Titel: Ueber schwarze Schreibtinten; von C. H. Viedt in Braunschweig.
Fundstelle: Band 217, Jahrgang 1875, S. 146
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Ueber schwarze Schreibtinten; von C. H. Viedt in Braunschweig. (Schluß von S. 76 dieses Bandes.) Viedt, über schwarze Schreibtinten. C. Schwarze Anilintinten. Wie bekannt, ist das eigentliche Anilinschwarz fast in allen chemischen Reagentien unlöslich; um es zu verwenden, wird es also in feiner Vertheilung dem Stoffe aufgeklebt oder meist erst beim Gebrauche auf der Zeug- oder Papierfaser durch die Reaction von Kupfersalzen auf Anilinchlorid erzeugt, wo es denn eine tief schwarze, völlig unzerstörbare Farbe liefert (vergl. 1867 183 78). Die erwähnte Kupfersalz- und Anilinchloridmischung hält sich indeß an der Luft nur sehr kurze Zeit unverändert. Sie wird zuerst grün und scheidet dann das unlösliche Anilinschwarz ab. Dieser Eigenschaften wegen ist das Anilinschwarz als Schreibtinte nicht verwendbar; in neuerer Zeit hat man indeß einige Anilin- und Methylfarbstoffe von so intensiv blauschwarzer Nüance in wasserlöslicher Form hergestellt, daß diese sehr wohl als Pigment für schwarze Schreibtinten zu verwenden sind. Der eine Farbstoff kommt als „wasserlösliches Nigrosin“ in den Handel, löst sich bis auf einen geringen Rückstand in Wasser und liefert (1 : 80) ohne jeden weiteren Zusatz von Verdickungsmitteln eine im Glase schön purpurblauschwarze, auf dem Papiere sogleich tiefschwarze, allerdings nicht nachdunkelnde Tinte, die schon und leicht aus der Feder fließt, nicht schimmelt und, wenn eingetrocknet, durch Wasser sofort wieder verwendbar gemacht wird. Sie erreicht nicht ganz die tiefe Schwärze der Galläpfeltinten, besitzt aber einen milden sammetschwarzen Farbton. Obgleich aus einem wasserlöslichen Salze bereitet, verwischt sie sich trocken gar nicht, naß nur schwer, falls man sie nicht zu concentrirt macht; anderenfalls kann die Papierfaser den Farbstoff nicht ganz in sich aufnehmen, der Rest lagert sich lose auf der Oberfläche des Papieres ab und kann dann verwischt werden; Zusatz von mehr Wasser beseitigt diesen Uebelstand sofort. Durch Säuren werden die Züge bläulich nüancirt, ohne vertilgt zu werden. Bei der völlig neutralen Reaction der Nigrosintinte werden natürlich die Federn bestens conservirt und nur durch das Abschleifen der Spitze auf dem Papiere zuletzt unbrauchbar. Außer dieser Tinte, welche meines Wissens noch nicht bekannt ist, fertigen Coupier und Collin eine „Indulintinte“ an, indem sie das von ihnen fabricirte blauschwarze Indulin in 50 Th. Wasser lösen. Sie bewarben sich mit der Vorschrift zu dieser Tinte um einen von der Société d'Encouragement in Paris ausgesetzten Preis für eine neue unzerstörbare Tinte. Obwohl ihnen der Preis nicht zuertheilt wurde, erhielten sie wegen der Vorzüglichkeit ihrer Tinte, namentlich für Schulen, 500 Franken Belohnung. Verfasser konnte Proben des Indulins nicht erhalten, nimmt aber an, daß die Indulintinte mit der Nigrosintinte identisch sei; wenn nicht in ihren Pigmenten, so ist sie es doch völlig in allen ihren Eigenschaften. D. Copirtinten. Sämmtliche bisher betrachteten Tinten können wir in zwei Gruppen eintheilen, nicht nachdunkelnde und nachdunkelnde. Erstere enthalten den Farbstoff in wasserlöslicher Form (Chrom-, Indulin- und Nigrosintinte); die damit aufgetragenen Schriftzüge ziehen sich in die Papierfaser ein, das Wasser der Tinte verdunstet und der ursprüngliche wasserlösliche trockene Farbstoff befindet sich in der Papierfaser selbst. Legt man auf ein mit solcher Tinte beschriebenes Blatt ein angefeuchtetes Papier und setzt das Ganze einem entsprechenden Drucke aus, so wird zuerst der trockene wasserlösliche Farbstoff durch die Nässe gelöst werden; im zweiten Stadium wird die Farbstofflösung von den mit ihr getränkten Papierfasern mit dem reinen Wasser des benetzten Copirblattes diffundiren, so daß, eine genügend lange Dauer des Druckes vorausgesetzt, fast die Hälfte des ursprünglich in der Schrift enthaltenen Farbstoffes auf das Copirblatt übergeht. Dadurch wird selbstverständlich die Intensität der Schrift bedeutend vermindert, abgesehen davon, daß diese Diffusion eine sehr geraume Zeit und sehr starken Druck voraussetzt. Um beides zu vermeiden, namentlich um eine nach dem Copiren noch hinreichend gefärbte Schrift zu behalten, muß man also die Menge des Farbstoffes in der Tinte um das Doppelte vermehren. Nun nimmt aber die Papierzelle nur eine bestimmte Menge Farbstoff in sich auf, ein Ueberschuß wird sich auf der Oberfläche des Papieres lose ablagem und trocken zu verwischen sein. Um diesen Uebelstand zu umgehen, ist es nöthig, diesen Tinten, wenn sie als Copirtinten benützt werden sollen, ein Klebmittel zuzusetzen, welches den von den Papierzellen nicht aufgenommenen Farbstoff auf dem Papiere festklebt; dazu muß selbstverständlich ein wasserlösliches Klebmittel, z.B. arabisches Gummi verwendet werden. Dies hat jedoch den Nachtheil, daß die dickflüssiger gewordene Tinte weit schwerer in die Papierporen eindringt, sich mehr auf der Oberfläche absetzen und deshalb bei der geringsten Feuchtigkeit verwischen und keine scharfen, sondern verschwommene Copien liefern wird. Bei den Chromtinten ist Gummi überhaupt nicht anwendbar, weil Chromverbindungen dasselbe unlöslich machen. Tinten, die als Pigment einen Wasserlöslichen Farbstoff enthalten, sind also als Copirtinten kaum anwendbar. Anders verhält es sich mit den nachdunkelnden Tinten; wir haben hier die Gallustinten, Alizarintinten und die eigentlichen Blauholztinten ins Auge zu fassen. Alle drei haben eine gemeinsame charakteristische Eigenschaft: die Farbe, mit welcher die Tinte aus der Feder fließt, ist eine mehr oder weniger provisorische; erst durch einen Oxydationsproceß, bewirkt durch den Sauerstoff der Luft, bildet sich aus wasserlöslichen Bestandtheilen in den Schriftzügen selbst die definitive schwarze Färbung. Bei den Gallustinten bewirkt das unlösliche, durch ein Verdickungsmittel schwebend gehaltene gerbsaure Eisenoxyduloxyd die provisorische blasse Färbung, durch Oxydation des wasserlöslichen Eisenoxydulsalzes im Contact mit der wasserlöslichen Gerbsäure entwickelt sich auf dem Papiere die volle Schwärze der Tinte; unter dem Mikroskope erkennt man kurz nach dem Trocknen, also vor Beginn der Oxydation, sehr deutlich Eisenvitriolkrystalle neben schuppenförmig ausgeschiedener Gerbsäure. Nach vollendeter Oxydation kann die Schrift nicht mehr abcopirt werden, da sie dann nur unlösliches gerbsaures Eisenoxyduloxyd enthält. Fast ebenso verhalten sich die Alizarintinten, doch wird bei ihnen die erste provisorische grünblaue Färbung durch Indigoblau bewirkt, welches stets wasserlöslich bleibt; diese Tinte wird also selbst nach völliger Oxydation noch schwach blau copiren, aber die Copien werden dann nicht mehr schwarz. Bei den Blauholztinten dient entweder Alaun oder chromsaures Kali zur provisorischen Färbung; im ersteren Falle wird die Tinte zuerst röthlich, im zweiten grau copiren und erst durch Oxydation des Eisen-, resp. Kupfersalzes und der wässerigen Blauholzfarbstofflösung schwarz werden. Nach vollständiger Oxydation der letzteren Bestandtheile wird die Copirfähigkeit sich auf die wasserlöslichen Verbindungen des Blauholzes mit dem Alaun, resp. dem chromsauren Kali, beschränken und eine dunkle Copie nicht mehr erzielt werden können. Nach dem bisher Gesagten ist es leicht, einzusehen, daß bei einer Copirtinte die Hauptsorgfalt darauf zu richten ist, eine frühzeitige Oxydation der in der Tinte enthaltenen wasserlöslichen Stoffe (die in diesem Zustande ohne gegenseitige Reaction neben einander existiren) zu verhindern, d.h. eine frühzeitige Entwickelung des definitiven Farbstoffes zu vermeiden. Man erreicht dies – vorausgesetzt natürlich, daß die Bildung unlöslicher Pigmente in der Tinte selbst durch die erwähnten praktischen Tintengläser vermieden wird, – durch Zusatz solcher wasserlöslichen Stoffe, die beim Trocknen der Schriftzüge diese mit einem lackähnlichen Ueberzuge umhüllen, welcher für die Luft undurchdringlich ist. Hierher gehört in erster Reihe das Senegal- oder arabische Gummi. Die wässerige Lösung desselben hinterläßt beim Trocknen einen spröden und glänzenden Ueberzug, welcher für die Luft undurchdringlich ist. In weit weniger starkem Maße erfüllen auch Dextrin und Zucker diesen Zweck; letzterer hat die unangenehme Eigenschaft nach dem Trocknen immer etwas klebrig zu bleiben. Die Verwendung von Melasse ist schon deshalb nicht thunlich, weil dieselbe eine Masse von hygroskopischen Salzen enthält, die ein völliges Trocknen der Schrift unmöglich machen. Vorschriften, wie die von Délidon in St. Gilles sur Vie (Departement Vendée) patentirteMan kocht 108 Galläpfel, 1008 Eisenvitriol, 3008 zerkleinertes Campecheholz mit 1l,5 Wasser auf 1l ein; gießt in ein anderes Gefäß und setzt 2508 Melasse, 158 Gummi und 508 Alkohol, in welchem man 58 einer Essenz gelöst hat, hinzu; läßt absitzen und filtrirt durch ein grobes Tuch. Will man andersfarbige Tinten bereiten, so ersetzt man die Galläpfel durch die betreffende Farbsubstanz. Die Tinte trocknet angeblich nach 20 Minuten, man kann daher copiren, ohne zu benetzen, und selbst mehrere Copien von demselben Original anfertigen. (Wagner's Jahresbericht, 1873 S. 842). sind zu verwerfen. In Copirtinten ist das Senegalgummi allen anderen Verdickungsmitteln als Schutz gegen den Luftsauerstoff vorzuziehen; ein Zusatz von 30 bis 503 Gummi für 1l genügt vollständig. Die Gummihülle der Schriftzüge erweicht durch die Feuchtigkeit des Copirblattes nur sehr schwer und langsam, so daß dadurch das Copiren zu einer langwierigen Operation wird. Wir wissen nicht, in wie fern der Luftsauerstoff die Gummilösung beim Auftrocknen verändert; daß er dies thut, steht außer Zweifel. Um nun aber diese Schwerlöslichkeit zu verhüten und dadurch das Copiren zu beschleunigen, wird mit Erfolg etwas Glycerin zugesetzt. Eine charakteristische Eigenschaft des Glycerins ist es bekanntlich, niemals einzutrocknen. Fügt man der mit Gummi versetzten Copirtinte etwa 40 bis 50 Proc. des Gummis an Glycerin zu, so trocknet die Schrift zwar langsamer, wird aber doch binnen kurzer Zeit so trocken, daß sie nicht mehr abklatscht. Beim Copiren indeß weicht sich diese Schrift durch die Nässe des Copirblattes fast augenblicklich auf, so daß der Proceß des Copirens auf ein Minimum von Zeit beschränkt wird. Man muß sich jedoch vor allen Dingen hüten, den Glycerinzusatz zu stark zu nehmen, weil in diesem Falle die Schriftzüge nicht völlig austrocknen und deshalb auch ohne Benetzung abklatschen. Bemerkt muß werden, daß durch den Glycerinzusatz die Undurchdringlichkeit der Gummischicht für die Luft in keiner Weise abgeschwächt wird. In den meisten Vorschriften findet man den Glycerinzusatz bei weitem zu hoch angegeben; so nimmt Böttger zu seiner sonst vorzüglichen (oben schon erwähnten) Copirtinte auf etwa 1l Tinte 120g Glycerin, wodurch die Schrift so feucht bleibt, daß sie trocken abklatscht. Durch Verminderung des Glycerinzusatzes auf 20g für 1l wird die Tinte zu einer vorzüglichen Copirtinte. Entschiedener Unsinn ist die Anpreisung sogen, „trocken copirender Tinten“, d.h. solcher Tinten, welche einen so großen Zusatz von Glycerin haben, daß sie überhaupt nicht trocknen und deshalb ohne Befeuchtung abklatschen; es ist einleuchtend, daß solche Tinten nicht nur auf Copirblättern abklatschen, sondern auch die Geschäftsbücher etc. beschmutzen. Eine solche Angabe macht Henny, indem er vorschreibt, 3 Th. gute Tinte mit 1 Th. Glycerin zu versetzen. Die Bereitung der Copirtinten ist ganz dieselbe wie die der vorerwähnten Tinten, und sind die dort gemachten Angaben auch hier völlig maßgebend; doch sind nur 60 bis 70 Proc. der früher vorgeschriebenen Wassermengen zu verwenden, weil die Copirtinten von ihren farbgebenden Substanzen immer einen bedeutenden Theil für die Copie abgeben müssen und die Tiefe der Schriftfarbe sonst leiden würde. Dies berücksichtigt, ist jede nachdunkelnde, namentlich die Alizarin- und eigentliche Blauholztinte, durch einen oben besprochenen Gummi- und Glycerinzusatz in eine brauchbare Copirtinte zu verwandeln. E. Tintenpulver und Tintensteine. Auf Reisen gewährt es eine große Bequemlichkeit, die zur sofortigen Bereitung einer guten Schreibtinte nöthigen Bestandtheile in trockenem Zustande bei sich führen zu können, weil man Unfälle, welche durch Zerbrechen der Tintengläser entstehen können, vermeidet. Namentlich in älteren Zeitschriften findet man nun eine endlose Anzahl Vorschriften zu derartigen Tintenpulvern. Meist sind es die sehr fein gepulverten Bestandtheile einer Galläpfeltinte, welche dann mit kaltem Wasser übergossen werden sollen; indeß ist selbstverständlich eine solche Tinte sehr blaß und schlecht. Andere schreiben das Eindampfen zur Trockene einer guten Tinte vor. Der gepulverte Rückstand soll, mit Wasser angerührt, als Tinte dienen. Da aber beim Abdampfen fast das ganze Tintenpigment unlöslich wird, so hat man nur einen schwarzen unlöslichen Farbstoff im Wasser vertheilt. Dasselbe gilt von den Leonhardi'schen Alizarintentafeln (vergl. 1856 142 446). Will man ein gutes Tintenpulver zur sofortigen Bereitung guter Schreibtinte haben, so ist dazu einzig das oben erwähnte Nigrosin brauchbar, welches sich mit größter Leichtigkeit in 80 Th. Wasser löst und sofort eine tief schwarze Schrift liefert.