Titel: Betrieb von Seilbahnen mittels Locomotiven.
Fundstelle: Band 218, Jahrgang 1875, S. 385
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Betrieb von Seilbahnen mittels Locomotiven. Mit einer Abbildung auf Taf. IX [a/1] Betrieb von Seilbahnen mittels Locomotiven. Der Engineer, October 1875 S. 246, berichtet über eine äußerst interessante Einrichtung, welche seit einigen Monaten auf einer Kohlengruben-Zweigbahn der Caledonian-Railway bei Glasgow (Schottland) in Betrieb ist. Dieselbe ist mit Steigungen von 1/15 bis zu 1/11 angelegt und wurde bisher mit zwei schweren Tenderlocomotiven betrieben, welche jedoch selbstverständlich, nachdem eine Locomotive sich selbst höchstens noch auf 1/7 Steigung mit Sicherheit fortbewegen kann, nur geringe Lasten schleppen konnten. Bei der fortwährenden Erweiterung des Betriebes wurde es daher nahe gelegt, die stärksten Steigungen statt durch Locomotiven mittels einer festen Windemaschine zu überwinden, welche auf der Höhe der stärksten Steigung aufzustellen wäre. Nachdem aber eine derartige Einrichtung sowohl mit bedeutenden Anschaffungskosten als auch fortwährenden Betriebsspesen für Dampfkesselheizung, Wärter u.s.w. verbunden gewesen wäre, so kamen die HH. Graham Stevenson (von der Firma Dick und Stevenson in Airdrie) und John Reid, Director der betreffenden Kohlenwerke zu Provanhall, auf den Gedanken, die Locomotivmaschinen, welche ohnedies die Züge von und zu der Seilebene zu schleppen hatten, auch den Betrieb der Windemaschine besorgen zu lassen. So entstand die in Figur 1 dargestellte Einrichtung, welche in ihrer Originalität und wahrhaft überraschenden Einfachheit die Beachtung aller Fachmänner verdient und gewiß noch zu ausgedehnterer Verbreitung und Anwendung bestimmt ist. Aus der Skizze geht sofort hervor, wie die Adhäsion der Treib- und Kuppelräder, statt auf die Schienen, hier auf zwei gleichfalls gekuppelte Achsen wirkt, von denen aus durch Zahnrad-Uebersetzung die Vorgelegwelle und von dieser endlich das große Zahnrad der Windetrommel in Bewegung gesetzt wird, welch letztere genau im Mittel der Bahnachse situirt ist. Für das Herabfahren der Züge ist an der Windetrommel noch eine Bremse angebracht, die mittels eines langen Handhebels dirigirt werden kann, so daß hierbei selbstverständlich keine Dampfkraft erforderlich ist. Der Betrieb dieser interessanten Bahnstrecke läßt sich somit auf außerordentlich einfache Weise einrichten. Die Locomotive führt ihren Zug bis zur Seilebene, wo schon das Ende des Zugseiles bereit liegt. Die Maschine wird abgekuppelt und fährt in einem Seitengleise neben der Seilbahn hinauf, bis sie an den in Figur 1 angedeuteten Bufferständer anstößt; in der Zwischenzeit ist das Zugseil an den Train angehängt worden, und der Führer kann sofort nach dem Erreichen des Bufferständers bei ungeänderter Steuerung die Maschine weiterarbeiten lassen, worauf dann die Windetrommel in Bewegung gesetzt und der Zug heraufgeschleppt wird. Auf diese Weise ist es wohl glaublich, daß die beiden auf der Linie verwendeten Maschinen eine der früheren vierfach überlegene Leistung entwickeln, während gleichzeitig die Manipulation wesentlich erleichtert und die Abnützung von Schienen und Locomotiven bedeutend vermindert ist. M-M.

Tafeln

Tafel Taf. IX
Taf. IX