Titel: Untersuchungen über Metall-Legirungen; von Alfred Riche.
Fundstelle: Band 213, Jahrgang 1874, Nr. LXXX., S. 343
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LXXX. Untersuchungen über Metall-Legirungen; von Alfred Riche. Aus den Annales de Chimie et de Physique; 4. série, t. XXX p. 351. (Fortsetzung von S. 159 des zweiten Juliheftes.) Riche, Untersuchungen über Metall-Legirungen. D. Bronze für Blasinstrumente. Kupfer = 78 bis 82 und Zinn = 22 bis 18. D'Arcel hatte bekanntlich nachgewiesen, daß diese Bronze – im Gegensatz der Erscheinungen beim Härten und Nachlassen des Stahles – glühend rasch abgekühlt: weich und dehnbar, dagegen bei langsamer Abkühlung: hart und spröde wird. Auf dieses Verhalten fußend, suchte ich die Veränderungen des Volumens zu bestimmen, welche die Bronze durch das „Härten“ und „Nachlassen“ Diese Ausdrücke im allgemein gangbaren Sinne der Ausführung der Operationen verstanden – nicht nach der Wirkung derselben auf die Bronze aufgefaßt. Bekanntlich versteht man im engeren Sinne unter „Anlassen oder Adouciren (tremper) der Bronze“ das Abschrecken eines glühenden Stückes in kaltem Wasser. (Vergleiche Karmarsch: Handbuch der mechanischen Technologie. 4. Aufl. S. 58). Die Red. und bei mechanischer Bearbeitung erleidet. a) Härten abwechselnd mit Nachlassen. Ich goß Stäbe von dieser Bronze bei ziemlich hoher Temperatur mit Benützung einer eisernen cylindrischen Zainform. Die Erstarrung trat nach einigen Augenblicken ein. Zur Darstellung dieser Bronze schmolz ich zunächst in einem Thontiegel das Kupfer für sich ein, indem ich, um das Metall gegen Oxydation zu schützen, einige Stücke Holzkohle in den Tiegel brachte. Nachdem das Kupfer in Fluß gekommen war, setzte ich das Zinn hinzu, rührte tüchtig um und goß fast unmittelbar darauf die Legirung in die Form aus. Die Zaine wurden zerschnitten und dann sorgfältig befeilt. Da ich bei den sämmtlichen im Nachstehenden angeführten Versuchen das gleiche Verfahren anwendete, so will ich hier dasselbe ein für allemal beschreiben. Die Dichtigkeit wurde bei allen Versuchen mit Hilfe zweier ganz feiner Waagen bestimmt. Diejenige, welche ich zu den Wägungen der Legirungen in Wasser benützte, war für das Laboratorium der Münze speciell zu diesem Gebrauche verfertigt worden. Ich arbeitete mit destillirtem Wasser, welches vor dem Gebrauche frisch ausgekocht wurde. Die Zainproben wurden an einem Pferdehaare aufgehängt, dessen sehr geringes Gewicht (0,017 bis 0,020 Grm.) abgerechnet wurde. Die Temperatur, bei welcher die nachstehend verzeichneten, sehr zahlreichen Bestimmungen ausgeführt wurden, war unabwendbarer Weise eine verschiedene; indessen betrugen die Temperaturschwankungen für jede Versuchsreihe nie mehr als höchstens 3° C., da die Waage in einem isolirten sehr kühlen Zimmer stand. Die zur Bestimmung der Dichtigkeit der betreffenden Legirungen verwendeten Probestücke hatten ein relativ hohes, innerhalb ziemlich ausgedehnter Gränzen variirendes absolutes Gewicht. Von den bei der ersten Versuchsreihe benützten Stäben wog jeder einzelne 85 bis 95 Grm. Die zu härtenden und nachzulassenden Proben wurden in einem eisenblechenen Kasten neben einander gelegt; der letztere ward in einen zweiten, aus Gußeisen hergestellten, mit Holzkohlenlösche gefüllten Kasten eingestellt, und dieser mit einer gußeisernen Platte bedeckt. Hierauf wurde das Ganze erhitzt. Sobald die Metallstäbe entschieden rothglühend geworden waren, wurden diejenigen, welche abgelöscht werden sollten, in kaltes Wasser eingetaucht, während die anderen behufs langsamer Abkühlung im inneren Kasten blieben. Derselbe wurde wieder verschlossen und mit Kohlenlösche bedeckt. Dann ließ man das Ganze durch Bedecken des Feuers mit Asche langsam erkalten. Diese Operationen wurden Abends durchgeführt und die nachgelassenen Proben erst am folgenden Morgen aus dem Kasten genommen; dieselben waren gewöhnlich noch so heiß, daß man sie kaum in der Hand zu halten vermochte. 1. Dichtigkeitstabelle für Bronze mit 20,80 Procent Zinn. I. II. III. IV. V. Nach dem Gusse 8,787 8,858 8,825 8,862 8,863 Härten 8,823 8,915 8,863 8,896 8,906 Anlassen 8,817 8,907 8,847 8,886 8,894 Härten 8,849 8,927 8,874 8,907 8,922 VI. VII. VIII. IX. X. Nach dem Gusse 8,780 8,715 8,822 8,842 8,747 Anlassen 8,808 8,739 8,844 8,863 8,871 2. Dichtigkeitstabelle für Bronze mit 18 Proc. Zinn. I. II. G  = 71,490 Grm. G = 86,775 Grm.Mit G wird bei diesen sämmtlichen Versuchen das absolute Gewicht der zur Bestimmung des specifischen Gewichtes (Dichtigkeit) verwendeten Zinnstäbe bezeichnet. Nach dem Gusse 8,737 8,873 Anlassen 8,733 8,863 Härten 8,763 8,911 Anlassen 8,753 8,889 Härten 8,775 8,926 Härten 8,786 8,927 Ich ließ aus dieser Legirung einen 2 Kilogramm schweren Stab gießen, um eine recht homogene Masse zu bekommen, weil bei dem vorstehenden Versuche, bei welchem ich eine nur geringe Menge Material verwendet hatte, durch den Zusatz des Zinnes die flüssige Masse zu rasch erkaltet war. Der Stab wurde in Platten zerschnitten, und von den letztern werden vier Stück zu den Experimenten benützt. 3. Dichtigkeitstabelle für Bronze mit 20 Proc. Zinn. I. II. G = 132,735 Grm. G = 128,885 Grm. Nach dem Härten 8,704 8,719 Anlassen 8,712 8,728 Härten 8,730 8,747 Anlassen 8,724 8,744 Härten 8,756 8,763 Anlassen 8,741 8,759 2. Anlassen 8,751 8,769 Härten 8,775 8,792 III. IV. G = 136,572 Grm. G = 136,494 Grm. Nach dem Anlassen 8,752 8,686 Härten 8,780 8,713 Anlassen 8,777 8,714 Härten 8,804 8,736 Anlassen 8,815 8,750 Härten 8,841 8,774 2. Härten 8,850 8,787 Anlassen 8,807 8,760 Aus den vorstehenden drei Versuchsreihen ergibt sich, daß die Dichtigkeit der an Zinn reichen Bronze durch das Härten beträchtlich vermehrt wird und daß die Dichtigkeit der dem Härten ausgesetzt gewesenen Bronze durch das Anlassen augenscheinlich vermindert wird. Nichtsdestoweniger ist die Einwirkung eines langsamen Erkaltens bei weitem nicht hinreichend, die Wirkung des Härtens aufzuheben oder auszugleichen; denn die Dichtigkeit nimmt um ein beträchtliches zu. b) Abwechselnde Wirkung von Wärme, Stoß oder Zusammenpressung. Die vier vorhin erwähnten Probenplatten wurden der Einwirkung eines Stoßwerkes (Prägmaschine) unterworfen; da aber diese Bronzeart brüchig und spröde ist, so beschränkte ich mich darauf, sie durch die Kraftanstrengung von sechs Mann stark zu comprimiren, anstatt sie durch einen plötzlichen Stoß oder Schlag zusammenzupressen. Die beiden dem Härten unterworfene Platten widerstanden diesem Angriffe. Die beiden angelassenen Platten zerbrachen; die eine davon gab ein Bruchstück von 80,335 Grm., die andere ein solches von 64,644 Grm. Gewicht; beide verwendete ich zu den weiteren Untersuchungen. Zwei Proben wurden successiv angelassen, die beiden anderen successiv abgelöscht. Die erhaltenen Resultate sind nachstehend zusammengestellt. 4. Dichtigkeitstabelle. I. II. G = 128,238 Grm. G = 64,644 Grm. Nach dem Comprimiren 8,796 8,775 Härten 8,804 8,804 Comprimiren 8,805 8,789 Härten 8,809 8,826 Comprimiren 8,818 8,840 Härten 8,819 8,845 Comprimiren 8,827 8,865 Härten 8,828 8,866 Comprimiren 8,837 8,889 Härten 8,841 8,897 Prägen 8,850 8,922 Härten 8,857 8,925 Prägen 8,870 8,939 Härten 8,871 8,937 Prägen 8,877 8,948 Härten 8,880 8,944 Prägen 8,888 8,955 Härten 8,887 8,951 Prägen 8,898 8,952 Härten 8,906 8,952 Die Dichtigkeit nimmt zu um 0,102 0,177 III. IV. G = 121,537 Grm. G = 80,335 Grm. Nach dem Comprimiren 8,782 8,792 Anlassen 8,767 8,803 Comprimiren              8,760 reißt auf              8,796 reißt aufDie Risse wurden mit der Feile weggenommen. Anlassen 8,763 8,814 Comprimiren                      8,766 Riß am Rande 8,812 Anlassen 8,772 8,824 Comprimiren 8,776 8,817 Anlassen 8,788 8,844 Comprimiren 8,795 8,835 Anlassen 8,799 8,849 Prägen 8,805 8,842 Anlassen 8,823 8,866 Prägen 8,832       8,851 Riß Anlassen 8,846 8,856 Prägen 8,836 8,841 Anlassen 8,850 8,829 Prägen       8,840 Riß       8,824 Riß Anlassen 8,882 8,845 Prägen                  8,854 spaltet sich 8,836 Zunahme der Dichtigkeit 0,072 0,044 Aus diesen Zahlen ergibt sich die augenfällige Thatsache, daß die Dichtigkeit mit der mechanischen Bearbeitung dem mit derselben wechselnden Härten und Anlassen bedeutend zunimmt. Bei dem Härten ist diese Zunahme stärker, als bei dem Nachlassen. Ich muß jedoch bemerken, daß die für das angelassene Metall erhaltenen Zahlen nur ein bedingtes, ein beschränktes Zutrauen verdienen, da die Probestücke reißen, sich sogar an den Rändern spalten, wohingegen sie sich nach der Operation des Härtens in keiner Weise verändern. Da mehrfach angenommen wird, daß die Dichtigkeit dieser Bronze durch das Härten vermindert wirdDussaussoy in den Annales de Chimie et de Physique, t. V p. 228. Es heißt dort:Dichtigkeit vonBronze ausNicht gehärtetGehärtetGehärtet unddann angelassenErhitzt und langsamerkaltet.80 Kupfer u.20 Zinn8,6708,5208,6118,660, so stelle ich mir die Aufgabe, diesen Punkt gründlich zu ermitteln; zu diesem Zwecke führte ich zahlreiche andere Versuche aus, indem ich die Zusammensetzung (von 18 bis zu 22 Proc. Zinngehalt), die Form und das Gewicht der Probestücke mannigfach abänderte. Wie die nachstehende Tabelle ausweist, stimmen diese Versuche in ihren Ergebnissen sämmtlich überein. 5. Dichtigkeitstabelle. I. II. III. IV. Bronze, gegossen 8,872 8,682 8,822 8,527 gehärtet 8,907 3,723 8,836 8,543 geschlagen 8,915 8,843 8,895 8,771 gehärtet 8,928 8,842 8,904 8,777 geschlagen 8,938 8,909 8,923 8,871 gehärtet 8,947 8,910 8,930 8,877 geschlagen 8,947 8,932 8,930 8,918 gehärtet 8,947 8,932 8,930 8,927 geschlagen 8,947 8,932 8,930 8,937 gehärtet 8,947 8,932 8,930 8,945 geschlagen 8,947 8,932 8,930 8,944 Zunahme der Dichtigkeit 0,075 0,250 0,108 0,417 Die Dicke der Probenplatten wurde bei diesen Versuchen von 17 auf 7 Millim. reducirt. Wird diese Bronze langsam abgekühlt, so sind die Ergebnisse der Versuche weniger beweiskräftig, insofern das Material bricht oder wenigstens durch den Stoß oder Schlag leicht rissig wird. Dessenungeachtet führte ich, da mein ursprünglicher Zweck bei der Unternehmung dieser Arbeit der war, die beim Härten dieser Legirungen auftretenden, noch in solches Dunkel gehüllten Erscheinungen möglichst aufzuklären, und da ich zu diesem Zwecke die Veränderungen in der Dichtigkeit verfolgte, zahlreiche Versuche aus, indem ich entweder die Legirung weniger stark comprimirte, oder aber sie vor der unmittelbaren Einwirkung des Stempels durch einen dazwischen gelegten Körper bewahrte. Nachstehend sind die Resultate einiger von diesen Versuchen angegeben: 6. Dichtigkeitstabelle. I. II. Nach dem Gießen 8,660 8,695 Anlassen 8,653 8,683 Comprimiren 8,738 8,750 Anlassen 8,790 8,793 Comprimiren 8,833 8,831 Somit findet stets eine Zunahme der Dichtigkeit bei den zinnreichen Bronzen statt, wenn dieselben geschlagen oder comprimirt und dann gehärtet oder aber nachgelassen werden. Die Ergebnisse dieser Versuche bestätigen die von d'Arcet festgestellte Thatsache, daß die zinnreichen Bronzen durch den sogen. Härteproceß weich und zähe werden, auf das Vollständigste, denn derartige Bronzen lassen sich nach dem Härten im Stoßwerke platt schlagen, während dieselben Legirungen, wenn man sie den sogen. Nachlassen unterwirft, diese mechanische Einwirkung nur ausnahmsweise oder unter Beobachtung besonderer Vorsichtsmaßregeln aushalten, ohne zu zerbrechen. Dieses Verhalten, welches jenem des Stahles ganz entgegengesetzt ist, veranlaßte mich, die Natur der Veränderungen näher zu untersuchen, welche die Dichtigkeit des letzteren erleidet, wenn er in analoger Weise behandelt wird. c) Wirkungen des Härtens und Anlassens auf den Stahl. Reaumur und Rinnmann nahmen an, daß das Volum des Stahles nach dem Härten um 1/48 größer ist, als jenes des ungehärteten Stahles. Karsten betrachtet es, wenn er auch diese Ansicht nicht absolut bestreitet, keineswegs als erwiesen, daß die Dichtigkeit des Stahles durch das Härten vermindert wird. Obrist Caron stellte im Verlaufe seiner Arbeiten über den Stahl die Behauptung auf, daß das Volum des Stahles durch das Härten vermehrt wird. So war z.B. das von ihm zu 7,817 bestimmte Volumgewicht (Dichtigkeit) nach 30 successiven Härtungen = 7,743 gewordenComptes rendus, 5. Januar 1873., und er zog aus den Resultaten seiner Untersuchungen den Schluß, daß sich die Wirkung des Härtens mit der durch einen kräftigen Hammerschlag auf den zum Rothglühen erhitzten Stahl ausgeübten Wirkung vergleichen lasse. Zu meinen Versuchen verwendete ich Stahl von vorzüglicher Qualität, welcher in der pariser Münze zur Anfertigung der Prägstempel dient. Die einzelnen Probestücke wogen 130 bis 150 Grm. 7. Dichtigkeitstabelle. I. II. III. Gehämmerte Stahlstäbe 7,839 7,846 7,839 Dieselbe nach dem Härten 7,735 7,749 7,738     „            „       „  Anlassen 7,831 7,833 7,828 IV. V. VI. Gehämmerte Stahlstäbe 7,841 7,839 7,841 Dieselben nach dem Anlassen 7,843 7,845 7,843       „          „         „    Härten 7,758 7,763 7,755 Demnach ruft das Härten bei dem ausgehämmerten oder angelassenen Stahlstab die entgegengesetzte Wirkung hervor wie die gleiche Operation bei den zinnreichen Bronzen: nämlich die Dichtigkeit des Stahles wird durch das Härten nicht vermehrt sondern vermindert, wohingegen die gleiche Behandlung mit angelassener Bronze dieselbe weich macht und deren Dichtigkeit vermehrt. d) Wirkung des Stoßwerkes oder des Walzwerkes und des darauf folgenden Anlassens auf den Stahl. Ich experimentirte mit zwei Stahlscheiben, welche auch zu den vorhergehenden Versuchen verwendet worden waren. 8. Dichtigkeitstabelle. I. II. G = 85,830 Grm. G = 83,465 Grm. Stahl nach dem Ausschmieden 7,845 7,847 ersten Anlassen 7,849 7,849 der Einwirkung des Stoßwerkes 7,839 7,843 dem zweiten Anlassen 7,844 7,843     „      Stoße 7,838 7,839 dritten Anlassen 7,844 7,845    „     Stoße 7,837 7,841 vierten Anlassen 7,849 7,854     „     Stoße 7,849 7,849 fünften Anlassen 7,844 7,845 Da die in der vorstehenden Tabelle zusammengestellten Abweichungen sehr gering sind, so suchte ich dieselben zu verstärken, indem ich kleine gut angelassene Stahlstäbe durch stählerne Hartwalzen passiren ließ. Die nachfolgende Tabelle gibt den Beweis dafür, daß die Resultate, wenn sie auch den im Vorstehenden mitgetheilten analog sind, doch nicht stärker hervortreten; auch wird das Experiment sehr bald dadurch abgeschnitten, daß das Metall Risse und Borsten bekommt. 9. Dichtigkeitstabelle. I. II. G = 77,242 Grm. G = 76,595 Grm. Stahl nach dem Anlassen 7,832 7,833 Walzen 7,827 7,824 Anlassen 7,829 7,830 Walzen 7,822 7,820 Anlassen 7,826 7,827 Walzen 7,816 7,822 Die Differenzen, welche Bronze und Stahl bei abwechselndem Härten und Anlassen zeigen, finden sich hier wieder, indessen in geringerem Grade. Während die mechanische Bearbeitung die Dichtigkeit der angelassenen Bronze vermehrt, führt sie in der Dichtigkeit des angelassenen Stahles eine allerdings nur sehr geringe, aber doch wahrnehmbare Verminderung derselben herbei, und – fassen wir das Gesagte zusammen – so erhöhten das Härten und der Schlag die Dichtigkeit der angelassenen Bronze, während das Härten und der Schlag die Dichtigkeit des angelassenen Stahles vermindern. Nur treten diese Veränderungen bei der Bronze sehr scharf hervor, während sie beim Stahl sehr gering sind. e) Bearbeitung der zinnreichen Bronzen. Betrachten wir die letzte Tabelle (8, S. 349) näher, so sehen wir, daß die Dichtigkeit durch das Anlassen ziemlich auf das Maß zurückgeführt wird, welches sie vor der Einwirkung des Stoß- oder Prägewerkes besaß: nach fünfmaligem Anlassen und vier kräftigen Schlägen des Stoßwerkes erlitt sie keine merkliche Veränderung und hieraus wird es erklärlich, wie ein Block von angelassenem Stahl, wenn er zum Behufe der Verarbeitung zu einem Prägestempel dem Austiefen unterworfen oder ausgetieft wird, zwanzig, dreißig, ja selbst noch viel mehr Schläge oder Stöße und mit denselben jedesmal abwechselndes Anlassen aushält, ohne daß Differenzen in der größeren oder geringeren Leichtigkeit der Arbeit zu bemerken sind; das Anlassen führt das Metall zu dem Zustande zurück, in welchem es vor der mechanischen Bearbeitung gewesen war. In Folge der von d'Arcet Bulletin de la Société d'Encouragement 1814 p. 289. im J. 1814 veröffentlichten Untersuchungen über das Adouciren oder die weichmachende Wirkung, welche das sogenannte Härten bei den Bronzen hervorbringt, wurden an verschiedenen Stellen, namentlich auch in der École des Arts et Métiers zu Chalons, Versuche zur Fabrikation von Tamtams und Becken (Cymbeln) ausgeführt – an Instrumenten, welche so wenig damals wie noch jetzt in den Ländern Europa's angefertigt, sondern aus China und der asiatischen Türkei bezogen werden, und es glückte Maillard, dem Direktor der zu der gedachten Anstalt in Chalons gehörigen Gießerei, eine Anzahl solcher Instrumente aus einer gehärteten Legirung herzustellen, welche 80,5 Th. Kupfer und 19,5 Th. Zinn enthielt. Man glaubte damals, daß dieses Verfahren kein anderes als das bei den Orientalen übliche sei, und diese Ansicht wird noch heute in den Vorlesungen über Chemie vielfach ausgesprochen. Später stellte Stanislaus Julien die Behauptung auf, daß die Chinesen die Bronze in rothglühendem Zustande bearbeitenAnnales de Chimie et de Physique, 1833 t. LIV, p. 329.; allein d'Arcet glaubte, daß diese Behauptung unrichtig seiEbendaselbst, p. 331., weil die Bronze durch Erhitzen eine große Dichtigkeit erhalte, die Dichtigkeit der chinesischen Instrumentbronze aber bedeutend geringer sei als die der erhitzten Bronze, und weil diese Bronze in rothglühendem Zustande sich pulverisiren lasse. Diesen sich widersprechenden Angaben gegenüber wendete ich mich an die besten pariser Instrumentenmacher, die HHrn. Gautrot und Lecomte, welche mir mittheilten, daß die Bearbeitung dieser Bronzen in kaltem Zustande praktisch nicht ausführbar sei, selbst nicht nach vorhergegangenem Härten; auch wußte ich andererseits, daß Maillard die Verfertigung der oben genannten Instrumente nur mit Aufwendung der größten Sorgfalt gelungen war, sowie daß im Verlaufe dieser Arbeit eine große Menge derselben zerbrach und daß dieselben stets eine größere Dicke besaßen als die chinesischen Instrumente. Ich analysirte dann Bruchstücke von echt chinesischen Tamtams, und fand in dieser Bronze nachstehende Mengen Zinn (in 100 Theilen): 22,80, 21,20, 20,80 und 19,67. Ich bestimmte die Dichtigkeit von zwei ziemlich großen Stücken dieser Bronze und fand 8,909 ferner 8,948. Hierauf erhitzte ich Bronze mit 20 Proc. Zinngehalt zum Kirschrothglühen und fand, daß dieselbe nach Angabe von d'Arcet durch den Schlag zu kleinen körnigen Stücken verwandelt wird. Dann untersuchte ich, ob dieses Metall nicht vielleicht, gleich dem Zinke, bei mittleren Temperaturen hämmerbar ist. Gegen 100° bis 200° C. ist es spröde wie im kalten und im rothglühenden Zustande; bei dunkler Rothgluth hingegen und etwas unterhalb dieser Temperatur schmiedet es sich ebenso leicht wie Stabeisen und Aluminiumbronze. Bei diesen Temperaturen läßt es sich unter den schwersten Hämmern ausplatten, ohne zu brechen oder zu reißen; es läßt sich so leicht auswalzen, daß man es mit einigen Durchgängen von einer Stärke von 14 Millim. auf 2 bis 1 Millim. herabbringt, und wenn man das Metall ein wenig stärker erhitzt, so wird es so weich, daß es sich ganz zusammenbiegen und mit wenigen sehr leichten Schlägen treiben und aufbiegen läßt. Mit einem Worte, die Arbeit gewinnt an Sicherheit und Schnelligkeit, wird überhaupt, im praktischen Sinne gesprochen, möglich. Es blieb nun noch der Nachweis übrig, ob unter diesen Verhältnissen die Dichtigkeit des Metalles derjenigen gleich oder doch nahe kommt, welche das Metall durch Schlagen in kaltem Zustande erhält und welche das chinesische Metall besitzt. Um mich davon zu überzeugen, erhitzte ich die beiden gehärteten Bruchstücke, von denen in der Tabelle 4 auf S. 345 die Rede war, zum Rothglühen und erhielt die nachstehenden Resultate: 10. Dichtigkeitstabelle. I. II. Metall nach dem Härten 8,906 8,952 Metall, nachdem es in rothglühendem Zustande durch Schlagen auf           3/4 der ursprünglichen Dicke ausgetrieben 8,953 8,942 I. II. Dasselbe Metall, nach neuerlichem Härten 8,958 8,924 neuerdings jedoch im Verhältniß seiner geringerenDicke weniger ausgetrieben 8,939 8,924 8,933 8,924 schwach ausgetrieben 8,920 8,924 Nachdem das vorige Metall lange Zeit in kaltem Zustande geschlagen oder getrieben worden, wiederholte ich dasselbe mit neuem Metall in heißem Zustande. 11. Dichtigkeitstabelle. Metall, nach dem Gießen 8,764 in dunkelrothglühendem Zustande geschlagen 8,893 zum zweiten Male geschlagen 8,941   „   dritten      „          „ 8,948   „   vierten     „          „ 8,943   „   fünften     „          „ 8,927 Die Stärke des Metalls war von 6 auf 1 Millim. vermindert worden. Dieselben Versuche wiederholte ich mit Legirungen in heißem Zustande, welche 18,5 bis 21,5 Procent Zinn enthielten, nachdem sie bei sehr hoher Temperatur gegossen worden waren. Die Ergebnisse dieser Versuche sind in der nachfolgenden Tabelle verzeichnet. 12. Dichtigkeitstabelle. Bronze mit 18,5 Proc. Zinn, nach dem bei hoher Temperatur erfolgten Gusse 8,882 Dieselbe nach längerem Austreiben bei Dunkelrothglut 8,938 Bronze von 20,0 Proc. Zinn, nach dem bei hoher Temperatur erfolgten Gusse 8,912 Dieselbe nach längerem Austreiben bei Dunkelrothglut 8,920 Bronze von 21,5 Proc. Zinn, nach dem bei sehr hoher Temperatur erfolgten           Gusse 8,938 Dieselbe nach längerem Austreiben bei Dunkelrothglühhitze 8,929 Bronze mit 20 Proc. Zinn, im rothglühenden Zustande gewalzt 8,8198,8378,8658,873 Die Stärke dieses Stückes war von 6 auf 1 Millim. reducirt worden. Aus diesen Versuchen ergeben sich zwei Thatsachen: 1) durch die Bearbeitung in heißem Zustande wird die Dichtigkeit der Bronze nicht höher gesteigert als durch die Bearbeitung in kaltem Zustande; 2) das Metall erlangt diese Dichtigkeit durch die Bearbeitung in heißem Zustande sehr rasch und ohne Gefahr des Reißens, während die Wirkung der Bearbeitung in kaltem Zustande außerordentlich langsam erfolgt und die Bearbeitung selbst eine sehr schwierige ist. Wenn ich nun noch darauf aufmerksam mache, daß die echt chinesischen Tamtams die Spuren zahlreicher Hammerschläge zeigen, welche den Beweis liefern, daß die Bronze in einem durch Hitze erweichten Zustande bearbeitet worden ist, so wird man hoffentlich zugeben – wie dies von meiner Seite aus zu der Zeit geschah, als ich diese Resultate zuerst veröffentlichteComptes rendus, t. LXIX p. 343; Dingler's polytechn. Journal, 1869 Bd. CXCIV S. 126. – daß in China die Verarbeitung der Bronze zu Tamtams und Gonggons nicht – wie d'Arcet annahm – im kalten Zustande ausgeführt wird, und daß die in der Ècole des Arts et Métiers zu Chalons versuchte Fabrikation dieser Instrumente nicht die ist, wie sie im Orient betrieben wird, sondern daß bei derselben – wie Julien angegeben – die Bronze rothwarm verarbeitet wird. Wären hinsichtlich dieses Punktes noch einige Zweifel geblieben, so würden dieselben bald geschwunden sein; denn einige Tage nach der Veröffentlichung dieser UntersuchungenComptes rendus, t. LXIX p. 985. publicirten Julien und Champion ein Schriftchen, in welchem letzterer angab, daß er die in Rede stehende Arbeit in China selbst gesehen habe und daß das Metall glühend verarbeitet werde.Industries anciennes et modernes de l'empire chinoise. (Lacroix, Paris 1869.) Damals verband ich mich mit Champion, um dieses Desiderat des Kunstfleißes der europäischen Länder in praktischem und größerem Maßstabe auszuführen und es gelang uns vollständig, in den Werkstätten von Cailar und Guin zwei Tamtams zu fabriciren, welche die äußere Charaktere und die Klangfülle der in China verfertigten Instrumente besaßen. Nur verwerteten wir die Leichtigkeit, mit welcher sich diese Bronze, meinen Beobachtungen zufolge, walzen läßt, um die Operation abzukürzen und den Aufwand an Handarbeit zu vermindern, indem wir zunächst die zu dicken Stücke von gegossener Legirung in dunkelroth-glühendem Zustande im Walzwerke behandelten, – ein Werkzeug, welches nach Champion's Versicherung den Chinesen unbekannt ist, wenigstens, wie letzterer sich durch den Augenschein selbst überzeugt hat, bei der Fabrikation der Blechinstrumente zur Bearbeitung der Bronze aus dem Groben in keinem Falle angewendet wird. (Fortsetzung folgt.)