Titel: Orleansgelb auf Baumwolle; von Dr. A. Kielmeyer.
Autor: A. Kielmeyer
Fundstelle: Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 270
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Orleansgelb auf Baumwolle; von Dr. A. Kielmeyer. Kielmeyer, über Orleansgelb auf Baumwolle. Der Orleans oder Rocou, einer der wenigen Farbstoffe, welche die Baumwollfaser direct, ohne Vermittelung eines Mordants, zu färben im Stande sind, findet im Baumwolldruck sowohl für Kleiderstoffe als für abgepaßte Tüchelwaare, dann aber auch in der gesammten Färberei eine nicht unbedeutende Verwendung. Besonders in den deutschen Druckereien, seitdem ihnen das Jahr 1859 den italienischen Markt eröffnet, aber erst nachdem sie die englische Concurrenz siegreich bekämpft hatten, wird seit ungefähr 10 Jahren das Orleansgelb in größerem Maßstab zum Theil als Ueberdruckfarbe, hauptsächlich jedoch als Klotzfarbe auf Baumwolle applicirt, leicht erkenntlich an der indigoblauen Nüancirung, welche es beim Betupfen mit concentrirter Schwefelsäure erleidet. Es sind meist gedeckte Braunbodenmuster, mitunter auch leichtere braune Müsterchen, mit oder ohne Roth als Nebenfarbe, welche zuvor auf gewöhnliche Weise in Garancine und Holz gefärbt oder nach der Methode der Chromfarbenfabrikation hergestellt, für die italienische Kundschaft nachträglich mit einer Rocoulösung geklotzt oder grundirt werden, um so das Weiß des Musters durch ein Gelb oder vielmehr Gelborange, eventuell durch eine zarte Aurorafarbe zu ersetzen. Der Orleans wurde zuerst etliche Stunden mit fünf-, zehn- oder gar fünfzehngrädiger Natronlauge ausgekocht, kalt durch ein Sieb geschlagen, und die klare Lösung je nach der gewünschten Stärke der Farbe an eine größere oder kleinere Menge dünnen Traganthschleim gerührt, beziehungsweise für die Grundirmaschine einfach mit einer entsprechenden Menge Wasser versetzt. Hiermit wurde die vorgefärbte Waare auf dem Rouleau oder auf der Grundirmaschine geklotzt, dann gedämpft, gewaschen und für die anfänglich so beliebte Auroranüance durch eine fast homöopathisch verdünnte Essigsäure genommen. Letztere Operation ist ganz weggefallen, da man die Orleansfarbe vorherrschend mit gelbem Stich wünscht. Allein die Fabrikation war durchaus keine sichere; das Gelb fiel bald heller, bald dunkler, bald reingelb, bald lederfarbig aus, und es zeigte sich der Uebelstand, daß eine solche Druckfarbe beim Aufbewahren um so leichter verdirbt, je concentrirter sie gehalten wird. Gerade diese Unsicherheit, in Verbindung mit dem penetranten widerlichen Geruch während des Kochens mit Lauge, der sicherlich nicht blos einem etwaigen Uringehalt des Orleans zuzuschreiben ist, weist darauf hin, daß der Orleans, sowohl Mark als Farbstoff, durch die andauernde energische Einwirkung der kochenden Natronlauge eine theilweise, bald schwächere, bald durchgreifendere Zersetzung und damit Verunreinigung und Abschwächung erleidet, die auch nachher beim Aufbewahren der alkalischen Druckfarbe, namentlich der concentrirten Stammfarbe sich weiter fortsetzt, ohne daß es dem Techniker möglich wäre, diese Vorgänge irgendwie in seine Gewalt zu bekommen. Ein weiterer Uebelstand dieser Farbe bestand darin, daß sie wegen ihres namhaften Alkaligehaltes beim Dämpfen das darunter liegende Braun und Roth zu stark veränderte, insbesondere das letztere, dessen Nüancen durch das darauffallende Gelb nicht etwa belebt, sondern in ein düsteres Braun übergeführt wurde, und zwar hauptsächlich, wenn mit viel Holz und verhältnißmäßig wenig Garancine gefärbt worden war. — Jedenfalls in Rücksicht hierauf wurde vorgeschlagen, die alkalische Orleanslösung theilweise mit Alaun und Weinsteinsäure zu neutralisiren, und ist ein solches Recept, nach welchem noch vielfach gearbeitet wird, auch in Spirk's Handbuch der Färberei und Druckerei übergegangen. Für's erste ist bei dieser Vorschrift das Kochen mit zehngrädiger Natronlauge nicht umgangen, für's zweite conservirt sich diese Druckfarbe fast noch weniger als eine nach den früheren Recepten bereitete. Der Farbstoff fällt aus, entweder weil ihm zu wenig kaustisches Natron als Lösungsmittel überlassen worden ist, oder weil neben der beträchtlichen Menge von gelöstem schwefelsauren und weinsauren Natron, sowie Thonerdenatron seine eigene Löslichkeit abgenommen hat; er scheidet sich langsam in der Farbe aus, und der entstehende Niederschlag verfehlt auch nicht, sich in die Hachüren oder Picots der Klotzwalzen zu setzen, dieselben zu verstopfen und so neue Schwierigkeiten hervorzurufen. Ich habe deshalb, gestützt auf meine Beobachtung, daß ein Gemenge von Weingeist und Natronlauge zusammen den gelben und rothen Farbstoff des Orleans viel leichter und vollständiger löst als jedes der beiden Lösungsmittel für sich allein, eine neue Vorschrift für Orleansgelb gesucht und gefunden, welche sich in der Praxis bestens bewährt hat, indem sie nur halb so viel Natronlauge als das soeben citirte Recept beansprucht, wodurch die Dauerhaftigkeit der Druckfarbe garantirt, ihr schädlicher Einfluß auf das vorgefärbte Braun und Roth auf ein Minimum reducirt und das Feuer der gelben Farbe bedeutend erhöht wird. 13 Kg. Orleans werden mit 24 Liter 90 proc. Weingeist (spec. Gewicht 0,835) angerührt, dann zugegeben unter fleißigem Umrühren 24 Liter kochendes Wasser und 12 Liter Natronlauge von 1,1598 spec. Gewicht. Das Ganze hat nun eine Temperatur von 45 bis 50° man läßt über Nacht im Kupferkessel stehen, zieht alsdann die dunkle Flüssigkeit ab, sammelt den ungelösten Rückstand auf einem Metallsieb, drückt gut aus und behandelt ihn, um ihm alle mechanisch anhängende Orleanslösung zu entziehen, mit 36 Liter kochendem Wasser, fügt die kalte, wässrige, hellgelb gefärbte Lösung zur obigen alkoholischen und verdickt Alles zusammen mit 60 Liter Traganthschleim (35 Grm. pro Liter.) Die Nüance, welche man mit dieser Klotzfarbe nach dem Dämpfen und Waschen auf Baumwolle erhält, ist ein sehr intensives, gleichwohl nicht kostspieliges Gelborange. Trotz der Anwendung des Weingeistes kommt die Farbe, weil sie bedeutend weniger Orleans beansprucht, billiger zu stehen als nach den früheren Recepten — ein directer Beweis, daß bei dieser Art, den Orleans zu behandeln, kein Farbverlust durch Zersetzung zu befürchten ist. Ist die Nüance heller, weniger orange, mehr canariengelb verlangt, wie für manche ganz leichte Tüchelmuster, so setzt man der verdünnten Farbe noch Thonerdenatron und Kreuzbeerenabsud zu. Weniger empfiehlt sich hierzu die in manchen Fabriken so beliebte ammoniakalische Curcumalösung, weil dieselbe nicht länger als 2 bis 3 Stunden vorräthig gehalten werden kann. Schließlich dürfte sich obige Orleanslösung wegen der Einfachheit ihrer Darstellungsweise und wegen ihrer sonstigen Eigenschaften ganz besonders auch für die Zwecke der Seiden- und Wollenfärberei empfehlen.