Titel: Ueber das Verhalten von Wasserleitungsröhren: von Ferd. Fischer.
Fundstelle: Band 219, Jahrgang 1876, S. 455
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Ueber das Verhalten von Wasserleitungsröhren: von Ferd. Fischer.Nach einem im hannoverschen Bezirksvereine deutscher Ingenieure gehaltenen Vortrag. Fischer, über das Verhalten von Wasserleitungsröhren. Gute Wasserleitungsröhren müssen sich chemisch und physikalisch möglichst indifferent verhalten. Namentlich darf das Röhrenmaterial dem durchfließenden Wasser keine schädlichen (giftige Metalle) oder unangenehmen Eigenschaften (Eisen, faulendes Holz) ertheilen und soll weder von diesem noch von der Bodenfeuchtigkeit und andern äußern Einflüssen angegriffen und zerstört werden. Wünschenswerth ist eine geringe Wärmeleitungsfähigkeit des Röhrenmaterials, um von dem durchfließenden Wasser im Sommer die Wärme, im Winter die Kälte möglichst abzuhalten. Wasserleitungsröhren müssen ferner vollkommen dicht sein und hinreichende Festigkeit gegen innern und äußern Druck besitzen. Thierische Häute. Herodot berichtet, daß ein arabischer König vom Flusse Korys mittels einer aus Häuten gemachten, 13 Tagereisen langen Leitung Wasser in die Wüste geleitet habe, eine Angabe, welche wohl wenig Glauben verdient. Guttapercha. Man hat in England versucht, Wasserleitungsröhren aus Guttapercha anzuwenden (vgl. 1849 113 314); so schätzenswerth derartige Röhren für chemische Fabriken, Brauereien und ähnliche gewerbliche Anlagen auch sein mögen, so gering sind doch die Aussichten einer allgemeineren Anwendung derselben. Holzröhren. Als Material zu denselben verwendet man namentlich die im Spätherbst gefällten Stämme der Fichte und Rothtanne (pinus sylvestris und picea), welche meist durch Handarbeit oder auch wohl mittels der von Trottier und Schweppe (1856 140 24. * 1857 143 245) vorgeschlagenen mechanischen Vorrichtung ausgebohrt werden. Da hölzerne Röhren dem Wasser leicht einen unangenehmen Geschmack ertheilen, bald undicht werden, eine durchschnittliche Dauer von nur 12 Jahren haben und in Folge dessen oft größere Reparaturen und Auswechslungen erforderlich machen, so ist ihre Anwendung sehr beschränkt. Ob die Röhren durch Einlegen in dünne Kalkmilch haltbarer werden, wie vielfach angegeben ist (1875 218 527), erscheint nach andern Beobachtungen zweifelhaft (1874 212 219). Papierröhren. In Frankreich hat man Röhren aus endlosem Papier, welches mit Steinkohlentheer oder Asphalt getränkt wurde, hergestellt, die einen Druck von selbst 20at aushielten (* 1859 153 10. 1860 158 397); neuerdings werden derartige Röhren in Bochum fabricirt, welche sich sehr gut bewähren sollen (1872 204 342). Nach Angabe von Büsscher und Hoffmann (1861 162 182. Vgl. auch da selbst S. 236) und von Ed. Schmid (1865 176 350) sind sie von fast unbeschränkter Dauer, vollkommen wasserdicht, sehr stark und haben ein geringes Wärmeleitungsvermögen bei verhältnißmäßig geringen Preisen. Sie verdienen demnach allgemeinere Beachtung. Leitungsröhren aus Stein. Es ist schon oft versucht, Röhren aus Marmor, Sandstein oder Granit herzustellen (1820 1 294); so ließ sich Tuite bereits im J. 1734 die Herstellung dieser Wasserleitungsröhren in England patentiren, hatte jedoch ebensowenig Glück damit wie seine Nachfolger (1830 36 323). Kramer (1843 90 235) nahm im J. 1842 ein Patent auf die Fabrikation von Wasserleitungsröhren aus Marmor, welche angeblich billiger sein sollten als eiserne; sie wurden bei einer Wasserleitung in Prag angewendet (1844 92 77. 1845 95 234). Ferner haben sich Wollaston (* 1844 94 257) und Champonnois (* 1856 142 90) bemüht, die Herstellung von Steinröhren zu verbessern, und auf Vorschlag von Blochmann (1844 92 78) wurden Röhren aus Quadersandstein bei einer 3km langen Leitung in Dresden verwendet. Sie werden schon jetzt die Concurrenz mit guten Thonröhren nur in seltenen Fällen ertragen. Thonröhren. Schon Diodor und Vitruv erwähnen die Verwendung von Thonröhren, welche z.B. bei der alten Leitung für Konstantinopel angewendet waren; auch in Deutschland sind in den Ruinen römischer Wasserleitungen mehrfach Thonröhren aufgefunden, welche meist noch gut erhalten sind. In neuerer Zeit ist die Fabrikation von ThonröhrenUeber die Herstellung von Thonröhren zu Wasserleitungen vgl. Voit * 1820 1 286. Bagshaw 1826 21 86. Bahr * 1827 24 220. Meillonas 1834 53 320. Reichenecker 1840 78 220 und * 1847 104 169. Weller * 1846 100 12. Spencer * 1849 114 406. Burton * 1850 116 93. Randell und Saunder * 1852 124 259. Schlickeysen * 1856 142 88. Schlosser * 1857 144 408. Laffineur * 1865 178 88. Hammond 1871 201 273. Sachsenberg * 1874 211 9. 214 114. * 438. so sehr vervollkommnet, daß sie selbst bei größern Anlagen mit den günstigsten Erfolgen angewendet sind. Die glasirten Röhren aus sogen. Ascanialith von Jannasch in Bernburg sind zu den Leitungen der Stadt Gera, Schloß Stollberg u.a. verwendet und dürften, abgesehen von Straßenleitungen, in manchen Fällen selbst eisernen Röhren vorzuziehen sein. Porzellanröhren, welche in Elgersburg und in Nymphenburg bei München hergestellt wurden, sind theurer, ohne nennenswerthe Vorzüge vor guten Steinzeugröhren zu besitzen. Glasröhren. Auf den Vorschlag von Bergeron und Cambier wurden in Rive-de-Gier Versuche mit geblasenen Glasröhren von 18cm Durchmesser gemacht, die angeblich nur 1/3 so theuer sein sollten als gußeiserne (1841 82 316). Die Dietrichstein'sche Glasfabrik bei Protiwanow (1843 88 398) versuchte, gläserne Brunnenröhren herzustellen; Roe (* 1846 99 353) beschrieb die Fabrikation von gläsernen Leitungsröhren und Façonstücken, Chedgey (1862 163 412) das Gießen, Andere das Legen und Verbinden derselben (* 1847 106 188). Glasröhren ertheilen, wie auch gut glasirte Thonröhren, dem durchfließenden Wasser durchaus keine unangenehmen oder schädlichen Eigenschaften, sind wie diese von fast unbeschränkter Dauer, ertragen nach Cailletet (1874 212 255) selbst 100at innern und einen noch stärkern äußern Druck, so daß sie vielleicht eine große Zukunft haben, namentlich wenn es gelänge, sie auf billige Weise so zu härten (1874 215 186 und 381), daß sie Erschütterungen besser aushalten, als dies bis jetzt der Fall ist. Cementröhren. Fleuret (1824 14 499) ließ sich schon im J. 1804 die Herstellung von Wasserleitungsröhren aus einem Kalkmörtel patentiren. Gasparin (1842 85 77) stellte auf eigenthümliche Weise – mit Hilfe eines aus dichtem Leinentuch eingeschlossenen Wasserkernes – eine Wasserleitung aus hydraulischem Mörtel her, Way und Paine (1853 128 438), Karlinger (1854 132 202), Born (1854 134 136), Sanftleben (* 1859 154 421) und Aigner (* 1875 215 423) machten weitere Mittheilungen über die Herstellung von Cementröhren. Die Besorgniß, daß das Wasser bei längerer Leitung durch Cementrohre, oder mit Cement gemauerten Canälen leicht Kalk aufnehmen könne, ist unbegründet. Das Wasser des Loch-Katrine, welches nur 3mg Kalk im Liter enthält, zeigt in Glasgow, nachdem es 26 engl. Meilen (42km) einen solchen Canal durchlaufen, genau denselben Kalkgehalt. Obgleich Cementröhren manche schätzenswerthe Eigenschaften mit den Thonröhren gemeinsam haben, ist ihre Anwendung doch nur verhältnißmäßig gering. Auch die Herstellung von Röhren aus gemahlenem Schiefer mit Steinkohlentheerpech ist vorgeschlagen worden (1868 190 338). Kupferröhren werden ihres hohen Preises wegen wohl kaum angewendet; zur Leitung von Genußwasser sind sie völlig unbrauchbar, weil sie nach Kersting's (1863 169 186) und Reichardt's Beobachtungen selbst nach längerm Gebrauch an das durchfließende Wasser Kupfer abgeben (1873 210 301). Zink, welches zwar nicht zu Wasserleitungsröhren, wohl aber bisweilen zu Sammelbassins angewendet ist, wird von Wasser, namentlich wenn dasselbe Chlorverbindungen enthält, stark angegriffen (1869 193 518). Noch stärker soll dasselbe gelöst werden, wenn es mit eisernen Nägeln befestigt ist (1834 53 317. 1866 180 132). Allgemein wird daher anerkannt, daß Zink für Wasserleitungen völlig unbrauchbar ist (1865 175 284). Zinnröhren sind zu Hausleitungen zwar in jeder Weise empfehlenswerth; wo aber die Beschaffenheit des Wassers derart ist, daß Bleiröhren unbedenklich angewendet werden können, wird man diese des weit geringern Preises wegen vorziehen. Bleiröhren.Ueber die Herstellung derselben vgl. Weatherly 1820 2 304. Burr 1822 9 332. * 1837 66 34 (Ellis und Burr's Patent). Hague * 1823 11 177. Gethen * 1825 17 59. Titus * 1832 46 196. J. und Ch. Hanson * 1840 78 201. Karmarsch: Klinkworth'sche Preßmaschine 1841 82 186. Beyer's Presse 1842 84 159. Kehr *1844 91 275. Rand * 1844 92 5. Weem * 1853 130 170. Hager * 1858 147 248. Schon die alten Römer bedienten sich zu den Zweigleitungen meist der Bleiröhren (1820 1 266). Zu größern Anlagen waren sie z.B. verwendet bei den Thürmen, welche in der Leitung für Konstantinopel errichtet waren, um das Wasser mit Luft in Berührung zu bringen, sowie bei der zur Zeit des Claudian Lersch: Trinkwasser S. 3. gebauten Leitung für Lyon. Hiernach ist die Behauptung, daß die Verwendung der Bleiröhren erst von Brock, einem Caplan Heinrich's VIII., entdeckt sei (1830 36 324), mindestens sonderbar. Die Beobachtung, daß durch Bleirohre geleitetes Wasser unter Umständen gesundheitsschädlich werden kann, scheint sehr alt zu sein. So sollen schon Vitruv und Galenus zur Zeit des alten Roms auf die Gefahren des Genusses von Wasser, welches durch Bleiröhren gelaufen sei, aufmerksam gemacht haben, und Elshold, Leibmedicus des großen Churfürsten, schrieb im J. 1682 in seinem Tischbuch S. 286: „Diweilen man die Quellwasser zuweilen durch Röhren pfleget in die Städte zu leiten, so nehmen die Wasser von dem Bley eine der Gesundheit schädliche Qualität an.“ – Auch aus neuerer Zeit (1825 16 67) liegen einzelne Angaben vor, daß derartiges Wasser schädliche Wirkungen gehabt habe, während von anderer Seite die Schädlichkeit desselben entschieden bestritten wird, selbst wenn das Wasser eine 400m lange Bleileitung durchflossen habe (1863 169 188). BelgrandComptes rendus, 1873 t. 77 S. 1055. Naturforscher, 1874 S. 18. legte am 10. November 1873 der Pariser Akademie Stücke eines Bleirohres vor, durch welches seit 1670, also über 200 Jahre, Wasser geleitet war, und das dennoch keine Spur von Corrosion zeigte. Ein Theil der bleiernen Wasserröhren in Paris stammen sogar noch aus der Regierungszeit von Philipp August (1180 bis 1218). Hätte das Pariser Wasser auf dieselben nachtheilig eingewirkt, so müßten sie längst wie ein Sieb durchlöchert sein.Gewerbeblatt aus Württemberg, 1873 S. 516. Eine im J. 1850 aus der 1677 für das sehr weiche Wasser von Farnham gelegten Leitung herausgenommene Probe zeigte nicht die Spur von Corrosion. Einige Wässer greifen das Blei dagegen an; so soll das harte Wasser der Themse und des New-Riwer Blei stärker angreifen als Regenwasser, namentlich die Böden von Bleibehältern rasch zerstörenKnapp: Chemische Technologie, Bd. 1 S. 114., während sonst allgemein harte Wässer kein Blei lösen. Diesen sich widersprechenden Beobachtungen aus der Praxis stehen eine große Anzahl Laboratoriumsversuche gegenüber, deren Ergebnisse jedoch auch nicht immer übereinstimmen. Yorke (* 1834 54 20) zeigte, daß lufthaltiges destillirtes Wasser etwa 1/12000 seines Gewichtes Blei auflöst unter gleichzeitiger Bildung von Krystallen des basischen Bleicarbonates PbO, CO₂ + PbO, HO oder Pb₂CO₃ (OH)₂. Bonsdorff (1838 68 38), Philipps (1845 95 386) und Horsford (1849 114 299) bestätigen, daß Blei in trockner Luft und luftfreiem Wasser nicht angegriffen wird; Stallmann (1866 180 366) fand, daß das in lufthaltigem Wasser gebildete Carbonat von wechselnder Zusammensetzung ist. Medlock (1857 144 285) glaubt, daß destillirtes Wasser nur dann auf Blei einwirkt, wenn dasselbe salpetrigsaures Ammoniak, Böttcher Wagner's Jahresbericht, 1867 S. 534., wenn dasselbe Ammoniumcarbonat enthält. Horsford (1849 114 299) meint, daß organische Stoffe die Wirkung des Wassers auf Blei schwächen, da sie den vorhandenen Sauerstoff absorbiren. Hofmann, Graham und Miller Wagner's Jahresbericht, 1858 S. 437., sowie Road berichten dagegen, daß mit organischen Stoffen verunreinigtes Wasser Bleirohre ganz besonders stark angreift, und Varrentrapp (1865 175 286) hat beobachtet, daß ein Bleirohr sehr stark angegriffen wurde, als das betreffende Wasser durch eine nahe Abortsgrube verunreinigt war. Daß Blei in Berührung mit Holz leicht zerfressen wird, ist mehrfach beobachtet. Yorke fand ferner, daß Wasser, welches Kochsalz oder Gyps, namentlich aber Brunnenwasser, welches Calciumbicarbonat enthielt, nicht die Spur Blei lösten. Horsford beobachtete dagegen, daß Chloride und Nitrate die Einwirkung des Wassers fördern, andere Salze dieselbe schwächen. Auch Graham, Miller und Hofmann berichten, daß Chloride, namentlich Nitrate, die lösende Wirkung des Wassers verstärken, Gyps dieselbe schwächt, Calciumbicarbonat dieselbe aber am entschiedensten verringert. Kersting (1863 169 183) fand, daß sodahaltiges Wasser das Blei sehr stark angriff, Muir (1872 205 542) dagegen, daß kohlensaures Kalium die Wirkung des Wassers auf Blei fast völlig aufhebt, Nitrate und Ammoniumverbindungen die Einwirkung befördern, Chloride dieselbe wenig, Sulfate und Carbonate aber ganz bedeutend schwächen (vgl. 1866 180 305). Diesem entsprechend berichten auch Christison (1842 86 78)Chemical News, 1873 vol. 28 p. 15., Solly (1847 105 157), Faißt (1853 127 317), v. Pettenkofer (1865 175 283), Besnou und Bobierre Chemisches Centralblatt, 1874 S. 212., Dumas Comptes rendus, 1873 t. 77 p. 1054., Balard Comptes rendus, 1874 t. 78 p. 392. Lissauer Vierteljahresschrift für öffentliche Gesundheitspflege, 1870 Heft 4., Himly Industrieblätter, 1874 S. 370., Le Blanc Armengaud'sPublication industrielle, 1873 p. 444. Journal de Médecine de Bruxelles, 1874 p. 545. u.a., daß gewöhnliche Brunnen- und Leitungswässer kein Blei lösen. Fordos (1874 213 163) endlich zeigt, daß Calcium- und Magnesiumbicarbonat, im Wasser gelöst, mit Blei unlösliches kohlensaures Blei geben unter Abscheidung der entsprechenden Carbonate, woraus sich die absolute Abwesenheit von gelöstem Blei in gewöhnlichen Trinkwässern, welche durch Bleiröhren geleitet sind, erklärt; Chloride und Sulfate geben basische Niederschläge unter Lösung von etwas Blei.Besnou beobachtete, daß Kalkwasser Blei sehr energisch angreift; beim Legen der Röhren sind sie daher möglichst vor Berührung mit frischem Mörtel zu schützen. (Comptes rendus, 1874 t. 78 p. 322.) Ein aus einer 13 Jahre alten Brunnenwasserleitung in Hannover herausgenommenes Stück Bleirohr von 4mm Wandstärke ist innen mit einer etwa 0mm,3 dicken, grauen, ziemlich festhaftenden Schicht völlig ausgekleidet, welche vorwiegend aus Bleicarbonat mit Bleisulfat und etwas Calciumcarbonat besteht; sonst ist das Rohr noch sehr gut erhalten. 1l des im December 1875 untersuchten Brunnenwassers enthielt: Milligrm.-Aequiv.Vgl. 1873 210 300.   mg Chlor     2,14 entsprechend   76 Chlor Schwefelsäure     3,22 129 SO Salpetersäure     2,58 139 NO Salpetrige Säure 0   – Ammoniak 0   – Organische Stoffe     0,32   51 Org. Stoffe Calcium     7,81 219 CaO Magnesium     1,28   26 MgO Davon durch Kochen fällbar     Calcium     4,20 210 CaO, CO₂.     Magnesium Spuren In den ersten Tagen des Gebrauches der neuen Leitung ist das Wasser, nach Mittheilung des Besitzers, namentlich des Morgens trübe gewesen, dann aber klar geworden. Voraussichtlich ist das Bleirohr unter dem Einfluß des Calciumbicarbonates, der Nitrate, Chloride und Sulfate anfangs stark angegriffen, unter Abscheidung von kohlensaurem Calcium und Bildung basischer Bleiverbindungen, welche theils im Wasser suspendirt blieben und dasselbe trübten, theils aber die erwähnte Kruste bildeten, die nun das Bleirohr vor weitern Angriffen schützte. Jetzt enthält das Wasser wenigstens, trotz des verhältnißmäßig hohen Gehaltes an organischen Stoffen und Nitraten, auch nicht die Spur von Blei. Zur Entscheidung der Frage, ob bei Wasserversorgungsanlagen Bleirohre zu Hausleitungen angewendet werden dürfen, sind in bisheriger Weise angestellte Laboratoriumsversuche durchaus ungenügend. Ob ein Bleirohr in den ersten 2 oder 4 Wochen von dem betreffenden Wasser angegriffen wird und dieses daher, wenn es einige Stunden in dem Rohr gestanden hat, Spuren von Blei suspendirt oder gelöst enthält, kann hierbei kaum in Betracht kommen; es würde dann genügen, eine entsprechende Menge Wasser fortfließen zu lassen, bis es bleifrei geworden ist; es ist vor allen Dingen festzustellen, ob das Bleirohr dauernd angegriffen würde. Diese Frage kann offenbar nur dadurch endgiltig gelöst werden, daß Wasser aus vielen LeitungenZu Nebenleitungen sind nur Bleirohre verwendet in Altenburg, Berlin, Bochum, Danzig, Dortmund, Essen, Halle, Posen, Rostock, Steele; Rohre aus Blei oder Eisen in Altona, Braunschweig, Breslau, Cöln, Düsseldorf, Hamburg, Stuttgart, Zittau u.a. regelmäßig untersucht wird unter möglichster Berücksichtigung aller in der Praxis vorkommenden Verhältnisse, welche die Lösung des Bleies etwa befördern oder verhindern können. – Bei einem Wasser, welches, wie das für die Stadt Hannover bestimmte (1875 215 522), nur Spuren von organischen Stoffen und Nitraten, dagegen vorwiegend Bicarbonate von Calcium und Magnesium enthält, ist die Verwendung von Bleiröhren für Hausleitungen unbedenklich. Philipps (1845 95 386) beobachtete, daß bleihaltiges Wasser von diesem Metalle befreit werden könne, wenn es durch Papier filtrirt werde; er glaubte daher, daß das Blei im Wasser nur suspendirt sei. Yorke (1846 99 157) fand dagegen, daß auch das gelöste Blei von der Papierfaser zurückgehalten werde. Kersting (1863 169 199) und Varrentrapp (1865 175 289) empfehlen, in die Hausleitungen einen kleinen, mit Kohle gefüllten Behälter einzufügen, um so auch die geringsten Spuren von Blei zurückzuhalten. Bobierre Comptes rendus, 1873 t. 77 p. 1272. schlägt Filtration durch Kalkstein vor. – Wo die Bleirohre von dem Wasser angegriffen werden, ist Filtration durch Kohle gewiß zu empfehlen. Es wurde einst vorgeschlagen, Bleirohre durch einen Ueberzug von Bleiweißfarbe vor der Einwirkung das Wassers zu schützen (1834 53 317). Christison (1834 54 31. 1842 86 78) beobachtete, daß Bleirohre nicht mehr von Wasser angegriffen werden, wenn man sie mit einer verdünnten Lösung von phosphorsaurem Natrium behandelt; Parkes (1869 191 171) bestätigt die schützende Wirkung der Phosphate. H. Schwarz (1862 164 315. 1864 171 77) empfahl, Bleiröhren mit einer Lösung von Schwefelkalium zu behandeln, um die Oberfläche derselben dadurch in Schwefelblei zu verwandeln. Willm 1874 211 401) berichtet, daß dieser Ueberzug das Blei in der That schützt. Wo eine Lösung des Bleies befürchtet wird, da mag man derartig geschwefelte Rohre, wie es in Frankfurt, Kiel, Leipzig und Wiesbaden geschehen, immerhin zu den Nebenleitungen anwenden. (Schluß folgt.)