Titel: Die comprimirte atmosphärische Luft zum Transport und zum Mischen von Flüssigkeiten; von L. Ramdohr.
Autor: L. Ramdohr
Fundstelle: Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 159
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Die comprimirte atmosphärische Luft zum Transport und zum Mischen von Flüssigkeiten; von L. Ramdohr. Mit einer Abbildung. Ramdohr, über Transport und Mischen von Flüssigkeiten durch comprimirte atmosphärische Luft. In manchen Fabrikationszweigen hat man sehr häufig Flüssigkeiten in größeren Mengen aus einem Local in das andere, oder aus einem tieferen Stockwerk in ein höheres zu transportiren, und sieht sich dann genöthigt, Pumpen in ziemlich großer Anzahl aufzustellen und dieselben durch oft complicirte und kostspielige Transmissionen zu betreiben. In Zuckerfabriken befördert man die Zuckersäfte in der Regel durch die bekannten Montejüs. Diese Beförderung ist billig und gestattet in den meisten Fällen die Hebung der Flüssigkeiten bis in die obersten Räume der Fabrikgebäude, da in der Regel Dampf von mindestens 3 bis 4 Atmosphären Ueberdruck vorhanden ist; indeß ist sie nur da anwendbar, wo eine Berührung der zu hebenden Flüssigkeit mit Dampf, resp. eine Mischung derselben mit dem aus dem Dampfe sich niederschlagenden Wasser nicht schadet. In der Mineralöl-Fabrikation ist sie z. B. nicht zu gebrauchen, da hier die Wirkung der Chemicalien (Schwefelsäure, Aetznatronlauge) durch das Vorhandensein von Wasser in den Oelen wesentlich beeinträchtigt wird. Zum Absetzenlassen des Wassers aus den Oelen gehört aber eine ziemlich lange Zeit, und diese ist bei flottem Betriebe für diesen Zweck selten vorhanden. Ich habe deshalb seit einer Reihe von Jahren mit vorzüglichem Erfolge die atmosphärische Luft an Stelle Dampfes für die Oel-Montejüs (wenn mir dieser eigentlich einen Widerspruch in sich schließende Ausdruck gestattet ist, da ich einen besseren nicht zu finden vermag) benützt, und es wurde mir dies um so leichter und bequemer, als ich bereits comprimirte Luft weit mehr als erforderlich zu einem anderen Zwecke, von dem weiter unten die Rede sein soll, zur Verfügung hatte. Die Einrichtung der Luft-Montejüs ist einfach folgende. Textabbildung Bd. 216, S. 159 In nebenstehender Abbildung bezeichnet A das Reservoir, aus welchem das Oel nach einem anderen Gefäße befördert werden soll. Der Montejüs B ist ein vollständig geschlossener eiserner Kessel, dessen Inhalt man, wenn es sich um große Quantitäten handelt, zwar möglichst groß, doch selten über 1 bis 1,5 Kubikmeter wählt, nämlich 0,75 bis 1 M. weit, 1,5 bis 2 M. hoch; derselbe steht so tief, daß durch den Hahn a der Inhalt von A in B überfließen kann. Möglichst hoch an B ist ein Lufthahn b (von 10 Mm. Bohrung) angebracht, welcher einerseits dazu nothwendig ist, um bei der Füllung des Apparates der in demselben enthaltenden Luft den Austritt zu gestatten, andererseits aber auch gleichzeitig anzeigt, wenn die Füllung des Montejüs vollendet ist; durch das Rohr c wird die comprimirte Luft zugeführt. 1 bis 3 sind Abzweigungen von dem nahezu auf den Boden reichenden Transportrohre d. Sobald der Montejüs mit dem Oele gefüllt ist, wird zunächst der Lufthahn b sofort, alsdann der Zuflußhahn a geschlossen, und, nachdem durch Qeffnung eines der Transporthähne (falls mehrere vorhanden) dem Oele die gewünschte Richtung angewiesen ist, der Luftdruckhahn c geöffnet. Bei genügend starker Luftcompression erfolgt die Entleerung des Montejüs in kurzer Zeit; in der Regel soll sie nicht länger als 6 bis 10 Minuten in Anspruch nehmen. Daß alle Flüssigkeit herausgedrückt ist, erkennt man sogleich an dem eigenthümlichen Geräusch im Montejüs und im Transportrohr. Selbstverständlich kann man unter Umständen einen einzigen Montejüs für mehrere in der Nähe befindlichen Apparate benützen. Ist es in den allermeisten Fällen schon vortheilhaft, lediglich zum Transport von Flüssigkeiten eine kleine Compressionsluftpumpe mit Zubehör aufzustellen, so wächst der Nutzen der letzteren erheblich, wenn gleichzeitig in demselben Etablissement die Mischung von Flüssigkeiten von verschiedenem specifischen Gewichte ausgeführt werden muß, wie dies in den Mineralöl- und Paraffinfabriken bei Behandlung des Rohöls mit Schwefelsäure, Aetznatronlauge und dem Auswaschen dieser Chemicalien mit Wasser der Fall ist. Bei den so erheblich verschiedenen specifischen Gewichten der mit einander auf das Innigste zu mischenden Flüssigkeiten (z. B. von Oel 0,825, von Schwefelsäure 1,850 etc.) hat man sich in dem ersten Jahrzehnt der Mineralöl-Industrie mit der Construction der verschiedensten „Mischmaschinen“ abgemüht (ich erinnere nur an die von Wagemann, Hübner etc.) und doch nur mehr oder weniger complicirte, in allen Fällen aber sehr kostspielige, vielen Reparaturen unterworfene und ihren Zweck immerhin nur unvollkommen erfüllende Apparate gebaut. Vor mehreren Jahren wurde die Anwendung der comprimirten Luft zum Mischen der Oele mit Chemicalien ziemlich allgemein, und sie hat sich sowohl durch die Einfachheit der Einrichtungen als auch durch die erzielte vollkommene Wirkung durchaus bewährt. Von wem die erste Anregung dazu ausgegangen, ist mir leider nicht bekannt geworden. Die von mir in der Mineralöl- und Paraffinfabrik Gecrghütte zu Aschersleben getroffene Vorrichtung zum Mischen und Transportiren der Mineralöle ist folgende. An einer geeigneten Stelle in der Nähe der Haupttransmissionswelle befindet sich eine liegende doppeltwirkende Compressions-Luftpumpe von 300 Mm. Kolbendurchmesser und 450 Mm. Hub mit einem mit Metallklappen versehenen Steuerungsschieber; dieselbe ist durch ein 80 Mm. weites schmiedeisernes Rohr mit einem Windkessel in Verbindung gesetzt, welcher — ein alter schmiedeiserner Apparat der früher zu anderen Zwecken gedient hatte — beiläufig 1,5 M. Durchmesser und 2 M. Höhe hat. Die Ausrüstung desselben besteht aus einem Sicherheitsventil von 65 Mm. Durchmesser, welches den localen Verhältnissen entsprechend für einen Druck von 1½ Atmosphären belastet ist und einem Luftvertheilungsrohre. Letzteres, senkrecht auf dem Windkessel angebracht, hat ca. 1 M. Länge bei 100 Mm. Durchmesser, und ist auf zwei Seiten mit einer Anzahl von 25 Mm. weiten Stutzen versehen, an denen zunächst Hähne oder Ventile sitzen, an welche sich die schmiedeisernen Windröhren von gleichem Durchmesser anschließen. Von diesem Vertheilungsrohre aus wird also die comprimirte Luft in verschiedenen Rohrsträngen, von denen jeder einzelne auf seinem Wege wieder kleinere Abzweigungen hat, in sämmtliche Fabriklocale geleitet, um theils zum Transport von Flüssigkeiten, theils zum Mischen derselben mit Chemicalien verwendet zu werden. Die letztere Anwendung beschränkt sich lediglich darauf, daß das Luftblasrohr in der Mitte des Mischgefäßes bis nahezu auf den Boden geführt wird. An der Ausmündung des Blasrohres ist irgend welche Vorrichtung zur besseren Vertheilung der Luft nicht nothwendig; ich habe verschiedene derartige Constructionen versucht, sie alle aber bald als überflüssig beseitigt. Bei Mischung der Oele mit Schwefelsäure muß natürlich sowohl das Mischungsgefäß mit Blei ausgelegt, als auch der in die Flüssigkeit tauchende Theil des Blasrohres aus Blei hergestellt sein. Die angewendeten Mischgefäße enthalten in der Regel 50 bis 60 Centner Oel, und sind bei etwa 1,5 Meter Durchmesser und 2,5 M. Höhe bis auf ca. 9/10 gefüllt; das Luftblasrohr ist dabei 20 bis 25 Mm. weit; doch darf der ebenso weite Hahn kaum zur Hälfte geöffnet werden. Ueberhaupt darf man nicht glauben, daß ein Aufschäumen oder Verspritzen der Flüssigkeit unvermeidlich sei; im Gegentheil ist nur eine solche Stärke des Luftstromes erforderlich, daß eine Bewegung hervorgerufen wird, welche an der Oberfläche einem eigenthümlichen Aufwalle ähnlich ist. Zur Mischung der Mineralöle mit Schwefelsäure ließ ich den Luftstrom aus besonderen Gründen nur 8 bis 10 Minuten, zu der mit Natronlauge oder mit Wasser dagegen ca. 15 Minuten einwirken.