Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 214, Jahrgang 1874, Nr. , S. 419
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Miscellen. Miscellen. Tommasi's hydro-thermischer Motor. Dieses neue System, welches der Erfinder speciell zum directen Antrieb schwerer Arbeitsmaschinen (als Pressen, Loch- und Niet-Maschinen etc.) verwenden will, beruht auf folgendem Experiment. Eine unten geschlossene eiserne Röhre von 1/3 Zoll (8,5 Mm.) lichtem Durchmesser und 3 Fuß (914 Mm.) Länge wird mit Oel voll gefüllt und an ihrem oberen Ende mit einer niedergeschraubten Bleischeibe verschlossen. Hierauf werden außerhalb der Röhre angebrachte Gasbrenner entzündet; das eingeschlossene Oel erwärmt sich und treibt alsbald aus der bleiernen Verschlußplatte eine Scheibe – genau von dem lichten Durchmesser der Röhre – heraus. Die hierzu aufgewendete Kraft beträgt bei der angegebenen Stärke der Bleiplatte von 1/4 Zoll (6,4 Mm.) und deren Abscherungsquerschnitt von etwas über 1/4 Quadratzoll (161 Qu. Mm.) beiläufig 300 Kilogrm., was einem Ausdehnungsdrucke des, wie angegeben wird, nur um 7° C. erwärmten Oeles von über 600 Atmosphären entspräche – ein Resultat, welches jedoch insofern nicht ganz glaubwürdig erscheint, als die danach berechnete Compressibilität des Oeles nur 1/4 derjenigen des Quecksilbers betragen würde, welch letzteres bis jetzt als die am wenigsten zusammendrückbare Flüssigkeit betrachtet wird. Aber selbst abgesehen davon ist schwer erfindlich, in welcher Weise die äußerst geringe Volumänderung des erwärmten und dann wieder abgekühlten Oeles oder Glycerins (ca. 8/10000 des Volumens für 1° C. Temperatur-Differenz) in eine merkbare äußere Bewegung umgesetzt werden soll. Es mag daher nur der Curiosität halber (nach dem Engineer, September 1874 S. 221) angeführt werden, daß der Erfinder die erforderlichen Temperatur-Differenzen durch kaltes oder warmes Wasser, das in entsprechenden Röhren circulirt, erreichen will, um auf diese Art selbst eine oscillirende, resp. rotirende Bewegung zu erzielen und gleichzeitig alle Dampfmaschinen, Transmissionen, Riemen etc. zu vermeiden, statt deren in jeder einzelnen Arbeitsmaschine ein „hydro-thermischer Oel-Motor“ installirt wird. Ein weiterer Vortheil bestände darin, daß auch der so umständliche und explosionsgefährliche Dampfkessel erspart und durch einen einfachen Warmwasser-Kessel ersetzt werden kann, so daß unsere Quelle die ausgedehnte Anwendung dieses Systemes für Pressen, Lochmaschinen und dergl., Aufzüge und – man staune – Tramway-Waggons – in nicht ferner Zeit erwarten zu dürfen glaubt. M. M. Eine neue Berglocomotive. Diese Erfindung des Ingenieurs H. Handyside in Neu-Seeland verwirklicht einen Gedanken, welcher wohl jedem mit der Construction von Fuhrwerken irgend welcher Art beschäftigten Ingenieur schon aufgestoßen sein mag, ohne daß er unseres Wissens bis jetzt jemals eine greifbare Gestalt angenommen hätte. Es handelt sich nämlich darum, das zum Ziehen schwerer Lasten benützte Fahrzeug – zunächst sind hier Locomotiven ins Auge gefaßt – zur Ueberschreitung starker Steigungen als locomobile Winde anzuwenden. Zu diesem Zwecke hat bei der von Handyside construirten Locomotive nichts weiteres zu geschehen, als die Maschine von ihrem Train loszukuppeln, die Steigung allein befahren zu lassen und dann mit einer Kette von einer durch Rädervorgelege angetriebenen Windetrommel den Train langsam der Maschine nachzuziehen. Es liegen dem Referenten Zeichnungen einer nach diesem Systeme Projectirten Locomotive vor, welche thatsächlich in ganz gelungener Weise durchgeführt ist, und Handyside's Erfindung für Bahnen mit einer oder mehreren außergewöhnlich starken Steigungen wohl anwendbar erscheinen lassen. Die Windetrommel liegt hier hinter der Box zwischen den Frames gelagert, und die Kette, welche an ihrem einen Ende an der Trommel befestigt, am anderen Ende an dem Train angehängt ist, dient im aufgewickelten Zustande zugleich als Kuppelung, welche für ebene Strecken die Locomotive mit ihrem Zuge in gewöhnlicher Weise verbindet. Sobald jedoch eine außergewöhnliche Steigung vorkommt, wird die Windetrommel, welche bis jetzt durch eine Klaue festgehalten war, ausgelöst, und die Maschine fährt allein die Steigung hinauf, bis die ganze Länge der Kette abgewickelt ist. Hierauf wird durch einen Klemmschuh, der sich wider den Schienenkopf zwängt, die Maschine am Zurückrollen verhindert und mittels zweier kleiner Dampfcylinder, die zwischen den beiden Treibachsen angebracht sind, die Vorgelegwelle der Windetrommel angetrieben. Sobald auf diese Weise der Zug bis zur Maschine nachgezogen ist, wird durch einen selbstthätigen Buffermechanismus die Windemaschine abgestellt, gleichzeitig wird am hintersten Wagen des Trains eine ähnliche Klemmvorrichtung wie bei der Locomotive eingelöst, um den Zug am Zurückrollen zu verhindern, und die Maschine kann aufs neue allein dem Train vorausfahren und dieselbe Arbeit des Hinauswindens wiederholen. Nachdem eine Locomotive sich selbst auf Steigungen bis zu 1/7 sicher fortbewegen kann, andererseits aber die Kraft der Windemaschine durch entsprechende Uebersetzung beliebig gesteigert werden kann, so ist klar, daß mit Anwendung dieses Systemes die Grenze der jetzt für Locomotivbahnen erreichbaren Steigungen – allerdings auf Kosten der Geschwindigkeit – wesentlich erweitert werden kann; dabei ist der Mechanismus so einfach und ohne Störungen in Verbindung mit jeder bestehenden Locomotivbahn durch entsprechende Adoptirung einiger Lastzugsmaschinen durchzuführen, daß wir der Ausbreitung dieses Systemes speciell bei Vicinalbahnen wohl entgegensehen dürfen. Fr. Eine Rohrleitung für Petroleum in Amerika. Das amerikanische Gasjournal enthält nähere Mittheilungen über die 40 englische Meilen lange Rohrleitung der Pittsburgh Pipe Company zur Beförderung des Petroleums von Millerstown und Fairview nach Pittsburg. Millerstown ist das Centrum der Quellenregion in Buttlersland, und Fairview eine Station der Westpensilvania-Eisenbahn, ungefähr 8 Meilen von Pittsburg. Zur Aufnahme des Petroleums, welches durch ein Röhrensystem aus den umliegenden Bezirken herbeigeleitet wird, befinden sich in Millerstown zwei Behälter von 25000 Barrel Inhalt, und in Fairview werden fünf colossale Behälter errichtet von 125000 Barrel Rauminhalt, aus denen die Petroleumraffinerien in Pittsburg durch ein Rohr versorgt werden sollen, welches quer über den Alleghenyfluß gelegt ist. Die Richtung, welche die Leitung auf ihrem 32 englische Meilen langen Weg von Millerstown nach Fairview verfolgt, ist fast vollständig gerade; von Fairview ab schlägt sie eine nordöstliche Richtung ein und durchschneidet einige Bezirke der Territorien von Indiana und Butterland. Die Leitung kreuzt einmal die Bahn und überschreitet nicht weniger als 27 Landstraßen und ungefähr ebenso viele Flüsse; nur an Stellen, wo sie Straßen kreuzt, oder wo es die Grundeigenthümer verlangten, liegt das Rohr unter der Erde, sonst zieht sich dasselbe an den Hügelabhängen hin. Obgleich Millerstown 335 Fuß engl. höher liegt als Pittsburg, so ist die Reibung innerhalb der Rohrleitung doch so stark, daß man es nöthig fand, für eine tägliche Lieferung von 4000 Barrel Oel sechs Paar Dampfpumpen mit 40 Pferdekräften in regelmäßigen Zwischenräumen längs der Leitung aufzustellen. Die Dampfpumpen sind directwirkend und sind so angeordnet, daß nur je eine in Thätigkeit ist, während die andere für den Fall einer Beschädigung in Reserve bleibt. Bei jeder Pumpenstation befindet sich ein Behälter für 1500 Barrel Oel, welches durch die Pumpe wieder einen neuen Antrieb erhält, um schließlich nach öfterem Auf- und Absteigen mit beträchtlicher Geschwindigkeit in continuirlichem Strom auszufließen. Für die Leitung sind 800 Tonnen Rohr nöthig von einem inneren Durchmesser von 3 Zoll; täglich wurden davon 1 Meile verlegt und auf einen Druck von 1200 Pfund für den Quadratzoll geprüft. Die ganze Linie wird Tag und Nacht von Wächtern beaufsichtigt, und eine Telegraphenleitung gestattet jede Undichtheit sofort zur Kenntniß zu bringen. (Journal für Gasbeleuchtung etc., 1874 S. 684.) Versuche mit Sicherheitslampen. Aus den Angaben von Arbeitern, welche bei Grubenexplosionen gerettet waren, hat sich ergeben, daß die Explosionen gewöhnlich unmittelbar dem Abschießen einer Sprengladung gefolgt waren; unter 22 größeren Explosionen, welche in englischen Gruben nach dem 12. December 1866 sich ereigneten, war in 17 Fällen ein gleichzeitiges Abfeuern der Sprengladung erwiesen. Diese Gleichzeitigkeit der Explosion und des Abschießens der Ladung suchte man dadurch zu erklären, daß entweder das schlagende Wetter direct von der herausgeschleuderten Ladung entzündet, oder daß das Gas durch die Erschütterung der Luft fortgetrieben und an den Lampen der Arbeiter entzündet werde. Galloway hat nun durch zahlreiche Versuche nachgewiesen, daß die Schallwelle, welche durch einen Schuß veranlaßt wird, beim Durchgange durch eine in einem explosiven Gemisch brennende Sicherheitslampe, die Flamme durch die Maschen der Drahtgaze hindurchtreiben und so die Explosion herbeiführen kann. (Nach den Proceedings of the Royal Society, XXII Nr. 154.) F. Verfahren, brennendes Erdöl sofort zu löschen. Ein Apotheker in Antwerpen veröffentlicht in belgischen Blättern folgendes Verfahren, brennendes Erdöl sofort zu löschen. In ein flaches Gefäß wird 1 Liter Erdöl gegossen, so daß die Flüssigkeit 1 Centim. über den Boden des Gefäßes steigt, und eine Fläche von ungefähr 10 Quadratdecim. bedeckt. Nachdem das Erdöl entzündet worden ist, und die Flamme sich über die ganze Bodenfläche ausgebreitet hat, gießt man in die Mitte derselben ungefähr 50 Kubikcentim. Chloroform, worauf das Feuer sofort erlischt. Das Verhältniß des Chloroforms zum Erdöl ist wie 1 : 20 und kann sogar auf 1 : 60 herabgesetzt werden. Verschiedene Gemenge von brennbaren Gasen mit Chloroform-Dämpfen gemischt verlieren dadurch ihre explosive Eigenschaft und sogar ihre Entzündbarkeit. Der Erfinder schlägt vor, dieses Verfahren auch im Großen bei Erdölbränden anzuwenden. In Petroleum-Magazinen oder an Bord von Schiffen dürfte das hermetisch verschlossen aufbewahrte Chloroform bei Feuersgefahr vortreffliche Dienste leisten. Der hohe Preis des Chloroforms erscheint vielleicht auf den ersten Blick ein Hinderniß in der Anwendung dieses VerfahrensVerfahres in größerem Maßstabe. Da aber das Chloroform ohne Verlust oder Befürchtung einer Veränderung überall aufbewahrt werden kann, so ist der Preis, selbst eines größeren Quantums dieser Flüssigkeit, in Anbetracht des Werthes eines ganzen Magazins oder einer Schiffsladung doch nur sehr gering. Möglicherweise bringt der Vierfach-Chlorkohlenstoff dieselbe Wirkung hervor, der durch Reaction des Chlors auf eine Lösung von Jod in Schwefelkohlenstoff im Großen verhältnißmäßig billig herzustellen sein dürfte. (Aus dem Gewerbeblatt aus Württemberg, 1874 S. 355.) Die Eiskeller nach System Brainard. Ein Hauptübelstand der gewöhnlich angewendeten Eiskeller besteht darin, daß sich, trotz der besten Isolirung, fortwährend Niederschläge der mit Feuchtigkeit geschwängerten Luft bilden. Dadurch werden die Wandungen des Kellers angegriffen und das Eis selbst, indem das condensirte Wasser schließlich wieder zurückläuft, rascher aufgezehrt, als es bei entsprechender Trockenhaltung stattfinden würde. Diese wird aber (nach einer in der deutschen Industrie-Zeitung 1874, S. 462 ff. veröffentlichten Abhandlung) erreicht durch das Brainard'sche Patent, welches in der Hauptsache darin besteht, oberhalb des Eisvorrathes eine zickzackförmig gebogene Blechdecke anzubringen, an welcher sich alle Feuchtigkeit niederschlägt und in eigens angebrachten Holzrinnen entfernt wird – derart, daß die Luft in dem Eiskeller fortwährend trocken erhalten bleibt. Für den Fall als unterhalb des Eisvorrathes, wie dies rationeller Weise immer mehr in Aufnahme kommt, Gährlocale und Lagerkeller angebracht werden sollen, wird das Eis auf eisernen Trägern gelagert, die auf ihrer Unterseite, welche dem Kühlraume zugekehrt ist, gleichfalls mit einer Brainard'schen Blechdecke verkleidet sind. Dieselbe erfüllt hier den doppelten Zweck, zunächst einer entsprechenden Abführung des niedertropfenden Wassers; sie bietet jedoch auch ferner noch den wesentlichen Vortheil einer um mehr als die Hälfte gegenüber einer flachen oder gewölbten Decke vergrößerten Abkühlungsfläche. Die Kosten sollen sich nur um 25 Proc. höher stellen wie bei Kellern alter Construction. R. Natur- und Kunstwein. In der Sitzung vom 28. September d. J. des „Congreß der Pomologen und Oenologen“ faßte die sehr zahlreich versammelte Section der Weinproducenten (nach dem landwirthschaftlichen Anzeiger) folgenden wichtigen Beschluß: 1. Die Begriffe Naturwein und fabricirter oder Kunst-Wein sind dahin zu fixiren: Naturwein ist das Getränk, welches entsteht, wenn man den Traubensaft, wie ihn die Natur liefert, nach den Regeln der Wissenschaft vergähren und sich klären läßt. Fabrikat- oder Kunstweine sind solche, welche aus dem unvergohrenen wie vergohrenen Traubensaft oder den Trestern mittels Zusätzen von Wasser, Zuckerarten, Sprit, Glycerin, Weinsteinsäure u.s.w. bereitet werden. 2. Die anerkannten Nachtheile, welche die Weinfabrikation sowohl für die Weinproduction als auch für die Weinconsumenten im Gefolge hat, sind darauf zurückzuführen, daß die Fabrikate unter der für den Naturwein gebräuchlichen Bezeichnung „Wein“ in den Kleinverkehr gebracht werden. 3. Eine Abhilfe hiergegen ist nur auf gesetzlichem Wege zu erlangen – und zwar in der Weise, daß bei der bevorstehenden Revision des Strafgesetzbuches eine Bestimmung in demselben aufgenommen wird, nach welcher im Handel die Bezeichnung „Wein“ lediglich für die Naturweine zulässig ist, alle fabricirten Weine aber nur unter einer ihre Darstellungsweise ausdrücklich erkennen lassenden Benennung wie „Kunstwein, gallisirter-, petiotisirter-, chaptalisirter Wein“ verlauft und zum Verkauf ausgeboten werden dürfen. Erkennung verfälschter Weine. Bringt man nach Jacquemin (Journal de Pharmacie et de Chimie, 1874 p. 257) mit Chromsäure gefärbte Wolle (vergl. dies Journal, erstes Octoberheft 1874 S. 76) in natürlichen Wein und erhitzt eine Zeit lang, so entsteht eine hellbraune charakteristische Färbung – gleichgiltig, welchen Ursprunges der Wein ist. Es ist somit möglich danach und auf Grund des früher angegebenen Verhaltens der gefärbten Wolle zu anderen Farbstoffen Verfälschungen des Weines nachzuweisen. Die Zusammensetzung der Gemüse; von Dahlen. WasserProc. In der Trockensubstanz: Proteïn.Proc.Hier ist der Stickstoffgehalt des Asparagins mit eingerechnet. Fett.Proc. Zucker.Proc. Stärke undStickstofffreieProc. Rohfasern.Proc. Spargel 92,0 28,5 3,9   5,9 35,2 19,3 Blumenkohl 90,8 30,8 2,3 13,2 35,7 10,2 Butterkohl 87,0 23,1 4,1 11,3 43,9   9,2 Grünkohl 80,7 14,9 4,0   6,1 58,3   9,4 Rosenkohl 85,0 36,9 3,6 Spur 40,8   9,9 Savoyenkohl 86,5 26,0 5,4 10,0 38,7 10,2 Rothkraut 90,1 18,4 1,9 17,5 41,5 12,9 Spitzkohl 92,9 24,9 3,4 18,8 30,2 14,2 Weißkraut I 92,5 16,0 1,7 26,7 34,1 14,0 Weißkraut II 90,8 16,7 1,5 19,9 40,9 13,8 Es ist bemerkenswerth daß der Geschmack ziemlich die Scale des Proteïngehaltes einhält, während der Fasergehalt, der sonst maßgebend sein dürfte, in den gewählten Fällen ziemlich gleich ist, wenigstens wenn man die Entfernung der äußeren Schichten bei den Spargeln nach unserer Zubereitungsweise in Anschlag bringt. (Landwirthschaftliches Jahrbuch, Bd. III S. 3; Naturforscher, 1874 S. 428.) Chemische Beschaffenheit des Wassers der neuen Wasserleitung für Frankfurt a. M. Dieses aus einer Entfernung von 70 bis 75 Kilometer fast ausschließlich in eisernen Röhren nach Frankfurt aus dem Basalt des Vogelsberges bereits geleitete oder aus dem Bundsandstein des Spessart noch zu leitende Wasser gelangt in das dortige 54,7 Meter über dem Nullpunkte des Mainbrückenpegels gelegene Hochreservoir seit November 1873 in einer täglichen Menge von 5750 Kubikmeter, seit Mai 1874 mit etwa 9200 Kubikmeter; in einem Jahre, nach Anschluß der Spessartquellen, wird die tägliche Wassermenge etwa 18500 Kubikmeter betragen. Die Temperatur des Vogelsberger Wassers schwankte vor der Fassung der Quellen bei einer Lufttemperatur von – 6° bis + 22,4° zwischen 9,50° und 9,95°; nach der Fassung beträgt diese Schwankung nicht mehr als 0,2°. Nach den bisherigen – freilich wegen der Kürze der Zeit noch nicht ganz genügenden – Beobachtungen wird das Maximum und Minimum der Temperatur des in dem hiesigen Hochreservoir anlangenden Wassers nicht mehr als 1,8° differiren. Die Quellen des Vogelsberges (zu Fischborn) zerfallen in drei Gruppen; die erste, die Quellen an der Aue, besteht aus 139 größeren oder kleineren Quellen; die zweite besteht aus 4 Quellen (Aderborn, Born am Wehr, Lohfinkborn, Aderweiherquelle), die dritte aus 2 Quellen (Quelle am alten Seeweiher und Wehnerborn genannt). Nach den Analysen von Dr. G. Kerner (in dessen Bericht vom April 1874) enthält ein Liter Wasser Milligramme: Bestandtheile. Vogelsberger Quellen. Reservoir amAspenheimerKopf.(Octbr. 1873.) Hochreservoirbei Frankfurt.(März 1874.) 1. Gruppe. 2. Gruppe. 3. Gruppe. Chlornatrium 3,0 3,4 3,6 3,4 3,1 Schwefelsaurer Kalk 4,0 4,1 4,8 4,3 4,3 Kohlensaures Natron 6,6 8,1 7,6 8,0 7,8 Kohlensaurer Kalk     33,0     31,2     33,1        31,2        31,0 Kohlensaure Magnesia     32,0     32,3     31,7        33,2        31,5 Kieselsäure     30,1     27,7     29,8        29,0        27,8 Mineralbestandtheile   108,4   106,6   110,4      109,1      105,5 Huminkörper 4,9 unwägbar unwägbar 2,8 1,6 Halbgebundene Kohlensäure     34,5     33,9     34,3        34,5        33,4 Freie Kohlensäure     26,0     40,8     33,0        26,4        22,3 Aus dem Spessart (Cassel- und Biebergrund) werden der Leitung zehn – meist bereits gefaßte – Quellen zugeführt werden. Die festen Bestandtheile der einzelnen Quellen schwanken zwischen 17,5 und 24,2 Milligrm. im Liter. Speciell betragen die festen Bestandtheile der bedeutendsten bis jetzt gefaßten Spessartquelle, des Breitenruhborns, im Liter Chlornatrium 3,7 Milligrm. Schwefelsaurer Kalk 2,0 Kohlensaures Natron 2,3 Kohlensaurer Kalk 1,5 Kohlensaure Magnesia 0,1 Kieselsäure 7,0 Spuren von Salpetersäure, Eisen, Thonerde     und organische Substanzen 3,5 Demnach beträgt die durchschnittliche HärteVergl. dies Journal, 1873 Bd. CCX S. 300. des Vogelsberger Wassers = 4,1, jene des Spessartwassers = 0,17 Grad. F. Prüfung des Traubenweines auf Obstwein. Nach Sonnex läßt sich auf nachstehende Weise noch die Gegenwart eines Drittels Obstwein im Traubenwein mit Sicherheit nachweisen. Das Verfahren beruht auf folgenden Thatsachen. A. Kein Traubenwein enthält so viel Kali, daß der Ueberschuß, welcher sich darin außer dem Zustande von Bitartrat befindet, ebenso viel beträgt als dieser. B. Der Aepfelwein und Birnwein enthält gar kein Bitartrat, ihr Kali ist vielmehr darin als Malat und Acetat enthalten. Man operirt wie folgt: 1) 100 Grm. filtrirten Wein verdunstet man zum Extract, behandelt dasselbe nach dem Erkalten mit einer kalt gesättigten Lösung von Weinstein, sammelt den rückständigen Weinstein auf einem tarirten Filter, trocknet bei 100° und wiegt. 2) Man operirt wie in 1) nur mit dem Unterschiede, daß man dem Weine vorher 1 Grm. trockenes doppeltweinsteinsaures Natron zusetzt. Das erste Gewicht gibt den präexistirenden Weinstein, das zweite sämmtliches im Weine enthaltene Kali. Ist der Wein rein, so darf das zweite Gewicht sich nicht bis zum doppelten des ersten erheben. Beispiele. a. 100 Grm. reiner Wein gaben ohne Zusatz von Natronbitartratmit Zusatz 0,400,70 Weinstein b. 100 Grm. Obstwein gaben ohne Zusatzmit Zusatz 0,000,80 c. 100 Grm. einer Mischung von gleichen Theilen Traubenweinund Obstwein gaben ohne Zusatzmit Zusatz 0,200,75 d. 100 Grm. einer Mischung von 3/4 Traubenwein und 1/4 Obstweingaben ohne Zusatzmit Zusatz 0,300,725 (Schweizerische Wochenschrift für Pharmacie, 1874 Nr. 40. Vergl. dies Journal 1871 Bd. CXCIX S. 159 und Bd. CCII S. 312; 1872 Bd. CCIV S. 260.) W. Behandlung von Cloakenwässern. General Scott hat sich am 14. Januar 1873 folgendes Verfahren patentiren lassen. Den in einer Kufe angesammelten Wässern wird Aetzkalk im Ueberschuß zugesetzt, die klare überstehende Flüssigkeit von dem Niederschlage abgezogen und derselben in einer zweiten Kufe Eisen- oder Thonerdesalze zugefügt, welche Salze durch den in dem geklärten Abflußwasser gegenwärtigen Kalk in ihre Hydrate übergeführt werden. Der Niederschlag in der ersten Kufe, welche die in dem Rohwasser suspendirt gewesenen mineralischen und organischen Substanzen enthält, und theilweise auch einige vorher gelöst gewesene Stoffe, kann in Cement oder in Filterkohle verwandelt werden. Das Präcipitat in der zweiten Kufe liefert nach dem Calciniren nützlich verwendbare Metalloxyde. Das aus der zweiten Kufe abfließende Wasser ist rein genug, um in einen größeren Strom geleitet werden zu können, und vermag, wenn es vorher durch die aus der ersten Kufe gewonnene Kohle filtrirt wird, selbst in kleinere Flüsse ohne Schaden zu laufen. Nach dem englischen Patente von Robey (20. Januar 1873) wird der Niederschlag, der sich auf Zusatz von Thon in Cloakenwässern bildet, getrocknet, verkohlt und zum Filtriren der Abflußwässer benützt. Jacobsen (englisches Patent vom 23. Januar 1873) schlägt vor, derartige Wässer mit der Lösung eines Phosphates in Schwefelsäure zu fällen und den Absatz als Dünger zu verwerthen. (Vergl. dies Journal, 1874 Bd. CCXI S. 215.) F. Abhängigkeit der Induction von der Natur des primären Leiters. Als Resultate seiner mannigfach modificirten Versuche stellt E. Villari folgende Sätze hin: 1) Das Eisen bietet dem unterbrochenen elektrischen Strome, und mehr noch dem umgekehrten, einen größeren Widerstand als dem continuirlichen. 2) Die Dauer des veränderlichen Zustandes des Stromes im Eisen ist größer als im Kupfer und namentlich, wenn es vom Strome in entgegengesetzter Richtung durchflössen wird. 3) In Folge dieser Vergrößerung der Dauer des veränderlichen Zustandes ist der Inductionsstrom eines durch Eisen gehenden Stromes unter sonst gleichen Bedingungen von geringerer Spannung als der, welcher von einem nur durch Kupfer gehenden Strome inducirt wird. 4) Die Spannung des Stromes, welcher von Kupfer auf Eisen inducirt wird, ist ebenfalls eine geringere als die des von Kupfer auf Kupfer inducirten. Diese Erscheinungen beziehen sich auf den durch Schließen inducirten Strom, und sind ausgesprochener, wenn der primäre Strom sich jedes Mal umkehrt. 5) Die Wirkung des Eisens nimmt zu mit der Länge der Drähte; sie steigt mit der Intensität des Stromes bis zu einer bestimmten Grenze, die ungefähr zusammenfällt mit dem Maximum des Magnetismus des Eisens, und ist fast unabhängig von der Dicke der Drähte. 6) Die Spannung des Oeffnungsstromes ist größer zwischen Kreisen, die ganz aus Kupfer, als zwischen Kreisen, die theilweise aus Eisen sind. 7) All diese Thatsachen rühren her von der Entstehung des transversalen Magnetismus im Eisen, der hervorgebracht wird durch den Strom, welcher dasselbe durchfließt, wodurch das Sicherstellen des elektrischen Stromes, welcher in dasselbe eintritt, verzögert wird. (Il nuovo Cimento: ser. 2, t. XI p. 201; Naturforscher, 1874 S. 400.) Ueber eine neue Art giftiger Kleiderstoffe; von Gintl. Seit kurzer Zeit ersetzen nach Prof. Dr. W. F. Gintl (Lotos, 1874 S. 206) namentlich elsäßer und englische Fabrikanten in der Zeugdruckerei das theure Albumin theilweise durch Glycerinarsenik und essigsaure Thonerde. In geradezu gewissenloser Weise bringen sie Gewebe in den Handel, welche im Meter 2 bis 3 Gramm arseniger Säure als arsenigsaure Thonerde enthalten. Namentlich kommen Cottone und Battiste vor, welche in neuvioletter Grundfarbe weiße Muster, u. z. weiße Punkte, Ringe, Sternchen oder Blümchen zeigen, dann aber auch Cottone, welche mit braungelben und rothbraunen Mustern bedruckt sind, also Nuancen zeigen, welche bisher nie als in irgend welcher Weise verdächtig erschienen und von dem Uneingeweihten ohne jegliche Ahnung der Gefahr gekauft werden, welche das Tragen solcher Kleiderstoffe in sich schließt. Daß diese Gefahr in der That keine geringe ist, erhellt, abgesehen davon, daß es sich um einen relativ so hohen Arsengehalt handelt, insbesondere daraus, daß diese Stoffe die giftige Verbindung in einer keineswegs unlöslichen Form enthalten, so daß sie durch einfaches Einlegen in Wasser an dieses alsbald eine deutlich nachweisbare Menge arsenigsauren Salzes abgeben. Diese letztere Eigenthümlichkeit findet ihre Erklärung darin, daß diese durchwegs im Preise ziemlich niedrig stehenden Waaren, zumal die neuvioletten, offenbar nach dem Bedrucken gar nicht gewaschen und gespült, sondern direct der Appretur zugeführt wurden, was wohl darin seinen Grund hat, daß sie beim Waschen zum Theile ausgehen, und deshalb die Vornahme einer Wäsche nicht im Interesse des Fabrikanten gelegen sein möchte. Ueber die Darstellung des Safranins; nach Ott. Bei der Darstellung des Safranins verfährt man nach Adolf Ott (deutsche Industriezeitung, 1874 S. 343) am besten, wenn man auf die Azoverbindungen, welche man durch Einleiten von salpetriger Säure in schweres toluidinhaltiges Anilin (Siedepunkt 198–200°) erhält, ähnlich wie bei der Fuchsinbereitung, Arsensäure in Syrupform, nur bei niedrigerer Temperatur, einwirken läßt. Bei Anwendung von Salpetersäure erhält man zwar Reaction auf Safranin, nie aber eine befriedigende Ausbeute; oxydirt man mit einer Lösung von doppeltchromsaurem Kali und Schwefelsäure, so erhält man sogleich harzartige Producte. Das Auftreten von Untersalpetersäure muß hierbei möglichst vermieden werden, da sonst bei der darauffolgenden Oxydation ein namhafter Theil des Oeles in einen weißen krystallinischen Körper übergeht und die Ausbeute an Farbstoff bedeutend verringert wird. Die salpetrige Säure, am besten durch Erwärmen von 8 Th. gewöhnlicher Salpetersäure und 1 Th. Stärkemehl erhalten, läßt man, bevor sie in das Oel eintritt, durch Schwefelsäure streichen. Ist die Flüssigkeit kastanienbraun und erstarrt sie auf einem Uhrglas, so kann man zur Oxydation schreiten. Verf. nahm hierzu auf je 100 Gew. Th. hochsiedendes Oel 90 Gew. Th. Arsensäure von 72 Proc. Um zu starke Erhitzung zu vermeiden, wird die Arsensäure allmälig eingetragen, dann auf dem Sandbade so lange erwärmt, bis die Bildung eines violetten Farbstoffes eintritt. Hierauf kocht man die Schmelze mit kalkhaltigem Wasser aus, in welchem der violette Farbstoff unlöslich ist, filtrirt durch Tuchfilter, in denen sich eine Lage Sand befindet, übersättigt leicht mit Salzsäure, und gewinnt das gebildete salzsaure Safranin entweder durch Eindampfen oder besser noch durch Aussalzen. Durch Umkrystallisation des so gewonnenen Productes läßt sich der ganz reine Farbstoff erhalten. Imitation des Nußbaumholzes. Die bis jetzt fast allgemein übliche Manipulation, Möbel aus Erlen-, Birken- oder Rothbuchenholz etc. nußbaumartig zu Poliren, besteht darin, daß man die betreffenden Möbeltheile, nachdem dieselben vollständig ausgearbeitet, abgeputzt und auf gewöhnliche Weise mittels Glaspapier geschliffen sind, mit einer Beize behandelt, welche aus Kasseler Braun, in sogen. Seifensiederlauge gekocht, besteht. Nachdem die gebeizten Theile vollständig trocken geworden und mittels Bimsstein und Oel nachgeschliffen sind, werden dieselben unter Anwendung von Schellack-Politur polirt. Andere finden wieder eine Abkochung von getrockneten grünen Wallnußschalen in genannter Lauge oder in weichem Wasser, in welches man Soda gethan hat, zweckmäßiger. Auch findet eine Braun-Beize mittels Catechu und Chromkali, jedes für sich in kochend heißem Wasser aufgelöst und nach einander auf das Holz aufgetragen, vielfache Verwendung. Außer diesen vorgenannten gibt es noch eine große Zahl von Beizverfahren zur Nachahmung des Nußbaumholzes, welche wie die genannten alle mehr oder weniger dem Zwecke entsprechen, im Ganzen aber noch sehr unvollkommen sind. Die Beize, aus Kasseler Braun bereitet, hat den Nachtheil, daß dieselbe nicht alle Holzarten gleichmäßig färbt, zumeist auch nicht tief genug in die Holzfaser harter Holzarten eindringt, und in Folge dessen beim Nachschleifen mittels Bimsstein und Oel, besonders an scharfen Ecken und Kanten, sich abschleift. Auch wird durch den unvermeidlichen Ueberschuß an Farbmasse die Schönheit des Holzes, welche in der Art des Wuchses und der Poren besteht, verdeckt, so daß die Beizung mehr als Anstrich erscheint. Denselben Nachtheil hat die Beize aus Nußschalen-Abkochung; nebenbei hat diese noch den Fehler, daß in Folge des in den Nußschalen enthaltenen Klebestoffes die Beizflüssigkeit sich gallertartig und schleimig zeigt, was die gleichmäßige Auftragung sehr erschwert. Die Beize aus Catechu und Chromkali bewirkt in der Holzfaser einen rothbraunen Farbniederschlag, welcher von der Nußbaumholzfarbe zu sehr abweicht. Die geeignetste Beizung besteht in Folgendem. 1 G. Th. Nuß-Extract wird in 6 G. Th. weichem Wasser unter Erwärmung bis zum Kochen und unter Umrühren aufgelegt. Das zu beizende Holz muß gehörig trocken und erwärmt sein, wonach die Beize ein- bis zweimal aufgetragen wird. Nachdem die so behandelten Möbeltheile halbtrocken geworden sind, überstreicht man dieselben nochmals mit einer Auflösung von 1 G. Th. rothem chromsauren Kali in 5 G. Th. kochend heißem Wasser, läßt vollständig trocknen, und schleift und polirt wie gewöhnlich. Man wird besonders bei Rothbuchen- und Erlen-Holz eine dem amerikanischen Nußbaumholze täuschend ähnliche Farbe, welche ungefähr 2 bis 4 Millim. tief in die Holzfaser eingedrungen und fixirt ist, wahrnehmen. Die Beize ist, was mit ins Gewicht fällt, eine billige. Das Nuß-Extract sowie rothes Chromkali ist in jedem größeren Droguengeschäft käuflich. Die Manipulation ist eine einfache. (Industrie-Zeitung für Ungarn.) Zur Darstellung von Leinölfirniß und Firnißpapier; von E. Thorey. Bei Beantwortung der Frage, welches ist die zweckmäßigste Vorschrift zur Herstellung eines guten und billigen Firnisses für Firnißpapier, abstrahire ich selbstverständlich von den mannigfaltigen Firnissen, wie sie in der Technik Anwendung finden, und verweise die sich dafür Interessirenden auf Mulder: Chemie der austrocknenden Oele, 1867; Winkler: Lack- und Firnißfabrikation; und Pöppinghausen: Lehrbuch der Firnißfabrikation.“ Als Grundsubstanz der fetten Firnisse haben wir das Leinöl, namentlich altes, anzusehen, wenngleich auch andere trocknende Oele, wie Nuß-, Mohn-, Hanf- und Rüböl sich dazu eignen. Da erstere beiden für uns zu theuer sind, so bleiben dieselben schon deshalb unberücksichtigt, dagegen könnten die letzteren beiden, was den Preis anbetrifft, mit dem Leinöl concurriren, nur daß die aus ihnen bereiteten Firnisse etwas dunkler ausfallen und um 1 bis 2 Tage langsamer trocknen. Von weniger trocknenden Oelen habe ich außerdem noch Sonnenblumenöl versucht; die mit demselben bereiteten Firnisse zeichnen sich durch Helligkeit aus, und dunkelt das damit hergestellte Firnißpapier nicht nach, was von den übrigen von mir untersuchten Firnissen nicht gesagt werden kann; leider ist das Trockenvermögen des Firnisses ein sehr schwaches (7 bis 8 Tage), was bei starker Nachfrage, wie in Hospitälern, sehr störend sein würde. Zur Oxydation des betreffenden Oeles – unter dem Einflusse des atmosphärischen Sauerstoffes und der Wärme – werden benützt Metalloxyde und einige Salze (Siccative); so namentlich Bleioxyd, Mennige, kohlensaures und schwefelsaures Bleioxyd, Zinkoxyd, die verschiedenen Oxydationsstufen des Mangans und dessen kohlensaures und borsaures Salz; Salpetersäure soll zur Darstellung von Firnissen im Großen mit Vortheil angewendet werden. Was nun die Bereitungsweise des Firnisses für unsere Zwecke anbetrifft, so mögen hier einige allgemeine Bemerkungen Platz finden. Man erhitzt das Oel auf freiem Feuer bis auf etwa 200°, fügt das zuvor mit etwas Oel angeriebene Oxydationsmittel hinzu, vermischt sorgfältig, und setzt das Erhitzen noch etwa 1/2 bis 1 Stunde fort, ohne daß jedoch der Firniß ins Kochen geräth; vom Feuer entfernt, läßt man erkalten und gießt den Firniß in eine Flasche, welche nur leicht verkorkt wird. Der nach einiger Zeit vom Sedimente (Metalloxyd, Schleim, Farbstoff etc.) abgegossene Firniß ist vollkommen klar, und wird nur in wenigen Fällen einige Filtration nöthig sein. Benützt man anstatt des freien Feuers das Dampfbad, so werden Oel und Oxydationsmittel, gut verrieben, in einer Porzellanschale 2 bis 3 Tage bei 60 bis 80° unter zeitweiligem Umrühren digerirt; der Effect ist beinahe derselbe. Irgend welche Zusätze von Kopal, Kolophonium, Dammar etc. zur Erhöhung des Glanzes und der Undurchdringlichkeit erfüllen unter gewissen Bedingungen ihren Zweck, sind aber nicht nothwendig. Die Farbe der einzelnen Firnisse kann zwischen weingelb und rothbraun variiren, welche FarbendifferenzFarbendiffenz übrigens bei der dünnen Lage, mit welcher das Papier bekleidet wird, fast gar nicht zum Ausdruck kommt; aus diesem Grunde ist auch das Bleichen an der Sonne hier zwecklos. Die Consistenz des Firnisses darf die der dickflüssigen Syrupe nicht überschreiten; hat das dennoch einmal stattgefunden, so verdünnt man mit etwas Terpentinöl. Als Papier eignet sich am besten das Papyrospapier (Cigarettenpapier); andere Papiersorten sind wohl fester, jedoch nicht so geschmeidig, welcher Umstand bei Anwendung des Firnißpapiers namentlich in Betracht kommt. Mit einem Pfund Firniß kann man etwa 48 Bogen Großformat Papyrospapier bestreichen. Das Bestreichen des Papieres mit dem erwärmten Firnisse vermittels eines Schwammes, oder besser mittels einer weichen kleinen Bürste, geschieht auf einer erwärmten Platte ähnlich wie beim Wachspapier. Nachdem das Firnißpapier gestrichen, wird es sofort auf parallellaufende Schnüre in einem trockenen Raum aufgehängt und bei gewöhnlicher Temperatur getrocknet; hat man kleine Holzklammern, so ist zu empfehlen, mit je zwei derselben den Bogen an einer Schnur zu befestigen. Das Papier kann als trocken angesehen werden, sobald es an den Fingern nicht mehr oder kaum noch anhaftet. Frisch gestrichen scheint das Papier weiß und ist dabei glänzend wie Atlas, nimmt aber schon nach einigen Tagen einen gelblichen und, so fortschreitend bei längerem Liegen an der Luft, einen mehr oder weniger röthlichbraunen Ton an, seinen Glanz behaltend; es muß vollkommen wasserdicht und in gewissem Grade auch luftdicht sein; es ist ferner transparent, geschmeidig. Man bewahre es vorsichtig in einem trockenen, unbewohnten Raume auf. Ich habe noch versucht, das Papier, anstatt zu streichen, durch die Flüssigkeit durchzuziehen, jedoch ist das Verfahren, wiewohl es einen glänzenderen und dickeren Ueberzug liefert, zu umständlich und zeitraubend. Man erreicht dasselbe auf einfachere Weise dadurch, wenn man das Papier, nachdem es getrocknet, noch einmal bestreicht. Aus einer größeren Anzahl von mir geprüfter Vorschriften zur Darstellung von Firnissen führe ich nur folgende an. 1) 100 Th. Leinöl, 3 1/3 Th. Bleioxyd und 1 2/3 Th. schwefelsaures Zinkoxyd werden so lange erhitzt, bis der Firniß anfängt, sich dunkler zu färben. Das Papier trocknet durchschnittlich in 18 bis 24 Stunden. 2) 100 Th. Leinöl und 4 Th. Mennige werden in derselben Weise wie vorher behandelt. Das Papier trocknet in etwa 24 Stunden. 3) 100 Th. Leinöl, 5 Th. basischessigsaures Bleioxyd, 5 Th. Bleioxyd gemischt, läßt man einige Tage stehen, decantirt und hebt den Firniß von der wässerigen Flüssigkeit ab. Der Firniß zeichnet sich durch seine helle Farbe aus; trocknet in etwa 24 Stunden. 4) 100 Th. Leinöl mit 4 Th. Zinkoxyd verrieben, werden eine Stunde bei etwa 200° erhitzt; sedimentirt sehr langsam, daher zweckmäßiger zu filtriren; Firniß hell, trocknet in 3 bis 4 Tagen. 5) 100 Th. Leinöl werden mit 4 bis 6 Th. Mangansuperoxyd verrieben, alsdann eine Stunde bei etwa 200 bis 250° erhitzt; sedimentirt außerordentlich langsam; man filtrirt durch ein doppeltes Filter; trocknet in etwa 3 Tagen. 6) 100 Th. Leinöl mit 1/3 Th. kohlensaures Manganoxydul (auf 1 Kilogrm. etwa 1,5 Grm.) fein verrieben, werden etwa 1/2 Stunde auf freiem Feuer unter beständigem Umrühren bei 200° erhitzt; der Firniß sedimentirt ebenfalls außerordentlich schwierig; man filtrirt durch ein doppeltes Filter; trocknet in etwa 18 Stunden. Es gehört diese Vorschrift zu den besten; außer dem kohlensauren Salze empfehle ich namentlich noch das borsaure Manganoxydul. 7) 100 Th. Leinöl, 1/4 Th. concentrirte Salpetersäure (auf ein Kilogrm. etwa 30 Tropfen). Das Oel wird auf etwa 150° erhitzt, vom Feuer entfernt und die Säure tropfenweise unter Umrühren vorsichtig hinzugefügt; man läßt den Firniß einige Tage abstehen und gießt klar ab; trocknet in 6 bis 7 Tagen. 8) 100 Th. Leinöl, 2 Th. Borsäure. Die Borsäure wird in 24 Th. warmem Wasser gelöst, die Lösung dem Leinöl hinzugefügt und so lange erhitzt, bis alles Wasser verdunstet ist; man decantirt und filtrirt. – Das Papier trocknet freilich erst in etwa 4 Tagen; doch hat es den Vorzug vor den anderen, daß es den Rest der klebenden Eigenschaft, welcher allen übrigen Firnissen mehr oder weniger eigen bleibt, vollständig einbüßt. Der geehrte Leser möge sich hiernach sein eigenes Urtheil über den bezüglichen Werth der einzelnen Siccative bilden, während ich mich bereits für die Recepte 6 und 8 entschieden habe. Schließlich muß ich noch auf einen Umstand hinweisen, der sehr zu beachten ist. Nicht ohne Grund wurde von mir auf ein vorsichtiges Aufbewahren des Firnißpapieres aufmerksam gemacht, indem im vergangenen Jahre hier am Orte zwei Fälle vorgekommen, wo das Papier sich von selbst entzündet hatte. Es folgt hieraus, das Firnißpapier möglichst lange zu trocknen, bevor es von den Schnüren genommen wird; ferner das trockene Papier in nicht zu dicken Lagen und an Orten (in Blechkästen) aufzubewahren, wo eventuell ein Umsichgreifen des Feuers nicht möglich ist. (Nach der Pharmaceutischen Zeitschrift für Rußland durch die Industrieblätter, 1874 S. 229.)