Titel: Lowe's Verfahren zur Leuchtgasbereitung.
Fundstelle: Band 222, Jahrgang 1876, S. 153
Download: XML
Lowe's Verfahren zur Leuchtgasbereitung. Mit einer Abbildung auf Taf. IV [a.b/4]. Lowe's Verfahren zur Leuchtgasbereitung. Ueber das von T. S. C. Lowe aus Norristown (Pennsylvanien) angegebene neue Verfahren der Leuchtgasbereitung, welches inzwischen in einigen amerikanischen Gasanstalten den Beweis für seine Lebensfähigkeit und Zweckmäßigkeit geführt hat, ist bereits früher (1875 218 279) kurz berichtet worden; bei der Wichtigkeit des Gegenstandes erscheint es indeß wohl gerechtfertigt, das Wesentliche aus einem in The Polytechnic Review, Februar 1876 S. 2 erschienenen ausführlichen Berichte hier mitzutheilen. Der Lowe-Proceß ist eine Vervollkommnung des bereits früher und wiederholt versuchten Verfahrens der Zersetzung des Wassers durch glühende Kohlen und Carbonisirung des auf diese Weise erhaltenen Wasserstoffgases.Man vergleiche u.a. Moigno und Isoard 1860 155 462. Schäffer und Walcker 1862 163 * 348. 166 76. Forey und Schulz 1864 173 479. Wills 1874 211 445. Wenn trotzdem die Verwendung des gekohlten Wasserstoffgases zu Beleuchtungszwecken bis jetzt nur wenig Eingang und dauernden noch gar nicht zu erringen vermocht hat, so liegt dies wohl zum größten Theile an der Construction der Apparate, welche fast stets von Außen erhitzt wurden und darum sehr viel Brennmaterial beanspruchten, sowie an dem Umstande, daß die Kohlung des Wasserstoffgases meist eine nur mechanische war, in Folge deren das Gas sich auf die Dauer nicht unzersetzt erhielt. Reines Wasserstoffgas, welches durch in die Flamme gebrachte Platindrähte leuchtend gemacht wurde, ist, außer an andern Punkten, besonders in der Stadt Narbonne (seit dem J. 1857) in Anwendung gekommen.Interessante Mittheilungen hierüber bringen: Kirkham * 1859 154 31. Bromeis und Verver 1859 154 33. Fages * 1860 158 259. – Ob diese Beleuchtungsmethode jetzt noch besteht, ist dem Ref. unbekannt geblieben. Lowe's Verfahren kann man ganz allgemein als ein solches bezeichnen, durch welches aus Kohle, Wasserdampf und Petroleum Leuchtgas dargestellt wird. In erster Linie wird durch Zersetzung von Wasserdämpfen mittels weißglühender Anthracitkohle Wasserstoffgas (und Kohlenoxydgas), in zweiter ein sehr kohlenstoffreiches Petroleumgas, in dritter eine sehr innige Verbindung zwischen beiden Gasen hergestellt, und schließlich wird das Product in gewöhnlicher Weise gewaschen, durch Kalk von Kohlensäure befreit u.s.w. – Der Apparat ist sehr compendiös und wenig Raum einnehmend; über das Product selbst spricht sich Prof. Henry Wurtz (Engineering and Mining Journal, November 1875 S. 502), in Amerika eine Autorität im Gebiete der Gastechnik, sehr anerkennend aus, indem er besonders Folgendes hervorhebt: 1) Der in Utica arbeitende, sehr wenig Raum einnehmende Apparat liefert täglich 120000 Cubikfuß (etwa 3400cbm) Leuchtgas. 2) Der Kohlensäuregehalt des erzielten Gases beträgt nur 3,5 Proc. 3) Bei einer wochenlangen Beobachtung zeigte sich das Gas stets von ganz gleichmäßiger Beschaffenheit. 4) Für eine bestimmte Gasmenge wird nur 1/4 so viel Theer erzeugt, wie bei dem gewöhnlichen Herstellungsverfahren. 5 und 6) Der Schwefelgehalt des Lowe-Gases beträgt nur 1/3 und der Ammoniakgehalt nur 1/5 von demjenigen, welches ein aus Gaskohle bester Qualität dargestelltes gewöhnliches Leuchtgas zeigt. 7) Der Gehalt an Naphtalin ist sehr unbedeutend. 8) Zur Carbonisirung sind auf 1000 Cubikfuß Gas nur 3 Gallonen (oder auf 1000cbm nur 482l) Petroleum erforderlich, und es ist wahrscheinlich, daß die Menge des erforderlichen Petroleums noch etwas verringert werden wird, wenn die Theercondensation ohne unmittelbare Berührung des Gases mit kaltem Wasser bewirkt werden kann. Das erzielte Gas ist vollkommen permanent, und seine Leuchtkraft schwankt zwischen 19 und 20 Normalkerzen. 9) Die Herstellungskosten des Lowe-Gases sind, einschließlich aller Materialien und Arbeitslöhne, jedoch ausschließlich der Zinsen, Steuern, Reparaturen u. dgl. um 35 Proc. niedriger als die des gewöhnlichen Leuchtgases, welches letztere außerdem seiner geringern Leuchtkraft wegen einen niedrigern Geldwerth hat. 10) Die Dichtigkeit des Lowe-Gases betrug nie über 0,571. 11) Nachtheilige Einwirkungen auf die Gesundheit der Menschen sind weder bei der Darstellung noch bei dem Verbrauch dieses Gases beobachtet worden.Bei den früher versuchten Methoden der Wasserstoffgas-Erzeugung, denen das gleiche Princip zum Grunde lag, wurde allerdings ein an Kohlenoxyd sehr reiches Gas geliefert, welches nachtheilige Wirkungen haben mußte (vgl. 1858 147 445). 12) Im October 1875 wurden folgende Resultate erzielt: An Anthracit wurden verbraucht 123 1/2 Tonnen engl. =       125t,50   „  rohem Petroleum        „        11753 Gallonen =       534hl,23   „  Gas wurden erzeugt 3745200 Cubikfuß = 105989cbm,16 Durchschnittliche Leuchtkraft nach Normalkerzen        19 In jeder Schicht erforderlich 2 Arbeiter. Die gesammte Einrichtung findet sich in Figur 21 skizzirt. Sie besteht aus einem mit einem Futter aus feuerfesten Steinen versehenen Generator A und einem ähnlich construirten und als Ueberhitzer bezeichneten Theile B, denen sich die üblichen Reinigungsapparate (Waschapparat, Scrubber u.s.w.) anschließen. Der Generator A ist mit einem Planrost g und einer Füllöffnung p versehen; unterhalb der letzterndes Rostes münden die das Petroleum zuführenden Röhren m, oberhalb des Rostesdesselben aber tritt das Dampfrohr n ein. Der Zutritt der atmosphärischen Luft unter den Rost g kann vollständig abgeschlossen werden. – Der Generator wird 1 bis 1m,2 hoch mit Anthracit, dessen Stücke etwa die Größe eines Hühnereies haben, gefüllt. Aus A führt ein weites Rohr f in den untern Theil b des Ueberhitzers B; dieser untere Theil ist von dem obern, mit feuerfesten Steinen lose angefüllten Theile durch ein durchbrochenes Gewölbe g' getrennt. In b mündet ferner ein durch ein Ventil verschließbares Luftzuführungsrohr l. Auf dem Ueberhitzer befindet sich eine eiserne Haube mit einem luftdicht schließenden Ventil h, welches von dem nach dem Schornstein führenden Rohre s umgeben ist. Endlich führt vom obern Theile des Ueberhitzers aus das durch ein Ventil v absperrbare Rohr r nach dem Waschapparat C, dem Scrubber D u.s.w. Bei der Inbetriebsetzung des Apparates wird die im Generator A vorhandene Kohle zunächst angezündet und zu durchgehends heller Rothglut gebracht. Dabei ist das Ventil v geschlossen und h geöffnet. Aus der Kohle entwickelt sich vorzugsweise Kohlenoxydgas, welches (gemeinschaftlich mit dem Stickstoff der Luft) durch f nach b zieht, hier mit der durch l zugeführten frischen atmosphärischen Luft zu Kohlensäure verbrennt und dadurch die in B enthaltenen Chamottesteine bis zur Weißglut erhitzt. Die Verbrennungsproducte gelangen durch h und s in den Schornstein. Ist die Füllung von B stark genug und nahezu gleichmäßig erhitzt, so werden unter g und g' die Luftzuführungsöffnungen, sowie das Ventil h geschlossen; das Ventil v wird geöffnet und durch das Rohr u läßt man oberhalb des Rostes g einen Strom überhitzten Dampfes (hot steam) in die hochglühenden Kohlen treten, während letztere von oben her mittels der Rohre m, m mit rohem Petroleum betropft werden. In dem Generator bilden sich hierbei Wasserstoffgas (nebst Kohlensäure- und Kohlenoxydgas), Kohlenwasserstoffgase aus dem Petroleum und Petroleumdämpfe. Indem nun das Gemisch dieser Dämpfe und Gase den weißglühenden Ueberhitzer B durchzieht, findet eine nahezu vollständige Vergasung der noch vorhandenen Dämpfe, sowie die innigste Vereinigung der einzelnen Bestandtheile statt. Sobald im Generator und im Ueberhitzer die Temperatur soweit gesunken ist, daß die Vergasung unvollkommen zu werden beginnt, wird der Zufluß von Dampf und Petroleum abgestellt, das Ventil v geschlossen, h geöffnet und durch Oeffnung der Luftzuführungsventile die Bildung von Kohlenoxydgas im Generator, sowie durch Verbrennung dieses Gases die Wiedererhitzung der Chamottefüllung im Ueberhitzer eingeleitet, bezieh. so lange fortgesetzt, bis nach Erreichung der erforderlichen Temperatur der Vergasungsproceß von Neuem beginnen kann. L. Ramdohr.

Tafeln

Tafel Taf. IV
Taf. IV