Personen beiderlei Geschlechts nicht eigen. Schließlich richtet sich der Einfluß dieser Schädlichkeiten neben der individuellen Disposition auch nach der Zeit, während welcher man sich ihnen aussetzt. Zwar sollte der Genuß unreinen Trinkwassers zu allen Zeiten im Interesse der Gesundheit vermieden werden; dasselbe ist jedoch zur Zeit epidemischer Darmleiden, bei Durchfällen, Ruhr, Cholera und Typhus besonders schädlich. Auch solche Naturen, welche zu anderen Zeiten den Einflüssen schlechten Trinkwassers widerstehen, dürfen dann nicht ohne üble Folgen sich reichlichen Wassergenuß erlauben. Diesen nach der Zeit verschiedenen Einfluß des verunreinigten Wassers können wir uns nur dadurch erklären, daß sich unter begünstigenden Umständen, deren Aufklärung der Wissenschaft bislang noch nicht vollständig gelungen ist, aus den sich zersetzenden organischen Substanzen krankheitserregende Stoffe oder Fermente in mehr oder weniger großen Quantität und von wahrscheinlich verschiedener Beschaffenheit entwickeln und dem Trinkwasser beimischen. Dieselben zu isoliren und im Trinkwasser chemisch nachzuweisen, ist leider bislang noch nicht möglich gewesen. Wir werden uns daher vor der Hand und vielleicht noch für lange Zeit an die organischen Stoffe und deren Zersetzungsproducte halten müssen, wenn es sich darum handelt, die Gesundheitsschädlichkeit resp. Gefährlichkeit eines Trinkwassers zu beurtheilen, da wir wissen, daß mit diesen die krankmachenden Stoffe auftreten und sich aus ihnen entwickeln. Die Berechtigung zu diesem Verfahren hat die Erfahrung bei epidemischen Krankheiten genügend dargethan. Wir weisen auf verschiedene Beispiele in dem Gutachten des Obermedicinalrathes Brandes hin, welche die Verbreitung von Typhus und Cholera durch Trinkwasser beweisen und denen andere leicht hinzuzufügen wären. Vor Allem sind unter jenen Beimengungen organischen Ursprungs menschliche und thierische Auswurffstoffe zu fürchten, da diese am geeignetsten sind Ansteckungsstoffe mit sich zu führen und weiter zu entwickeln. Gerade diese sind es aber, welche erfahrungsmäßig überall da, wo Menschen gedrängt wohnen, in kolossalen Mengen in das Erdreich dringen und das Wasser verderben.Vergl. Dingler's polytechn. Journal Bd. CCX S. 126. Wenn wir im Vorstehenden die erste Frage dahin beantwortet haben, daß irgend erheblichere Beimengungen organischer Natur namentlich solche, welche von Menschen selbst stammen, zu vermeiden sind, wenn man ein gesundes Trinkwasser haben will, so wird es uns jetzt obliegen zu untersuchen, in wie weit das in Hannover disponible Trinkwasser diesem Anspruche genügt. Die Beantmortung dieser Frage kann nach den Ermittelungen der Commission zur Untersuchung der öffentlichen und Schulbrunnen und anderer hiesiger Chemiker, namentlich des Hrn. Dr. Ferd. Fischer, nicht zweifelhaft sein. Kein einziger der untersuchten öffentlichen und Schulbrunnen entsprach den an sie zu stellenden Anforderungen. Schon der instinktive Widerwillen warnt vor manchen unter ihnen, wie viel mehr noch die chemische Untersuchung: Von 16 Schulbrunnen enthielten 5 trübes und gefärbtes Wasser, 9 Ammoniak, 14 salpetrige Säure. Von 72 öffentlichen Brunnen hatten 22 trübes und gefärbtes Wasser, 35 Ammoniak und 61 salpetrige Säure. Nicht besser war das Resultat der Untersuchung der Privatbrunnen. Es fanden sich bis zu 355 Milligramm organische Stoffe im Liter statt der höchstens zu gestattenden 27 Milligramm. Die Temperatur stieg weit über das zu gestattende Maaß; der Kalkgehalt war ein enormer. Dr. Ferd. Fischer hat sogar einige Brunnen untersucht, welche 10 Proc. mehr oder weniger zersetzten Harn und Mistjauche aufgenommen.Vergl. Dingler's polytechn. Journal Bd. CCXI S. 139 und 222. Daß hier eine so bedauernswerthe Trinkwasser-Calamität stattfindet, hat seinen einfachen Grund in der täglich und stündlich stattfindenden Verunreinigung des Bodens mit Unrath und namentlich Abtrittstoffen. Das Erdreich ist längst nicht mehr im Stande die ihm zufließenden meteorischen Gewässer den Brunnen rein zu übergeben. Nach den Untersuchungen, welche man in Städten mit ähnlichen Verhältnissen gemacht hat, ist dies Resultat auch keineswegs auffallend. Viel auffallender ist es, daß es noch Menschen gibt die sich ohne Ekel unseres Brunnenwassers zum Trinken bedienen! Die ganze Größe unserer Brunnenverderbniß tritt zu Tage, wenn wir sie mit dem Wasser des artesischen Brunnens in London und mit dem Hagen'schen Versuchsbrunnen vergleichen, welche ihren Inhalt aus nicht inficirtem Erdreich beziehen. Die übeln Folgen für die Gesundheit Hannovers sind bislang nicht ausgeblieben. Unsere Kindersterblichkeit ist eine bedeutende, wie die Zusammenstellungen des Oberarztes Dr. Köllner beweisen; der Abdominaltyphus ist bei uns endemisch und die letzten Jahre haben uns wiederholt Ruhrepidemien gebracht. Wenn wir diese Krankheit auch nicht allein dem schlechten Trinkwasser zur Last legen wollen, so müssen wir ihm doch einen wesentlichen Antheil an ihrer Verbreitung zuerkennen. Mit Freuden haben wir Aerzte eine in Aussicht gestellte Versorgung Hannovers mit reinem Trinkwasser begrüßt. Haben doch die Erfahrungen in englischen und deutschen Städten bewiesen, daß die Erwartungen, welche man an die Wirkung guter Wasserleitungen auf die öffentliche Gesundheit gesetzt hat, nicht getäuscht wurden. Zu den constantesten Erscheinungen gehörte eine beträchtliche Abnahme des Abdominaltyphus, und Zahlen, wie sie in der Arbeit des Obermedicinalrathes Brandes aufgeführt sind, sprechen wohl besser als jede wissenschaftliche Deduction. In Cardiff ist nach einer neuen Wasserversorgung die Jahressterblichkeit von 33,2 per mille auf 22,6; in Merthyr von 32,2 auf 26,2; in Newport von 31,2 auf 21,6; in London von 25 auf 22 herabgegangen. Möge unserer Vaterstadt durch Anlage einer guten Wasserleitung bald das Glück einer ähnlichen Sterblichkeits-Herabminderung werden. 10. März 1874. Der ärztliche Verein Hannovers. (Folgen die Unterschriften von 47 Aerzten.) Neuer Füllofen zur Zimmerheizung; von Joh. Kammerer in Göppingen. Seit kurzer Zeit ist im Musterlager der württemb. Centralstelle ein Zimmerofen aufgestellt, welcher in seinen einzelnen Theilen zwar keine neue Erfindung repräsentirt, dagegen aber alle wesentlichen Verbesserungen in sich vereinigt, welche in neuester Zeit an solchen Oefen gemacht worden sind. Der Ofen ist ein Regulir-Füllofen mit gußeisernem Füllcylinder und doppeltem Blechmantel und ist für Steinkohlen- und Kohksheizung eingerichtet. Der Füllcylinder ist mit Rippen versehen, wodurch die Haltbarkeit erhöht wird; durch ein einzusetzendes Thonfutter kann verhindert werden, daß der Ofen schädliche Gase aussendet, was bei gußeisernen Oefen immer vorkommt, wo die glühende Kohle in unmittelbarer Berührung mit dem glühenden Eisen ist. Die Schlacken können durch Drehen des Rostes auf bequeme Weise aus dem Ofen entfernt werden. Die Zugluft unter dem Rost sowohl als die zwischen den Mänteln circulirende Luft wird durch einen mit der äußeren Luft in Verbindung stehenden Canal zugeführt, und dient der Ofen zugleich zur Ventilation des Zimmers. Der Ofen ist deshalb in besonderem Grade empfehlenswerth. Er entspricht als eiserner Ventilationsofen mit dem Thonfutter versehen allen Anforderungen der Wissenschaft. (Gewerbeblatt aus Württemberg, 1874 Nr. 12, S. 145.) Verbesserter Gasofen; von J. J. Blackham in Birmingham. (Patent-Specification 1872, Nr. 2421.) Das Gas brennt unter einem eisernen Dom aus Löchern eines concentrischen Ringes. Durch den Dom gehen eine Anzahl Röhren, welche nach unten, nahe dem Boden des Ofens horizontal auswärts bis an den äußeren Cylindermantel geführt sind und aufwärts in der Höhe des Ofens an dessen oberen. Decke ausmünden. Die Luft streicht von unten in die geheizten Röhren ein, erwärmt sich und tritt oben wieder aus. (Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung, 1874, S. 112.) Verbesserter Apparat zum Anzünden und Auslöschen von Gasflammen; von W. H. Benett in London. Nach der Patent-Specification 1872, Nr. 2102 wird auf das Gaszuführungsrohr ein geschlossenes Gefäß aufgeschraubt, in welchem eine kleine Glocke in Quecksilber taucht. Neben dem Ausgangsrohre für die Hauptflamme ist ein zweites Rohr angebracht, durch welches unter Tags nur so viel Gas entweicht, um ein kleines Flämmchen zu erzeugen, an welchem sich die beim Abenddrucke öffnende Hauptflamme entzündet. (Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung, 1874, S. 111.) Anwendung der Carbolsäure beim Verfrachten der Häute und Knochen. Die Carbolsäure scheint dazu berufen, auch in den Gewerben und im Handel eine immer wichtigere Rolle zu spielen. Nach der „Chronique de l'industrie“ wird sie, außer zur Erhaltung des Holzes, zur Desinfection der Canäle etc., neuerdings in Südamerika und Australien auch zum Verfrachten der Häute und Knochen verwendet, welche abgesehen von ihrem gefährlichen Gerüche seither oft verfault und unbrauchbar ankamen. Früher mußten die Häute durch eine sehr umständliche und kostspielige Manipulation eingesalzen werden; jetzt taucht man sie 24 Stunden lang in eine Lösung von Carbolsäure (2 Proc.) und trocknet sie dann, was vollständig hinreicht, sie unversehrt nach Europa gelangen zu lassen. Ebenso die Knochen, welche früher 150 Franken die Tonne kosteten; jetzt kosten sie 250 bis 300 Franken. (Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, 1873 S. 337.) Räucherpatronen zur Vertilgung von Feldmäusen. Hr. Apotheker E. Grauer in Ehingen (Württemberg) verfertigt Räucherpatronen zur Vertilgung von Feldmäusen, bestehend aus einer Mischung von Salpeter, Schwefel und Theer mit Sägmehl und Kleister, welche nach dem Unheil des landwirthschaftlichen Vereines in Ehingen dem Zwecke vollständig entsprechen. Der Verein spricht sich über diese Patronen noch weiter also aus: „Diese Patrone, mit einem Zündhölzchen oder einer Lunte, Zündschnur oder mittels einer kleinen Laterne angezündet, brennt in dem sofort geschlossenen Mausloch vollständig ab und erzeugt viel stinkenden Rauch, welcher sich in den Gängen etc. ausbreitet und die daselbst befindlichen Mäuse betäubt und erstickt.“ 100 Stück Patronen kosten 15 kr. Hinsichtlich des Gebrauches ist zu bemerken, daß man sämmtliche Mauslöcher am Tage vor der Räucherung zutreten läßt und dann in die frisch aufgeworfenen Löcher die entzündeten Patronen einschiebt, worauf man die Löcher nicht durch Zutreten, sondern durch einen passenden Erdschollen oder Stein vollständig verschließt. (Wochenblatt für Land- und Forstwirthschaft, 1873 Nr. 52.) Putzpulver für ächte Goldwaaren. Folgende von belgischen Goldarbeitern besonders empfohlene Mischung, die vortreffliche Resultate gebe, besteht aus: 1/2 Pfund Kreide, 7 1/2 Loth Thon, 8 Loth Bleiweiß, 1 1/2 Loth kohlensaurer Magnesia und 1 1/2 Loth Polirroth (Eisenoxyd). Sämmtliche Stoffe werden auf's Feinste pulverisirt und innig gemengt, und ein Lederlappen mit diesem Pulver bestrichen dient zum Putzen. (Gemeinnützige Wochenschrift, 1874 S. 15.)