Titel: Mittheilungen aus dem chemisch-technologischen Laboratorium der technischen Hochschule in Graz; von Prof. Dr. H. Schwarz.
Autor: H. Schwarz
Fundstelle: Band 218, Jahrgang 1875, S. 211
Download: XML
Mittheilungen aus dem chemisch-technologischen Laboratorium der technischen Hochschule in Graz; von Prof. Dr. H. Schwarz. Mit Abbildungen auf Taf. V [d/1]. (Fortsetzung von S. 62 dieses Bandes.) Schwarz, Mittheilungen aus dem chemisch-technologischen Laboratorium der technischen Hochschule in Graz. 5. Bessemern. Nach Mittheilungen des Leiters der hiesigen Stahlhütte der Grazer Waggonbau-Gesellschaft, Hrn. Director Bleichsteiner, tritt beim Bessemern manchmal die Erscheinung ein, daß gegen Ende der Operation die aus dem Converter ausströmende Flamme plötzlich alle Erscheinungen, das Erlöschen des Glanzes, selbst das Verschwinden der bekannten Spectrallinien darbietet, die sonst das Ende der Operation anzeigen, ohne daß doch die Frischoperation wirklich ihren Abschluß gefunden hat. Es ist dieser, von den Arbeitern mit dem Provincialausdrucke „falscher Simmerl“ bezeichnete Vorgang um so unangenehmer, als er die Alternative darbietet, entweder durch zu zeitige Zugabe des Spiegeleisens einen zu harten, kohlenstoffreichen Stahl zu erzeugen, oder falls wirklich das Ende der Operation erreicht, durch längeres Blasen die ganze Charge zu gefährden. Man muß daher umkippen und durch Ziehen von Schlacke, welche dann noch hell gefärbt ist, und durch Prüfen eines Metallkügelchens auf dem Ambos ermitteln, ob das Eisen schon hinreichend gefrischt ist oder nicht. Director Bleichsteiner theilte mir mit, daß diese Erscheinung am häufigsten einzutreten scheine, wenn die Charge sehr heiß gehe. Ich glaube unter diesen Umständen die Erklärung darin suchen zu können, daß wahrscheinlich die Temperatur der Dissociation der Kohlensäure erreicht ist, so daß der Luftsauerstoff das Eisen passirt, ohne sich mit dem Kohlenstoff zu verbinden. Wenn man annimmt, daß das Frischen durch das beigemischte Eisensilicat erfolgt, bleibt die Erklärung dieselbe. Wir wissen vom Puddeln, daß auch hier eine allzu hohe Temperatur die oxydirende Wirkung der Schlacke vermindert. Kippt man unter diesen Umständen die Birne um, so kühlt sich die Charge hinreichend ab, um bei erneutem Blasen die Oxydation des Kohlenstoffes wieder beginnen zu lassen. Auch ohne dieses Pausiren muß das Durchströmen von nicht verbrennend wirkender Luft soviel Wärme binden, daß die niedrigere Oxydationstemperatur wieder erreicht wird. Ich möchte Praktiker des Bessemerprocesses hierdurch zu einem Urtheil über diese Erklärung veranlassen. 6. Gold im Schwefelkies. Ich hatte bei der Analyse eines steyrischen Schwefelkieses meine Aufmerksamkeit auf Spuren von Gold zu richten. Da die gewöhnliche Methode, den Schwefelkies zu rösten, mit Borax und Blei einzutränken, bei der nothwendigen Anwendung größerer Schwefelkiesmengen sehr umständlich und zeitraubend erschien, so wählte ich folgenden, meines Wissens noch nicht betretenen Weg. Wenn man das Doppelt-Schwefeleisen für sich mit verdünnter Schwefelsäure behandelt, so wird es dadurch so gut wie gar nicht angegriffen, während Einfach-Schwefeleisen dadurch sehr leicht zersetzt wird. Schwefelgold, Schwefelsilber u. dgl. bleiben natürlich ungelöst. Ich schmolz daher 100g des fraglichen Schwefelkieses mit 46g,6 feinen reinen Eisenfeilspänen unter einer Decke von Kochsalz zusammen, pulverisirte das entstandene Einfach-Schwefeleisen gröblich und übergoß es in einer Gasentwickelungsflasche mit mäßig verdünnter Schwefelsäure. Es trat eine reichliche Entwickelung von Schwefelwasserstoff ein, der zur Bereitung von Schwefelammonium verwendet wurde. Die Lösung wurde von dem geringen schwärzlichen Rückstande abfiltrirt, dieser ausgewaschen, getrocknet und auf einem Thonscherben geröstet. Schließlich wurde Boraxglas zugefügt, etwa 2g reines Kornblei darüber gestreut und nun in der Muffel so lange geschmolzen, bis sich ein einziges Bleikorn, in einer eisenreichen Schlacke schwimmend, gebildet hatte. Dieses wurde in einen Gießbuckel gegossen, abgeschlackt und auf der Kapelle abgetrieben. Es blieb ein minimales Korn zurück, in welchem die Gegenwart von Gold durch Auflösen in Königswasser, Abdampfen des Säureüberschusses, Aufnehmen mit wenig Wasser und Zusatz einer Zinnsalzlösung durch die Bildung von Cassius-Purpur, auch durch die Reduction mittels Eisenvitriol nachgewiesen werden konnte. Eine analoge Methode dürfte auch bei Gegenwart von Kupfer oder Silber in Schwefelkies zur Concentration dieser geringen Beimengungen zu empfehlen sein. 7. Verarbeitung von Galmeischlämmen. Bei der Aufbereitung von Galmei in Oberschlesien und an anderen Orten erhält man reichliche Mengen eines schlammigen, Thon, Eisenoxyd und größere oder geringere Mengen Zinkoxyd enthaltenden Schlammes von 6 bis 10 Proc. Zinkgehalt, welcher trotz der kolossalen Mengen, die sich davon angehäuft haben, doch zu arm erscheint, um direct auf Zink verarbeitet zu werden. Schon vor längerer Zeit schlug ich vor, denselben durch Behandlung mit einer kochenden concentrirten Salmiaklösung zu entzinken. Es löst sich unter diesen Umständen das Zink in der Form von ClNHZn, Chlorzinkammonium, welches in weißen prismatischen Krystallen beim Erkalten herauskrystallisirt. ZnO + ClNH₄ = ClNHZn + HO. Durch gelindes Rösten muß übrigens die mit dem ZnO verbundene Kohlensäure vorher ausgetrieben werden. Die Krystalle zerlegen sich mit reinem Wasser in ClNH₄ + ZnO, HO, das als weißer Rückstand zurückbleibt. Die immer noch Zink haltige, minder concentrirte Salmiaklösung läßt sich nach dem Eindampfen von neuem zur Zinkextraction anwenden. Ein besserer Weg ist folgender. Durch Zusatz von Kalk bildet sich ClCa, geht NH₃ fort und ZnO schlägt sich nieder. Durch gleichzeitiges Einleiten von Ammoniak und von (Verbrennungs-) Kohlensäure in die Chlorcalciumlösung läßt sich unter Absatz von kohlensaurem Kalk das Chlorammonium regeneriren. Auch die Krystalle von ClNHZn lassen sich durch Glühen mit Kalk zersetzen, das ZnO durch Auswaschen des Rückstandes, das Ammoniak durch Condensation in Chlorcalciumlösung mit Kohlensäure wieder in Salmiak überführen. Da sich indessen in der thonigen, auch nach dem Rösten schlecht durchdringlichen Masse leicht Salmiak verzettelt, ging ich von dieser Methode ab und wendete mich der Extraction mittels der so wohlfeilen Salzsäure zu. Gegen diese hatte man früher den Einwand erhoben, daß der beigemengte kohlensaure Kalk die Lösung des Zinkoxydes so lange verhindern werde, bis er vollkommen gelöst sei, wozu natürlich eine unverhältnißmäßige Menge Salzsäure nutzlos verbraucht werden müßte. Wenn man indessen den Galmeischlamm bei so niedriger Temperatur röstet, daß wohl das kohlensaure Zinkoxyd, nicht aber der kohlensaure Kalk zersetzt wird, stellt sich der Vorgang etwas anders heraus. Eine neutrale Chlorzinklösung wird durch kohlensauren Kalk nicht gefällt, sondern nur durch Aetzkalk. Wenn man daher den schwach gerösteten Galmei mit genau soviel stark verdünnter Salzsäure vermischt, daß eben das Zinkoxyd dadurch gesättigt wird, so löst sich vorwiegend Zinkoxyd auf. Freilich ist ein schwaches Aufbrausen nicht zu vermeiden, was von der Lösung des kohlensauren Kalkes herrührt; in der That wird der Galmeirückstand nicht vollkommen an Zink erschöpft, das Filtrat aber enthält neben Chlorzink auch Chlorcalcium. Als ein Galmeischlamm mit 9,5 Proc. ZnO schwach geröstet und dann mit soviel 2 1/2 proc. Salzsäure, als dem ZnO äquivalent, übergossen wurde, lösten sich 5,6 Proc. Zinkoxyd auf; der Rest der Salzsäure war durch Kalk gesättigt. Als der Rückstand nochmals so behandelt wurde, gelang es den Zinkgehalt auf 1,5 Proc. herabzubringen. Immerhin scheinen Zinkoxyd und kohlensaurer Kalk nahezu gleiche Affinität zur Salzsäure zu besitzen, so daß man bei einem Ueberschusse von kohlensaurem Kalk (und kohlensaurer Magnesia) 2 Aeq. Salzsäure opfern muß, um 1 Aeq. Zinkoxyd auszuziehen. Man braucht dann in Gewichtstheilen auf 40 Zinkoxyd oder 32 Zink 73 Th. wasserfreie Salzsäure, oder bei roher Salzsäure von etwa 30 Proc. Gehalt 243 Theile, auf 100k Zink also 777k,6 roher Salzsäure. Wenn die rohe Salzsäure loco Fabrik pro 100k 2,5 M. kostet, so würden 100k Zink an Salzsäurekosten 19,44 M. in Anspruch nehmen, was bei einem Zinkpreise von 48 M. immer noch die Möglichkeit einer Rentabilität übrig ließe. Freilich bleiben noch die Kosten der Fällung durch Kalkmilch, der Trocknung und Reduction zu Zink, obwohl letztere bei der feinen Vertheilung des gefällten Zinkoxydes wohl sehr leicht und mit geringem Brennstoffaufwande erfolgen würde. 8. Mattätzen und Blankbrennen des Messings. Um dem Messing nach der Verarbeitung durch Stampfen und Drücken eine schön goldgelbe, glänzende Oberfläche zu ertheilen, verfährt man gewöhnlich in der Art, daß man die ausgeglühte Waare zuerst vom sogen. Glühspan durch Eintauchen in verdünnte Schwefelsäure oder eine nahezu mit Zink und Kupferoxyd gesättigte, gebrauchte Beize, oft unter Zusatz von etwas Salpetersäure, befreit. Daß die Oberfläche alsdann oft kupferroth erscheint, mag darin seinen Grund haben, daß der Glühspan nicht aus Kupferoxyd, sondern aus Kupferoxydul besteht, welches durch verdünnte Schwefelsäure in gelöstes Kupferoxyd und feinvertheiltes metallisches Kupfer zerfällt (CuO + SO₃ = CuO, SO₃ + Cu). Hierauf folgt das Mattbeizen, entweder durch Kochen oder durch kalte Behandlung mit stark verdünnter Salpetersäure. Dadurch nimmt die Oberfläche eine graugelbe Farbe an, die man durch Bildung einer zinkreichen Schicht hat erklären wollen, welche durch die nun folgende Operation des Blankbrennens in concentrirter Salpetersäure wieder kupferreicher und damit hochgelb werde. Eine einfache mikroskopische Beobachtung zeigt, daß es sich hier mehr um eine physikalisch-optische Erscheinung handelt. Das grau gebeizte Messingblech, bei auffallendem Lichte unter mäßiger Vergrößerung betrachtet, zeigt eine wohl ausgebildete Krystallisation. Es kreuzen sich zahlreiche scharfe Krystallkanten, die selbst wieder gestreift sind und durch das Wegätzen des dazwischen befindlichen Metalles blosgelegt wurden. Je feiner das Blech ausgewalzt war, desto kleiner erscheinen die Krystalle, welche augenscheinlich schon beim Guß der Walztafeln entstanden sind. Taucht man dieses mattgebrannte Stück dann in starke Salpetersäure, bis es blank und hochgelb erscheint, und bringt es nach dem Abspülen und Trocknen wieder unter das Mikroskop, so sieht man, daß alle die hervorragenden Krystallkanten und Spitzen abgerundet sind, indem sich der Angriff der Säure auf diese concentrirte. Diese Abrundung bringt aber den eigenthümlichen hohen Glanz hervor, wie es auch ein Niederdrücken, Poliren oder Abschleifen, wenn auch in geringerem Grade, hervorrufen würde. Eigenthümlich ist es, daß durch Berührung mit Eisen beim Blankbeizen die Färbung an den Stellen der Berührung ins Kupferfarbene übergeht, wahrscheinlich durch galvanische Action. Sollte das Blech durch Verzögerung des Abspülens nach dem Blankbeizen an einigen Stellen mißfarbig erscheinen, so kann man durch Behandlung mit concentrirter Kochsalzlösung diese Mißfärbung beseitigen. Dies deutet auf die Ursache derselben, auf die locale Bildung an Kupferoxydul hin, das durch Kochsalz in Kupferchlorür übergeht, welches sich in concentrirter Kochsalzlösung auflöst. 9. Analyse von Fledermaus-Guano. In einer Höhle bei Raab in Ungarn wurden Lager von Fledermaus-Guano entdeckt. Ich fand in einer Mittelprobe derselben: Sorte Nr. 1. Nr. 2. Stickstoff     0,98–0,84 Proc.      0,70 Proc. Phosphorsäure         11,03    „ 10,56    „ Sand 32,80    „ Glühverlust 31,62    „ Die Phosphorsäure war zum Theil an Eisenoxyd und Thonerde gebunden. 10. Einfaches Pyrometer. Im Grazer polytechnischen Clubb stellte ein Mitglied, Maschinen-Inspector Zander, die Aufgabe, zur Bestimmung der Temperatur der durch den Locomolivschornstein abziehenden Gase ein einfaches Pyrometer zu construiren, das einmal den heftigen Erschütterungen während der Fahrt widerstehen und ferner die Ablesung der während der Fahrt stattgefundenen höchsten Temperatur beim Anhalten auf der Station gestatten müßte. Ich proponirte dazu folgenden Apparat. Aus Stahl wird durch Abdrehen ein schwach conischer Bolzen gebildet, dessen Seiten eine ganz geringe Neigung gegen die Achse besitzen. Derselbe läßt sich, das dünnere Ende nach oben, mittels eines eingeschraubten Hakens innerhalb der Rauchbüchse aufhängen. Auf diesen Bolzen paßt ein Ring von Messing oder Zink, dessen innere Seite genau auf das spitze Ende des Stahlconus aufgeschliffen ist. Auf dem Stahlconus ist eine genau getheilte Scale angebracht; eine feine Spitze, auf dem Ringe angeschraubt, dient als Scalenzeiger. Der Stahlbolzen habe eine Länge von 100mm, am dünneren Ende einen Durchmesser von 30mm, am dickeren Ende von 31mm, so daß also die Steigung auf 100mm 1mm betrage und mit jedem Millimeter Höhe der Durchmesser um 0mm,01 zunehme. Der Ring von Messing, oder von Zink, habe eine Dicke von 15mm, eine Höhe von 10mm, also am oberen Rande einen inneren Durchmesser von 30mm, am unteren Rande von 30mm,1; die äußeren Durchmesser hätten 60mm oben wie unten zu betragen. Ungehärteter Stahl dehnt sich bei einer Temperaturdifferenz von 100° um 0,001079 seiner Länge aus. Der obere Bolzendurchmesser wächst daher von 15 bis 115° um 30 × 0,001079 = 0mm,03237; er wird dadurch von 30 auf 30mm,03237 ausgedehnt. Das Messing dehnt sich bei einer Temperaturdifferenz von 100° um 0,001868 seiner Länge aus. Die Ausdehnung eines Ringes können wir auffassen, als eine Ausdehnung eines Stabes, der die mittlere Länge des Ringes besitzt. Wenn d (60mm) den äußeren, δ (30mm) den inneren Durchmesser bezeichnet, so ist (d + δ)/2 π = (60 + 30)/2 π = 141mm,30 die mittlere Länge der Oberkante; der Unterkante würden (60 + 30,1)/2 π = 141mm,457 entsprechen. Bei einer Erwärmung von 15 bis 115° würde ein solcher Stab sich auf 141mm,5639 ausdehnen, und dadurch sein Durchmesser an allen Punkten, auch im Inneren sich auf 141,5639/π – 45, also von 30mm auf 30mm,083 erweitern. Es findet aber auch eine Ausdehnung in der Dicke des Ringes von der neutralen Linie nach Innen und Außen statt. Der innere Durchmesser wird dadurch um 15 × 0,001868 = 0mm,0280 verengert. Bei 115° ist er also an der Oberkante = 30mm,0550. Bei dieser Temperatur hat aber der Stahlbolzen an der Spitze nur einen Durchmesser von 30mm,03237. Nehmen wir nun an, daß auch bei der Erwärmung das Verhältniß des dicken Durchmessers des Bolzens in verschiedener Höhe dasselbe bleibt, so würde der Stahlbolzen erst in 2mm,395 Abstand von der Spitze diesen Durchmesser erreichen, der Messingring also um soviel herabgleiten. Bei einem Zinkringe von denselben Dimensionen steigen diese Verhältnisse einigermaßen, weil sich das Zink bei 100° Temperaturdifferenz um 0,002942 seiner Länge ausdehnt. Bei dieser Temperaturdifferenz hätten wir für die Vergrößerung des inneren Ringdurchmessers folgende Rechnung. Die mittlere Ringlänge von 45π = 141mm,3 dehnt sich von 15 bis 115° um 141,3 × 0,002942 = 0mm,4159 aus; die Vergrößerung des inneren Ringdurchmessers beträgt uncorrigirt 0mm,1356, corrigirt durch die Dickenausdehnung (0,0299) = 0mm,1057. Ziehen wir davon die Zunahme des Durchmessers des Stahlbolzens mit 0,0323 ab, so sinkt der Ring um 7mm,34 herunter. Es ist auch in der That bei den Versuchen ein bedeutend tieferes Herabsinken des Zinkringes beobachtet worden. Obige Zahlen sollen nur die Art der Durchführung der Rechnung, keineswegs aber die allein giltigen Abmessungen angeben. Es wird unter allen Umständen zweckmäßig sein, die Graduirung empirisch vorzunehmen, ja sogar von jedem neuen Versuche diese empirische Graduirung mit Zuhilfenahme von Wasser- resp. Oelbädern und eines guten Quecksilberthermometers zu revidiren, weil nicht zu vermeiden ist, daß, wenn der Apparat sich wieder abkühlt, eine starke Dehnung des Ringes eintritt. Er schrumpft beim Abkühlen stark zusammen, und man muß sich beeilen, den Ring noch warm loszuschlagen, weil er sonst nur durch Wiedererwärmen loszubringen ist. Bei einem Versuche, welcher mit dem Apparate auf der Eisenbahnstrecke Graz-Köflach angestellt wurde, zeigte sich als Temperatur der Rauchgase bei einem leichten Zuge und horizontaler, auch fallender Strecke, also schwacher Feuerung, eine höchste Temperatur von 150°, während bei der Rückfahrt mit einem schweren Kohlenzuge und starker Heizung die höchste Temperatur 230° betrug. Vor Rauch und Ruß kann man den Apparat durch Einschließen in eine Blechbüchse schützen. Ich nehme als Vorzug dieses Apparates nur das in Anspruch, daß er unter den obwaltenden schwierigen Verhältnissen eine Schätzung der Temperatur möglich macht; sonst gebe ich ihn in seinen Unvollkommenheiten der Kritik bereitwillig Preis. 11. Methylamin-Vorkommen. Bei einem Versuche in der hiesigen Poudrettefabrik hatte ich durch Destillation der Fäcalien mit Kalk ziemlich beträchtliche Mengen Ammoniak in der Form von schwefelsaurem Ammoniak erhalten. Als ich die Mutterlauge des schwefelsauren Ammoniaks mit starkem Alkohol versetzte, das niederfallende Salz abfiltrirte, den Alkohol abdestillirte und den Rückstand von neuem mit Kalk kochte, endlich das entwickelte Product in Schwefelsäure auffing und das so erhaltene Salz von neuem der Alkoholbehandlung unterzog, erhielt ich endlich durch erneute Destillation mit Kalk, Auffangen in Salzsäure und Abdampfen nach Zusatz von Platinchlorid eine Platinverbindung, welche beim Glühen 41,09 bis 41,60 Proc. Platin hinterließ. PtCl₂ + CHNCl = Chlorplatin und Methylammonium-Chlorid enthält aber 41,67 Proc. Platin. Es ist also dem Ammoniak der Fäcalien eine kleine Menge Methylamin beigemengt. 12. Dialysirung von Kuhharn. (Fig. 31 bis 36 Taf. V [d/1]). Kuhharn, den ich zur Gewinnung von Hippursäure abgedampft hatte, gab diese nur in sehr geringen Mengen, enthielt aber sehr beträchtliche Mengen Harnstoff, welchen ich theils durch Salpetersäure und Oxalsäure, theils durch Dialyse der concentrirten Flüssigkeit rein in sehr schönen Krystallen darstellte. Ich kann zur Durchführung der Dialyse die aus Pergamentpapier angefertigten Schläuche resp. Eissäcke aus der Fabrik von A. Eckstein in Wien sehr empfehlen. Bindet man das untere Ende eines solchen Schlauches um einen Kautschukstopfen oder besser noch um einen Glasstopfen fest, über den man ein passendes Stück eines Kautschukschlauches gezogen hat, und hängt man ihn dann in einen Cylinder mit destillirtem Wasser ein, welches man durch ein bis zum Boden reichendes Heberrohr abfließen lassen kann, so erhält man einen äußerst wirksamen Dialysirungsapparat. Statt des Hebers kann natürlich auch ein nahe dem Fuße des Cylinders angebrachter Hahn dienen. Oben läßt man dann reines Wasser tropfenweise zufließen. Ich construirte mir auch einen größeren Dialysirungsapparat aus Holzrahmen c, c (Fig. 31 bis 33), welche nach dem Dazwischenbringen von angefeuchteten Pergamentpapierblättern s durch Deckplatten b, b und Bolzen a zusammengeschraubt wurden. In den mittleren Rahmen läßt man die zu dialysirende Flüssigkeit durch ein seitliches Trichterrohr i unten ein und oben durch ein abwärts gebogenes Rohr m abfließen. Das Wasser in den beiden äußeren Rahmen verfolgt den entgegengesetzten Weg, fließt nämlich durch den Trichter i' oben ein und durch die Röhren o unten ab. So kommt der Gegenstrom zur Wirkung, was das Dialysiren sehr beschleunigt. Um die Rahmen auch vollständig entleeren zu können, sind unten kleine durch Kork verschlossene Röhrchen n angebracht. Ich bediente mich der Einfachheit halber des Holzes als Material zu den Rahmen und dichtete das Pergamentpapier darauf mit Leinsamenmehl. Eleganter und sauberer würde man diesen Apparat aus Hartkautschuk mit aufgelegten Platten von gewöhnlichem vulkanisirtem Kautschuk darstellen, und wäre dann vielleicht die Rundform (Fig. 34 bis 36) vorzuziehen. Zwei Metallringe b, b, durch Schrauben a verbunden, würden den Apparat zusammenhalten. Die Leitung des Wassers ist der des vorigen Apparates gleich und aus der Zeichnung ohne weitere Beschreibung ersichtlich. 13. Vorkommen von Barit im Gichtstaube. In Oberschlesien dient jetzt als ein werthvolles Material zur Zinkgewinnung der Gichtstaub der Hohöfen und Staubkammern. Als derselbe mit concentrirter Salzsäure angerührt und spectralanalytisch geprüft wurde, zeigten sich zahlreiche Linien, welche als dem Barit angehörig erkannt wurden. Merkwürdig war es, daß sie bei Zusatz von Wasser zur Flüssigkeit verschwanden. Es gelang durch die Analyse Barit und gleichzeitig Schwefelsäure in dem Gichtstaube nachzuweisen. 14. Continuirliche Bildung von Salpetersäure aus Ammoniak und Luftsauerstoff. Wenn man Mangansuperoxyd mit Aetznatronlauge abdampft und die trockene Masse dann im Luftstrome mäßig erhitzt, erhält man bekanntlich mangansaures Natron, welches nach Tessié du Mothay in überhitztem Wasserdampfstrom geglüht, Sauerstoff abgibt und wieder zu dem Gemisch von Mangansuperoxyd und Natron wird, das ursprünglich vorlag. Ich glaubte nun annehmen zu sollen, daß, wenn ich auf das an der Luft geglühte Mangansuperoxyd-Natron-Gemisch Ammoniakgas einwirken ließe, das Ammoniak zu Salpetersäure oxydirt werden müßte. Diese konnte sich aber nicht mit dem Natron verbinden, da nach Wöhler salpetersaures Natron, mit Braunstein erhitzt, in Aetznatron und Salpetersäure zerfällt. Durch erneuten Luftzutritt mußte sich von Neuem mangansaures Natron bilden, also eine continuirliche Oxydation des Ammoniaks zu Salpetersäure erhalten werden können. Ich veranlaßte meinen Assistenten Hrn. Petrik zur Durchführung dieser Versuche, welche in der That alle meine Voraussetzungen bestätigten. Braunstein im Ueberschusse wurde in Natronlauge eingetragen und die Mischung unter Zusatz von etwas Aetzkalk in einer Silberschale zur staubigen Trockne gebracht. Durch den Zusatz von Kalk wurde die Masse poröser und griff auch nicht so stark das Glasrohr an, in welchem sie später erhitzt wurde. Das schwerschmelzbare Glasrohr wurde in einen Gasverbrennungsofen eingelegt, die herabgebogene Spitze zuerst in eine trockene Vorlage eingeführt und mit dieser noch mehrere Waschflaschen mit Normalnatron verbunden. Das andere Ende des Glasrohres stand mit zwei Luftgasometern durch eine 3halsige Woulf'sche Flasche in Verbindung. Der eine dieser Gasometer sendete seinen Luftstrom direct, der andere erst, nachdem derselbe einen Liebig'schen Kaliapparat passirt hatte, welcher Ammoniakflüssigkeit enthielt, durch die glühende Röhre, Vorlagen u.s.w. So war es möglich, theils reine, theils mit Ammoniakgas vermischte Luft durch das Braunsteingemisch zu leiten. Die Temperatur des Rohres war schwache Rothglut. Die Bildung der Salpetersäure war so energisch, daß sich die Vorlage bald mit einer stark sauren Flüssigkeit füllte. Nur bei zu hoher Temperatur traten rothe Dämpfe auf, und nur dann, wenn der Gehalt von Ammoniak zu bedeutend war, bildeten sich weiße Dämpfe von salpetersaurem Ammoniak. Als man die verschwundenen Ammoniakmengen und die gebildete Salpetersäure acidimetrisch bestimmte, zeigte sich, daß ca. 60 Proc. der theoretischen Salpetersäuremenge gebildet waren. Auf 17 Th. verschwundenes Ammoniak müßten sich durch Aufnahme von 64 Th. Sauerstoff 63 NO₅, HO und 18 HO bilden. Es wurden statt dessen etwa 37 Th. NO₅, HO gebildet, gewiß ein genügendes Resultat. Tagelang kann man auf diese Art die Verwandlung des Ammoniaks in Salpetersäure fortführen. Wenn man nur Ammoniakgas ohne Luft über das Gemisch leitet, bildet sich freilich anfangs ebenfalls Salpetersäure in reichlicher Menge; es hört die Entwickelung aber bald auf, und es tritt nach einer kurzen Periode der weißen Dämpfe von salpetersaurem Ammon bald reines Ammoniak am Ende des Glasrohres auf. Wenn man dann im Luftstrome ausglüht, wird die Mischung wieder regenerirt und befähigt, von neuem Salpetersäure zu bilden. Der Versuch eignet sich vortrefflich zu einem Vorlesungsexperimente. Ob er einer praktischen Verwendung fähig, lasse ich dahin gestellt, da 1k Stickstoff im Ammoniak sich auf durchschnittlich 2 M., im Chilisalpeter etwa eben so hoch stellt, und es mir scheint, als ob die Abscheidung der Salpetersäure aus dem Chilisalpeter doch einfacher wäre, als diese Oxydationsmethode. Ich kann nicht unterlassen, Hrn. Petrik für seine geschickte Unterstützung bei obiger Arbeit meinen Dank zu sagen. 15. Theeïnbestimmungen. Ich erhielt aus den Londoner Docks originale Theemuster für meine Sammlung. Hr. Petrik übernahm es, in denselben den Gehalt an Theeïn quantitativ zu bestimmen. Zu diesem Zweck wurde der Thee mit angesäuertem Wasser ausgekocht, die Flüssigkeit mit Aetzkalk zur Trockne gebracht und mit Aether extrahirt, welcher das Theeïn nach dem Verdunsten auf einer gewogenen Glasschale fertig zum Wiegen hinterließ. Die Theesorten gaben folgende Resultate. Kaisow Congon 2 Shilling Pence pro Pfund 2,4 Proc. Theeïn.     „            „ 1 8 1,7     „            „ 2 8 1,5 Finest Gunpowder 2 7 1,4     „     Mayune Gunpowder 3 9 2,1     „     Souchong 2 6 2,12 Theestaub (10,8 Proc. Asche) 1,46 Die Preise scheinen keineswegs mit dem Gehalt an Theeïn im Verhältniß zu stehen. 16. Schlämmen von Kaolin. Man glaubt häufig, daß die feinsandigen Theile, welche sich beim Schlämmen von Thon absetzen, im Wesentlichen fein vertheilter Quarz seien. Ich hatte Gelegenheit, mehrere Kaolinschlempen einem zweiten Schlämmproceß zu unterwerfen. Die dickliche Flüssigkeit wurde dabei in einen Kolben gebracht, dieser mit einem doppelt durchbohrten Kautschukpfropf verschlossen, durch welchen ein Rohr bis auf den Boden führte, während das andere dicht unter dem Stopfen endete. Wenn dann durch ersteres Wasser in einem langsamen Strahle zugeführt wurde, so floß so lange Kaolinschlempe ab, bis die Schnelligkeit des Wasserstromes nicht mehr genügte, um die gröberen Theilchen am Herabsinken zu hindern. Ließ man hierauf die Schlempe sich absetzen und fällte endlich die noch trübe Flüssigkeit durch Zusatz einer kleinen Menge Alaunlösung, so erhielt man dadurch 3 Sorten Kaolin in verschiedener Feinheit des Kornes. Die Thonmilch ergab: A. B.   I. Schlicker 15,84 80,33 Proc. (gröberes Korn).  II. Kaolin a. 59,35 10,13 (feineres Korn). III.    „      b. 20,96   2,36 (feinstes Korn).      Verlust   3,85   7,18 Dieses wurde aus Glührückstand von der Thonmilch und den einzelnen Portionen berechnet. Es enthielt A. I. II. III. B. I. II. III. Kieselsäure Proc. 54,22 54,66 53,87 54,42 54,61 30,09 Thonerde 44,33 44,21 44,61 44,71 44,65 63,88 Eisenoxyd   1,00   0,90   1,01   0,87   0,86   1,17 Alkali und Verlust   0,45   0,34   0,51   4,86 Man sieht, daß die gröberen und feineren Theile im Wesentlichen dieselbe Zusammensetzung haben. Daß A III und mehr noch B III etwas abweichen, hat seinen Grund in dem Zusatze von Alaun, welcher als basisch schwefelsaure Thonerde sich beimischt. Bei B III, das in so geringer Menge auftrat, mußte dieser Zusatz sich bemerklicher machen.

Tafeln

Tafel Taf.
                                    V
Taf. V