Titel: Ueber Kesselsteinbildungen und deren Verhütung; von Ferd. Fischer.
Autor: Ferd. Fischer
Fundstelle: Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 367
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Ueber Kesselsteinbildungen und deren Verhütung; von Ferd. Fischer.S. 263 Z. 20 v. o. (Tabelle) ist zu lesen Rückstand, unlöslich in Salzsäure statt „„unlöslich in Salzsäure“.Hr. I. Popper berichtet in einem Schreiben an die Redaction dieses Journals, das S. 174 erwähnte Einscheuern der Kesselbleche werde jetzt dadurch verhütet, daß man die Füßchen der Einlagen umbiege und auf diese Weise eine breite Auflagefläche herstelle. Das Verstopfen der Zwischenräume zwischen Einlage und Kessel mit Kesselsteinplitter und Schlamm könne wohl nur durch Nachlässigkeit entstehen.D. Red. (Schluß von S. 268 dieses Bandes.) Mit Abbildungen. Fischer, über Kesselsteinbildungen und deren Verhütung. Die bisher besprochenen Vorschläge zur Verhütung der Kesselsteinbildungen sind demnach theils mangelhaft, theils geradezu verwerflich; die Kesselsteinbildner des Speisewassers müssen daher in leicht lösliche Verbindungen übergeführt oder ausgefällt werden, bevor das Wasser in den Dampfkessel kommt. Chlorwasserstoffsäure. Auf den Vorschlag von Wienhaus (1865 176 476) wurde das Speisewasser für die Kessel der Grube Neu-Schunk-Olligschläger, welches fast nur die Bicarbonate des Calciums und Magnesiums enthielt, mit soviel Salzsäure versetzt, daß diese zu etwa 5/6 in Chloride übergeführt waren. Haber (1866 180 160) berichtet, daß sich die nicht zersetzten Carbonate dennoch als feste Kruste absetzten, die Kesselbleche aber ziemlich stark angegriffen wurden. Er vermuthet, daß dieses starke Rosten eine Folge des zu heißen Ausblasens sei, da hierbei Chlormagnesium zersetzt werde. Duclos de Boussois (1855 138 320) will 1cbm Speisewasser mit 15l einer Lösung von 125k krystallisirtem Chlorbarium, 25k Salzsäure und 450k Wasser versetzen; zur Entfernung der etwa überschüssigen Säure soll das so gereinigte Wasser durch eine Schicht Kalkstein fließen. Das Unpraktische dieses Vorschlages liegt auf der Hand. Essig. Friedrich (1866 180 320) versetzte das Speisewasser mit rohem Holzessig, Longley (1874 214 170) mit Holzessig und Theer. Bei Verwendung eines gypshaltigen Wassers ist Essig selbstverständlich wirkungslos. Auch Branntweinspülig ist wohl wegen seines Gehaltes an Essig und andern organischen Säuren angewendet. Chlorammonium. Flesselle (1840 77 315) schlug bereits vor, dem Kesselspeisewasser Kochsalz zuzusetzen, um so leichtlösliche Verbindungen zu bilden. Ritterbandt (1845 97 448) ließ sich die Verwendung von Chlorammonium, essigsaurem oder salpetersaurem Ammonium patentiren. Seiner Angabe nach wird die Bildung von Kesselstein hauptsächlich durch Ausscheidung von kohlensaurem Calcium veranlaßt; durch Zusatz von Salmiak soll sich Chlorcalcium bilden und kohlensaures Ammonium, welches mit dem Dampf entweicht. Von der Society of Arts erhielt er für diesen Vorschlag die goldene Isismedaille. Während sich das Verfahren bei einigen Schiffskesseln (1846 99 155) und mit Flußwasser gespeisten Dampfkesseln bewährt hat (1847 103 394), berichten Burg (1850 115 16), Davy (1851 119 357) und Scheffer (1853 130 205), daß sich auch trotz der Anwendung von Salmiak feste Kesselsteinkrusten absetzten, und BolzanoBayerisches Kunst- und Gewerbeblatt, 1865 S. 593., daß Messingventile sehr stark angegriffen wurden. Bei hinreichend starkem Zusatz von Chlorammonium werden sich durch gegenseitige Umsetzung leicht lösliche Verbindungen bilden, und wird sich der Ansatz fester Krusten meist verhindern lassen. Da aber die Ammoniumsalze Kupfer stark angreifen, so hat man die Verwendung des Salmiaks wieder aufgegeben. Elsner schlug ein Gemisch aus gleichen Theilen calcinirter Soda und Salmiak vor, befürchtete aber selbst, daß mit den Wasserdämpfen kohlensaures Ammonium entweichen und die Messingbestandtheile angreifen werde. Bariumverbindungen. Die Verwendung von Chlorbarium im Dampfkessel wurde bereits S. 261 besprochen; um die Schlammbildung zu verhüten, ist es jedenfalls vorzuziehen, wie dieses bereits von BeutherZeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1864 S. 283. ausgeführt wurde, das Wasser in einem besondern Behälter mit der passenden Menge Chlorbarium zu mischen und nach dem Absetzen des Niederschlages das so gereinigte Wasser zum Speisen der Dampfkessel zu verwenden. Enthält das Wasser nur Gyps als Kesselsteinbildner, so läßt sich durch dieses Verfahren jede Krusten- und Schlammbildung verhüten. H. Würtz (1859 152 319) empfahl zur Entfernung des Gypses aus dem Kesselspeisewasser, dasselbe mit kohlensaurem Barium (Witherit) zu behandeln; das durch Umsetzung gebildete schwefelsaure Barium und das kohlensaure Calcium bleiben als unlöslich zurück; schwefelsaures Magnesium wird hierbei nicht zersetzt. Auch Brescius (1862 165 128) meint, daß kohlensaures Barium besser sei als Chlorbarium. Willigk (1869 192 212) schlug vor, saure Grubenwässer durch eine etwa 30m lange Schicht Witherit fließen zu lassen, um sie für den Dampfkesselbetrieb brauchbar zu machen. Solly (1847 105 157) erwähnt, daß man Wasser von Gyps reinigen könne, wenn man dasselbe durch oxalsaures Barium filtrire. Anthon (1876 219 546) zeigte, daß die völlige Umsetzung nur sehr langsam vor sich gehe. Lelong-Burnet (* 1862 166 252) will das Speisewasser in einem besondern Apparate mit Bariumhydrat ausfällen; für Gypswässer, welche frei von Bicarbonaten sind, ist dieses Verfahren offenbar nicht empfehlenswerth. Außerdem ist Aetzbarit und mehr noch oxalsaures Barium für den Großbetrieb zu theuer, während Witherit wegen seiner langsamen Wirkung große Fällungsbehälter erfordert. Vorwärmer. Ungemein zahlreich sind die Vorschläge und Constructionen von Apparaten, in denen das Wasser, bevor es zum Speisen der Dampfkessel verwendet wird, erwärmt werden soll, theils vorwiegend um die Wärme abgehender Dämpfe und Verbrennungsgase auszunützen, theils mit der ausgesprochenen Absicht, die Kesselsteinbildner des Wassers ganz oder theilweise abzuscheiden. Castets (* 1855 135 15), Wolff (1859 154 232), KleinZeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,* 1871 S. 323., Cambridge und Parham (* 1871 201 89), Davey und Paxman (* 1874 211 254), Degroux und Chamberlain (* 1875 215 491), Brown und May (* 1875 217 443) und Andere (* 1869 194 459) haben Vorwärmer construirt, um die Wärme der abgehenden Dämpfe auszunützen, ohne daß der Dampf in unmittelbare Berührung mit dem Speisewasser kommt. Legris und Choisy (* 1853 130 241), Roche (1860 156 259), Henkel (* 1862 165 173), H. G. Wagner (1862 164 253) * 1863 169 107), Water (* 1869 192 445), KnövenagelZeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,* 1872 S. 597., PiedboeufZeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,* 1871 S. 536., Garret (* 1871 199 345), Davey und Paxman (* 1874 211 253), Daelen und Burg (* 1875 216 472), Northcott (* 1876 220 302), führen das Speisewasser mehr oder weniger fein vertheilt dem abgehenden Dampfe entgegen. Obgleich hierdurch die Wärme sehr gut ausgenützt wird, sind diese Apparate doch weniger empfehlenswerth als die vorhin erwähnten, wenn nicht eine Reinigung mit Kalkmilch oder Soda folgt, wodurch die mit übergerissenen Fetttheile wieder entfernt werden. Black will das Speisewasser durch die hohlen Roststäbe leiten (* 1848 110 84); Ellis ist 25 Jahre später mit dem gleichen Patente aufgetreten (* 1873 207 127). Marshall empfiehlt einen Vorwärmer, welcher um den Dampfkessel herumgelegt wird (* 1875 217 169). Um die Wärme der abgehenden Verbrennungsgase nutzbar zu machen, führt Eastwood (* 1871 201 509) das Speisewasser durch zwei concentrische Röhren, Green (* 1867 185 13) durch gerade, Bell (1874 212 257) durch spiralförmig gewundene Röhren. Für gewöhnlich wird das Wasser in diesen Apparaten nur auf 70 bis 80° erwärmt, bei mangelhaften Dampfkesselanlagen aber selbst auf 145° (vgl. 1873 207 80) 1874 212 256. 1875 218 271. 1876 220 15). Die Circulation des Wassers soll angeblich so lebhaft sein, daß sich in den Röhren keine Krusten ansetzen. Es wurde bereits erwähnt, daß sich auch aus dem schnellst bewegten Wasser feste Absätze bilden, welche bei Temperaturen unter 100° aus kohlensaurem Calcium und kohlensaurem Magnesium bestehen, bei 140 bis 150° aber auch das schwefelsaure Calcium enthalten. Die Reinigung dieser Röhren von abgesetzten Steinkrusten und Rußablagerungen ist aber schwer auszuführen, die Reparatur derselben sehr lästig. Obgleich demnach durch derartige Apparate namentlich bei mangelhaften Feuerungsanlagen Ersparung an Brennmaterial und theilweise Reinigung des Speisewassers erzielt werden können, so ist ihre Rentabilität dennoch sehr zweifelhaft. Außerdem hat die Explosion zweier derartiger Röhrenvorwärmer, bei welcher in jedem Falle Leute getödtet wurdenDeutsche allgemeine polytechnische Zeitung, 1876 S. 23., gezeigt, daß sie, wenn höhere Temperaturen verwendet werden, auch sehr gefährlich sein können. Während in den vorhin erwähnten offenen Vorwärmern je nach der erreichten Temperatur und der Vertheilung des Wassers nur die Bicarbonate des Calciums und Magnesiums mehr oder weniger vollständig zersetzt und als einfach kohlensaure Verbindungen ausgeschieden werden, kann durch Erhitzen unter 4 bis 5at auch das schwefelsaure Calcium als schwerlöslicher Niederschlug gefällt werden. Unvollkommen wird dies erreicht durch die sogen. Gegenstromkessel, besser durch die im Kessel selbst angebrachten Vorwärmer von Wohnlich (1861 160 236), Haswell (* 1863 169 107) und Paucksch (* 1875 218 89). Schau (1861 159 461) 1862 164 256. * 1863 169 103) läßt das Speisewasser über eine Anzahl Teller fließen, welche im Dom angebracht sind. Meyer (* 1863 169 108) verbindet diese Vorrichtung mit einem Schlammsack. Auf demselben Princip beruht der Apparat von Schäffer und Budenberg (* 1865 176 5). Fischer und StiehlIndustrieblätter, 1870 S. 196. haben einen dem Schau'schen ähnlichen Schalenvorwärmer mit einem Wassermesser vereinigt. MartinPolytechnisches Centralblatt, 1864 S. 1469. läßt das Wasser in einem cylindrischen Gefäße über eine Anzahl durchlöcherter Platten fließen, um es der Wirkung des in einem besondern Ueberhitzer erzeugten Dampfes auszusetzen. Weniger wirksam als diese Vorwärmer, welche das Speisewasser in möglichst feiner Vertheilung mit den gespannten Dämpfen zusammenbringen, dürfte der Apparat von Lugand und Bassère sein (* 1866 180 421). Nach einer Mittheilung von A. Bachmann hat derselbe den in nachstehendem Holzschnitt skzzirten Vorwärmer mehrfach angewendet. Der Cylinder R, welcher dieselbe Wandstärke hat als der Hauptdampfkessel, wird in entsprechender Weise über demselben angebracht; für größere Anlagen wendet man zwei Vorwärmer an. Bei der ersten Inbetriebsetzung des Apparates wird derselbe zu etwa Dreiviertel mit Wasser gefüllt, dann das Dampfventil b langsam geöffnet, worauf der dem Kessel entnommene Dampf durch das siebartig durchlöcherte Kupferrohr k in das Wasser tritt und dieses bald auf die Temperatur des Kesselwassers erhitzt. Die Speisung der Dampfkessel x erfolgt nun durch Oeffnung der Hähne p, ohne daß jedoch das Dampfventil b geschlossen würde. Dann werden p und b geschlossen, das Ventil a aber geöffnet, wodurch der Cylinder aus einem höher gelegenen Wasserbehälter sich wieder füllt. Der ausgeschiedene Schlamm wird durch den Abblaßhahn g entfernt. Textabbildung Bd. 220, S. 371 Kalk (vgl. S. 264). Cavendish beobachtete bereits im J. 1766, daß einige Wässer eine beträchtliche Menge nicht neutralisirter Kalkerde und Magnesia enthielten, und daß diese Erden durch Kalkwasser mit dem im Kalkwasser selbst enthaltenen Kalk zusammen gefällt wurden. Clark (1842 83 193) ließ sich am 8. März 1841 die Reinigung solcher Wässer durch Kalkwasser patentiren, welche beim Kochen einen weißen Absatz geben, der in Salzsäure unter Aufbrausen löslich ist. Brescius (1862 165 125) hat Frankfurter Leitungswasser, welches im Liter 0g,28 kohlensaures Calcium als Bicarbonat und nur 0g,02 Gyps enthielt und einen festen Kesselstein absetzte, mit soviel klarem Kalkwasser vermischt, als nach einem vorläufigen Versuche erforderlich war. Nach dem Absetzen des Niederschlages wurde das so gereinigte Wasser zum Speisen eines Dampfkessels verwendet; statt 126k erhielt er nach dieser Reinigung in derselben Zeit nur 1k,5 Kesselstein. Er hebt bereits hervor, daß das schon gefällte kohlensaure Calcium die Abscheidung des noch gelösten so sehr beschleunigt, daß die alkalische Reaction fast gleich nach dem Aufrühren verschwindet. Ein Kesselspeisewasser, welches auch zu Brauereizwecken verwendet werden mußte, wurde durch den Abgangsdampf erwärmt, mit der entsprechenden Menge Kalkmilch gut gemischt und nach dem Absetzen des Niederschlages gebraucht. Die Analyse dieses Brunnenwassers vor (I) und nach der Reinigung (II) gab folgendes Resultat. 1l enthielt Milligrammäquivalente : I II Chlor 4,28 4,39 Schwefelsäure 5,40 5,19 Salpetersäure 1,31 1,33 Salpetrige Säure Spur Spur Ammoniak fast 0 0 Organische Stoffe 0,318 0,179 Calcium 11,50 6,15 Magnesium 2,26 0,35   Davon durch Kochen fällbar Calcium 628 Spur Magnesium 0,20 0 Demnach veränderliche Härte 18,1° Gesammthärte 38,5° 18,2° Durch den Kalkzusatz wurden also nicht nur die Bicarbonate, sondern auch fast das gesammte Magnesium und ein großer Theil der organischen Stoffe abgeschieden. Als aber die Reinigung mit weniger Sorgfalt ausgeführt wurde, bildete sich ein sehr fester Kesselstein von folgender Zusammensetzung: Calciumoxyd (CaO) 41,34 Magnesiumoxyd (MgO) 8,36 Eisenoxyd und Aluminiumoxyd (Fe2O3 . Al2O3 2,03 Kieselsäure (SiO2) 0,31 Schwefelsäure (SO3) 20,51 Kohlensäure (CO2) 17,61 Unlösliches 2,75 Wasser 6,03 Organisch, Verlust 1,06 –––––––– 100,00 entsprechend: 6,03 Proc.  Ca O2H2 oder  CaO, HO 40,00 Proc.  Ca CO3 oder  CaO, CO2 31,69 Proc.  Ca SO4 oder  CaO, SO3 3,41 Proc. 2Ca SO4 + H2O oder 2 CaO, SO3 + HO 12,12 Proc.  Mg O2H2 oder  MgO, HO. Auch hier (vgl. 1874 212 219) war also meist zu viel, oft auch zu wenig Kalk zugesetzt. KnabBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1875 S. 1363. ließ sich folgendes Verfahren patentiren. Der im Wasser gelöste Kalk wird durch Zusatz von Aetzkalk niedergeschlagen, die Flüssigkeit dann durch mehrere über einander gelagerte Kufen, deren doppelte, durchlöcherte Böden mit kardirter Wolle gefüllt sind, filtrirt. Die Wolle in den zwei obersten Kufen muß ziemlich häufig erneuert werden. Um die Bildung von Kesselstein aus dem in Lösung gebliebenen schwefelsauren Calcium zu verhüten, wird dem Kesselwasser eine klare Lösung von Torf in Aetznatron (humussaures Natron) zugesetzt. — Letzteres würde wohl besser durch Soda ersetzt. Auch zur Neutralisation saurer Grubenwässer ist Kalk mit Erfolg verwendet (1859 152 74) 1864 172 153). Soda (vgl. S. 266). Auf den Vorschlag von Haas (1866 180 242) wurde das zum Speisen eines Dampfkessels bestimmte Wasser in zwei Behältern mit Soda gemischt und nach dem Absetzen des Niederschlages verwendet. Der tägliche Kohlenverbrauch fiel in Folge dessen von 1500 auf 1000k; eine schädliche Einwirkung auf die Kesselwände wurde nicht beobachtet. O. Kohlrausch (1871 200 265) versetzt das Speisewasser in einem großen Behälter ebenfalls mit Soda und erwärmt die Flüssigkeit durch den abgehenden Dampf. Er fand, daß man etwas mehr Soda zusetzen müsse, als erforderlich wäre, das vorhandene schwefelsaure Calcium auszufällen. Wasserglas. Buff und Versmann (1859 152 189) wollen das Wasser durch Zusatz von Natronwasserglas und Soda (holländische Composition) reinigen. Van den Corput nimmt diese Erfindung für sich in Anspruch (1859 153 390). A. Smith (englisches Patent vom 23. März 1874) will den Kalk des Kesselspeisewassers durch die Silicate des Magnesiums, Eisens oder Bariums ausfällen, welche durch Vermischen der entsprechenden Salze mit Wasserglas hergestellt werden sollen. Gleichzeitige Anwendung mehrerer Wasserreinigungsverfahren. F. Schulze (1868 188 217) empfahl für Wasser, welches neben den Bicarbonaten des Calciums und Magnesiums noch Gyps oder andere lösliche Calcium- und Magnesiumverbindungen enthält, die combinirte Anwendung von Kalkmilch und Soda. Entweder sollten beide vorher gemischt, oder aber erst die zur Zersetzung der Bicarbonate und der Magnesiumverbindungen erforderliche Menge Kalkmilch und dann die Soda zugesetzt werden. — Es ist sehr zu empfehlen, hierbei das Wasser gut vorzuwärmen. E. de Haën (* 1873 208 271) vermischt das Speisewasser in besondern Behältern mit Chlorbarium und Kalkmilch und läßt den Niederschlag absetzen. Richtig ausgeführt, kann durch dieses Verfahren jede Kesselsteinbildung verhütet werden.Vgl. Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1875 S. 318. 386. In der hiesigen Flachsspinnerei wird nach dieser Methode gereinigtes Brunnenwasser schon seit etwa zwei Jahren zum Speisen von zwei großen Piedboeuf'schen Röhrenkesseln mit dem besten Erfolge verwendet. Vor einigen Wochen erhielt Verfasser durch Hrn. Director Tuch je eine Flasche des betreffenden Wassers vor (I) und nach der Reinigung (II) und des Kesselwassers (III). 1l derselben enthielt Milligrammäquivalente (1873 210 300): I II III Chlor 1,88 7,24 209,5 Schwefelsäure 2,28 0 0 Barium 0 Spur Spur Magnesium 0,56 Spur 1,22 Calcium 5,68 5,12 134,8   Davon durch Kochen fällbar 2,90 0 0 entsprechend: Kohlensaures Calcium 145mg 0 0 Schwefelsaures Calcium 155 0 0 Chlorcalcium 26 284mg  7481mg Chlormagnesium 27 Spur 58 Abdampfrückstand 12 080 Das gereinigte Wasser reagirte schwach alkalisch, das Kesselwasser war durch ausgeschiedenes kohlensaures Calcium und Eisenoxyd etwas getrübt. Der größere Gehalt des gereinigten Wassers an Chlor (7,24 statt 4,16 Milligrammäquivalenten) und an Calcium rührt wohl aus dem unreinen Chlorbarium her. Die Reinigung, welche von dem Heizer in zwei hölzernen Kästen von je 2cbm Inhalt ausgeführt wird, ist also durchaus befriedigend; der Absatz des Niederschlages nimmt, da das Wasser durch den Abgangsdampf gut vorgewärmt wird, kaum 2 bis 3 Minuten in Anspruch. Hier, wie auch in der hiesigen Gummikammfabrik, ist durch Einführung dieses Wasserreinigungsverfahren jede Kesselsteinbildung beseitigt; irgend welche schädlichen Wirkungen auf die Dampfkessel sind nicht beobachtet. Von Hrn. Dr. M. Heeren erhielt Verfasser aus letzterer Fabrik Proben des betreffenden Wassers vor (I) und nach der Reinigung (II). 1l enthielt Milligrammäquivalente: I II Chlor 4,05 13,75 Schwefelsäure 4,25 0 Barium 0 1,42 Magnesium 1,58 0,53 Calcium 11,99 9,30 Davon durch Kochen fällbar Magnesium Spur 0 Calcium 4,88 0 entsprechend: Kohlensaures Calcium 244mg 0 Schwefels. Calcium 289 0 Chlorcalcium 159 519mg Chlormagnesium  56 25 Chlorbarium 0 147. Hier war also ein wesentlicher Ueberschuß von Chlorbarium zugesetzt, die Kesselsteinbildner sind aber völlig abgeschieden. NoldenBayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, 1875 S. 59. 93. will in einem besondern Apparate die Bicarbonate des Calciums und Magnesiums durch Erhitzen mittels der abgehenden Dämpfe, den Gyps aber durch Zusatz von Chlorbarium zersetzen. Derselbe besteht nach beigegebenen Abbildungen aus zwei Blechkästen A und B. Im obern Theile A ist ein oben offener Behälter B eingehängt, in welchem durch das Rohr a das zu reinigende Speisewasser zufließt und durch den bei C in den Kasten A, eintretenden Abdampf angeblich bis auf etwa 80° erwärmt wird. Das hierdurch von kohlensauren Calcium offenbar nur theilweise befreite Wasser fließt durch das Rohr b auf ein kleines, aus dünnem Weißblech gefertigtes Schaufelrad D, setzt dieses in Bewegung und sammelt sich am Boden des Behälters A, wo es noch etwas kohlensaures Calcium absetzt. Textabbildung Bd. 220, S. 376 Textabbildung Bd. 220, S. 376 Textabbildung Bd. 220, S. 376 Das Wasser steht in dem Behälter A in einer solchen Höhe, daß die untern Schaufeln des Rades D, welches sich langsam und gleichförmig bewegen soll, noch in das Wasser eintauchen. Das über das bestimmte Niveau gehende Wasser fließt durch das fast horizontal liegende Rohr F in den untern Kasten B ab, welcher durch fünf Scheidewände in sechs Kammern getheilt ist. Zur Zersetzung des Gypses wird das Wasser in G mit der erforderlichen Menge Chlorbarium gemischt; das gereinigte Wasser fließt, nachdem es in den Kammern H bis M den entstandenen Niederschlag abgesetzt hat bei P ab. Die in A nicht condensirten Dämpfe gelangen durch das Rohr N (Fig. III) in die Kammer M, um hier nochmals Wärme abzugeben und entweichen durch O in die Atmosphäre. Das erforderliche Chlorbarium soll durch den Apparat auf folgende Weise selbstthätig eingeführt werden. Die Achse des Schaufelrades D geht aus dem Kasten A heraus und trägt eine kleine Riemenscheibe (oder Schnurlauf) r, welche mittels Riemen (oder Schnur) mit einer zweiten Scheibe r′, die auf einer hohlen Achse T sitzt und ein hohles Schöpfrad s trägt, in Verbindung steht. Das Schöpfrad taucht in die Chlorbariumlösung ein, schöpft eine kleine Quantität und bringt diese durch die Drehbewegung und durch die hohle Achse T in die Abtheilung G. Die erforderliche Menge der Chlorbariumlösung wird dadurch regulirt, daß das Gefäß R, aus welchem dieselbe geschöpft wird, durch eine Schraube nach Bedürfniß höher oder tiefer gestellt werden kann, oder daß die Lösung mehr oder weniger verdünnt wird. Die Abscheidung des kohlensauren Calciums und kohlensauren Magnesiums wird der ungenügenden Erwärmung wegen nur unvollkommen stattfinden, und dürfte sich ein geringer Kalkzusatz empfehlen, welcher zugleich die Fetttheile des Condensationswassers entfernte. Bérenger (* 1873 209 183) reinigt das Kesselspeisewasser ebenfalls mit Kalkmilch und Chlorbarium, später mit Kalk und Natronlauge (1876 219 342), preßt aber dasselbe zur Abscheidung des Niederschlages durch Filter von Hobelspänen und Kokesstückchen. Auf demselben Principe beruhen die Apparate von Le Tellier (* 1876 219 83) und Demailly.Wagner's Jahresbericht, 1873 S. 730. Alle vier Apparate haben eine automatische Zuführung der Fällungsmittel und wirken continuirlich. Allerdings nehmen dieselben meist weniger Raum ein als die gewöhnlichen Fällungs- und Absatzbehälter von Holz oder Eisenblech. Die bedeutenden Anschaffungskosten, namentlich der drei letzten Apparate, die voraussichtlich häufigen Reparaturen und die schwierigere Controle lassen die Verwendung derselben wohl nur in seltenen Fällen empfehlenswerth erscheinen. Wo es sich bei einer Dampfkesselanlage um Vermeidung von Kesselsteinbildungen handelt, ist zuerst durch die chemische Analyse des Speisewassers festzustellen, wieviel Calcium und Magnesium als Bicarbonat und wieviel schwefelsaures Calcium und sonstige Calcium- und Magnesiumverbindungen vorhanden sind. Alle sogen. Universalkesselsteinmittel sind, abgesehen von den unverhältnißmäßig hohen Preisen derselben, verwerflich oder doch mindestens irrationell, da ihre Anwendung nur nach der Größe der Heizfläche oder der Anzahl der Pferdestärken bemessen werden soll, nicht aber, wie es doch allein vernünftig wäre, nach der Menge und der Beschaffenheit des verdampften Wassers. Trotz aller günstigen Zeugnisse, welche mit großer Vorsicht aufzunehmen sind, ist daher vor Anwendung dieser Mittel entschieden zu warnen. Mangelhaft ist ferner jedes Fällungsmittel, welches im Kessel selbst angewendet wird; das Speisewasser ist, wie schon bemerkt, bevor es in den Dampfkessel kommt, von den kesselsteinbildenden Bestandtheilen zu befreien. Enthält dasselbe nur oder fast ausschließlich die besprochenen Bicarbonate, so sind diese durch einen guten Vorwärmer oder durch passenden Zusatz von Kalkmilch zu beseitigen; enthält es nur schwefelsaures Calcium (Gyps), so kann Chlorbarium oder kohlensaures Natrium angewendet werden; sind sowohl doppeltkohlensaure als schwefelsaure Verbindungen zugegen, so muß das Wasser zur Abscheidung derselben in einem passenden Vorwärmer auf 140 bis 150° erhitzt werden oder, was meist vorzuziehen ist, mit Kalkmilch und Soda, oder mit Kalkmilch und Chlorbarium vermischt werden. Bei Entscheidung der Frage, ob Soda oder Chlorbarium vorzuziehen ist, muß berücksichtigt werden, daß durch Chlorbarium nicht nur die im schwefelsauren Calcium enthaltene, sondern die gesammte Schwefelsäure abzuscheiden ist, also auch die mit Magnesium oder Alkalien verbundene, und daß durch Soda nicht nur das Calcium des Gypses, sondern auch das des etwa vorhandenen Chlorcalciums, salpetersauren Calciums, sowie, wenn nicht genügend Kalkmilch angewendet wird, die Magnesiumverbindungen gefällt werden müssen. 1 Milligrammäquivalent Schwefelsäure (40mg SO3, 49mg HO, SO3 oder 68mg CaO, SO3) im Liter Wasser erfordern nach S. 261 zur Zersetzung auch 1 Milligrammäquivalent Chlorbarium entsprechend 104mg Ba Cl2 für 1k, 104g für 1cbm Wasser. 1 Milligrammäquivalent Calcium (28mg CaO, 55,5mg Ca Cl oder 68mg CaO, SO3) in 1l Wasser erfordert nach S. 266 53mg, 1cbm desselben also 53g kohlensaures Natrium oder 143g krystallisirte Soda. Für 68g schwefelsaures Calcium oder 86g Gyps muß man also 66g,3 achtzigprocentige Soda oder 130g achtzigprocentiges Chlorbarium anwenden. Für ein Wasser, welches nur Gyps, namentlich aber für ein solches, welches außerdem noch andere Sulfate enthält, wird sich demnach die Verwendung von Soda wesentlich billiger stellen; für ein Wasser jedoch, welches außer Gyps noch andere leicht lösliche Calcium- und Magnesiumverbindungen enthält, wird Chlorbarium den Vorzug verdienen. Zu Gunsten des letztern spricht auch noch der Umstand, daß sich bei dem De Haën'schen Verfahren der gebildete Niederschlag rascher absetzt, die Fällungsbehälter daher etwas kleiner sein können als bei der Schulze'schen Reinigung mit Kalkmilch und Soda.