Titel: Studien über Galvanoplastik; von Friedrich Kick.
Autor: Friedrich Kick [GND]
Fundstelle: Band 218, Jahrgang 1875, S. 1
Download: XML
Studien über Galvanoplastik; von Friedrich Kick. Kick, Studien über Galvanoplastik. Im letzten Jahrgange der Technischen Blätter publicirte Professor Kick eine Reihe von Versuchsergebnissen über Metallfällungen auf elektrolytischem Wege, und bringen wir mit Genehmigung des Verfassers den folgenden Auszug aus jener ziemlich umfangreichen Abhandlung, welche dem Galvanoplastiker einige schätzenswerthe Winke gibt und alte Vorurtheile beseitigt. Es ist bekanntlich die Aufgabe der Galvanoplastik, auf elektrolytischem Wege aus Metallösungen cohärente Metallniederschläge zu bilden, welche entweder bestimmt sind, als Ueberzüge zu dienen (Verkupfern, Versilbern, Vergolden etc.) oder von der Unterlage, Matrize, abgelöst werden sollen, um negative Nachbildungen der Matrize zu liefern. In beiden Fällen ist die Hauptforderung, welche an den Niederschlag gestellt wird, Homogenität und Cohärenz desselben. Sollen Ueberzüge gebildet werden, so wird festes Anhaften an der Unterlage, an dem zu versilbernden, vergoldenden etc. Gegenstande, verlangt; soll der Niederschlag von der Matrize abgenommen werden, so muß die Wegnahme ohne Beschädigung oder störende Formveränderung durchführbar sein, was eine gewisse Zähigkeit des Niederschlages erfordert; endlich wünscht man den Niederschlag in einer dem Metalle entsprechenden, gefälligen Farbe. Diese Forderungen bedingen eine Reihe von Fragen, welchen sich noch ökonomische Fragen anschließen, nach der erforderlichen Zeit, der anzuwendenden Batterie, der Elementenzahl u. dgl. m. Es soll uns zunächst die Hauptfrage beschäftigen: Durch welche Mittel und unter welchen Umständen erhält man einen gleichförmigen, dichten, zähen Niederschlag? Gemeiniglich wird der Stromstärke ein sehr großer Einfluß zugeschrieben. Gore gibt folgende orakulose Vorschrift: „1) Wenn man das Verhältniß, in welchem die Ingredientien gemischt werden müssen, einmal seinen Apparaten angepaßt hat, so vermeide man davon abzugehen und ändere höchstens die Quantität des Wassers im Bade; 2) man regulire den Strom der Elektricität je nach dem Niederschlage, welchen man machen will, verstärke und vermindere ihn durch Veränderung der Batterie, ohne die Zusammensetzung des Bades zu ändern. Die raschere Abscheidung eines Niederschlages kann man durch ein näheres Zusammenbringen der Anode und Kathode befördern; 3) die Anode muß stets größer als die Kathode sein.“ Bestimmter, aber, wie wir sehen werden, falsch ist die Angabe, daß die Qualität des abgeschiedenen Metalles von der „Intensität“ des Stromes, die Menge des abgeschiedenen Metalles von der „Quantität“ des Stromes abhängt, und daß man einen glänzenden krystallinischen Niederschlag erhält durch einen Strom von großer Intensität und geringer Quantität; einen harten, spröden, regulinischen Niederschlag durch große Intensität und mäßige Quantität; einen elastischen, glänzenden, regulinischen Niederschlag durch mäßige Intensität und geringe Quantität; einen weichen, zähen und vollkommen regulinischen Niederschlag durch eine mittelmäßige Intensität und mäßige Quantität; endlich ein weiches, dunkles Pulver durch mäßige Intensität und große Quantität des Stromes. Nicht allein, daß die Begriffe „mäßig“, „geringe“, „groß“ sehr relative sind, daher zunächst die Schwierigkeit auffällt, nach dieser Anleitung praktisch vorzugehen, so ist vielmehr die ganze Anschauung, welche dieser Anleitung zu Grunde liegt, eine unrichtige. Man dachte sich nämlich die Quantität des Stromes abhängig von der Plattengröße der Elemente, die Intensität von der Zahl der hinter einander zur Kette derart vereinigten Elemente, daß der positive Pol des einen mit dem negativen Pol des nächsten Elementes u.s.w. leitend verbunden war. So wie die lebendige Kraft einer bewegten Masse von dem Gewichte und der Geschwindigkeit derselben abhängig ist, so sollte die Wirkungsfähigkeit des Stromes von dessen Quantität und Intensität abhängig sein. Diese Anschauungsweise, welche in größerer oder geringerer Unklarheit die Praktiker beeinflußt und noch immer verwirrend wirkt, fällt durch zwei, durch zahllose Versuche als richtig constatirte Gesetze, durch das elektrolytische und das Ohm'sche Gesetz. Ebenso enthalten die a. a. O. ausführlich mitgetheilten Versuche zugleich die directeste Widerlegung. Das elektrolytische Gesetz lautet: Durch denselben galvanischen Strom werden äquivalente Mengen der Elektrolyte (der durch den Strom zerlegten Substanzen) zersetzt, und die Quantitäten der an beiden Elektroden abgeschiedenen Stoffe stehen gleichfalls im Verhältnisse ihrer Aequivalente. Das Ohm'sche Gesetz lautet: Die Stromstärke ist gleich der elektromotorischen Kraft, getheilt durch den Leitungswiderstand. Da der Gesammt-Leitungswiderstand gleich der Summe der Leitungswiderstände in der Batterie (W) und im Schießungskreise (ω) ist, so wird dieses Gesetz gewöhnlich durch die Gleichung S = E/(W + ω) ausgedrückt. – W wird der wesentliche, ω der äußere Widerstand genannt. Kick sagt ferner: Diese beiden Gesetze lassen über die Structurverhältnisse des Niederschlages völlig im Unklaren. Die Zahl und Mannigfaltigkeit der von uns diesbezüglich durchgeführten Versuche lassen zwar noch Manches zu wünschen übrig, aber sie dürften immerhin dem Satze einige Berechtigung verleihen: Die Beschaffenheit des Niederschlages ist in erster Reihe von der Zusammensetzung der Flüssigkeit in der Zersetzungszelle, von der Stromstärke innerhalb weiterer Grenzen nicht oder nur in sofern abhängig, als durch stärkeren Strom öfter eine raschere Veränderung der Flüssigkeit oder secundäre Zersetzungen bedingt sind. Indem das elektrolytische Gesetz auch durch secundäre Processe oft wesentlich gestört wird, die Richtigkeit des Gesetzes nichts desto weniger anerkannt werden muß, so könnte man obigen Satz als Amendement zum elektrolytischen Gesetze wahrscheinlich mit derselben Berechtigung bestimmter also aussprechen: Die Beschaffenheit metallischer Niederschläge ist abhängig von der Zusammensetzung der Flüssigkeit und unabhängig von der Stromstärke. Es dürfte angezeigt sein, den Einfluß secundärer Processe zunächst auf das elektrolytische Gesetz bei dem einfachen Falle der Wasserzerlegung zu betrachten, da sich hieran manche Folgerung für complicirtere Zerlegungen knüpfen läßt, und durch Analogie klar wird, wie schwer es ist, aus den mannigfaltigen Erscheinungen das Grundgesetz auszuschälen. Einigermaßen vergleichbar sind die mannigfachen Erscheinungen der Wurf- und Fallbewegung, an deren Grundgesetze Niemand mehr zweifelt, mag auch der Bummerang zum Werfenden zurückkehren oder die Feder weit langsamer fallen als der Stein. Die elektrolytische Wasserzersetzung ist scheinbar so einfach, daß man nur das Auftreten von Sauerstoff und Wasserstoff in äquivalenten Mengen vermuthen sollte. Doch statt daß die Entwickelung der beiden Gase stets im Volumsverhältnisse 1 : 2 stattfände, erfolgt dieselbe unter Umständen in verschiedenen Verhältnissen bis 1 : 3,5. (Geringe Ströme vermögen oft eine fortgesetzte Zerlegung gar nicht zu erzielen.) Diese wesentlichen Störungen im normalen Gange des Processes führten zu Untersuchungen, welche dargethan haben, daß Ozon und Wasserstoffsuperoxyd bei der Wasserzersetzung sich bilden. Das Wasserstoffsuperoxyd bleibt in der Flüssigkeit und vermindert dadurch wesentlich die Sauerstoffentwickelung an der positiven Elektrode oder Anode; ja nach längerer Dauer des Processes gelangt dasselbe auch zur negativen Elektrode oder Kathode, bindet dort einen Theil des freiwerdenden Wasserstoffes und ist so in doppelter Weise thätig, das Resultat zu stören. Indem der freiwerdende Sauerstoff am Wasserstoffsuperoxyd theilweise gebunden wird, kann der Verlust an Sauerstoff bei 20° bis 2/3 des berechneten Gasvolums betragen. Es sind also ganz wesentliche Abweichungen vom elektrolytischen Gesetze selbst bei dem einfachsten Processe möglich. Treten andere Stoffe hinzu, enthält z.B. das Wasser Luft oder Salze, oder sind die Elektroden oxydirbar, so treten noch weit mannigfaltigere Abweichungen auf. Im Wasser absorbirte Luft kann an der Anode zur Bildung von Untersalpetersäure und Salpetersäure, an der Kathode zur Bildung von Ammoniak Veranlassung geben; gelöste Salze werden zerlegt; Anoden aus Silber, Kupfer etc. oxydirt u.s.w. Diese Nebenerscheinungen sind theilweise von der Stromstärke abhängig. So kann ein sehr schwacher Strom, wegen der Absorptionsfähigkeit des Wassers einerseits, andererseits und hauptsächlich wegen des Gegenstromes, bedingt durch die an den Elektroden adhärirenden Gase (Polarisation), gar keine Wasserzersetzung zeigen. Wendet man als Elektroden, statt Platten, Drahtspitzen an, so wird die Polarisation verschwindend klein, die Gasentwickelung lebhafter; es ist hier also die Stromesdichtigkeit D = S/O = Stromstärke/Oberfläche der Elektrode von Einfluß; diese ist aber etwas ganz anderes, als die mythische „Qualität“ des Stromes, welcher einst hervorragender Einfluß zugeschrieben wurde. Die hier besprochenen secundären Erscheinungen beeinträchtigen nicht die Form der Zersetzungsproducte, da diese permanente Gase sind; denken wir uns jedoch den Wasserstoff als metallischen Niederschlag erhalten, so wäre es nicht absurd, dem Wasserstoffsuperoxyd, wenn es zur Kathode kommt, einen Einfluß auf die Beschaffenheit des Niederschlages zuzumuthen; noch wahrscheinlicher würde sich ein solcher aus den gleichzeitig an der Kathode ausgeschiedenen Bestandtheilen der Verunreinigungen des Wassers ergeben. Gehen wir nun nach diesen Abschweifungen, welche nur bezwecken, die Aufmerksamkeit auf das Vorhandensein zahlreicher secundärer Processe zu lenken, zur Betrachtung der Versuche selbst über. Es wurden bei sehr verschiedener Stromstärke aus nicht angesäuerter oder mit einer Spur von Alkali gemengter Kupfervitriollösung sehr schlechte, für praktische Zwecke völlig unbrauchbare Niederschläge erzielt; sowie jedoch die Kupfervitriollösung mit Schwefelsäure angesäuert war, namentlich dann, wenn der Schwefelsäuregehalt mehr als 1/4 Proc. betrug und die Concentration eine ziemlich bedeutende war, wurden bei sehr verschiedener Stromstärke übereinstimmend gute Resultate gewonnen. Zunächst wurden 5 Versuche mit Kupfervitriollösung von 14 bis 18° B. und Strömen, deren Dichte sich durch die Verhältnißzahlen 1 bis 8,9 ausdrücken läßt, bei durchweg ungünstigem Resultate durchgeführt. Der kleinste Alkalizusatz oder kleine Mengen Salmiak, Salzsäure, Schwefelkohlenstoff verschlechterten das Resultat auffallend, trotz der nicht bedeutenden Aenderung der Stromdichte. Mit einem und demselben Strome, weil bei gleichzeitiger Einschaltung in den Schließungskreis, wurden 2 Versuche durchgeführt und kann die bedeutende Verschiedenheit des Resultates, da auch sonst alle Umstände gleich waren, nur in den Flüssigkeiten gesucht werden. Schon bei sehr geringem Zusatz von Schwefelsäure zur Kupfervitriollösung besserte sich die Qualität des Niederschlages merklich; aber trotz verschiedener Stromstärke und Dichte wurde im Wesentlichen stets ein sprödes Product erhalten. Als der Schwefelsäurezusatz 1/4 Proc. erreichte oder überstieg, stellten sich tadellose Niederschläge unter sehr verschiedenen Stromstärken (zwischen 0,78 bis 42,1) ein. In der eingangs erwähnten Zeitschrift sind die Ergebnisse von 17 hierauf bezüglichen Versuchen mitgetheilt, welche zeigen, daß mit den verschiedensten Elementen bei verschiedenem Verhältnisse der Elektrodengröße und bei verschiedener Verbindung der Elemente gearbeitet wurde und dennoch in der Hauptsache das gleiche Product resultirte. Kann man da nicht vermuthen, daß der Schwefelsäurezusatz zur Kupfervitriollösung von Wesenheit ist? Die Versuchspaare Nr. 51 und 52, 55 und 56 (der unten beigegebenen Tabelle) zeigen unwiderleglich, daß die alte Anschauung von dem Einflusse der Quantität und Intensität des Stromes unrichtig ist. In Nr. 51 und 55 ist der Strom (nach der alten Ansicht) von großer Quantität und geringer Intensität, in Nr. 52 und 56 von geringerer Quantität und größerer Intensität. Es müßten also verschiedene Niederschläge bei Nr. 51 und 52 und ebenso bei 55 und 56 erhalten werden; statt dessen ist die Qualität des Niederschlages Nr. 51 ganz gleich jener 52 und ebenso Niederschlag Nr. 55 ganz gleich dem von Nr. 56. Die alte Anschauung von dem Einflusse der Intensität und Quantität des Stromes ist mithin nicht aufrecht zu halten. Die oben ausgesprochene Ueberzeugung, daß die Beschaffenheit der Flüssigkeit das Wesentlichste sei, erhält auch durch diese 4 Versuche ihre vollste Bestätigung. Wollte man, statt der veralteten Auffassung von Intensität und Quantität, der Stromdichte und Stromstärke wesentlichen Einfluß zuschreiben, so widersprechen dem die Versuche Nr. 64 und 69 schlagend. Unter übrigens gleichen Umständen, betrug die Stromstärke bei Nr. 64 0,22 und die Dichte 0,8, während sie bei Nr. 69 sich auf 13,56 resp. 42,1 belief. Stromstärke und Dichte beträgt im ersten Falle nur 1/50 jener des zweiten Falles, und doch ist das Resultat fast dasselbe, ja im Gegentheil, es ist der rasch entstandene Niederschlag zäher als der langsam gebildete. Wenn wir hier sogar zu dem der landläufigen Ansicht entgegengesetzten Resultate kommen, so würden wir doch sicher irren, wollten wir dasselbe dem Strome zuschreiben, es sind hieran vielmehr später zu erörternde Nebenumstände Ursache. Bekannt und auch durch den Versuch abermals constatirt ist die Thatsache, daß sich essigsaures Kupferoxyd nicht zur Gewinnung guter Kupfer-Niederschläge eignet; ebensowenig erhält man einen metallischen Nickelniederschlag aus einem Bade von schwefelsaurem Nickeloxyd, mag man einen schwachen oder starken Strom anwenden. Eisenvitriol läßt sich bekanntlich zur Herstellung eines Eisenniederschlages nicht verwenden; man erhält aber einen solchen, wenn man auf elektrolytischem Wege in Salmiak Eisen löst. Muß auch die so erhaltene Eisenlösung sorgfältig vor der Einwirkung des Lichtes geschützt werden, da sie sich rasch verändert, so gibt sie doch ganz vorzügliche ResultateIn der k. k. Staatsdruckerei in Wien zum „Verstählen“ von Kupferdruckplatten benützt.. Ebenso bekannt, wenn auch von uns nicht neuerlich versucht, ist die Thatsache, daß sich cohärente Silber- und Goldniederschläge nicht aus schwefelsaurem oder salpetersaurem Silberoxyd, aus Goldchlorid etc. herstellen lassen; sondern daß hierzu Cyankalium-, Cyansilber- oder Cyangold-Bäder verwendet werden müssen. Sollten diese Thatsachen, die sich noch vermehren ließen, nicht genügen, darzuthun, daß von der Zusammensetzung der Flüssigkeit (des Elektrolytes) das Gelingen oder Nichtgelingen galvanoplastischer Arbeiten zumeist abhängt? Es ist überaus interessant und verdiente die Aufmerksamkeit der Chemiker von Fach, daß ganz geringe Zusätze scheinbar indifferenter Substanzen das Resultat wesentlich verändern können. Der Gelatinezusatz bei 4 Versuchen, ein Paar Tropfen Schwefelkohlenstoff, welcher scheinbar von der Flüssigkeit geschieden blieb, die Zugabe von 0,7 Proc. Salmiak zu einem sonst brauchbaren Bade veränderten das Resultat und lassen den Schluß zu, daß Verunreinigungen der verwendeten Materialien einen ähnlichen störenden Einfluß üben können. Wir gelangen nun zu Nebenerscheinungen und ihrer Betrachtung. Es muß auffallen, daß bei manchen Versuchen, z.B. Nr. 17 und 21, ein sehr bedeutendes Zurückgehen der Stromstärke, von 20 auf 12, von 14 auf 4 stattfand. Daß dasselbe nicht in der Inconstanz der Batterie oder des galvanischen Elementes allein seine Begründung hat, beweist sich aus der Thatsache, daß nach Herausnahme der Elektroden und Reinigung der Anode der Strom wieder in seiner alten Kraft wirkte (Nr. 21). Es liegt dieses Zurückgehen der Stromstärke in der Vermehrung des Widerstandes „des Ueberganges“, welcher immer eintritt, wenn sich die Anode mit einer nicht metallischen Schichte, bei Kupferanoden von Kupferoxyd und Oxydul, überzieht. Ist die Flüssigkeit auch tadellos, der Strom aber stark (Nr. 17) oder die Anode ungebührlich klein genommen (Nr. 21), so tritt diese Erscheinung stärker auf, sie zeigt sich aber fast immer; nur sehr schwache Ströme (Nr. 64) und große Anoden lassen dieselbe nicht auftreten. In wenigen Fällen findet sogar das Gegentheil, eine Vermehrung der Stromstärke statt. Es wurde dies bei Kathoden, welche durch den auf ihnen abgelagerten Niederschlag leitungsfähiger wurden, wahrgenommenDiese Erscheinung zeigte sich bei Verkupferung von Glasgefäßen, welche mit Graphit dadurch leitend gemacht waren, daß ein auf das Gefäß aufgetragener Anstrich von Copalfirniß mit Graphit eingerieben wurde.. Der pulverige Beschlag der Anode stört sonst den Proceß gewöhnlich nicht, kann aber hierzu Veranlassung geben. Es sei hier zunächst nur erwähnt, daß bei starken Strömen sich die schlechter leitende Schichte in so kurzer Zeit bildet, daß (vergl. Nr. 51 und 52) die Berechnung der Niederschlagsmenge aus dem Mittel der Anfang- und Endstromstärken zu fehlerhaften Resultaten führen müßte, daher in der Tabelle die berechnete Niederschlagsmenge auf das Stromminimum sich bezieht. Zugleich finden in der Veränderlichkeit der Stromstärke, welche ohne umständliche Notirung nicht in die Berechnung gezogen werden kann, die Differenzen zumeist ihre Erklärung, welche in der Tabelle zwischen thatsächlicher und berechneter Niederschlagsmenge sich zeigen. Gehen wir nun wieder zu den Störungen zurück, welche der auf der Anode entstehende pulverige Beschlag bewirken kann, so sehen wir leicht ein, daß bei verticaler Lage beider Elektroden, besonders dann, wenn selbe nicht zu nahe stehen, selbst ein Herabfallen der Oxydschichte – wie dasselbe bei zunehmender Dicke eintritt – keine besonderen Gefährlichkeiten der Bildung eines guten Niederschlages verursacht. Es ist ja bekannt, daß der galvanische Strom in der Flüssigkeit suspendirte Körperchen nicht bewegt und die in der Flüssigkeit fallenden Oxydtheilchen nicht ablenken, also auch der Kathode nicht zutreiben wird. Anders gestaltet sich jedoch die Sache, wenn die Elektroden horizontal in die Flüssigkeit gehängt werden und die Anode über der Kathode zu stehen kommt. Löst sich in diesem Falle der pulverige Beschlag von der Anode ab, so fällt er auf die unterhalb liegende Kathode und stört hier die Bildung eines gleichförmigen Niederschlages. Die merkwürdigste hierher gehörige Erscheinung bot der Versuch Nr. 59. Bei sehr kräftigem Strome überzog sich die Kathode schon nach wenigen Minuten mit einer ganz gleichmäßigen, correct rosenroth gefärbten Schichte. Als nach sechs Stunden nachgesehen wurde, zeigte die Kathode einen sehr voluminösen schuppigen Niederschlag von zwar ganz correcter Farbe, aber so geringem Zusammenhange, daß beim Abwaschen einige Blättchen abfielen. Obwohl über die Ursache nicht im Zweifel, wiederholte Verfasser den Versuch dennoch, legte jedoch auf die Kathode ein Blatt schwedischen Filterpapieres. Nach kaum mehr als 2 Stunden lag auf dem Filterpapiere eine dicke Schichte beim Niederfallen etwas verschobenen Kupferoxydes, während der Niederschlag unterhalb des schützenden Papieres ganz dicht und zähe war. Hängen die Elektroden vertical, so wird der Niederschlag an der Kathode unten zumeist etwas dicker ausfallen als oben; die horizontale Lage trägt zur Gleichförmigkeit bei, wenn eine zwischen den Elektroden angebrachte Scheidewand (Thonzelle oder Membrane) das Fallen der Oxydtheilchen von der Anode zur Kathode verhindert. Obwohl bereits schon oben davon die Rede war, daß die Stromdichte innerhalb weiter Grenzen keinen wesentlichen Einfluß auf die Beschaffenheit des Niederschlages übt, so sind doch diesbezüglich noch die Versuche 64 und 69 zu besprechen, aus welchen hervorzugehen scheint, daß der schwächere Strom oder die geringere Dichte einen weniger zähen Niederschlag lieferten, als der stärkere, dichtere Strom. Dieses der gewöhnlichen Ansicht geradezu entgegengesetzte Versuchsergebniß dürfte sich durch das Nachstehende erklären. Einer Analyse zufolge war die verwendete Anode (käufliches Kupferblech) bleihältig. Bei dem viele Tage währenden Versuche 64 zeigte die früher klare Flüssigkeit einen weißen Bodensatz, welcher der Analyse zufolge schwefelsaures Bleioxyd gewesen; die Anode selbst war mit einem schmutzig graubraunen, dünnen pulverigen Ueberzug, der Hauptmasse nach Kupferoxydul, belegt. Bei dem raschen Verlaufe des Versuches Nr. 69 blieb die Flüssigkeit klar, die Anode hingegen zeigte einen dicken Belag von fast schwarzer Farbe – wahrscheinlich Kupferoxyd. Es kam in den ersteren Fällen jedenfalls ein Theil des gebildeten schwefelsauren Bleioxydes in Lösung, durch dessen mögliche Zerlegung das Resultat immerhin jene geringe Beeinträchtigung erlitten haben kann. Verstärkt man die Stromdichte durch Verminderung der Kathodengröße, so gewahrt man erst dann einen nachtheiligen Einfluß, wenn an der Kathode Gasentwickelung auftritt, was bei Kupfervitriolbädern erst dann wahrzunehmen war, als ein Draht als Kathode verwendet wurde. So oft sich – auch bei anderen Elektrolyten – Gasentwickelung einstellte, war das Resultat ein ungünstiges. Mit Cyansilber- und Cyangoldbädern wurden keine Versuche angestellt. Durch das Vorstehende glaubt Verfasser die eingangs gestellte Hauptfrage dahin beantworten zu können: Man erhält einen gleichförmigen, zähen, metallischen Niederschlag bei richtiger Wahl des Elektrolytes mittels starker Ströme ebenso gut wie mittels schwacher. Das Elektrolyt oder die Zersetzungsflüssigkeit für Kupferfällung (auf alle Matrizen, welche sich in der Flüssigkeit nicht verändern) ist am vortheilhaftesten Kupfervitriollösung mit einem Zusatze von mehr als 1/4 bis 7 Proc. Schwefelsäure. Man wird geeignete Flüssigkeiten erhalten, wenn man Kupfervitriollösungen von 15 bis 20° B. durch Zusatz von Schwefelsäure um 1 bis 2° B. verstärkt. Welche Verbindung eines Metalles, in Lösung gebracht, sich als Elektrolyt eignet, muß durch spätere Versuche noch bestimmt werden; hierzu nehme man Stromquellen mittlerer Stärke (Daniel'sche, Smee'sche u. dgl. Elemente), indem sich störende Nebenprocesse hier weniger einstellen. Mißlingen die Versuche, so ist die Flüssigkeit zu ändern, resp. dieselbe auf ihre Reinheit zu prüfen. Aenderungen in der Stromstärke versprechen keinen Erfolg.Haben Flüssigkeiten einen so großen Leitungswiderstand, daß die genannten Elemente keinen Strom liefern, oder treten den Strom paralysirende Polarisationserscheinungen auf, dann kann allerdings eine stärkere Stromquelle (Rheomotor) ein anderes Resultat liefern. So wurde Kupferoxyd-Ammoniak bei Anwendung eines Smee-Elementes nicht zerlegt; bei Anwendung der Noel'schen Thermosäule hingegen belegte sich die Kathode mit einer voluminösen Schichte von Kupferoxydhydrat, deren Bildungen an Malachit erinnerten. Wenden wir uns nun zur zweiten Frage: Welche Mittel befördern die Adhäsion des metallischen Niederschlages an der metallischen Unterlage? Diese Frage erlangt Bedeutung beim galvanischen Versilbern etc. Die diesbezüglich durchgeführten Versuche ergaben kein neues Resultat; denn es ist mehrseitig bekannt, daß festes Anhaften dadurch erreicht wird, daß man die Kathode zuerst durch kurze Zeit zur Anode macht und hierauf den Strom wechselt.Von Prof. Dr. Gintl in Prag vor mehr als 10 Jahren angewendet. In dieser Weise wurde z.B. Messing mit Kupfer so fest überzogen, daß der sonst leicht ablösbare Ueberzug nicht entfernt werden konnte. Ein wesentlicher Uebelstand dieses Vorganges ist die Verunreinigung des Bades, welche selbst dann nicht ganz entfällt, wenn man getrennte Gefäße benützt. Der praktischen Bedeutung wegen, welche das Verkupfern von Eisen haben könnte, nehmen wir in unsere Betrachtungen die Ergebnisse einiger diesbezüglichen Versuche auf. Es ist bekannt, daß sich Eisen durch Eintauchen verkupfern läßt, und liegen viele Recepte vor, nach welchen dasselbe nicht gut gelingt. Mischt man 1 Th. Kupfervitriollösung (von ca. 18° B.) mit 4 Th. Wasser und setzt 1/6 Th. englische Schwefelsäure zu, so braucht man in diese Mischung das wohlgereinigte, zu verkupfernde Eisen nur einzutauchen und sogleich wieder herauszuziehen und es ist verkupfert. Ist die Flüssigkeit verdünnter, so gelingt dies ebensogut, nur muß man die Einwirkung etwas verlängern, z.B. 2 bis 3 mal eintauchen. Die Flüssigkeit muß freie Säure enthalten, das ist zum Gelingen wesentlich, und sie muß verdünnt sein. Bei concentrirter Lösung gelingt das Verkupfern durch Eintauchen nicht, d.h. der Niederschlag haftet nicht fest, doch kann man durch Anreiben ein ganz genügendes Resultat erlangen. Hierbei wird ein Lappen mit der Kupfervitriollösung befeuchtet und mit demselben der zu verkupfernde eiserne Gegenstand überrieben. Man kann einen durch Eintauchen oder Einreiben verkupferten Eisengegenstand hierauf im Kupfervitriolbade mit einer dickeren Schichte Kupfer galvanisch überziehen; es unterliegt dies gar keinem Anstande; ebensowohl kann man ihn galvanisch versilbern, vergolden etc. Mag man aber in dieser Weise vorgehen oder mag die Verkupferung in einem Cyankupfer-Cyankaliumbade vorgenommen worden sein, der Ueberzug haftet nicht so fest, als es wünschenswerth wäre. Er verträgt weder wiederholtes Biegen des Gegenstandes, noch Glühen. Tadellos durch Eintauchen und hierauf im Kupfervitriolbade (dem äußeren Ansehen nach) verkupferte Eisen- und Stahlbleche gestatteten ein vollständiges Ablösen des Niederschlages, und zeigte sich der abgelöste Niederschlag an der Rückseite schwärzlich, ein Beweis, daß zwischen dem Kupfer und Eisen eine Oxydschichte sich vorfand, welche sich beim Eintauchen oder Anreiben erst bildete und auf welche die außerordentlich dünne, hierauf verstärkte Kupferschichte sich niederschlug. Eine Anwendung dieser Verkupferungsmethode, etwa für Dampfkesselbleche, Feuerbüchsen u. dgl. ist daher nicht statthaft, wohl aber kann dieselbe in anderer Weise, z.B. zum Verkupfern von Eisendraht etc., mit recht gutem Erfolge benützt werden, indem sie fast keine Auslagen bereitet und das Aussehen der Waare verschönert. Anmerkungen zur Tabelle auf S. 12. Zu Versuch 17: Das Zurückgehen der Stromstärke erklärt sich einerseits aus der Abnahme der Kraft des Elementes (von 66,5° auf 60° Ausschlag), andererseits aus der an der Anode entstandenen Schichte von Kupferoxyd und Oxydul. Zu Versuch 21: Die kleine Anode überzog sich bald mit Kupferoxyd und Oxydul in dicker Schicht, wodurch der Strom geschwächt wurde. Zu Versuch 51: Sämmtliche Zinkplatten der 3 Elemente verbunden, ebenso sämmtliche Silberplatten und dann den Kreis geschlossen. Zu Versuch 52: Verbindung der Elemente: (+) Zink; Silber, Zink; Silber, Zink; Silber (–). Zu Versuch 59: Die eigenthümliche Beschaffenheit des Niederschlages erklärt sich durch Herabfallen der an der Anode gebildeten Kupferoxydschichte. Zu Versuch 64: Auf der Anode vorwaltend Kupferoxydul aufgelagert. Zu Versuch 69: Der Strom 50mal stärker wie vorher. Textabbildung Bd. 218, S. 12 Nummer des Versuches; Größe der Anode und Kathode; Abstand der Elektroden; Ablenkung der Magnetnadel d. Rheometers v⁰, der Schließungsbogen ohne Zersetzungszelle; Ablenkung der Magnetnadel d. Rheometers v₁⁰, im Schließungsbogen die Zersetzungzelle eingeschaltet; Stromstärke in chemischen Einheiten. (cc Knallgas pro Min.); Dichte des Stromes pro 100qc der Elektroden; Zusammensetzung des Elektrolytes oder der zu zersetzenden Flüssigkeit; Zeit der Einwirkung Stdn.; Menge des Niederschlages; Aus d. Ablenkung berechnete Niederschlagsmenge; Beschaffenheit des Niederschlages; bei sämmtlichen Kathoden und Anoden; frische Säure im Element; Mittel; Kupfervitriollösung von der Dichte 1,142 = 18° B. u. 0,5 Proc. engl. Schwefelsäure zugesetzt; tadellos; 14,5° auf 4° u. hierauf 14° auf 2,5°; Kupfervitriollösung mit 0,5 Proc. Schwefelsäure; sehr schön und gleichmäß., doch etwas spröde; A.: Kupfer; K.: Blei; 3 Smee-Elemente neben einander 84,5°; Kupfervitriollösg. mit 0,6 Proc. Schwefels. (16 Proc. Kupfervitriol); Für Stromminimum 10,7; tadellos schöne Farbe; 3 Smee-Elemente neben einander 58°; Für Stromminimum 10,35; dto.; Kupfervitriollösung mit 0,6 Proc. Schwefelsäure und 0,3 und 0,15; streifig, sehr spröde, schön glänzend; Wie bei Nr. 51; Proc. Gelatine; A. und K. horizontal; Noel's große Thermosäule 40°; Kupfervitriollösung mit 0,6 Proc. Schwefelsäure und Spur von Gelatine; große voluminöse Schuppen; 12 Meidinger-Elemente hintereinander; Gerechnet a. d. Niederschlagsmge.; Kupfervitriollösung 17,1 Proc. Kupfervitriol 0,71 Proc. Schwefelsäure; sehr schön und gleichförmig, aber minder zähe; Noel's große Thermosäule 43°; tadellos, zäher wie vorher