Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 218, Jahrgang 1875, Nr. , S. 81
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Miscellen. Miscellen. Der „Keely-Motor“-Schwindel. Eine neue Erfindung ungeheurer Tragweite hält seit Monaten das ganze Zeitungspublicum der Vereinigten Staaten in Aufregung. Alle Zeitungen bringen Mittheilungen über die Fortschritte der Keely-Motor-Company, welche sich in Philadelphia gebildet hat, um dieser wunderbaren Neuerung Eingang in die Praxis zu verschaffen; in kurzer Zeit wurden große Summen gezeichnet und selbst Fachmänner anerkannten Rufes haben sich nicht gescheut, für einen offenbaren Unsinn einzutreten, der sich in Wahrheit wenig vom „Perpetuum mobile“ unterscheidet. Der Erfinder zeigt den erstaunten Besuchern einen eisernen Kasten mit einer kleinen Oeffnung, in welche er eine halbe Minute lang hineinbläst. Hierauf verbindet er dieselbe Oeffnung mit dem Hydranten einer Niederdruckwasserleitung (2at Druck), läßt ca. 50l Wasser einströmen und sperrt dann ab. Jetzt ist das Wunder fertig; denn Keely behauptet, daß sich nun, durch die einfache Vereinigung des Wassers mit der Luft, ohne Wärme, ohne irgend welche chemische oder mechanische Action, ein neues gasförmiges Fluidum gebildet hat – ein „kalter Dampf“. welcher größeres Volum wie die erzeugende Flüssigkeit einnimmt und durch entsprechende Einrichtung des Apparates (die natürlich nur dem Erfinder bekannt ist), auf 600 bis 1000at Spannung gebracht werden kann. Zum Beweis dessen öffnet Keely einen Wechsel an seinem Motor, welcher zu einem Manometer führt, das nun auch sofort zum allgemeinen Erstaunen 5000k Spannung zeigt. Darauf wird aus dem mysteriösen Gehäuse eine kleine Luftmaschine – welche hier wohl „Kalt-Dampfmaschine“ heißen müßte – in Betrieb gesetzt, bis nach 3 oder 4 Minuten die Besucher entlassen werden unter der Versicherung, mit dem Gelde der neuen Actiengesellschaft einen großen Keely-Motor zu bauen, der alle „Warm-Dampfmaschinen“ aus dem Felde schlagen soll. Es ist klar, daß dieser niemals zu Stande kommen wird, und der Scientific American, welcher mit anerkennenswerther Consequenz diesen vaterländischen Humbug bekämpft, führt die ergötzlichsten Beispiele ähnlicher Erfinder auf, die auch bald ebenso plötzlich verschwanden, wie sie aufgetaucht waren. Er erinnert an den „Spirit-Motor“ von Home, welcher im Jahre 1871 durch Dr. William Crookes in London eingeführt und durch einfaches Hindeuten mit dem Finger in Bewegung versetzt wurde; ferner an den in New-York aufgekommenen Elektromotor von Paine – eine Erfindung, die seiner Zeit mit ebenso großem Aplomb auftrat, wie der Keely-Motor, und gleichfalls große Summen zum Schaden leichtgläubiger Capitalisten verschlang. Aber das sicherste Mittel zur Auflösung des Schwindels wäre wohl, wenn ein opferwilliger Menschenfreund selbst einen neuen Keely-Motor construirte. Er nehme einen Luftcylinder von 1qc Querschnittsfläche und 500mm Hub und lasse in denselben einen Plungerkolben gleichen Durchmessers einschleifen, den Plungerkolben aber belaste er mit einem Reservoir, das 0cbm,5 Wasser faßt. Ist dasselbe gefüllt, so muß die Luft im Recipienten einer Spannung von 500k pro 1qc Widerstand leisten, also auch die entsprechende Spannung von 500at annehmen. Setzt man nun den Recipienten durch eine sehr enge Bohrung mit einer kleinen Luftmaschine in Verbindung, so wird dieselbe zu laufen anfangen, der Plungerkolben aber langsam herabsinken, bis die 500mm Hub zurückgelegt sind. Dadurch wird aber eine Arbeitsgröße frei von 500 × 0mk,5, und der Motor, wenn er 5 Minuten laufen soll, kann somit eine theoretische Leistung von 250/(5 × 60 × 75) = 0e,011 enthalten, genug um das gläubige Volk in Erstaunen zu setzen. Und daß diese Erfindung auch rentabel ist, folgt daraus (?), daß unsere Concurrentin, die Keely-Motor-Company, allein in New-York in ganz kurzer Zeit für 100000 Dollars Actien angebracht hat. R. Korkumhüllung für Dampfleitungen. Die Firma J. Prochaska Wien (IV. Favoritenstraße 16) bringt seit einiger Zeit ein neues Umhüllungsmittel in Verkehr, das für viele Fälle vor allen bis jetzt bekannten den Vorzug verdienen dürfte. Es sind dies 10 bis 20mm starke Streifen aus Kork, welche segmentförmig nach dem beiläufigen Durchmesser der zu umhüllenden Rohre geschnitten werden und dann, faßdaubenartig neben einander über das Rohr gelegt, mit Binddraht festgehalten werden können. Die geringe Wärmeleitungsfähigkeit von Kork ist bekannt, und der verhältnißmäßig billige PreisFür Umhüllungen von Dampfcylindern, Dampfkesseln etc. kosten Korkplatten in gehobeltem und zugerichtetem Zustande pro 1qm (incl. Einfuhrzoll, loco Wien)6fl.50kr.ö.W.Dieselben in ungleichen Längen und Breiten pro 1qm475Rohe Korkplatten, 20 bis 22mm stark pro 1qm4Bei Rohrverkleidungen stellt sich der Preis für 12mm dicke Platten und 20 bis 45mm äußerem Rohrdurchmesser pro laufenden Meter (incl. Einfuhrzoll nach Oesterreich) auf 1 fl. 10 kr. bis 1 fl. 60 kr.Desgleichen für 15mm dicke Platten und 50 bis 80mm äußerem Rohrdurchmesser auf 1 fl. 70 kr. bis 2 fl. 30 kr.Endlich für 18mm dicke Platten und 85 bis 200mm äußerem Rohrdurchmesser auf 2 fl. 40 kr. bis 5 fl. ö. W. (Silber). ermöglicht eine allgemeinere Anwendung; die Umhüllung wird sehr rasch und einfach hergestellt, nachdem sich der Kork auch an gebogene Stellen leicht anschmiegt, und läßt sich jederzeit bei Leckungen oder dgl. leicht entfernen, ohne Schaden zu leiden. Nach französischen Berichten haben die Marine-Ingenieure Versuche mit Kork als Nichtleiter angestellt und darüber einen befürwortenden Bericht an die Admiralität gerichtet, welche nun den Auftrag gegeben hat, die fünf militärischen Häfen Frankreichs nach ihren Anforderungen mit diesem Material zu versehen. Z. Tramway-Locomotiven in Frankreich. Nach den zahlreichen Versuchen, welche in England und Amerika mit allen Arten von „feuerlosen“ Locomotiven für Tramwaybetrieb gemacht worden sind, ist jetzt in Frankreich auf einer Privatbahn in Neuilly sur Marne ein bis jetzt noch nicht dagewesenes System praktisch in Betrieb gesetzt worden. Nach der Revue industrielle, Juli 1875 S. 269, werden die Hort angewendeten Locomotiven an fixen Kesselanlagen mit erwärmter Luft und gleichzeitig mit einer bestimmten Quantität Dampf angefüllt und legen dann, bei einem Fassungsraum von 0cbm,8 3km mit 25 Personen (bei 4500k Wagengewicht) zurück. Die Vereinigung von Luft und Dampf kann augenscheinlich nur den Zweck haben, den Auspuff weniger geräuschvoll und störend zu machen, wie denn auch das ruhige Arbeiten der Maschinen besonders gerühmt wird; in allen anderen Beziehungen müssen diese Maschinen jedenfalls hinter den bekannten Systemen, welche hochgespanntes Wasser (vergl. 1875 217 513) als Kraftquelle anwenden, zurückstehen. R. Verbesserte Jaquin'sche Mailleuse von G. Hilscher. Von den Rund-Wirkstühlen, mit welchen die Maschinenfabrik von G. Hilscher in Chemnitz die jetzige Dresdener Industrie-Ausstellung beschickt hat, enthält einer, ein sogen. französischer Rundstuhl, Mailleusen, welche im Princip denjenigen von Jaquin gleichen, in ihrer Ausführung aber so wesentlich von der alten Einrichtung der letzteren abweichen, daß sie eine Neuheit in der Wirkerei an Rundstühlen bilden und große Vollkommenheit in der Arbeit erreichen lassen. In der alten Mailleuse von Jaquin der ersten, welche bewegliche Kulirplatinen enthielt und mit denselben vollkommener kulirte und gleichmäßigere Schleifen herstellte als die englischen Kulirrädchen mit feststehenden Zähnen, war die Platinenkapsel nur klein, und die Platinen, welche im Allgemeinen radial stehen müssen, divergirten deshalb erheblich auf die Länge ihres Aufschubes beim Kuliren; da diese Platinen aber auch noch schief gegen die Nadelrichtung gestellt werden mußten, um die Schleifen vor unter die Nadelhaken zu bringen, so geschah es eben leicht, daß eine Platine nicht genau zwischen zwei Stuhlnadeln eintrat, sondern auf eine solche auftraf (sich „aufsetzte“) und den Gang sofort störte. Die Einrichtung war deshalb, namentlich für feine Stühle, schwierig in der Handhabung und nicht recht passend. G. Hilscher hat nun daher zunächst die Mailleuse erheblich größer ausgeführt, etwa 3mal so groß als früher, und hat ihr natürlich auch entsprechend mehr Platinen gegeben, welche in der größeren Kapsel wiederum eine längere und sichere Führung als bislang erhalten. Dabei wird nun aber möglich, das Preßrad so nahe an die Mailleuse herausstellen, daß es hinter denjenigen Platinen steht, welche die kulirten Schleifen vor unter die Nadelhaken schieben; das Preßrad kann folglich die Nadelhaken niederdrücken, während die Platinen noch die Schleifen halten und ein Herausspringen der letzteren aus den Haken wird dadurch unmöglich gemacht. Für Verarbeitung von sehr elastischen Fäden, Kammgarn, sogen. hartem Garn etc. ist also Hilscher's Mailleuse vollkommen gut geeignet; sie ist, nach dieser Richtung hin gleich vollkommen wie die ehemals von Berthelot erfundene Einrichtung des vollen, um den ganzen Stuhl herum liegenden Platinenkranzes oder wie die später zum Ersatze der unbequemen und schwierigen Berthelot'schen Einrichtung construirte große schiefstehende Mailleuse (mailleuse oblique). Während aber in der letzteren nur sehr wenig Raum für ein Preßrad vorhanden ist, ein solches also nur von geringer Größe sein kann und versteckt hinter der Mailleuse steht, so ist in Hilscher's Stuhl ausreichend Platz zur Verwendung eines großen Preßrades, welches man bequem von der Seite heran hinter die Platinenscheibe der Mailleuse einstellen und auch während des Ganges beobachten kann. Endlich ist in Hilscher's Mailleuse die vordere Nuthenscheibe, welche die Führung (Rößchen und Mühleisen) für die Platinen enthält, nicht fest im Gestell, sondern durch eine Schraube auf- und abwärts verstellbar, so daß man leicht die Kulirtiefe verändern und fest oder locker arbeiten kann; an der alten Mailleuse von Jaquin mußte man zu gleichem Zwecke das ganze Gestell derselben heben und senken. Gewiß empfiehlt sich die Hilscher'sche Mailleuse als einfach und sicher wirkende Kulirvorrichtung und wird als solche weitere Verbreitung erfahren. (Deutsche Industriezeitung, 1875 S. 332.) G. Willkomm. Die Dauer von Unterseekabeln. Das Krimkabel hatte eine Dauer von nur 9 Monaten; das Canal-Inseln-Kabel von 1858 von 3 Jahren; das Rothe-Meer-Kabel nur 6 Monate. Andere noch vorhandene Kabel sind zwischen 20 Jahre und 20 Monate alt. Das 1851 gelegte Dover-Calais-Kabel und das 1853 gelegte Dover-Ostende-Kabel arbeiten noch, obgleich bei dem ersteren nur noch Wenig oder Nichts von dem ursprünglichen Kabel vorhanden sein wird. Das Kabel zwischen England und Holland vom J. 1858 ist so gesund wie je, während das in demselben Jahre nach Hannover gelegte nur 4 Jahre dauerte. Die verwendeten Materialien, die Art und Weise, in welcher diese Materialien verarbeitet werden, die Versenkung und die Oertlichkeit, wo die Kabel liegen, sind auf ihre Dauer von Einfluß. Guttapercha und Kautschuk, das Hauptmaterial, erscheinen unter geeigneten Verhältnissen unzerstörbar, ja selbst die Wirkung der elektrischen Ströme scheint die Isolirung der Guttaperchadrähte in tiefem Wasser zu erhöhen. Das Suez-Aden-Kabel, welches in verhältnißmäßig warmem Wasser liegt, hat seit seiner Versenkung an 38 Proc. in seiner Isolation gewonnen; manche andere Kabel aber an 45 bis 77 Proc. Gutta-percha, welche nach einer 25jährigen Versenkung im Wasser wieder aufgenommen wurde, zeigte sich so unversehrt, wie bei ihrer Versenkung. Jene Kabel, welche versagten, thaten dies, weil ihre äußere Schutzhülle der Oertlichkeit nicht angepaßt war. Schwere Kabel z.B. wurden in tiefem, leichte in seichtem Wasser gelegt, rauher Ankergrund wurde mit bloßer Hanfhülle überschritten, scharfer Felsboden und ungestüme Brandung mit dünnen Kabeln überspannt. Fast nie ist – was doch nöthig wäre – ein Kabel vollständig allen Erfordernissen seines künftigen Lagers angepaßt worden, wenn man auch die Küstenenden anders als das Tiefseekabel anfertigt, auch wohl noch Zwischenstärken einfügt. Schwere Küstenenden ruhen ohne Noth und Nutzen auf sicherem und weichem Boden, während leichte Tiefseestücke felsigen Grund überspannen und auf ihm sehr gefährdet sind. Also nicht von der Dauerhaftigkeit der Materialien, sondern von der genauen Anpassung an die Oertlichkeit hängt die Dauer eines Kabels ab. Anker, welche es erfassen, spannen es beim Aufwinden bis aufs Aeußerste. Insekten greifen es an. Im Mittel scheint die Dauer der früheren Kabel auf 15 Jahre festgesetzt werden zu können; wenn man aber die der Erfahrung entnommenen Lehren befolgt, so dürfte diese Dauer auf das Doppelte oder selbst auf das Dreifache erhöht werden können und es ist möglich, ein Kabel zu fabriciren, zu versenken und zu erhalten, welches wirklich ewig dauert. (Nach dem Telegraphic Journal, Bd. 3 S. 169.) Elektromagnet aus Eisenfeile. Jamin hat neulich der französischen Akademie eine Mittheilung darüber gemacht, daß Feilspäne von weichem Eisen, welche in einer Kupferröhre zusammengepreßt werden, magnetisch gemacht werden können und eine Anziehungskraft besitzen, welche der eines Stahlstabes von denselben Abmessungen mindestens gleichkommt. Man hat es hier also mit einem Metall zu thun, welches als Ganzes keine Correctivkraft besitzt, in kleine Theilchen zertheilt und bei Annäherung dieser getrennten Theilchen an einander durch den Druck eine ebenso große Correctivkraft erlangt, wie der Stahl. Jamin wirft die Frage auf, ob man die beobachtete Polarität nicht gerade der Zertheilung, der Trennung der Theilchen zuschreiben müsse, und ob es nicht auch beim Stahl möglich ist, die Correctivkraft aus der nämlichen Ursache zu erklären. (Revue industrielle, August 1875 S. 302.) In ähnlicher Weise hatte de Haldat im J. 1836 Eisenfeile in einem Messingrohre magnetisch gemacht. (Mémoires de l'Académie de Stanislas; nach Comptes rendus, Bd. 81 S. 205.) E–e. Erfahrungen über Cementfässer als Lagerfässer; von Leemann Bollert in Zollikon bei Zürich. Im Sommer 1871 kam ich auf den Gedanken einen Versuch zu machen, ob sich nicht die hölzernen Lagerfässer durch solche von Cement ersetzen ließ n. Der Umstand, daß einer meiner Keller sehr feucht war, also zu den hier sogen. Faßfressern gehörte, veranlaßte mich hauptsächlich dazu. In einer passenden Kellerabtheilung begann ich mit dem Bau zweier solcher Fässer, die seitwärts und hinten an die bestehenden Kellermauern angelehnt werden konnten und zusammen ca. 150 Schweizer Saum, gleich 225hl halten sollten. Ich ließ den Mörtel von den Maurern sauber abhämmern, und nach gehöriger Reinigung der blosgelegten Mauersteine dieselben mit Cementmörtel rauh bewerfen und mit reinem bestem Portland überziehen. Nachdem diese Arbeit vollendet war, begann der eigentliche Bau der Fässer. Zu diesem Zwecke wurde in speciell hierfür hergerichteten hölzernen Schablonen eine Vorder- und Mittelwand gegossen (betonnirt), ebenso auf entsprechender Höhe die beiden Gewölbe. Unten, etwa 45cm vom Kellerboden, wurde ein hölzernes Mannloch von 24cm Breite und 45cm Höhe zum Hineinschlüpsen angebracht, mit Zapfenloch und ganz gleichem Verschluß (Riegel, Schrauben und Hülse) wie bei hölzernen Fässern, ferner seitwärts halb oben ein zweites einfaches Zapfenloch und oben auf dem Gewölbe etwa 60cm von vorn statt eines Spundloches eine mit einem hölzernen Deckel verschließbare Oeffnung zum Zwecke allfälliger Einfüllung mit Beeren (Maische). Nachdem diese Behälter im Rohen vollendet waren, wurden sie bis auf die Höhe des Mannloches mit Steinen und Kies nahezu angefüllt und der Boden betonnirt hernach in den Ecken abgerundet, so daß das Innere so ziemlich einem ovalen Faß mit theilweise gerader Seitenwand glich. Nachdem man innen und außen einen Verputz von passendem Cement gemacht und geglättet hatte, wäre die Arbeit fertig gewesen, wenn man nicht auch äußerlich die Form von Fässern gewünscht hätte. Zu diesem Behufe wurde ein 37cm vorstehender und 6cm dicker ovaler Cementrand angebracht, unten beim Mannloch mit einer starken Ausbiegung (Wulst), behufs besserer Ausströmung des Restes beim Oeffnen des Verschlusses, resp. Leeren des Fasses. Erst hierdurch erhielten die beiden Behälter das Aussehen von Fässern, indem es Uneingeweihten vorkommen mußte, als seien wirklich zwei Fässer eingemauert und ständen nur die Daubenköpfe vor. Nachdem der Bestrich inwendig genügend erhärtet war, füllten wir die Fässer mit Wasser, das wir etwa 10 Tage darin stehen ließen, einestheils um uns zu überzeugen, ob sie nicht rinnen, anderentheils um dem Cement die kaustischen Bestandtheile zu entziehen. Der letztere Zweck wurde zwar nicht erreicht (dies wäre am besten durch Auslaugen mit einer Lösung von Ammoniumcarbonat und Nachspülen mit Wasser zu erreichen gewesen), indem der bald darauf hineingefüllte Wein schon nach wenigen Tagen seine Säure fast vollständig einbüßte; dagegen hatte sich schon nach etwa 14 Tagen an den Wänden eine starke Weinkruste angesetzt. Bei einer zweiten Füllung mit gutem Wein zeigte sich durchaus keine bemerkbare Veränderung mehr. Obwohl ich die Schwierigkeit, den Cement so vollständig zu neutralisiren, daß der Wein bei erster Füllung nicht Noth leiden müsse, keineswegs verkannte, so entschloß ich mich gleichwohl, sämmtliche hölzerne Lagerfässer aus dem Keller zu entfernen und dafür Cementfässer herzustellen. Es wurde mit der Fortsetzung sofort begonnen und vor dem Herbst waren diese mit einem Rauminhalt von 1050hl vollendet. Vorher konnte kaum die Hälfte placirt werden, obschon der Keller mit Fässern ganz gefüllt war. Die gemachten Proben über Neutralisiren des Cementes hatten mittlerweile so günstige Resultate zu Tage gefördert, daß ich im Herbst den ganzen Keller ohne Bedenken mit neuen Weinen füllte. Es war während der Gährung auch nicht die geringste Verschiedenheit von gleichen Weinen in hölzernen Fässern bemerkbar; auch die Abklärung ging vollständig normal vor sich; dagegen zeigte sich eine ganz unbedeutende Einbuße von Säure und eine etwas stärkere Weinsteinkruste als bei hölzernen Fässern. Bei späterer Füllung mit alten feineren Weinen habe ich nicht die geringste Spur einer ungünstigen Einwirkung wahrgenommen, so daß ich mich im folgenden Jahre entschloß, auch in einem zweiten Keller die gleichen Aenderungen vorzunehmen. Ich besitze nun seit mehreren Jahren keine hölzernen Lagerfässer mehr und bedaure dies in der That in keiner Beziehung, da auch die Kellerarbeit in jeder Richtung eine viel einfachere und angenehmere ist. Als Vorzüge der Cementfässer sind anzugeben: große Raumersparniß; größere Solidität ohne Reparaturkosten, sogar bei Feuersgefahr und Ueberschwemmungen; geringe Schwindung des Inhaltes; Erleichterung der Kellerarbeit, weil die Fässer, welche ganz wie die hölzernen mit Unschlitt eingezogen werden, ohne Hebung derselben auslaufen, sich kein Schwamm ansetzt, weniger Kellerfeuchtigkeit vorhanden ist und daher auch weniger verdorbene Luft und Fäulniß entsteht; geringere Temperaturwechsel, weil die Luft nur vorn und oben Zutritt hat; schließlich zu Allem dem noch geringere Herstellungskosten. (Nach der deutschen Weinzeitung.) Conservirung von Nahrungsmitteln. Nach dem englischen Patent von Debrieu, Pernoud und Comp. (datirt 16. April 1873) werden Früchte, Gemüse und ähnliche Substanzen behufs Conservirung zerschnitten und im Vacuum über Schwefelsäure getrocknet. Die Fabrik Eisenbüttel bei Braunschweig empfiehlt den Glycerinleim, wie er zu den Buchdruckerwalzen gebraucht, aber aus reinen Substanzen dargestellt wird, insofern als Conservationsmittel für eingemachte Früchte n. dgl., als die geschmolzene Glycerin Gelatine in dünner Schicht über die eingemachte Fruchtmasse ausgegossen wird, diese Schicht erhärtet und Luft und Gährungserreger abhält. Diese Schicht läßt sich leicht entfernen, wiederum im Wasserbade schmelzen und zu demselben Zwecke verwenden. A. Herzen in Florenz (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1875 S. 822) will zur Conservirung von Fleisch rohe Borsäure anwenden, welche durch Zusatz von Borax in Wasser löslicher gemacht wird. Die Wirkung dieser Lösung soll durch Zusatz von etwas Kochsalz und Salpeter erhöht und hierdurch namentlich die Erhaltung des frischen Aussehens des Fleisches befördert werden. Das Fleisch behält angeblich sein natürliches Ansehen, zeigt keine Spur von Fäulniß und läßt selbst bei mikroskopischer Untersuchung keine Veränderung erkennen. Der letzte Rest einer größeren Menge, welche in Kisten und Blechbüchsen ohne weitere besondere Vorsicht verpackt, zwei tropische Reisen durchgemacht hatte, war nach etwa einem Jahr noch genießbar. (Borsäure ist nach den Industrieblättern, 1871 S. 91 unter dem Namen Aseptin schon seit 5 Jahren von G. Gahn in Upsala zum Conserviren von Fleisch etc., zum Theil unter Zusatz von Kalialaun angewendet worden.) Verfälschung von Cichorienkaffee. Clouet berichtet über die Vergiftung von vier Personen durch den Genuß von Cichorienkaffe, welcher aus Lille bezogen war. Durch die chemische Untersuchung wurde in dem Aufgusse desselben Hyoscyamin nachgewiesen und mit Hilfe des Mikroskopes bei 250facher Vergrößerung unzweifelhafte Reste von Bilsenkrautwurzeln. Obgleich Bilsenkraut und Cichorie sehr leicht zu unterscheiden sind, so haben doch die Wurzeln einige Aehnlichkeit. (Bulletin de Société industrielle de Rouen, 1875 p. 23.) Klären weingeistiger Schellacklösungen. Bekanntlich erhält man durch Digestion von 1 Th. Schellack mit 6 bis 7 Th. 90proc. Weingeist eine Lösung, welche warm fast klar ist, sich aber nach dem Erkalten trübt und selbst nach wochenlangem Stehen nur zur Hälfte klärt. Die Methode gröblich gepulverten Schellack mit soviel Weingeist zu übergießen, daß die Masse die Consistenz eines mäßig dünnen Breies erhält, und öfteres Umschütteln liefern, nachdem der noch fehlende Weingeist zugesetzt, nach Verlauf von 8 bis 10 Stunden zwar eine gleichmäßige, nicht mehr absetzende, aber keine klare Flüssigkeit. A. Peltz (Pharmaceutische Zeitschrift für Rußland) bemühte sich nun, eine klare, weingeistige Schellacklösung in kurzer Zeit undnnd ohne großen Verlust herzustellen. Zunächst stellte er sich eine Schellacklösung (1 Th. Schellack und 6 Th. 90proc. Weingeist) bei gewöhnlicher Temperatur her, was unter öfterem Umschütteln in 10 bis 12 Stunden bewerkstelligt wurde; alsdann setzte er dem Gewichte noch halb so viel, als Schellack in Arbeit genommen war, kohlensaure Magnesia zu und erwärmte die Mischung bis 60°. Die erhaltene Flüssigkeit klärte sich schneller als eine Schellacklösung ohne Magnesiazusatz, ließ sich auch schneller filtriren, genügte aber den Anforderungen nicht. – Zu einem nächsten Versuche wählte man statt der Magnesia gepulverte Kreide und zwar in derselben Menge, als Schellack in der Lösung enthalten war. Diese Mischung hatte sich in einigen Stunden fast über die Hälfte, in längerer Zeit bis auf 3/4 geklärt, während der untere trübe Theil sich schnell filtriren ließ. Es bedurfte nur wenig Weingeistes, um das Filter nachzuspülen, und man erhielt eine klare weingeistige Schellacklösung. Die Filtration kann, wo in größeren Partien Schellacklösung angefertigt wird, am besten durch Filz geschehen. Brauner Ocker. Wird ein Gemenge von 110 Th. gelben Ocker und 5 Th. Kochsalz lange Zeit der Kirschrothglut ausgesetzt, so erhält man eine schöne braune Farbe. Das Erhitzen des Gemisches geschieht am besten in einer verschlossenen gußeisernen Retorte, welche so eingerichtet ist, daß man den Inhalt hin und her schwenken kann. Die Dauer des Erhitzens und des Abkühlens hat großen Einfluß auf die Nüance der Farbe. – Der so erhaltene braune Ocker eignet sich vortrefflich zum Anstreichen von Gebäuden, kann überhaupt da gute Dienste leisten, wo die Mineralien, welche sonst braune Farben liefern, fehlen. Die Kosten der Fabrikation belaufen sich auf etwa 3 M. für 100k Ocker. (Revue industrielle, Juni 1875 S. 212.) Ueber die Gewinnung eines schön grün gefärbten mangansauren Barits; von Prof. Böttger. Ueber diesen ausgezeichnet schönen grünen Farbstoff, welcher das giftige Schweinfurter Grün in vielen Fällen zu ersetzen im Stande sein dürfte, hat E. Fleischer (1874 211 320) schätzenswerthe Andeutungen in die Oeffentlichkeit gelangen lassen. Nach Böttger (Polytechnisches Notizblatt, 1875 S. 240) erhält man indeß diesen Farbstoff auf folgende Weise in einer noch weit schöneren Farbennüance. Man trage in ein geschmolzenes Gemisch von 2 Th. Aetzkali und 1 Th. chlorsaurem Kali nach und nach 2 Th. fein gesiebten Braunstein ein, bringe die Masse schließlich zum schwachen Glühen, lasse erkalten, überschütte sie im gepulverten Zustande mit kaltem Wasser, filtrire und versetze das prachtvoll grün gefärbte Filtrat in der Kälte mit einer Auflösung von salpetersaurem Barit. Den hierbei sich abscheidenden neutralen mangansauren Barit von schön violetter Farbe süße man gehörig aus, versetze ihn im getrockneten Zustande mit 1/2 bis 1 Th. Barithydrat und bringe das Gemisch unter fortwährendem Umrühren in einer mehr flachen als hohen Messing- oder Kupferschale zur schwachen Rothglut, bis der Inhalt der Schale nach erfolgtem Erkalten eine rein grüne Farbe zeigt. Schließlich wird derselbe aufs feinste zerrieben und zu wiederholten Malen mit kaltem Wasser behandelt, um das etwa noch vorhandene Barithydrat zu entfernen. Ueber das Zündnadellicht; von C. Homburg. Das von einem Russen Wradi erfundene Zündnadellicht ist (nach den Industrieblättern, 1875 S. 298) eine mit Petroleumsprit (Ligroine) gespeiste Lampe, die aus zwei Theilen besteht: dem Spritbehälter, welcher dem Ganzen als Fuß dient, und einer aufgeschraubten Röhre, als Leiter der Flüssigkeit und Gasentwickler. Der Fuß ist groß genug, um 125cc Sprit aufzunehmen; seine Form ist die eines umgekehrten Tellers, 11cm breit und bis zur 14mm weiten Oeffnung, auf welche das erwähnte Rohr geschraubt wird, 5cm hoch. Auf diesen Fuß ist nun das etwas complicirter zusammengesetzte Rohr geschraubt. Der Schluß muß ein sehr dichter sein (eine zwischengelegte Lederscheibe wird gute Dienste leisten), da der Petroleumsprit äußerst flüchtig ist. Das messingene Leitungsrohr, 4mm weit, 19cm hoch, ist bis zu 18cm Höhe mit gewöhnlichem Baumwolldocht, der obere Theil (1cm) mit Asbestwolle gefüllt. Ueber dem Asbest liegt ein feines Gewebe von Messingdraht, welches vor dem Herausfallen durch einen Rand der Röhre geschützt ist. Letztere zeigt, durch den nach innen gelegten Rand verengt, nur noch eine Oeffnung von 2mm. Durch diese siebgeschützte Oeffnung lugt nun, die wahrscheinliche Veranlassung des Namens des Lichtes, eine 5cm lange, 1mm starke kupferne „Zündnadel“. Die untere Oeffnung der Röhre ist zum Schutz des Dochtes mit einer durchlöcherten Kapsel versehen. 3cm vom unterm Ende dieser Röhre ist eine zweite 16cm lange und 8mm weite Röhre mantelartig an erstere ringsum festgelöthet. Das obere Ende bleibt offen. In einer Höhe von 45mm beginnt das Schraubengewinde, welches genau in den Untersatz passen muß, und kann über demselben, von der äußeren, vorhin erwähnten Randweite ausgehend, eine gefällige Verzierung angebracht werden. 85mm über der Verschraubung ist ein 55mm breiter Teller angelöthet, auf welchem, über die zweitbeschriebene Röhre geschoben, ein innen ausgegypster Porzellanmantel von 5cm Höhe und 25mm Weite ruht. In der oberen Röhre dicht unter dem Teller und dicht unter der Schraube befindet sich je eine kleine Oeffnung, um die nöthige Luft in den Spritbehälter dringen zu lassen. Sind die drei Theile nun zusammengeschraubt, so hat das Ganze das Aussehen eines Messingleuchters, auf welchem ein kurzes Stearinlicht steckt. Die Handhabung ist folgende. Der Untersatz wird mit dem leichtesten Petroleumsprit gefüllt und das Rohr aufgeschraubt. Oele von niedrigerem Siedepunkt sind gar nicht zu gebrauchen; der Petroleumsprit muß so flüchtig sein, daß er, auf ein Stück weißes Papier gegossen, nach kurzer Zeit keine Spur zurückläßt. Nachdem der Docht die Flüssigkeit einige Zeit aufgesogen, hält man ein brennendes Streichholz an die Zündnadel. Dieselbe wird erwärmt, verflüchtigt einen Theil des aufsteigenden Oeles, und das Gas entzündet sich zu einer schön leuchtenden weißen Flamme. Diese, nach Erwärmung des Porzellanmantels lebhafter brennend, läßt sich leicht durch Auf- oder Abschieben des Porzellanmantels reguliren. Als Vorzüge dieses Lichtes soll nur die Reinlichkeit, Gefahrlosigkeit und Sparsamkeit desselben hervorgehoben werden. Von Fehlern ist an dem Licht nur einer bemerkt worden. Ist nämlich das Licht ausgeblasen und die Nadel mit dem oberen Theil nicht durch eine Kapsel verschlossen worden, so ist das Licht schwer wieder zu entzünden. Oft muß der Asbestdocht sogar erneuert werden. Die Ursache liegt klar auf der Hand und ist zu beseitigen. Bei dem niederen Preis des Petroleumsprits könnten die Zündnadellampen, welche bis zum J. 1870 in St. Petersburg von einer seitdem eingegangenen Fabrik angefertigt wurden, wieder mit Vortheil in Gebrauch gesetzt werden. Ueber die Bildung des Guanos; von A. Habel. Allgemein herrscht die Ansicht, der Guano auf den Inseln der Chincha sei eine Anhäufung von Excrementen der auf den Inseln zu Tausenden sich aufhaltenden Vögelarten. In Wirklichkeit ist dies nur theilweise der Fall; der Guano besteht aus zwei Massen, die in zwei verschiedenen Zeiträumen und auf zweierlei Weise gebildet wurden. Die oberste, bei Weitem geringere Masse desselben besteht aus den Excrementen von Vögeln und deren Leichen, sowie aus den Excrementen und Leichen von Seehunden (Otaria), welche sich auf den Inseln aufhielten. Die untere, bei Weitem größte Masse bildete sich in vorhistorischen Zeiten durch das Hinabsinken zum Meeresgrunde der Excremente zahlreicher, auf einem kleinen Raume des Meeres sich aufhaltender Wasservögel. Auf diese Weise entstanden Schichten, welche später sammt dem Meeresgrunde gehoben wurden und die Inseln bildeten; diese Ablagerung von Guano findet noch heutzutage statt. (Chemisches Centralblatt, 1875 S. 506.) Berichtigungen. Im vorigen Bande dieses Journals ist zu lesen: In der Miscelle (Verfälschung von Nahrungsmitteln) S. 432 Z. 11 u. 13 v. o. „9 Gew. Proc. statt „ 9g Proc.“ In der Abhandlung (Polain, über Phosphorbronze etc.) S. 487 Z. 15 v. u. nach Commission: gerichteten Schreibens. – S. 491 Z. 7 v. o. versucht statt „verursacht“.