Titel: Meidinger's galvanisches Element von J. W. Bussememer in Heidelberg.
Fundstelle: Band 219, Jahrgang 1876, S. 63
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Meidinger's galvanisches Element von J. W. Bussememer in Heidelberg. Mit einer Abbildung. Meidinger's galvanisches Element. Im vorhergehenden Jahrgange dieses Journals (1875 217 382) ist eine Mittheilung enthalten über die von Siemens und Halske in Berlin neuerdings ausgeführten galvanischen Elemente meiner Construction. Die dort getroffene Anordnung ist etwas verschieden von den nach meinen eigenen Angaben bei J. W. Bussemer in Heidelberg schon seit Jahren gefertigten Apparaten, wie sie namentlich auf den badischen Eisenbahnlinien in ausschließlichem Gebrauch gekommen sind und daselbst täglich neue Verwendung finden. Da von mir selbst seit meinen ersten Abhandlungen Ende der fünfziger Jahre (vergl. 1860 155 109) in Fachschriften nichts über die fragliche Batterie publicirt worden ist, so ergreife ich den Anlaß, daß die berühmte Berliner Firma, welche sich ebenfalls im Besitze einer originalen Batterie (von Siemens) befand, jetzt auch zu meiner Construction übergegangen ist, um einige Worte über meine eigene Anordnung der Oeffentlichkeit zu übergeben. Ich trete damit zugleich den Bemühungen Unberufener entgegen, mit sogen. Verbesserungen an meiner Batterie für sich Reclame zu machen. Alle verbesserten Meidinger-Elemente haben bis jetzt Fiasco gemacht und der Verbreitung meines Systems nur geschadet. Anders kann ich es mir nicht erklären, daß der Reichstelegraph sich meiner Elemente nicht bedient, sondern eine Form adoptirt hat, welche für mich selbst den Ausgangspunkt meiner Versuche bildete und die mit einem ganz erheblichen Localconsum von Zink und Kupfervitriol verbunden ist.Siehe Varley's Batterie, beschrieben in diesem Journal, 1856 139 418. Für Alle, die Beobachtungen und Messungen anzustellen wissen, unterliegt es keinem Zweifel, daß meine Batterie in der Telegraphie die besten Resultate gibt, indem sie mit der größten Constanz die größte Dauer und Oekonomie verbindet. Namentlich bei ununterbrochener Wirkung, wie bei den Apparaten mit Ruhestrom, übertrifft sie durch diese Eigenschaften alle andern Batterien in hohem Grade. Textabbildung Bd. 219, S. 64 Das gegenwärtige Element besteht aus einem gleichweiten Glashafen, auf dessen Boden ein conischer Glasbecher mit breitem Tellerfuß ruht, welcher die richtige Stellung in der Mitte sichert. An die Wandung des letztem schmiegt sich ein Bleiring an, welcher als negativer Pol dient und von dem ein Bleistreifen als Ableiter zur Herstellung der Verbindung nach außen geht. Ein hoher Zinkcylinder liegt an der Wandung des Hafens an; von demselben geht ein bis unten angelötheter Kupferstreifen zur Verbindung nach außen. Oben ist ein Glasballon aufgesetzt, dessen Oeffnung mittels eines Korkes, in welchem ein Glasröhrchen steckt, verschlossen ist. Die Verbindung der Elemente unter einander und mit den Leitungsdrähten wird mittels einfacher Schraube nebst Mutter bewerkstelligt, die in einem gabelförmigen Einschnitt der Blechstreifen eingehängt ist. Die anfängliche Füllung des Gefässes erfolgt mit verdünnter Bittersalzlösung, der Ballon wird mit Kupfervitriol angefüllt. Die ursprüngliche Form des Glashafens war die eingeschnürte, wie bei Siemens und Halske. Man ging jedoch bald, schon Anfang der sechziger Jahre, zu dem gleich weiten Modell über, da man dann einen längern und somit schwerern Zinkcylinder anwenden konnte; derselbe wiegt etwa 1k und sichert dadurch Jahre lange Dauer. Er wird seiner ganzen Oberfläche nach bis unten gleichförmig aufgelöst, nicht etwa blos so weit er über das Becherglas emporragt. Die dadurch gewonnene größere Oberfläche bringt auch noch den Vortheil, daß die Batterie länger constant wirkt. Es bildet sich nämlich auf der Oberfläche des Zinks, und zwar fast genau unter Wahrung ihrer ursprüngliche Beschaffenheit, während der galvanischen Action (nicht durch das einfache Eintauchen) ein basisches schwefelsaures Zinkoxyd, welches in der Flüssigkeit unlöslich ist, von harter, scheinbar erdiger, in Wirklichkeit aber fein krystallinischer Beschaffenheit, welches beim Schlagen mit dem Hammer in Schuppen abspringt und die reine angegriffene Fläche des Zinks bloslegt. Dieser Ueberzug als Nichtleiter der Elektricität verursacht einen erheblichen Widerstand, wodurch sich im Laufe der Zeit die Stromstärke etwas mindert. Je größer nun die Zinkoberfläche ist, um so weniger macht sich diese nachtheilige Wirkung geltend. Ich habe früher schon hervorgehoben, daß beim Ueberziehen des Zinks mit Quecksilber das basische Salz sich von selbst ablöst. Jedoch wird man nur selten von diesem Mittel Gebrauch machen, zumal es bei dickem Zink im Laufe der Zeit wiederholt werden müßte, eine Operation, die auf Bureaux nicht gut vorgenommen werden kann. Es ist noch zu betonen, daß das Zink aus 3mm dickem Walzzink besteht, nicht aus Gußzink, welches unregelmäßiger aufgelöst wird, in dünnerm Zustand leicht bricht und deshalb nicht gleich vollständig ausgenützt werden kann. Die gleichweite cylindrische Form des Glashafens bringt endlich noch den Vortheil, daß das Volum etwas größer ist, als bei dem unten verengten Hafen. Die Dauer des Elementes hängt aber von dem Fassungsraum des Gefäßes ab; je mehr Flüssigkeit dasselbe aufnehmen kann, um so mehr Zink kann gelöst werden; ist die Flüssigkeit eine concentrirte Zinkvitriollösung geworden, so hört die Batterie auf zu wirken. Der Glasbecher ist conisch gestaltet; diese Form ermöglicht eine leichte Herausnahme des mit dem Kupfer ausgefüllten Pols. Bei cylindrischem Glase klemmt sich durch Ausfüllen des Zwischenraumes zwischen Pol und Glas das Ganze so fest an, daß ein Herausnehmen ohne Zerstörung des Glases in der Regel unmöglich ist. Der negative Pol besteht aus Blei, ebenso das Verbindungsstück nach außen. Blei bringt den Vortheil, daß es von der Flüssigkeit nicht angegriffen wird, da schwefelsaures Bleioxyd unlöslich ist. Deshalb kann auch der Verbindungsstreifen ohne Isolirung (mit Guttapercha) nach außen geführt werden. Die Vereinigung des Streifens mit dem Pol ist durch Zusammenlöthen bewerkstelligt, in durchaus sicherer, untrennbarer Weise. Der galvanische Niederschlag haftet an dem Blei nur wenig fest, so daß eine Ablösung des Bleies sehr leicht ist und seine wiederholte Verwendung ermöglicht. Ein mit dem Niederschlag bedeckter Kupferpol ist nicht wieder zu verwenden. Der Pol schaut noch etwa zur Hälfte über die im untern Theile des Bechergläschens befindliche Kupferlösung hervor. Dadurch kann auch das aufwärts diffundirende Salz sein Kupfer noch durch galvanische Action abgeben, während es anderweitig sich reichlicher in der übrigen Flüssigkeit verbreiten und zum Zink gelangen wird, welches es mit schwarzem Kupferschlamm beschlägt. Einen Kupferpol kann man nicht aus der Kupfervitriollösung herausragen lassen, da das herausragende Stück sich bald von selbst auflöst; die concentrirte Kupferlösung unten und die verdünnte Lösung oben bilden mit dem Kupferblech eine Kette, in welcher oben das Blech gelöst wird, während es sich unten mit Kupfer beschlägt. Aus diesem Grunde wird auch ein die Verbindung nach außen bewerkstelligender Draht etc. aus Kupfer oben leicht aufgelöst und damit die ganze Verbindung der Kette unterbrochen, sofern er nicht sorgfältigst durch Guttapercha isolirt ist; die kleinste Verletzung der Isolirschicht bringt eine Auflösung des Drahtes daselbst zu Wege. Ja es ist sogar vorgekommen, daß der Draht unmittelbar über seiner Befestigung an dem Pol, wo ihn das Guttapercha noch nicht bedeckte, durchgefressen wurde. Bei der Schwierigkeit, allen solchen Eventualitäten vorzubeugen, bin ich der Anwendung eines Kupferableiters überhaupt abgeneigt. Blei gewährt absolute Sicherheit. Blei ist zwar positiver als Kupfer, sobald es sich aber unmittelbar nach Schluß der Kette mit einem Hauch Kupfer bedeckt hat, wirkt es gerade so, als bestehe es vollständig aus Kupfer. Es ist somit hinsichtlich der elektromotorischen Kraft ganz gleichgiltig, welches Metall man anwendet. Das Blei als entschieden zweckmäßigstes Material zur Herstellung des negativen Pols bei meinen Elementen ist vor bereits 15 Jahren von mir empfohlen und angewendet worden; die Verbindung des Pols mit einem angelötheten Bleistreifen datirt etwa 10 Jahre zurück. Allgemeine Nachahmung hat das Verfahren bis jetzt nicht gefunden. Der mit den Kupfervitriolkrystallen angefüllte Ballon ragt mit seiner Ausmündung in das Becherglas hinein, wodurch sich der freie Raum etwas verengt – mit Absicht, denn durch den kleinern Flüssigkeitsquerschnitt diffundirt weniger Kupfervitriol über zu dem Zink; der Localverlust ist somit geringer, auch hält die Batterie länger im Dienst. Allerdings ist der Leitungswiderstand etwas größer als bei der Anordnung von Siemens und Halske; es macht dies jedoch im Ganzen nur sehr wenig aus, und bei dem an sich so großen Widerstand der Batterie, welcher sie nur für solche Verwendungen geeignet macht, die eines schwachen Stromes bedürfen (Telegraphie, Uhren, Läutwerke, Elektrotherapeutik, Vergolden und Versilbern im Kleinen), ist es ganz gleichgiltig, ob der Leitungswiderstand überhaupt etwas mehr oder weniger stark ist; durch die Anordnung des Elektromagnets etc. lassen sich die geringen Unterschiede so gut wie völlig ausgleichen. Der mit einem Glasröhrchen versehene Korkverschluß des Ballons wird für die badischen Telegraphenlinien seit etwa 7 Jahren ausgeführt. Von der Länge und Weite des lichten Durchmessers des Röhrchens hängt die Stärke der Zuströmung der Kupferlösung aus dem Ballon ab. Für jede besondere Verwendung der Batterie sollte eigentlich das Röhrchen seine besondern Dimensionen haben, so daß der Zufluß der Kupferlösung genau im Verhältniß der elektrischen Strömung stünde; dann ließe sich fast alle Diffusion der Kupferlösung zu dem Zink vermeiden und der sogen. Localconsum würde sich auf nahe Null reduciren. Bei den elektrischen Telegraphen etc. mit Ruhestrom findet dies überhaupt so ziemlich statt. Bei Verwendung der Batterie zum Betrieb elektrischer Läutwerke und zu therapeutischen Zwecken ist es empfehlenswerth, das Röhrchen sehr eng zu nehmen (höchstens 1mm lichter Durchmesser) und bis zum Boden des Becherglases herabgehen zu lassen, dann kann wohl viele Jahre die Batterie ununterbrochen wirken. Der Umstand, daß der eine Polstreifen aus Blei, der andere aus Kupfer besteht, macht ihre Unterscheidung leicht und schließt die Möglichkeit jeder verkehrten Verbindung aus. Die Verbindung je zweier Polstreifen mit einer einzigen Schraube, welche schon früher auf den badischen Linien üblich war, ist einfach, bequem und sicher, und wurde deshalb allgemein für die Elemente adoptirt. Das Element hat eine Höhe von 18cm und eine Weite von 11cm. Der Ballon faßt 1/2k Kupfervitriol, bei dessen vollständigem Verbrauch das Element außer Dienst zu nehmen und frisch zusammen zu setzen ist, da dann die Flüssigkeit nahe concentrirt mit Zinkvitriol geworden. Außer der vorstehenden, hauptsächlich in Gebrauch gekommenen Form wird übrigens für Fälle besonders starken Comsums noch eine größere Form von doppeltem Inhalt hergestellt (Höhe des Hafens 21cm, Weite 14cm, Fassungsraum des Kolbens 1k Kupfervitriol). Bei dieser Form ist der Hafen mit Rücksicht auf die richtige Stellung des Becherglases unten etwas zusammengeschnürt und ist für die Aufhängung des Ballons ein besonderer Deckel beibehalten worden, da seine Dimensionen, wollte man ihn auf den Glasrand aufsetzen, zu kolossal ausfallen würden. In der Leitungsfähigkeit unterscheiden sich beide Formen nicht wesentlich von einander. Bei directer Polverbindung scheiden sich bei Mittlern Verhältnissen (Temperatur und Concentration der Lösung) etwa 6g Kupfer während 24 Stunden auf den Bleipol aus. Carlsruhe, November 1875. Prof. Meidinger.