Titel: Bean's pneumatisch-elektrischer Gaszündungsapparat.
Fundstelle: Band 219, Jahrgang 1876, S. 238
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Bean's pneumatisch-elektrischer Gaszündungsapparat. Bean's pneumatisch-elektrischer Gaszündungsapparat. Die vor einigen Jahren vorgeschlagenen Klinkerfues'schen elektrischen Straßenzünder Vergl. 1871 202 90. 1872 203 451. 204 75. 205 272. haben aus nahe liegenden Gründen die schwerfällige gewöhnliche Entzündung der Straßenlaternen nicht zu verdrängen vermocht. Die Nothwendigkeit, an jedem Straßenbrenner ein mit stark ätzender Flüssigkeit gefülltes, ziemlich complicirtes galvanisches Element anzubringen und dasselbe in brauchbarem Zustand zu erhalten, die große Hinfälligkeit des dünnen, quer über jeden Brenner gespannten Platindrahtes, welcher durch die Wirkung der Flamme bald brüchig wird und beim Ausputzen des Brennerschlitzes leicht beschädigt werden kann, endlich die völlige Unmöglichkeit, die kleinen für die Wirkung der Klinkerfues'schen Zünder erforderlichen Druckänderungen in einem einigermaßen ausgedehnten Rohrnetze gleichmäßig und sicher hervorzubringen, berechtigten den nüchternen Beurtheiler von vornherein zu wenig Hoffnung auf diese Zünder. Von einer Kostenersparniß gegenüber dem gewöhnlichen Verfahren konnte nicht die Rede sein; die Arbeit und der Materialaufwand bei der zeitweilig nöthig werdenden Umfüllung der galvanischen Elemente, die Amortisation bedeutender Anlagekosten und die Mehrverluste an Gas infolge des erforderlichen größern Druckes im Rohrnetze glichen die durch den Wegfall des täglichen Entzündens und Auslöschens entstehende Ersparniß reichlich aus. Brauchbarer scheint das System des Amerikaners Bean (American Artizan, Bd. 19 S. 169. Deutsche Industriezeitung, 1875 S. 473) zu sein, mit dem in Providence, Rhode Island, mehrere Monate hindurch Versuche in mäßig großem Maßstabe gemacht wurden, während jetzt Proben in größerm Maß (mit 217 Straßenbrennern) folgen. Das zur Prüfung dieser Zünder niedergesetzte Comité spricht sich in seinem Berichte an die Behörden von Providence äußerst günstig über dieselben aus. Im Centrum des Flächenraumes, welcher die zu bedienenden Brenner enthält, wird eine Entzündungsstation angelegt; ganz große Städte sind in mehrere Bezirke zu theilen, deren jeder in seiner Mitte eine Zündstation erhält. Durch ungefähr radial von der Station ausgehende Theilungslinien wird ein Bezirk in mehrere Sectionen getheilt, welche einzeln in rascher Aufeinanderfolge mit dem elektrischen und pneumatischen Apparate der Station verbunden werden, so daß die Zahl der auf einmal zu bedienenden Brenner keine gar zu große ist. Die Brenner erhalten ihr Gas aus dem gewöhnlichen, dem allgemeinen Bedarf dienenden Rohrnetz; außerdem sind die Laternen jeder Section durch eine in etwas weitern Bleiröhren eingeschlossene elektrische Leitung von isolirtem Kupferdraht verbunden. Unterhalb jedes Brenners befindet sich in einem kleinen Gehäuse eine mit der Bleirohrleitung communicirende Kapsel, deren eine Seite durch eine dünne, biegsame Platte gebildet ist; eine in der Mitte dieser Platte befestigte Schubstange wirkt durch einen Hebel auf den Hahn des Brenners. Setzt man die Bleirohrleitung in Verbindung mit einem kesselartig construirten Luftbehälter, in dem man die Luft durch Wasser aus einer Wasserleitung oder aus einem hochliegenden mit Wasser gefüllten Reservoir rasch comprimiren kann, so werden die biegsamen Platten aller mit der Leitung verbundenen Kapseln nach außen gedrückt und dadurch alle zugehörigen Hähne geöffnet. Dann läßt man, während sich der Behälter mit Wasser ganz anfüllt, die Luft aus diesem durch einen Hahn entweichen; verschließt man später sowohl diesen, als den Zuflußhahn des Wassers und läßt das Wasser aus dem Behälter durch ein ca. 10cm langes, verticales Rohr abfließen, so entsteht in dem Behälter und somit auch in der Röhrenleitung ein partielles Vacuum und der Atmosphärendruck drückt alle die nach außen liegenden Platten nach dem Innern der Kapseln, wodurch die Hähne wieder geschlossen werden. Leicht kann man auf diesem Wege eine genügend große Kraft hervorbringen, um die Bewegung aller Hähne mit Sicherheit zu bewirken. Das Anzünden aller zu einer Section gehörenden Brenner erfolgt durch eine einzige Batterie von mäßiger Stärke. In dem oben erwähnten Gehäuse, unterhalb jedes Brenners, befindet sich außer der pneumatischen Kapsel ein kleiner elektromagnetischer Apparat, welcher, sobald man den Strom der Stationsbatterie durch ihn hindurch sendet, diesen Strom wieder unterbricht, so daß der Unterbrechungsfunken das Gas entzündet. Unmittelbar nach der Stromunterbrechung schließt aber der elektromagnetische Apparat eine neue Stromleitung. Ehe der Strom der Stationsbatterie durch die Apparate gesendet wird, ist die Drahtleitung nur bis zum ersten Brenner geschlossen, während die Rückleitung für alle Brenner durch das Bleirohr gebildet ist. Sobald der Strom den ersten Brenner erreicht, entzündet er an diesem das Gas und schaltet zugleich mittels des elektromagnetischen Apparates die Leitung so um, daß der Strom jetzt den zweiten Brenner erreicht; augenblicklich wiederholt sich bei diesem das nämliche Spiel und so geht äußerst schnell der Strom von Brenner zu Brenner weiter, so daß in wenigen Secunden alle Flammen der Section entzündet sind. Weil durch diese sinnreiche Einrichtung der Strom immer nur einen Brenner auf einmal zu bedienen hat, kann er von mäßiger Stärke sein. Auch die Bewegung des an jedem Brenner befindlichen Umschalteapparates erfordert nur eine geringe Stromstärke; die zur Umschaltung erforderliche Kraft wird nämlich durch eine Feder geliefert, und der Elektromagnet hat nur die Auslösung dieser Feder zu bewirken. Die durch Evacuiren der Bleirohrleitung bewirkte Rückwärtsbewegung der biegsamen Platten beim Auslöschen der Flammen erfolgt mit solcher Kraft, daß dabei zugleich mit Leichtigkeit die Umschaltungsapparate wieder in die Anfangsstellung zurückgeführt und die Federn für die nächste Bewegung wieder gespannt werden. An der Station befindet sich noch ein sogen. Indicator – ein Zählapparat, dessen gezahntes Rad ähnlich wie das eines alten Zeigertelegraphen bei jeder Stromunterbrechung um einen Zahn fortrückt; ein mit dem Rade verbundener, über einem getheilten Zifferblatte spielender Zeiger gestattet, das Fortschreiten des Stromes von Brenner zu Brenner an der Station zu verfolgen und so zu controliren, ob alle Umschaltungsapparate richtig functioniren. Da die Zündung nicht, wie beim Klinkerfues'schen Apparate durch Erhitzung eines Platindrahtes, sondern durch Ueberspringen des Unterbrechungsfunkens zwischen zwei Platindrähten erfolgt, so können diese Drähte dick und also auch genügend widerstandsfähig sein. Die Absperrung des Gasausflusses erfolgt durch das kräftige Zudrehen eines Hahnes viel sicherer als beim Klinkerfues'schen System durch die wenige Millimeter hohe Säule der Sperrflüssigkeit, welche, wenn Undichtheit an der Durchbohrungsstelle des Glasgefäßes eintritt oder das Gefäß gar zerbricht, ausläuft und das Gas massenweise in die Luft entweichen läßt. E–e.