Titel: Verbesserter Chronograph mit Elektromagnet; von M. Deprez.
Fundstelle: Band 213, Jahrgang 1874, Nr. LIX., S. 209
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LIX. Verbesserter Chronograph mit Elektromagnet; von M. Deprez. Nach den Comptes rendus, 1874 t. LXXVIII p. 1472 und 1562. Deprez' verbesserter Chronograph mit Elektromagnet. Bei den in den letzten beiden Jahren angestellten Versuchen über die Herstellung verschiedener Registrir-Apparate fand der Verf., daß der Inductions-(Unterbrechungs-) Funken mit UebelständenDie wesentlichsten derselben sind, daß meist nicht blos 1 Funken überspringt, und daß man mit einer Inductionsspule, obwohl dieselbe 300 Franken kostet, in einer Secunde nur 200 bis 300 Funken überspringen lassen kann. Wendet man mehrere Inductionsspulen an, so wird der Preis der Versuchsapparate noch wesentlich höher. So kostete der von Hauptmann Nobel bei seinen Versuchen über die Geschwindigkeit der Kugeln in den Schießgewehren benützte, 10 Inductionsspulen enthaltende Apparat 25,000 Franken. behaftet sei, welche den einzigen wichtigen wirklichen Vorzug, den er besitzt, nämlich sein augenblickliches Auftreten (im Allgemeinen höchstens 1/10000 Secunde nach der Unterbrechung des inducirenden Stromes; vergl. Comptes rendus, LXXVIII p. 1429) merklich abschwächt. Deshalb richtete Deprez seine Versuche auf die Anwendbarkeit der Elektromagnete, da die Benützung elektrochemischen Papieres der des Inductionsfunkens noch merklich nachzustehen scheint. Hier fehlten aber die Daten gänzlich, deren man für die Anwendung der Elektromagnete zu Chronographen so dringend bedürfte. Man hat bisher bei den Elektromagneten nur die Tragkraft untersucht, ohne weiter nach der form und Masse des Ankers, auf welchen die magnetische Anziehung ausgeübt wurde, oder nach der Zeit zu fragen, während welcher der Strom den Elektromagnet umströmen muß, damit die Anziehung erfolge oder verschwinde. Bei einem elektromagnetischen Registrirapparate, welcher einem solchen mit Inductionsfunken nicht nachstehen soll, muß man aber nothwendigerweise dem Schreibstifte eine beträchtliche Geschwindigkeit innerhalb einer sehr kurzen Zeit ertheilen; diese Zeit, um welche eben der Apparat zu spät kommt (zu spät registrirt), muß vollkommen constant sein. Soll aber die magnetische Anziehung einer kleinen Masse weichen Eisens eine beträchtliche Geschwindigkeit ertheilen, so muß die Anziehung im Verhältniß zum Gewichte des Ankers sehr groß sein; die Anziehung ist aber am größten, wenn der Anker die Pole berührt. Deshalb darf man Elektromagnete bei Registrirapparaten nur so anwenden, daß die Anker beim Abfallen schreiben. Am einfachsten bringt man zu diesem Behufe den Anker oder Contact aus weichem Eisen an einem sehr kurzen Hebel an, woran auch der Schreibstift befestigt wird, welcher sich an die sich drehende Trommel anlegt. Ein an dem kleinen Anker angehefteter Kautschukfaden zieht den Anker, fast ebenso stark wie der Elektromagnetismus, nach der anderen Seite; daher wird der Anker, wenn man ihn vor dem Versuche mit der Hand an die Pole des Elektromagnetes legt und dann den Strom schließt, vom Elektromagnet mit so geringer Kraft, als man eben will, festgehalten. Bei Unterbrechung des Stromes hört die elektromagnetische Anziehung auf und der Anker kommt durch die Wirkung der Elasticität des Kautschukes in Bewegung. Wenn f die Zugkraft des Kautschukfadens, f' die vom Kautschukfaden entwickelte Kraft, I die Länge des Hebelsarmes, woran er befestigt ist, L die Länge des Schreibstiftarmes, p das Gewicht des ganzen beweglichen Systemes, ρ dessen Trägheitshalbmesser für die Drehachse und g die Beschleunigung der Schwere bedeutet, so hat die dem Schreibstifte ertheilte lineare Beschleunigung die Größe: Textabbildung Bd. 213, S. 210 Diese Formel würde genau sein, wenn die elektromagnetische Anziehung nach dem Abreißen des Ankers vollständig verschwände und wenn das ganze Schreibsystem einen unveränderlichen starren Körper bildete. Wenn man f constant annimmt, so erhält man für die Geschwindigkeit λ, welche die Schreibspitze nach dem Durchlaufen des Weges λ erlangt hat, den Werth: Textabbildung Bd. 213, S. 210 Für einen gegebenen Weg λ würde also diese Geschwindigkeit ν der Quadratwurzel aus der Kraft f direct und der Quadratwurzel aus dem Trägheitsmomente des beweglichen Systemes umgekehrt proportional sein. Um also eine große Geschwindigkeit zu erlangen, muß man auf einen sehr kleinen Anker eine sehr große magnetische Kraft wirken lassen; die bis jetzt in dieser Beziehung erreichten Resultate ließen aber die Erlangung so beträchtlicher Geschwindigkeiten, wie der Verf. sie für die Schreibstifte seiner Registrirapparate wünschte, nicht hoffen. Um diese Schwierigkeit zu umgehen, nahm der Verf. bei dem ersten Typus seines Apparates seine Zuflucht zu einem Verfahren, welches die Anwendung so zu sagen unbegrenzt großer Kräfte auf sehr kleine Massen gestattet. Der Schreibstift wird nämlich an einem kleinen um zwei Zapfen drehbaren Hebel befestigt, an welchem zugleich ein Hebelsarm angelöthet ist, welcher an seinem Ende ein kleines Blatt aus Rauschgold oder aus Flachspapier trägt. Dieses kleine Blatt, dessen Gewicht, wenn es aus Papier ist, nicht 10 Milligramm beträgt, kann einen Zug von 1 Kilogramm aushalten, ohne zu zerreißen. Das Blatt ist zwischen dem Anker und dem Elektromagnetpol eingefügt. Ein Kautschukfaden übt, mittels des Hebels, einen Zug von 400 bis 500 Gramm (der bisweilen selbst bis auf 1 Kilogrm. gesteigert wurde) aus, allein die durch die magnetische Anziehung erzeugte Reibung verhindert dasselbe, diesem Zuge zu folgen. Wenn aber diese Anziehung vernichtet wird, so verschwindet die von ihr erzeugte Reibung zugleich mit und nun setzt der vom Kautschuk ausgeübte Zug das kleine Blatt und die mit ihm verbundene registrirende Schreibspitze in Bewegung, ohne daß der Elektromagnetanker irgend wie bewegt wird; seine Trägheit spielt also auch keine Rolle dabei und deshalb kann seine Masse so gewählt werden, daß man die möglichst größte magnetische Kraft erhält. Wie schon gesagt, erreichte die Spannung des Kautschukfadens 400 bis 500 (selbst bis 1000) Gramm, während die zu bewegende Masse nur einige Centigramm wog; so hat auch die der Schreibspitze nach dem Durchlaufen eines Weges von 2 bis 3 Millimeter ertheilte Geschwindigkeit auf 25 bis 30 Meter in der Secunde gesteigert werden können. Diese Geschwindigkeit bleibt, obgleich sie sehr groß ist, noch wesentlich hinter der aus der oben gegebenen Formel berechneten zurück, weil die Entmagnetisirung nicht augenblicklich eintritt und der Magnetismus von dem Momente der Stromunterbrechung an allmälig abnimmt. Daraus folgt, daß das kleine Blatt seine Bewegung unter einer gewissen Spannung macht und daß die Entmagnetisirung noch nicht vollständig bewirkt ist, wenn die Schreibspitze ihren Weg vollendet hat. Dies ist der erste Typus der vom Verf. entworfenen Registrirapparate; derselbe wurde mit dem Namen Apparat mit abfallender Schreibspitze unter Reibung belegt. Das in demselben zur Anwendung gebrachte Princip ist vom Verf. mit Erfolg zur Messung der Spannung der Pulvergase in Schießgewehren benützt worden. Später will der Verf. die Hauptresultate seiner Versuche über die Messung der Zeit, um welche der Apparat zu spät kommt, mittheilen. Ebenso will er die anderen Typen besprechen, die er Apparate mit freier Wirkung nennt, weil der Magnetismus in ihnen unmittelbar zur Bewegung der Schreibspitze mit einer ebenfalls sehr beträchtlichen Geschwindigkeit verwendet wird. E–e.