Titel: Trossin's Metallschmiere für hohe Temperaturen.
Fundstelle: Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 179
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Trossin's Metallschmiere für hohe Temperaturen.Vergl. 1875 215 472. Trossin's Metallschmiere für hohe Temperaturen. Es ist bekannt, daß die gewöhnlich gebräuchlichen Schmiermaterialien — Oel und Fettsubstanzen — beim Erreichen höherer Temperaturen, als deren Grenze man vielleicht 250° setzen könnte, vollkommen werthlos werden, indem sie sich zersetzen und ein Trockenlaufen der zu schmierenden Maschinentheile stattfindet. Andererseits aber ist es auch durch die mechanische Wärmetheorie nachgewiesen, daß nur durch Erreichung hoher Temperaturen des arbeitenden Fluidums der gegenwärtig so geringe Nutzeffect unserer calorischen Maschinen gehoben werden kann. Nachdem nämlich unter der Annahme eines vollkommenen Kreisprocesses der theoretische Wirkungsgrad einer calorischen Maschine dem Verhältnisse zwischen der größten, in der Maschine erreichbaren Temperaturdifferenz zu der höchsten stattfindenden absoluten Temperatur gleichgesetzt werden kann, so ist es klar, daß dieser Werth erst dann der Einheit gleich käme, wenn es uns gelänge, die Temperatur des Gases nach der Expansion auf dem absoluten Nullpunkt (- 273° C.) zu erniedrigen. In welcher Weise dies erreichbar wäre, ist jedoch vollkommen unerfindlich und die unterste Grenze der Temperatur, selbst bei einer Condensationsmaschine, mit mindestens + 40° anzunehmen; es bleibt somit zur Vergrößerung des Wirkungsgrades (der sich ja auch für unendlich hohe Anfangstemperatur der Einheit nähert) nur mehr der zweite Weg offen, die Anfangstemperatur des arbeitenden Fluidums möglichst zu erhöhen. Diese Erwägung führt speciell zur Einführung von Dampfmaschinen mit überhitzten Dämpfen, und die allenthalben mit denselben erzielten guten ökonomischen Resultate bestätigten vollkommen die Angaben der Theorie. Gleichzeitig aber machte sich auch überall der Umstand geltend, daß bei Ueberschreitung einer Temperatur von 200° keine Dichtung längeren Widerstand leisten konnte, die Schieber in der Richtung des eintretenden Dampfes in kürzester Zeit ausgefressen wurden und auch das Innere des Cylinders allmälig zerstört ward, so daß das System schließlich, trotz der constatirten Kohlenersparung, in den meisten Fällen wieder verlassen werden mußte. Diesen Uebelstand will nun der Maschinenfabrikant Otto Trossin (in Firma Trossin und Enger in Hamburg) dadurch behoben haben, daß er statt der Oelund Fettsubstanzen leicht schmelzbare Metalllegirungen als Schmiermittel für Maschinen mit hoch überhitzten Wasserdämpfen einführt, und auf diese Weise Temperaturen von 600 und 700° im Dampfcylinder möglich machen will. Bei letzterer Temperatur beginnt nun schon das dunkle Rothglühen des Schmiedeisens, verbunden mit beträchtlicher Festigkeitsabnahme des Materiales; es ist also schwer erklärlich, wie so hohe Temperaturen auch nur im Dampfkessel hervorgebracht werden sollen. Bei geringeren Temperaturen mögen sich vielleicht Experimente, welche der Erfinder mit diversen Schmiermaterialien angestellt hat, ganz gut bewährt haben. Aber er vergißt ein wesentliches Moment, das unsere heutigen Dampfmaschinen mit gesättigten Wasserdämpfen vor allen Arten Gasmaschinen (und überhitzter Dampf nähert sich ja auch der Natur des Gases) in praktisch maßgebender Weise so außerordentlich unterscheidet. Gesättigter Wasserdampf ist nämlich selbst das beste Schmiermittel — derart, daß Dampfcylinder, so lange sie unter Dampfdruck laufen, überhaupt gar nicht geschmiert zu werden brauchen, und die Action dieses Schmiermittels zu ersetzen, dürfte wohl keiner Metalllegirung gelingen, ebenso wenig wie es selbst durch Oele oder Fette möglich ist. Immerhin aber verdient die Idee, welche in des Erfinders Brochüre Trossin's neues Dampfmaschinen-System mit stark überhitzten Dämpfen“ ausgesprochen ist, einige Beachtung, weshalb zum Schlüsse noch die Metalllegirungen angeführt werden sollen, die er vorzugsweise als Schmiermaterial empfiehlt. Es sind dies für Niederdruckdampfmaschinen 5 Th. Zinn, 5 Th. Blei, 5 Th. Wismuth und 4 Th. Cadmium — Schmelzpunkt 65,5° für höhere Temperaturen entsprechende Vergrößerung des Bleizusatzes und endlich an der obersten Grenze, Schmelzpunkt 336°, reines Blei. M-M.