Titel: Ein Vorschlag zur telegraphischen Verbindung eines fahrenden Eisenbahnzuges mit den benachbarten Stationen; von F. v. Ronneburg.
Autor: F. v. Ronneburg
Fundstelle: Band 217, Jahrgang 1875, S. 208
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Ein VorschlagVon diesem uns vor einiger Zeit ausführlicher mitgetheilten und durch einige Skizzen erläuterten Vorschlage geben wir in kurzer Fassung die Hauptzüge, da wir uns dem Wunsche des Verf. anschließen, sein Vorschlag möge, wenn sich seiner Ausführung technische Schwierigkeiten entgegenstellen, wenigstens als Anregung dienen.Die Red. zur telegraphischen Verbindung eines fahrenden Eisenbahnzuges mit den benachbarten Stationen; von F. v. Ronneburg. Mit Abbildungen. Ronneburg, über telegraphische Verbindung eines fahrenden Eisenbahnzuges mit den benachbarten Stationen. Entlang dem Gleise und überall in gleicher Entfernung von demselben wird, ungefähr in der Höhe des Dachanfanges der Personenwagen, auf Stangen S (Fig. I) ein ziemlich starker Leitungsdraht c gespannt. Die auf den Stangen in gewöhnlicher Weise zu befestigenden Fig. 1., Bd. 217, S. 208 Fig. 2., Bd. 217, S. 208 Isolatoren J laufen am oberen Ende in zwei durchbohrte Ohren a und b aus, durch welche senkrecht zur Gleisrichtung der starke Draht d hindurchgesteckt und mittels Schraubenmuttern befestigt wird; dieser Draht endet nach den Schienen hin in eine starke Spiralfeder s₁ und trägt eine Klammer, in welche der Leitungsdraht c mit etwa einem Dritttheil seines Umfanges eingelöthet wird. An dem Wagen des Zugführers ist, und zwar damit der Wagen auf den Schienen beliebig umgedreht werden kann, in jede der beiden Langseiten eine Porzellanplatte Z eingesetzt, auf welcher in geringer Entfernung über einander zwei starke Spiralfedern s₂ und s₃ befestigt sind; die Enden dieser beiden horizontal liegenden Federn sind in lothrechter Richtung umgebogen und dienen so als Drehachse für ein metallenes Reibungsrädchen r, um welches in seiner Mitte eine Nuth rings herum läuft. Mit dieser Nuth kann das Rädchen r den Leitungsdraht c genau zur Hälfte umschließen, von der Nuth aus aber verdickt es sich nach beiden Seiten hin conisch, damit der Leitungsdraht c, falls er die Nuth verläßt, dieser immer wieder zugeführt wird, was durch die gegenseitige Stellung der drei Spiralfedern s₁, s₂ und s₃ erleichtert wird. Diese drei Federn machen zugleich das Herüber- und Hinübergehen des Wagens auf dem Gleise unschädlich. Das Reibungsrädchen r wird aus weicherem Metall hergestellt als der Leitungsdraht c, damit es sich allein abnützt; es ist ja mit nur geringen Kosten zu erneuern. Auf diesem Rädchen r schleift eine an dessen Achse aufgelöthete Feder n; das Ende der oberen Spiralfeder s₃ aber setzt sich durch die Porzellanplatte Z hindurch fort. An die inneren Enden der durch die zwei, in die beiden Langseiten des Wagens eingesetzten Porzellanplatten Z eintretenden oberen Federn sind im Inneren zwei Drähte k₁ und k₂ angelöthet und mit einander vereinigt. Von der Vereinigungsstelle beider aber ist ein Draht nach dem Elektromagnete m eines gewöhnlichen Relais R geführt; von dem Elektromagnete m geht andererseits ein Draht q nach der Achse 2 eines (auf Ruhestrom eingeschalteten) gewöhnlichen Morse-Tasters T, dessen Ruhecontact 3 durch einen Draht v mit der einen Wagenachse in leitende Verbindung gesetzt ist; an dieser Achse aber wird eine Feder angelöthet, welche auf einem der Wagenräder K (Fig. II) schleift, also von dem Leitungsdrahte c durch die Apparate hindurch eine leitende Verbindung nach den Schienen, d.h. nach der Erde E herstellt. Werden nun auf den beiden benachbarten Stationen I und II Batterien B₁ und B₂ von möglichst gleicher Stärke aufgestellt und zwischen der Leitung cc und der Erde E₁ oder E₂ auf Ruhestrom eingeschaltet, jedoch mit den gleichnamigen Polen an die Leitung cc gelegt, so werden die Ruheströme der beiden Batterien in gleicher Richtung durch das Relais R auf dem Wagen zur Erde gehen; der (nicht polarisirte) Anker dieses Relais R wird also angezogen erhalten, der Morse-Schreibapparat im Wagen wird daher jetzt nicht schreiben. Drückt dagegen der Zugführer seinen Tasterhebel T auf den Contact 1 nieder, so unterbricht er diesen Stromweg für die Ströme beider Batterien B₁ und B₂ beide Ströme müssen demnach jetzt unverzweigt die ganze Leitung cc zwischen den beiden Stationen I und II durchlaufen; sie heben sich, da sie gleiche Stärke und entgegengesetzte Richtung haben, in ihrer Wirkung auf die Relais P₁ und P₂ der beiden Stationen (nahezu) auf, und die bisher durch den Ruhestrom angezogen erhaltenen polarisirten (also permanent magnetischen) Anker dieser beiden Relais P₁ und P₂ werden jetzt durch die Spannfedern abgerissen, weshalb die Schreibapparate beider Stationen ansprechen; die so vom Wagen des Zugführers aus nach beiden Stationen gegebenen Zeichen erscheinen aber auch in dem Wagen selbst, weil ja auch das in demselben aufgestellte Relais R jetzt stromfrei ist. Die beiden Stationen I und II sind nicht mit gewöhnlichen Morse-Tastern ausgerüstet, sondern mit Doppeltastern D₁ und D₂, welche beim Niederdrücken des TasterhebelsIn Fig. II ließ ich der größern Deutlichkeit halber anstatt der Doppeltaster je zwei einfache Taster zeichnen, und man hat daher sich vorzustellen, daß die beiden zusammengehörigen und in geeigneter Weise mit einander verbundenen Tasterhebel h₁ und h₂ entweder beide zugleich auf ihren Ruhecontacten 3 und 6 liegen oder beide zugleich auf die Arbeitscontacte 1 und 4 niedergedrückt werden.D. Ref. den Strom umkehren. In Station I z.B. steht bei ruhendem Doppeltaster D₁ der Kupferpol der Batterie B₁ über den Ruhecontact 6 des Hebels h₂ mit dessen Achse 5 und durch das Relais P₁ hindurch mit der Leitung cc, der Zinkpol aber über den Ruhecontact 3 des Hebels h₁ mit dessen Achse 2 und mit der Erde E₁ in Verbindung; beim Niederdrücken des Tasters D₁ dagegen setzt h₂ den Zinkpol von B₁ über 4 und 5 mit der Leitung cc, h₁ aber über 1 und 2 den Kupferpol mit der Erde E₁ in leitende Verbindung. Beim Niederdrücken des Tasters D₁ auf der Station I durchlaufen deshalb das Relais R im Wagen zwei Zweigströme von entgegengesetzter Richtung, heben sich (bei gleicher Stärke) in ihrer Wirkung auf dieses Relais R auf, und der Schreibapparat im Wagen arbeitet. Auf den beiden Stationen I und II haben dabei die Ströme die gleiche Richtung; auf der eben sprechenden Station I aber unterstützt die Wirkung des umgekehrten Stromes auf den polarisirten Anker des Relais R₁ die Wirkung der Abreißfeder; der Anker fällt demnach ab, und der Schreibapparat gibt zur Controle das abgesendete Zeichen mit; auf der anderen Station II dagegen hält der verstärkte Strom den Anker des Relais P₂ nur um so fester angezogen und der Schreibapparat schweigt. Ganz ähnlich sind die Vorgänge, welche auftreten, wenn die Station II ihren Doppeltaster D₂ niederdrückt. Will dagegen die eine Station, während kein Zug auf der Strecke fährt, nach der anderen sprechen, so kann dies nicht mittels des Doppeltasters D₁ oder D₂ geschehen, sondern es wäre für diesen Zweck auf den Stationen noch ein einfacher Unterbrechungs-Taster einzuschalten. Die eben geschilderten Vorgänge können sich indessen nur dann regelmäßig vollziehen, wenn gewisse Bedingungen für die Widerstandsverhältnisse erfüllt sind; diese Bedingungen aber sollen in einer Weise erfüllt werden, welche zugleich eine Nebenbenützung der Telegraphenleitung zur Controle der Fahrgeschwindigkeit des Zuges gestattet. Die ungefähr in einer Höhe von 3m über der Planie gespannte Leitung cc muß nämlich bei Planieübergängen wesentlich höher gelegt werden; man läßt am einfachsten aus dem Leitungsdrahte cc ein Stück von der Breite des Planieüberganges weg und verbindet bei Bedarf die beiden Drahtenden durch einen (dünneren) in größerer Höhe an gewöhnlichen Isolatoren befestigten Draht. An jeder solchen Stelle muß also das Reibungsrädchen r die Leitung cc verlassen; dadurch wird aber die Ableitung durch den Wagen hindurch zur Erde unterbrochen und in Folge dessen entsteht auf allen drei Morseschreibern ein der Dauer dieser Unterbrechung entsprechender längerer Strich. Wenn man nun ähnliche Unterbrechungen der Leitung cc entlang der Bahn entweder an gleichweit von einander entfernten oder überhaupt nur an der Lage nach genau bestimmten Stellen (z.B. an allen Bahnwärterhäusern) herbeiführte, so könnten die durch diese Unterbrechungen automatisch telegraphirten Striche in ihrer Aufeinanderfolge zunächst über den jeweiligen Ort des Zuges sowie über dessen Fahrgeschwindigkeit Aufschluß geben. Man könnte ferner, wenn dies sonst wünschenswerth und räthlich erscheint, in die Telegraphenleitung cc auch die Glockensignale einschalten, wenn man nur die Stellen, wo die Glockensignalleitung als Schleife nach den Glockenbuden abzuzweigen ist, zugleich als solche Unterbrechungsstellen für die Ruheströme benützt; daß dabei die Ruheströme beständig die Elektromagnete der Läutewerke durchlaufen, würde nicht stören, wenn man nur die Auslösung der letzteren erst durch stärkere (Inductions-) Ströme bewirken läßt. Der wichtigste Dienst jedoch, welchen solche Unterbrechungsstellen leisten könnten, wäre die Regulirung der Leitungswiderstände. Wenn die Stationsrelais P₁ und P₂ ihre Anker während des Fahrens angezogen halten sollten, so dürfen die durch sie gehenden, von der anderen Station ausgegangenen Zweigströme nur verhältnißmäßig schwach sein; es muß daher der Widerstand des Relais R auf dem Wagen klein sein im Verhältniß zu dem Widerstande der beiderseits zwischen dem Wagen und der Station liegenden Theile der Leitung cc. Mit dem Weiterfahren des Zuges und durch dasselbe ändern sich aber die Längen und daher auch die Widerstände jener beiden Theile der Leitung cc beständig. Wenn man nun die aufgestellte Bedingung erfüllen und zugleich auch dem letztgenannten Umstande Rechnung tragen will, so könnte man auf beiden Stationen einen entsprechend großen Widerstand in die Leitung cc einschalten und dafür sorgen, daß der Zug selbst bei seinem Weiterfahren auf der Abfahrtstation den eingeschalteten Widerstand allmälig verkleinert, auf der Ankunftstation dagegen den auf dieser eingeschalteten Widerstand allmälig vergrößert. Zu letzterem lassen sich die Stromunterbrechungen an jenen mit einer gewissen Regelmäßigkeit über die ganze Bahnstrecke vertheilten Unterbrechungsstellen benützen. Fig. 3., Bd. 217, S. 212 Fig. 4., Bd. 217, S. 212 Zu diesem Behufe soll auf beiden Stationen I und II ein Magnetstab ns an einer Stange f (Fig. III und IV) pendelförmig zwischen zwei Hufeisen-Elektromagneten H₁ und H₂ aufgehängt werden, welche von dem Strome einer Localbatterie stets beide zugleich, aber so durchströmt werden, daß stets die Pole N₁ und S₁ des einen H₁ mit den ihnen gegenüberstehenden Polen S₂ und N₂ des anderen H₂ ungleichnamig sind; dann werden stets die Pole des einen anziehend und die des anderen gleichzeitig abstoßend auf die beiden Pole n und s des Stabmagnetes wirken, welcher ja den beiden Elektromagneten als gemeinschaftlicher (polarisirter) Anker dient. Wenn nun die Relais P₁ und P₂ so eingerichtet werden, daß der Relaishebel in seiner Ruhelage den Localstrom in der einen Richtung, in seiner Arbeitslage dagegen in der anderen Richtung durch die beiden Elektromagnete sendet, so wird der Magnetstab ns bei jeder Stromunterbrechung und ebenso bei jeder Wiederherstellung des Stromes in der Leitung einen Pendelschlag, an jeder jener Unterbrechungsstellen also eine volle Schwingung machen. Diese Pendelschwingungen sollen in gewöhnlicher Weise mittels eines Steigrades auf ein Räderwerk übertragen werden; letzteres aber bekommt die keineswegs schwere Aufgabe, beim Vorübergange des Zuges an irgend einer jener Unterbrechungsstellen in einem Rheostat eine Länge Neusilberdraht aus- oder einzuschalten, deren Widerstand dem Widerstande des zwischen dieser und der nächst vorhergehenden Unterbrechungsstelle befindlichen Theiles der Telegraphenleitung cc gleicht, unter Einrechnung natürlich der etwa in diesem Theile liegenden Glockensignal-Elektromagnetspulen. Man könnte zwar einwenden, daß hierbei die Benützung der Leitung cc zum Telegraphiren ebenfalls durch die Relais P₁ und P₂ die Verstellung der Rheostaten und somit eine Veränderung der eingeschalteten Widerstände herbeiführen, daß aber dadurch die ganze Einrichtung in Unordnung gerathen würde. Dem ließe sich jedoch dadurch begegnen, daß man die Kerne jener beiden Hufeisenmagnete H₁ und H₂, zwischen denen der polarisirte Anker pendelt, nicht aus weichem Eisen, sondern aus Stahl macht. Dann wird die Umkehrung der Pole N und S der Elektromagnete H₁ und H₂ in Folge der Umkehrung des Localstromes eine längere Stromdauer erfordern, und es läßt sich dann so einrichten, daß die kurze Umkehrung der Stromrichtung selbst während eines Striches des Morse-Alphabetes zu einer Umkehrung der Elektromagnetpole nicht ausreicht. Die länger dauernden Unterbrechungen des Stromes an jenen Unterbrechungsstellen dagegen werden, selbst bei Schnellzügen, im Stande sein, die Magnetpole N und S umzukehren, eine Schwingung des polarisirten Ankers ns zwischen den Magnetpolen N und S zu veranlassen und die erforderliche Veränderung in der Größe der eingeschalteten Widerstände zu bewirken. E–e.